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Aerztlicher Hochstapler, 382. Aetiologie der fortscnreit. Paralyse d. Irren, 0 65. Aetiologie der Infectionskrankheiten, 91, 637. Alte Perforation in die Trachea, 0 375. Amerikanischer Luftkurort, 728. Amyloide Degeneration, 42. Anaemie, hochgradige, 0 10. Anchylostoma duodenale, 89, 0 409, 481. Anchylostomum duod. i. d. Darmausleerungen, 010. Aneurysma dissecans arcus aortae, 0 375. Angeborene Missbildungen d. Schlundfurche u. d. Kiemenbogen, 551. Anhäufung farbloser Blutkörperchen i. d. Ge¬ wissen, 238. Animale Impfung, 217. Animalische Lymphe v. Dr. Hay, 280, 437. Anstalt, pathologische, in Basel, 427. Antisepsis, chirurgische und gerichtliche Medicin, 0 33, 72. Antisepsis und operative Fortschritte, 0 38. Antisepticum, neues (Resorcin), 176. Antisept. Atropin- u. Eserinlösungen, 0 609. . Antisept. Catgut, 567. Antisept. Vaccinelymphe, 795. Anwendung antisept. Atropin-Lösungen, 0 609. Anwendung v. Arzneistonen z. Beseitigg. d. Mittelohreiterungen, 0 449, 485. Anwendung v. chininum tannicum, 0 2. Apotheker verein, Jahresversammlung, 504. Apothekerwesen, 537. Apparat, pneumatischer v. Geigel, 270. Architectonik des Gehirns u. Rückenmarks, 751. 0 Archives d’Ophthalmologie, 59. cc Arzneimittel, über neuere, 0 545. Arzneistoffe z. Descifizg. d. Mittelohreiterungen, ^ 0 449, 485. Arzneitaxe für Militärlieferungen, 280. Arzt und Apotheker, 273. § Asthma bronchiale, Tod, 0 375. zzl Athmungswege, Stenose durch e. Tumor unter d. Stimmbändern, 0 455. Atropin- u. Eserinlösungen, 0 609. Aufgaben der Schweizerärzte, 0 329. Auf nach Olten, 641. Augenkrankheiten, parasitäre, 79. Augen-Verletzungen, 0 770. Ausstellung auf dem Gebiete der Hygieine, 571, 605. Ausübung der Heilkunde, 119. Bacillen bei Abdominaltyphen, 621. Bäder, Wirkung auf das Herz, 249. Balneologie, 219. Basler Ausstellung v. i. d. Schweiz fabricirten Nebengebrauchsgegenständen d. Pharmacie, 698. Behandlung der Caries, 395. — der Patellarfracturen, 16. — des Milzbrandes beim Menschen, 123. — des Schreibkrampfes, 473. Beilagen: Wasserheilanstalt Mammern, 192; Cur- haus u. Mineralbad Eglisau, 224; Bad Hom¬ burg, Halleiner Mutterlaugensalz, Wasserheil¬ anstalt Mammern, 288; Enke’s Verlag in Stutt¬ gart, 328; Luftkurort Axalp, Schwefelbad Alveneu, Bad und Curort Ragaz, 368; Mohr’s Verlag in Freiburg, 448; Walter-Biondetti in Basel, 672. Beitrag der cant. ärztl. Gesellschaften a. d. Cen- tralcasse, 763. Beobachtungen üb. d. Gallensteinkrankheit, 0 513. Beobachtungen zur Pathologie des Gehirns, 0 97. Bericht der Commission f. d. Krankenmobilien¬ magazin, 605. Bericht über die Poliklinik u. d. sanitär. Verhält¬ nisse i. Riesbach, 308. Berini, Dr., 382. Bernardino, San, 215. Beschuhung der Infanterie, 686. Bezugsquelle für animalische Lymphe, 280. Bibliographisches, fast in jeder Nummer. Blatta orientalis, 724. Blattern, gänzliche Vernichtung einer kl. Eskimo¬ truppe, 219. Bleiglasuren, sanitarische Gefahren, 0 129, 171. Blitzschlag, 559, 561. Blutkörperchen, farblose, in den Gefässen, 238. Boden und sein Zusammenhang mit dem Men¬ schen, 700. Borwatte-Tampons für Ohreiterungen, 0 715. Bougies u. Suppositorien v. Oleum Cacao, 720. Brandstiftung, ein Fall von, 0 577. Brandt’s Schweizerpillen, 699. Bulletin de la Societe medicale de la Suisse romande, 26. Digitized by LjOOQle — IV Oacao, oleum, 720. Cantonsspital St. Gallen, 26. Carboistreupulver v. Bruns, 177. Carcinom der weibl. Genitalien, 113. Caries, Behandlung der, 395. Catgut, Zubereitung v. antiseptischem, 567. Cauterisation, