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Gokkhold Ephraim Leſſings
Tämtliche Schriften.
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fä meliche Schriften.
Berausgegeben von
KRarl Tachmann.
Dritte, auf's neue durchgeſehene und vermehrte Auflage,
beforgf durch
Franı Muncker.
Dritter Band.
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Stuttgart. G. I. Göſchen'ſche Verlagshandlung. | 1887.
8. Sefsugorutere gu Guttenberg
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Papier, von der 6 per nal
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Borrede.
„Nathan der, Weile“, die beiden von dem Verfaſſer jelbit ſpäter verwor- fenen Sugendluftipiele „Damon“ und „Die alte Jungfer“ und der theatralifche Nachlaß ſchließen in diefem dritten Bande die Reihe der dichteriichen Schriften Leſſings ab. Bon den drei eritgenannten Dramen find uns feinerlei Handjchriften er— halten; ihr Tert war alſo nur nach den echten, unter Aufficht des Autors ver- anftalteten Drucken feitzuitellen. Bei „Nathan“ und „Damon“ haben dies Lach- mann und die ihm folgenden Herausgeber ſchon im großen und ganzen gethan: ihre Arbeiten fonnten meijtens nur in Einzelheiten ergänzt werden; „Die alte Sungfer“ jedoch, die bisher jtet3 nach einem unberechtigten und durch manche Fehler entitellten Nachdruck mitgeteilt wurde, erjcheint jeßt zum erften Mal wieder genau im Wortlaut der überaus jeltenen Originalausgabe. Eine veichere Ausbeute ergab die vollitändig neue Bearbeitung des thea= traliichen Nachlafieg. Da mir ſämtliche Handſchriften der dramatiſchen Bruchſtücke und Entwürfe Leſſings zugänglich waren, ſowohl die, welche in den öffentlichen Bibliotheken zu Breslau und Berlin aufbewahrt werden, al3 die, welche fich in letzterer Stadt im Privatbeiiß befinden, jo fonnte ich zunächit zahlreiche Ander⸗ ungen ausmerzen, die von Karl Leſſing (wohl mit Hilfe Ramlers) beim erſten
Druck des theatraliichen Nachlaſſes oft recht willfürlih an den urjprünglichen Lesarten vorgenommen und von den jpätern Herausgebern noch nicht vollftändig bejeitigt worden waren. In diefer Hinficht fam am meiften den Bruchitücen der | Matrone von Epheſus“ die jorgfältige Durchficht der (bisher nie nachgeprüften) Driginalpapiere zu gute. Mehrere Änderungen des Bruders in den Fragmenten arantula“, „Weiber find Weiber“ und „Vor diejen“ find bereits in den Hand» ſchriften mit Bleiftift angemerkt; auch fie blieben, wie jchon früher von Lachmann, unbeachtet, da. fich in ihnen nirgends weder die Hand noch der Geift des Dich— ters zeigt. Eben jo wenig nahm ich überflüffige Zuthaten Karl Leſſings auf, die in den Handichriften fehlen, wie 3. B. die Verfonenverzeichniffe zu „Weiber find Weiber“, „Das befreite Rom“, „Alcibiades“.
VI vVorrede.
Ferner aber galt es, die Grundſätze Lachmanns, die auf möglichſte Voll— ſtändigkeit und auf möglichſt ſtrenge chronologiſche Anordnung der dramatiſchen Bruchſtücke abzielten, ſo weit es der heutige Stand der Forſchung nur immer zuläßt, folgerichtig durchzuführen. Nach beiden Seiten hin, namentlich nach der erſten, hat die Hempel'ſche Ausgabe (die wieder dem Abdruck in Kürſchners „Deutſcher Nationallitteratur“ unmittelbar zu Grunde liegt) unſere Kenntnis über die von Lachmann gezogenen Schranken weit hinaus gefördert. Mit rühmlicher Genauigkeit verzeichnete hier Robert Borberger alles, was wir über etivaige dras matiſche Pläne Leſſings wifjen oder vermuten, jeien es auch bloße Titel, bloße Stoffe zu Arbeiten für die Bühne. Die Zahl der dafelbit fkizzierten Stücke fonnte ich troß emfigem Suchen nicht vergrößern; vielmehr erforderten die für meine Ausgabe geltenden allgemeinen Grundregeln, daß ich öfters auf die von Bor- berger breit angeführten Quellenwerfe, denen wir die Kenntnis eines Leſſingiſchen Entwurfes verdanken, nur fnapp hinwies, manchmal auch den Titel eines jolchen Fragmentes gar nicht nannte, weil fich dasſelbe als eine profaiiche Überfegung eines fremden Stücks heraußftellte und daher eben jo wenig wie die vollitändigen Überjegungen Leffings in Profa Aufnahme finden: fonnte. Aus diefem Grunde mußte ich die Überfegungsbruchitücte aus Thomſons Tranerjpielen „Tancred und Sigismunda“ und „Agamemnon“ ausfchließen. Nur diejerigen Fragmente durfte ih wieder abdruden, welche al3 originale Entwürfe des deutichen Dichters, als freie Bearbeitungen ausländiicher Dramen oder als metrijche Übertragungen eine künſtleriſch eigenartige Thätigfeit Leſſings aufwieſen, nur von denjenigen jonft unausgeführten Stücen den Titel nennen, deren Plan ohne allen Zweifel den Schöpfer unjerd neueren Dramas einmal beſchäftigte: was nur auf anfechtbare Vermutungen fi ftüßt, blieb unerwähnt. Sch Habe deshalb weder das mög— licherweife mit „Giangir“ identische Stück des jungen Leifing für den Schauspieler Koch mit aufgezählt, von welchem in der „Chronologie des deutichen Theaters“ mit unbeftimmten Worten geredet wird, noch aus Eckhofs Brief an Chriftian Felir Weiße vom 31. Zuli 1756, worin wahrscheinlich etwas ganz anderes ge= meint ift, den jonft nirgends bezeugten Namen eines Leſſingiſchen Luſtſpiels „Der Magiftertitel” Herausgetüftelt. Ebenſo ließ ich die von Ramler herrührende jprachliche Bemerkung zu „Nathan“, Aufzug III, Vers 40 weg (in Hempels Aus— gabe Teil XI, zweite Hälfte, ©. 778 f., Anm.). Und gleich den frühern Her: ausgebern jchloß ich das Traueripiel „Zorade”, welches Danzel aus den Bres— lauer Bapieren abdrudte und für Leifing in Anipruch nahm, von der Sammlung feiner nac)gelafjenen dramatischen Arbeiten aus: Das Stück ift nicht von Leſſings Hand gejchrieben, enthält aber ein Nachwort, Randbemerfungen und VBerbefjerungen, welche ebenjo wie die Überichrift und das Verfonenverzeichnis eine der Leſſingiſchen jehr ähnliche Hand verraten. Dazu ift das Nachwort mit einem deutlichen L unterzeichnet, da3 man bei genauem Zujehen nicht, wie einige wollten, als ein & lefen kann. Gleichwohl rührt das Trauerjpiel kaum von Leifing her. Sein In— halt und feine Form, der Aufbau der ziemlich undramatifchen Handlung, die GSharafteriitif der auftretenden Perſonen, die Sprache und der gefamte Stil trägt
Porrede. vn
nirgends ein beſtimmtes Leſſingiſches Gepräge; nicht einmal von dem Nachwort möchte ich dies behaupten, obwohl Danzel es „in jeiner Wendung Leffingijcher als Leſſingiſch“ genannt hat. Daß Karl Leſſing, der jogar bloße Titel im thea= traliihen Nachlaß aufbewahrt, diefes fertigen Stückes mit feiner Silbe gedenft, macht die Autorjchaft feines Bruders im höchiten Grade verdächtig; daß Leifing in jener frühen Zeit, in welche, wenn er der Verfafler wäre, das Drama auf jeden Fall gehörte, einen Abjchreiber, zumal für ein einaftiges Werk, in Anfpruch nahm, ift äußerſt unwahricheinlih. Zudem erklärt mir Herr Bibliothefar und Profeſſor Dr. Hermann Defterley in Breslau, den ich, nachdem ich ſelbſt die — Handjchrift verglichen, um eine nochmalige Prüfung derielben bat, er jei bereit, einen Sachverftändigeneid darauf zu leiften, daß auch die Zufäge, Korrekturen und Nachichrift der „Zorade“ troß aller jcheinbaren Gleichheit nicht von Leſſings Hand heritammen. Das Stück wurde vielmehr an Leifing zur kritiſchen Durchficht gejandt, und bei diefer Gelegenheit fügte vermutlich der Dichter des Trauerſpiels jene Änderungen und Zuſätze der Abjchrift bei. Wer diejer Dichter war, dar— über fehlt vorläufig jede Andeutung; für den Herausgeber der Leilingiichen Schriften kommt diefe Frage übrigens weniger in Betracht.
‚Ein paar Mal machte mir e3 die neue Vergleihung der Handichriften aber doch möglich, die bisher befannten Bruchitücke zu vermehren oder zu ergänzen. So bringt meine Ausgabe zum eriten Mal den Anfang des eriten Planes der „Fatime“, den vollitändigen eriten und zweiten Entwurf des „Schlaftrunts“, mehrere Zufäge zur „Matrone von Epheſus“ und einige zuvor nicht entzifferte Beilen im Entwurf des „Nathan“ Berner fonnte ich mehrmals in diefem Ent- wurf des „Nathan“ und bisweilen in andern Stücken Fleine Lücken von wenigen Silben ausfüllen, welche die frühern Herausgeber in den mitunter äußerft un— leferlihen Handichriften nicht zu enträtjeln vermochten. Manchmal auch gelang es, Kleine Irrtümer, welche die undeutliche Handichrift Leſſings verjchuldet Hatte, zu berichtigen. Gleichwohl blieb noch immer die eine und andere Stelle unauf- geklärt, und öfter, als ich wünſchte, mußte ich mich troß vielftündigem Bemühen Schließlich doch begnügen, nur vermutungsweile anzudeuten, was allenfalls hinter den unbejtimmten und flüchtigen Buchftaben der Originalmanufcripte ftecfen mag. Ungleich mehr Neues könnte ich mitteilen, wenn es nicht gegen die allgemeinen Grundſätze diefer Ausgabe veritieße, die urfprünglichen Lesarten der Handfchriften,
die Lejfing während des Schreibens jelbjt gleich verbefjerte, al® Varianten unter
dem Tert zu verzeichnen. Den Fachgenofjen, für welche gerade dieſe beftändigen Ummodelungen des Tertes während der Arbeit merkwürdig und Iehrreich ‚find, hoffe ich diejelben bald in einer wiljenichaftlichen Zeitichrift vollitändig vorzulegen.
Wenn ſich jomit meine Ausgabe des theatraliichen Nachlaffes hinfichtlich des Umfangs der mitgeteilten dramatifchen Bruchitüce nur wenig von der Box— bergers unterjcheidet, jo weicht fie defto mehr in der Anordnung diefer Bruchftüce von den frühern Ausgaben ab. Schon Lachınann ordnete feiner Zeit die Frag: mente, die er kannte, nicht genau chronologisch; und er kannte faum die Hälfte der handjchriftlich erhaltenen Entwürfe. Wendelin v. Maltzahn konnte, befonders
VII Borrede.
auf Grund der Forſchungen Danzels, den theatraliichen Nachlaß beträchtlich ver— mehren, verwirrte aber auf eine mitunter unbegreifliche Weije die Reihenfolge der einzelnen Stücde noch mehr. Für Borberger, der die Anzahl der mitgeteilten Titel und Entwürfe fat auf das Doppelte brachte, lag die Sache viel ſchwieriger; gleichwohl bejeitigte er einige gröbere Irrtümer jeines Vorgängers. Allein den Bruchſtücken, die er ſelbſt zum erſten Mal veröffentlichte, mies er keineswegs immer den Plaß an, der ihnen nach der Zeit ihres Entjtehens gebührte, und manchem der bereit3 früher befannten Entwirfe wußte er diefen Pla nur ganz allgemein zu bejtimmen. Seitdem hat Auguft Sauer das Jahr, in welchem „Kleonnis“ verfaßt wurde, genauer feitgeitellt, und namentlih Erich Schmidt in feiner Biographie Leſſings zahlreiche ſchätzbare Winfe gegeben, nad denen fich, wenn auch nicht endgültig, doch jchon ziemlich ficher über die Entſtehungszeit der wichtigern unter den dramatiſchen Bruchſtücken urteilen läßt. Diefen Winfen hatte ich bei der Anordnung der Fragmente meistens zu folgen; im Anſchluß an Schmidts Daritellung juchte ich dann auch bei den Stücken, die er nicht näher betrachtete, Merkmale der Abfafjungszeit aufzufpüren. Sch glaube dabei alles, was mir dienen fonnte, beachtet zu haben, auch die Züge der Handichrift ſowie gewiſſe Eigentümlichkeiten der Nechtichreibung, die bet Leſſing je nach den Jahren mwechjelten (3. B. den Gebrauch des ß oder fj, des 3 oder B, des f oder ff, des n oder nn bei der Endfilbe in), ebenfo das Einjchieben oder Anhängen der Buch— ftaben x und e (3. B. darwider, alleine u. dgl.). Dft freilich erwieſen fich diefe Merkmale als nicht genügend; bisweilen mußte ich auch bei dem Mangel aller äußerlichen Entjeheidungsgründe einzig und allein nach dem Snhalt und Charakter, nach dem Stil und Ton eines überdies fehr furzen oder ziemlich farb— loſen Fragments urteilen. Nichts dejto weniger hoffe ich, daß meine Vermutungen über die zeitliche Reihenfolge dieſer dramatifchen Entwürfe in den meiften Fällen nahe zum Ziele treffen. Sch beginne mit den Stücken, welche der Student Leifing in Leipzig ges meinſam mit Chriftian Felix Weiße aus dem Franzöfifchen metrifch übertrug oder frei bearbeitete oder auch im Wetteifer mit dem Freunde jelbitändig entwarf, mit dem „Hannibal*, den jchon der Bruder des Dichters 1786 für deijen ältejten dramatischen Verſuch hielt, dem „Spieler“, „Giangir“, nah der Handichrift im April 1748 begonnen und durch den Stil wie durch den reimlojen Alerandriner als etwas jünger denn der gereimte „Hannibal” erwiefen, und dem „Leicht: gläubigen“, den Weiße in feiner Selbitbiographie ausdrücdlich in die Leipziger Univerfität3zeit verlegt, wie auch Karl Leſſing ihm in Verbindung mit der gleich» namigen zweiten Theaterarbeit Weißes aus jenen Tagen bringt. Darnach Fällt diejer Entwurf etwa in die zweite Hälfte des Jahres 1748; denn Weißes erfter jelbftändiger Verfuch im Drama, „Die Matrone von Ephejus“, wurde bald nach der Aufführung des Leſſingiſchen „Sungen Gelehrten” (im Januar 1748 auf der
Neuber’ichen Bühne) vollendet. Durch diefe „Matrone von Ephejus“ wurde auch ‚ Leifing zum Entwurf eines Luſtſpiels angeregt, das denjelben Stoff behandelte. \ Gleichwohl durfte ich die Leſſingiſchen Fragmente, welche diefen Titel führen, nicht
Borrede. IX
unter feine erften Leipziger Stüde jegen; denn jene Fragmente gehören unzweifel- haft jamt und ſonders in eine viel jpätere Zeit, und jelbit die älteften Teile der— jelben find, wie die Handichrift und der Stil beweift, mindeitens um ein Jahr:
zehnt jünger als die Verjuche des Leipziger Studenten: von dem Plan, den dieſer |
nach der befannten Erzählung des Vetronius 1748 aufzeichnete, ift ung feine Zeile
erhalten. Hingegen gehört ficher noch der Univerfitätszeit das Schäferjpiel „Die beiderjeitige Überredung“ an, Leifings einziger Verfuch in diefer Art des Dramas, fein Zoll an bie gerade damals und bejonders in Leipzig herrichende Bühnenmode.
Bon den Berliner Fragmenten ift die metrifche Überjeßung des „Gatilina“ am ältejten. Bon ihr jpricht Leifing bereits in einem Brief an feinen Vater von 10. April 1749, und zwar mit Worten, aus denen man jchließen darf, daß die Überfegung damals ſchon begonnen, daß alſo wahricheinlich das uns erhaltene Stück derjelben, welches ja nur den Anfang des Traueripiels von Erebillon bildet, damals jchon vollendet war. In dem folgenden Brief an den Vater vom 28. April 1749 fündigt er den „Freigeift“ an, dejlen Plan wohl erjt damals in feinem Geiſt auftauchte. Daran ichließt fich die Poflenoper „Tarantula“; fie dürfte im Auguft 1749 aufgelegt worden ſein, da fie mehrfach auf ein in der „Voſſiſchen Zeitung“ vom 31. Juli 1749 gedrucdtes erdichtetes Schreiben des angeblichen Unterichulmeifter8 Claus Steffen zu „Teltow an der Tyber“ anjpielte. Wenige Wochen jpäter wurde „Samuel Henzi“ entworfen. Der Berner Revolutionär war am 17. Juli 1749 enthauptet worden; die Berichte der „Voſſiſchen Zeitung” über fein und feiner Genoſſen Schickſal, welche die wichtigfte Quelle für Leſſing bildeten, zogen fich durch den ganzen Monat Auguſt hindurch), in vereinzelten Ausläufern jogar bis in dem Oftober hinein. Unter ihrem unmittelbaren Ein druck begann Leſſing fein Traueripiel, ſpäteſtens im Oftober, vielleicht ſchon im August oder September. Gleichfall8 noch aus dem Jahr 1749 ftammt nach der
Angabe der Handichrift das Fragment „Weiber find Weiber“. Lejling mag.
es in den legten Wochen diejes Jahres in Angriff genommen haben, als die eindringliche Beihäftigung mit Plautus in ihm die Abficht erwecte, Stoffe des römiſchen Luftipieldichters für unfere Bühne neu zu geftalten. Mit „Suftin“, der fich unmittelbar daran jchließt und etwa in den Anfang des Jahres 1750 fallen dürfte, it „Weiber find Weiber“ gewifjermaßen als Vorarbeit zum „Schaß“ zu betrachten, den Leſſing jelbit in das Jahr 1750 verlegte. Das furze Bruch- ſtück der Überjegung von „Das Leben ift ein Traum“ ift durch das genaue Datum der Handichrift (23. August 1750) feſt beitimmt. Unmittelbar dahinter jtelle ich die, beiden inhaltlich rätielhaften Fragmente „Eraclio“! und „Fenir“, welche Borberger erit in die Breslauer Zeit jegt. Gegen diefe Annahme jpricht jedoch nicht viel weniger als alles, die Handjchrift, mehrere Merkmale einer frühern
1 Die von Borberger gewählte Überfchrift des Enttvurfs „Eraclio und Argila” behielt ich J nicht bei, da augenſcheinlich eine eben ſo große, auch gleichartige Rolle wie Argila ihr Bruder Claudio ſpielen ſollte und überdies die Zujammenftellung jener beiden Namen leicht zu dem Mißverſtändnis führen könnte, daß der Lejer dabei an ein Liebespaar ftatt an Vater und Tochter dächte.
X Porrede.
Orthographie, die häufig gebrauchten Formen darwider, darmit, darzır, alleine, die jeit 1753 bei Leſſing mehr und mehr verſchwinden, namentlich aber die am Rand der Handichrift von „Eraeclio“ nebit ihrer deutichen Bedeutung angemerkten ſpaniſchen Wörter. Unter diejen befinden fich viele ganz gewöhnliche Ausprüde, die fich Leſſing nur in einer Zeit aus dem Wörterbuch auszujchreiben brauchte, als er noch jehr wenig Spanijch wußte. Das Bruchſtück „Eraclio“, vielleicht nur eine Über: jegung aus dem Spanifchen, gehört daher fiher den Monaten an, da Leſſing eben angefangen hatte, Spaniſch zu lernen, alfo etwa dem Herbit 1750. „Fenix“ aber deutet auf ähnliche Spanische Vorbilder oder ftoffliche Quellen wie „Eraclio“ und ift im Stil und Ton diefem Stücde fo verwandt, daß man auf eine gleichzeitige Ent- ftehung der beiden Fragmente fchließen müßte, auch wenn die erwähnten Eigentüm— lichkeiten der Handichrift, der Nechtichreibung und der Gebrauch derjelben alter= tümlichen Wortformen diefe Vermutung nicht noch bejtätigten. In die legten Mo— nate des Jahres 1750 verlege ich endlich das Bruchſtück eines Franzöfiichen Luft- ſpiels „Palaion“, in die Zeit, da Leſſing Voltaires Tiſch teilte; Erih Schmidts Vermutung, daß der junge Dramatifer bei diefem franzöfiichen Verſuch urjprüng- lich feine Abficht auf Voltaire und König Friedrich lenkte, trifft ficherlich das Richtige.
Sn den Jahren 1751 und 1752 ift mit Gewißheit fein dramatischer Ent- wurf Lejfings nachzumweiien. Es fcheint faft, als ob feine bedeutend vermehrte journaliftiiche und kritiſche Thätigfeit in Berlin und feine ftrengeren, vieljeitigen Studien zu Wittenberg alle theatraliihen Pläne eine Zeit lang zurücddrängten. Grit während feines zweiten Berliner Aufenthaltes wurde das dramatische Snterefie durch die Herausgabe der „Iheatraliichen Bibliothek“ und durch die Vorarbeiten zu „Miß Sara Sampfon” wieder lebhafter und thatfräftiger. Etwa 1753 mag jo „Der gute Mann“, gleichzeitig damit oder unmittelbar darnad) „Der Vater
ein Affe, der Sohn ein Jeck“ entworfen worden fein; die Verwertung Con—
greve’scher Hauptmotive macht es wahrjcheinlich, wie bereit3 Erich Schmidt erfannte, daß beide Fragmente nicht allzu lange vor „Mit Sara“ entitanden. Einige ähn- liche Züge weilt „Die aufgebrachte Tugend“ auf, deren ausländische Vorlage
bis jetzt noch nicht entdeckt ift. Auch hier Steht im Mittelpunkt der Handlung ein
Liebhaber, der aus Politik andern, verheirateten Frauen neben feiner Geliebten den Hof macht und darüber Gefahr läuft, die Geliebte felbft zu verlieren. Aber ihon fehlt die dienſtfertige und ränkeſüchtige Lifette, die im „Guten Mann” bos— haft immer auf’3 nene die Intrigue fpinnt, und das Ganze jcheint ftellenmweije in die Bahnen des rührenden Luftipiel® auslaufen zu wollen. Vielleicht darf man deshalb das Stück an die Wende der Jahre 1753 und 1754 rücken, in die Zeit, da Leſſing fich theoretiich mit diefer modernen Sondergattung der Komödie abgab. Auch die „Die Großmütigen“ nähern fich in einigen Motiven dem rührenden Luftipiel; da fie überdies in der Handjchrift, Orthographie und auch in der Sprache mit den Fragmenten aus der zweiten Berliner Zeit übereinftimmen, reihe ich fie, wie zuerjt ſchon Danzel, unmittelbar an dieſe Stüde an. Genau diejelben Schrift: züge wie im Manufeript der „Großmütigen“ begegnen in dem des „Dorfjuns kers“. Auch was man aus den dürftigen Angaben etwa von dem Inhalt des
Porrede. HM
Stücks erraten kann, deögleichen die den Charakter andeutenden Namen einzelner Perſonen (3. B. Herr von Wahn) weiſen im allgemeinen auf die nämliche Zeit der Vorarbeiten zu „Miß Sara“ und auf engliiche Vorbilder; deutſch hat Leſſing derartig bezeichnende Namen nur noch in „Weiber find Weiber“ und in „Der Bater ein Affe, der Sohn ein Sec“ gebildet, während er ſonſt gewöhnlich die charakteriftiichen englijchen Namen beibehielt. Und gleichfalls in diefe Jahre ver: fege ich nach reiflichem Bedenken den Plan von „Ludwig und Aurora“, den Borberger um ein volles Jahrzehnt jpäter anſetzt. Daß aber Leſſing in Breslau - den „Gil Blas“, dem er den Stoff diejes Stückes entnahm, wieder las, beruht jchließlih doch nur auf mehreren geſchickt verfnüpften Vermutungen. Hingegen muß er zuverläffig um 1753 oder 1754 den Roman von Lejage, wenigitend das vierte Buch desjelben (welches eben auch den Stoff unſers dramatifchen Bruch: ſtücks enthält) gelefen haben, als er Thomſons Trauerjpiel „Tancred und Sigis— munda‘, das er in jenen Jugendjahren ja auch zu überjfegen begann, in der „Theatraliichen Bibliothek” beſprach. In dieje frühere Zeit deutet nicht minder die Handichrift und Orthographie des Fragments, vielleicht auch der Mangel einer genauen Scenengliederung in dem Entwurfe und das Motiv der Verkleidung, das Leſſing eben jo bebdeutfam in dem „Guten Mann“ verwertete. Ebenfalls 1754 ſtizzierte der Dichter in der „TIheatralifchen Bibliothek” (in dem Auffa über den „Rafenden Hercules“ des Seneca) die Charafterentwiclung, die er, wie ein viel jpäterer Brief an jeinen Bruder lehrt, damals an dem Titelhelden eines Trauer: ſpiels „Maſſaniello“ darftellen wollte.
Nach feiner Überfiedlung nach Leipzig im Oftober 1755 beichäftigte fich Leſſing eingehend mit Goldonis Lujtipielen. Schon am 8. Dezember fonnte er an Mendelsjohn jchreiben, er habe fih „Die glückliche Erbin“ diejes Dichters angeeignet, indem er ein Stück nach feiner Art daraus verfertigt; im folgenden Sahre ließ er die eriten Bogen desjelben druden. Dem gleichen Jahr 1756 gehört nach der handichriftlihen Angabe „Vor diejen“, die deutiche Bearbeitung des älteren, franzöftiichen Verſuchs „Palaion*, an. Dann löften aber eine Zeit lang ernjtere tragische Entwürfe, deren Stoffe großenteils in die antife Geſchichte zurück führen, die leichtere Luſtſpieldichtung nach engliichen, Franzöfiichen und italienischen Muftern ab. Die Reihenfolge derjelben hat in jüngiter Zeit Erih Schmidt wohl
unumftößlich richtig beitimmt. Voran ſteht „Das befreite Rom“, 1756 oder « 1757 aufgejeßt. Aus diefem Plan entwicdelte fich der einer „Virginia“, an der .
Leſſing bereit vor dem 22. Oktober 1757 arbeitete, die er aber im Januar des folgenden Jahres jhon mit dem bürgerlichen Trauerjpiel „Emilia Galotti“ ver— taufcht hatte. In demjelben Briefe vom 22. October 1757, der uns die erfte Nachricht von dem Entwurf der „Virginia” gibt, verſprach Leſſing den Berliner Freunden, jo bald er ein paar ruhige Stunden finde, einen Plan zu einem befjeren „Codrus“ aufzujegen als der, welcher in Cronegks Trauerfpiel ihnen vorlag. Am 21. Februar 1758 föfte er fein Wort ein; in die Zwiſchenzeit fällt aljo jeine Beihäftigung mit diefem dramatiichen Stoffe. Zu Anfang des Jahres 1758 trug ſich Leifing wahrscheinlich auch mit dem Gedanfen an ein Traueripiel „Seneca“
XI Borrede
Kleiſts gleichnantiger dramatischer Verfuch, der’ den befreundeten Dichter zu dem verwandten Plan anregte, wurde im Winter 1757 ausgeführt und am 19. Januar 1758 vollendet. Und gleichfall8 aus dem Januar oder wenigitens aus den eriten Monaten diejes Jahres ftammt „Kleonnis“, der größere Vorläufer des „Philo— tas“, die Tragddie in iambiſchen VBerfen, nach der Gleim am 16. April 1758 un . geduldig verlangte. Darauf folgen „Das Horoſkop“, von Schmidt mit Recht dem Jahre 1758 zugewieſen, und die Fragmente des „Faust“, deren zweites am 16. Februar 1759 gedruckt erichien und wohl nicht lange zuvor entitanden iſt; viel— leicht reicht auch das erfte der uns erhaltenen Bruchjtücte bis in das Jahr 1758 zurück. Die Briefe Blankenburgs und Engel hingegen beziehen fih auf merklich jpätere, in Hamburg oder gar erit in Wolfenbüttel ausgeführte Umarbeitungen des früheren Planes. Ein beftimmtes Datum bietet wieder die Handjchrift der „Fatime“; die proſaiſche Ausführung derjelben wurde am 5. August 1759 be— gonnen. Kurz vorher wird alfo der iiberfichtliche ſeeniſche Entwurf entftanden jein, bald darnach die beiden Auftritte in Verjen, welche eine wejentliche Umgeſtaltung des urjprünglichen Planes vorausſetzen.
Sn Breslau arbeitete Leiffing an einem Drama „Alcibiades“, deflen Titel er noch jpäter, als er feine Kolleftaneen ſammelte, zugleich mit denen des „Faust“, „Kleonnis“ und „Nero“ ſich aufzeichnete. Ob aber die beiden Entwürfe des Stücks, die uns in den Handjchriften erhalten find, in die Breslauer Jahre fallen, kann nicht feſt entjchieden werden; nur für den einen von ihnen it Diele Entitehungszeit bezeugt. Für welchen, ift nicht minder zweifelhaft. Doch macht es die inhaltliche Übereinftimmung der beiden Pläne wahricheinlich, daß Fein großer Zeitraum zwiſchen ihnen liegt. Es dürften alfo entweder beide der Breslauer Periode entjtammen oder auch der ältere Plan furz, bevor Leifing nad) Schleſien enteilte, in Berlin aufgezeichnet, der zweite Entwurf dann aber bald nad) der An— funft in Breslau niedergejchrieben worden fein. Schon den eriten Plan an das Ende des jchlefiichen Aufenthaltes, den zweiten aber nah Hamburg zu rücden, verbietet unter anderm eine gewiſſe Verwandtichaft des jprachlichen Stils in jenem eriten Entwurf mit dramatischen Fragmenten aus dem Ende der fünfziger Jahre. Im allgemeinen gleichzeitig damit, etwa zwijchen 1760 und 1765, während der VBoritudien zum „Laokoon“, alfo jedenfalls in Breslau ftieg in Leſſings Geifte der Gedanke an ein Drama „Philoktet“ auf, von dem außer dem-Titel nichts auf uns gekommen ift. In eine viel frühere Zeit möchte man nach dem ganzen Chas rafter des Fragments „Die Wiglinge“ verlegen; da jedoch darin auf Berjonen des „Triſtram Shandy“ angejpielt ift, jo kann das Stücd nicht vor 1759 ent- worfen jein. Andrerjeit3 macht der Name der Dienerin Lijette, den Leifing jpäter vermeidet, die Entitehung diejes Planes vor „Minna von Barnhelm“ wahrichein- lich. Nun ergibt jih aus einem Briefe Mendelsjfohns vom Mai 1763, daß Leſſing in jenem Frühling den Roman Sternes mit Entzücden las und fih in einem nicht mehr erhaltenen Schreiben vor dem 17. April 1763 darüber gegen Mojes Außerte. In dieſer Zeit alfo, nicht lange, bevor er den Gedanken faßte, die „Minna” zu dichten, wird er „Die Witzlinge“ entworfen haben.
- Borrede. XII
Aus den Jahren, die Leſſing der Arbeit au der „Minna“ widmete, ift ung ' fein anderer dramatiiher Plan erhalten. Erjt nach der Vollendung diejes Luſt-
ſpiels entitanden die Fragmente des „Schlaftrunks“, zufolge dem Bericht des Bruders 1766 zu Berlin der erite, kurze Entwurf, 1767 zu Hamburg der zweite, umftändlichere Plan und die Ausführung der eriten anderthalb Aufzüge. Im August 1767 wurde der Druck begonnen, 1768 die abgejegten drei Bogen auf neue® Papier umgedrudt. In die gleiche Zeit fällt vermutlich alles, was von der „Matrone von Epheius“, einem der früheiten Entwürfe Leſſings, auf
uns gekommen ift. Der erite, furze Plan des Stücks könnte der Handichrift nach
allenfalls auch dem Ende der fünfziger Jahre angehören; wahrjcheinlicher entitand auch er erit 1767 in den’erften Monaten des Hamburger Aufenthaltes. Sicherlich gehört in dieje Zeit, etwa in den Anfang des Septembers 1767, der zweite, breitere Entwurf, und auch die endgültige Ausführung des Fragments, die eben
—
falls nicht in Einem Zug erfolgte, fällt wohl nicht ſehr viel ſpäter. Auf Ham-
burg deutet unter anderm Leſſings Aufzeichnung auf der legten Seite des Konzeptes, die lauter Hamburger Pläge und Straßen betrifft. Ob auch die Reinjchrift der uns erhaltenen Scenen noch in Hamburg oder jhon in Wolfenbüttel angefertigt
wurde, ilt Schwer zu entjcheiden. Länger als bis in die erite Hälfte des Jahres |
1771 hat fich die gelegentliche Arbeit Leifings an der „Matrone von Ephejus“ faum erjtredit; ala „Emilia Galotti“ neuerdings jein ganzes Dichten in Anſpruch nahm, ſchwand ihm bald völlig das Intereſſe an dem ſpröden Luitipielitoff, deſſen Bearbeitung im Weſen doch nur eine ftiliftiiche Vorübung auf jenes Traueripiel blieb. An die epigrammatiich zugeipiste Sprache der „Emilia“ erinnern übrigens ſchon in dem ausführlicheren Entwurf der „Matrone von Epheſus“ mehrere Stellen, die allein auch ohne weitere Gründe eine frühere Entftehung diejes zweiten Planes
unwahricheinlihd machen würden. Desgleihen mahnt in der Schlußjcene die °
Verlobung der Dienitboten, die dem Beijpiel ihrer Herren folgen, an den Aus— gang der „Minna“. Geradezu in den Herbit 1767 weiſt aber der dritte Auftritt diejes zweiten Entwurfes. Der Traum Antiphilas dajelbit ift wohl ohne Zweifel dem Traum Gaddos im zweiten Aufzug de „Ugolino“ nachgebildet; Leifing hatte aber Gerjtenbergs Tragödie am 4. August 1767 eben gelejen. Gleichzeitig tauchte der Plan eines Trauerfpiels „Arabelle“ auf, welches Boie ſchon amt 16. December 1767 demnächit erwartete und Ebert bis zum 7. Januar 1770 wiederholt dem befreundeten Verfaſſer ins Gedächtnis rief. Auch die färg- lichen Bruchftüce des „Saleerenjflaven“ fallen in das Jahr 1767 oder 1768, Das franzdfiihe Drama von Falbaire, welches dem Leſſingiſchen Entwurf zu
Grunde liegt, „L’honnete criminel ou l'innocence reconnue*, erjchien 1767, in
deutſcher Überjeßung zu Leipzig 1768. Daß aber Leifing gleich; damals fich anjchiekte, das franzöfiiche Stück zu bearbeiten, beweiſen die Worte, welche er auf die Nückjeite des Blattes jchrieb, worauf er feinen Plan aufzeihnete: „ES folgt nit — daß er darum ein Zeitverwandter des Polyfrates und Cröſus ‚geweien. Poly. und Cröſus“. Dieje Worte gehören dem zweiundzwanzigſten der „Antiquariichen Briefe“ an, welcher im erjten Teil diefer Briefe 1768 erſchien
XIV Borrede.
und laut Leſſings Schreiben an Nicolai ſchon vor dem 5. Jult dieſes Jahres ver- faßt wurde:
Daran reihe ich die Titel zu dramatifchen Entwürfen, welche Lejling in den (ſeit 1768 angelegten) Kolleftaneen nennt. Ich ftelle „Nero“ voraus, obgleich) der Gedanke an dieje Tragödie den Dichter noch 1779 bejchäftigt zu haben fcheint, da fie gemäß den Worten im Kolleftaneenheft zu den Stücken gehörte, die Leifing „zum Teil projeftiert, zum Teil ſchon auszuarbeiten angefangen“ hatte, als er die übrigen tragiſchen Sujets erſt in allgemeinen, noch ganz unbeſtimmten Umrifjen aus den Quellenfchriften ſich anmerfte. Sch habe für dieſe die Titel beibehalten, welche Borberger ihnen gab: manchmal zwar unterjcheiden fie die einzelnen Stoffe nicht icharf genug; aber bei unfrer mangelhaften Kenntnis derjelben und der Pläne, die Leifing damit verband, ift e& nicht wohl möglich, befjere Titel dafiir ausfindig zu machen. Nicht einmal den Namen des unglücklichen Königs von Siam vermag ich genauer anzugeben, da Leſſings Gewährsmann de l'Isle ihn nicht nennt. Ähnlich verfuhr ich mit den gleichfalls in den Kolleftaneen verzeichneten komiſchen Sujet3; nur betitelte ich deren erftes „Der Betrübte* im engeren Anſchluß an die Worte in der „Dramaturgie“, auf die Leſſing ſelbſt vermweilt. Obgleich noch nicht in den Kolleftaneen ‚erwähnt, reicht doch wohl auh „Spartacus“ mit jeinen Anfängen in die Hamburger Zeit zurüd. In Leſſings Briefen begegnet er ung zuerſt im Dezember 1770, doch nicht al ein Werk, deſſen Gedanke jegt zum eriten Male völlig neu in der Seele des Dichters aufftieg. Bis in den Früh— ling 1775 hinein bejchäftigte jich diefer immer wieder mit diefem Stüd. Nach Wolfenbüttel Hingegen fallen die zwei Pläne zu Nahfpielen mit Hansmwurft, beide den „Facetiae* des Poggio entnommen. Mit den leßtern befaßte fich Leſſing näher gelegentlich jeiner Forfhungen zur Geichichte der Fabel; man darf alio die Entwürfe der beiden Nachipiele etwa in die Jahre 1771 bis 1773 verlegen. Im Winter 1774/1775 oder jpäteitend im folgenden Frühling entitand das Fragment „Werther der Beſſere“; den Goethe’ihen Roman Hatte Leſſing im DOftober 1774 gelefen. Immer dürftiger werden nun die Nachrichten über weitere dramatiiche Pläne unſers Dichters. In den am 1. Auguſt 1777 ange fangenen Aufzeichnungen „Zur Gejchichte der deutichen Sprache und Litteratur“ merkte er fich die Erzählung von einer Ehebreherin aus den „Gesta Roma- norum* als Stoff für eine Tragödie an. In demjelben Herbit dachte er daran, Galderons „Richter von Zalamea“ volllommen zu verdeutichen, nicht bloß zu überjegen; am 20. September bat er feinen Bruder, ihm die franzöftiche Über: tragung diejes Stüces im „Mercure de France* zu ſchicken. In das nächite Sahr 1778 fällt in der Hauptſache der profaische Entwurf des „Nathan“, dejien Handichrift in ihren mannigfahen Teilen und Teilchen feine bedeutenden zeitlichen Unterjchiede aufweiſt, und aus der gleichen Zeit ftammt der Gedanke des Nach— jpiel8 „Der Derwiſch“, wovon in den Briefen Leſſings an jeinen Bruder aus den eriten drei Monaten des folgenden Jahres mehrmals die Rede iſt. Im Mai 1779 tauchte die Abficht eines Trauerjpiel® „Der fromme Samariter” auf,, die Leſſing mindeſtens bis zum Ende des Jahres feithielt. Endlich beftimmte ihn
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ein Verjprechen, das er der Hamburger Theaterleitung gegeben hatte, ſeit dem November 1780 den „London-Prodigal“ der ältern englijchen Bühne neuer: dings durchzugehen, um auf diefer Grundlage ein eignes Drama aufzubauen.
Außerdem hat uns Karl Leifing noch drei Titel zu Stücken feines Bruders überliefert, über deren Inhalt ich jo wenig wie über die Zeit, da Leſſing fich mit diefen Plänen trug, eine Vermutung aufzustellen wage. Möglich, daß der erite bon ihnen nicht „Die Gebrüder Denner”, wie Karl las, jondern „Die Gebrüder Dürer” lautet und ſich auf den Entwurf bezieht, der in der Handichrift nur „Die Großmütigen“ betitelt ift. Da ich aber unter den Breslauer Papieren das Blatt nicht fand, worauf jener Titel fteht, wollte ich nicht ohne fichern Grund hier einen Leiefehler annehmen und den von Karl erwähnten. Namen eines jonjt völlig unbefannten Zuitipielplans ungenannt laſſen. Mit diefen drei chronologiich nicht beitimmbaren Titeln bilden die „Komijchen Einfälle und Züge“ den Schluß des theatraliichen Nachlaſſes. Die leßteren gehören zwar der allerfrüheiten Zeit Leſſings an: nach ihrem Inhalt und Stil, ebenio nach) der Handichrift und Orthographie zu jchließen, fallen fie noch in die Leipziger Studententage oder in die eriten Berliner Jahre, allem Anjcheine nach nicht nach 1750; da fie aber nur eine Art von Anhang zu den dramatiichen Entwürfen bilden, nicht jelbit Teile von ihnen find, jo glaubte ich den Plaß nicht verändern zu jollen, den ihnen hinter den dramatischen Bruchitücen die frühern Herausgeber angewieſen haben.
Die einzelnen Abjchnitte der verichiednen Entwürfe find bereits von diejen meinen Vorgängern nad Angabe der Handichriften fait überall richtig geordnet worden. Nur einige wenige Male (in „Fatime“, im „Schlaftrunf“ und hie und da in der „Matrone von Ephefus“) habe ich ein paar Scenen an andrer Stelle als fie eingereiht; ich hoffe, daß hier in jedem einzelnen Falle mein Verfahren ſich von jelbjt rechtfertigen wird. Sp weit als möglich, juchte ich überall die verichiednen Entwiclungsftufen zu jondern, welche wir bei der Arbeit Leifings an einem und demjelben dramatischen Plane wahrnehmen. Äußerlich trennte ich dieje zeitlich unterichiedenen Entwürfe durch Fleine Striche (wie die Dramen jelbft durch große Strihe); was Hingegen auf der gleichen Entwiclungsitufe fteht, aljo zu dem nämlichen (eriten, zweiten oder dritten) Entwurf eines mehrfach umgemodelten Stückes gehört, jonderte ich durch Sternchen. Nur bei der projaiichen Skizze des „Nathan“ machte die eigentümliche Form der Handjchrift eine andere Bedeutung diefer Zeichen notwendig. Die Blätter des Manuferipts, welches Borberger aus— führlich bejchreibt, find nämlich in der Mitte gebrochen. Auf der innern Hälfte derjelben zeichnete Leſſing meiſtens die allgemeinen Umrifjfe der Handlung auf; auf die äußere Hälfte jchrieb er die Bruchſtücke des Dialogs, jo weit er dieje ſchon jet entwarf. Neichte bei nachträglichen Einfchaltungen oder Korrekturen der Raum hüben oder drüben nicht aus, jo benüßte er wohl auch den freien Platz nebenan und deutete durch allerlei Zeichen die Stellen an, welche dieſen jpäteren Zufägen gebührten. Da es niemals der Zweck meiner Ausgabe jein konnte, folche Äußerlichkeiten der Handichrift, welche fich im Druck überdies unſchön ausnehmen und den Lejer bisweilen nur verwirren würden, getreu nachzubilden, jo habe ich
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regelmäßig Scene für Scene zuerit die allgemeine Angabe des Inhalts (aljo, was Lejjing meiſt auf den innern Rand fchrieb), darnach, dur ein Sternchen davon getrennt, die Anfänge des Dialogs mitgeteilt, in leßteren aber ſogleich die von dem Verfaſſer angezeigten Einfchaltungen eingefügt, gleichviel ob jie rechts oder links in der Handjchrift ftehen. Diejer zweite Teil der einzelnen Scenen mit dem Entwurf des Dialog3 zerfällt öfter wieder in zwei oder mehrere Ab— jchnitte, welche verjchiednne Entwiclungsphafen der dichterifchen Arbeit bezeichnen ; dieſe Abjchnitte Habe ich, ähnlich wie das in der Handichrift meiſtens ſchon der Fall ift, durch eine Zeile Durchſchuß im Druck angedeutet. Die Schlußbemerfungen zum „Nathan“, teils auf den leßten Seiten des Quartheftes, welches das aus— führlihe Scenar enthält, teil® auf loſen Blättern verzeichnet, find durch Fleine Striche von dem eigentlichen Scenenentwurf getrennt, ohne daß dadurch angezeigt werden ſoll, fie gehörten frühern oder jpätern Entwicklungsſtufen der Arbeit am „Nathan“ an. Bei feinen nachträglichen Korrefturen des Dialogs in der Hand- Schrift hat Leſſing manchmal vergefjen, die urfprüngliche Faſſung der Rede aus— zuftreichen. In diefem Falle durfte ich, wie jonft regelmäßig bei Änderungen, die der Verfaſſer noch in der Handichrift vornahm, nur die legte, nicht aber auch die von Leſſing ſelbſt jogleich verivorfene erſte Ausdrucksform mitteilen. Aus diefem Grund enthält mein Abdruck manches nur einmal, was Borberger und zum Teil vorher ſchon Danzel doppelt angeben. Maltzahnı hat in folchen. Fällen willfürlich bald beide Faflungen, bald nur die zweite gejeßt. Das lettere wird ihm in der Hempel’- fchen Ausgabe, deren bejondere Vorzüge, gerade was den Entwurf des „Nathan“ betrifft, ich durchaus nicht verfenne, mit Unrecht als Fehler angerechnet, und ich vertwahre mich hiermit ausdrücklich gegen einen ähnlichen unbegründeten Vorwurf.
Geändert habe ich wieder, wie in den beiden borausgehenden Bänden, nur offenbare Druck- und Schreibfehler. Bei den leßteren war ich vielleicht jogar ängit- licher als vordem. Sp habe ich im theatraliichen Nachlaß peinlich genau alle Eigen tiimlichfeiten der Schreibung Leſſings, ja ſelbſt alle Nachläffigfeiten feiner Inter— punftion beibehalten und 3.8. an dem franzöftichen Entwurf „Palaion“ viel weniger gebeſſert als Danzel und jeine bisherigen Nachfolger. Die im vorigen Sahrhundert zum Teil noch übliche ältere franzöſiſche Orthographie durch moderne zu erjeßen und die zahlreichen Accente einzufügen, welche Leſſing fich Halb im Einklang mit jener ältern Schreibung, halb aus bejonderer Bequemlichkeit eriparte, wie das die frühern Herausgeber thaten, dazu hielt ich mich nicht für befugt; noch weniger durfte ich gewiſſe ſprachliche Irrtümer bejeitigen,.die gerade für die franzöfiichen Kenntniſſe des jungen Schriftitellers jehr bezeichnend find. So verbefjerteih auh - hier «nur die augenfälligiten Schreibfehler und fügte nur folche Accente ein, die Lejling unzweifelhaft aus Verjehen das eine und andre Mal, nicht aber jolche, die er regelmäßig wegließ. Außerdem verjah ich wieder die Wörter Sie, Ihnen, Ihr, Eud, Er, Sein u. f. w. bei der Anrede überall mit großen Anfangs— buchitaben, auch wo Leſſing fie ſtets Hein fchrieb, wie in den erſten Druden des „Damon“ und der „Alten Jungfer*, in den Manufcripten des „Hannibal“ und der ältejten dramatiichen Entwürfe. Später ſchwankt in den Papieren des theatra=
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liſchen Nachlaſſes die Schreibung, bis zuletzt die großen Anfangsbuchſtaben durch— aus den Sieg behalten. In gleicher Weiſe habe ich, wo der erſte Druck des „Nathan“ gegen die ſtrenge grammatiſche Regel ſchwache Kaſusformen (z. B. allen, andern) hat, die der zweite oder dritte Druck in die richtigen ſtarken Formen (allem, anderm) ändert, die abweichende Lesart nicht angemerkt. Denn Leſſing ſchrieb damals ſchon jo undeutlich, daß nn und m bei ihm kaum mehr zu unterſcheiden war; die grammatiich ungenauen Formen, die er gleich darnach jelbjt verbefjerte, find daher wohl als Lejefehler des Setzers zu betrachten, nicht al3 Gigentümlich- feiten des Schriftitellers wie in frühern Jahren, da diefer in der That zwijchen beiden Formen jchwanfte.
Wenn, wie ich mir fchmeichle, durch meine Arbeit in diefem Bande die Kenntnis der Leſſingiſchen Schriften neuerdings gefördert wird, jo verdanfe ich das in erfter Neihe der gütigen Bereitwilligkeit, mit welcher die Verwaltung der fönigliden und Univerfitätsbibliothef in Breslau die Papiere des Leſſingiſchen Nachlaſſes mir auf mehrere Wochen zur Benügung überließ. Nach: träglich hatte noch Herr Profeſſor Dr. Hermann Defterley die Freundlichkeit, in einigen mir befonders wichtigen Punkten nochmals die Handjchriften zu prüfen und jo mein Urteil zu beftätigen oder zu berichtigen. Herr Banquier Ernſt Mendelsjohn- Bartholdy in Berlin ließ mich in jeinem Haufe die Hand» jchrift des Entwurfs zum „Nathan“ neu vergleihen und jandte mir überaus zuborfommend jogar die beiden Hefte, in denen Leſſing die verjchiednen Pläne und Skizzen der „Matrone von Epheſus“ aufzeichnete, auf längere Zeit hierher nah München. Herr Landgerichtödireftor Robert Leſſing in Berlin, deſſen Aufſatz über die Unterjchiede der echten Drude des „Nathan“ in der Sonntags- beilage zur „Voſſiſchen Zeitung“ vom 6, Februar 1881 dem Herausgeber manchen brauchbaren Wink gibt, ftellte mir die überaus jeltne Originalausgabe der „Alten Jungfer“ zur Verfügung. Die Direktion der Münchner fgl. Hof- und Staatsbibliothef vermittelte mir wieder, wie früher, in liebenswürdigiter Weiſe die von auswärts an mich geichieten handjchriftlichen Schäße. Endlich bin ich für die Entzifferung der jchwierigiten, nur durch Konjektur zu enträtjelnden ‚Stelle in der „Matrone von Ephejus“ (S. 443, 3.3) Herrn Brofefjor Dr. Michael Bernays in München, für fteten Nat und Beiltand bei der Korreftur meinem Verleger zu aufrichtigem Dank verpflichtet.
München, im Juni 1887. Fran Munker.
Leſſing, jümtlihe Schriften. ILL. II
Inhalt.
Seite Nathan der Weije. Ein Dramatifches Gedicht, in fünf Aufzügen. . 1
Dramatiſcher Anhang. x Damon, oder die wahre —* Ein Luſtſpiel in einem
use RIES >“ Die Alte Jungfer. Gin Luſtſpiel in Aufzůgen N Theatraliſcher Nachlaß. (Hannibal. Nah Marivaur.]-. -. » » . AN —— [Der Spieler. Nah Regnard.) . . . 246 Giangir,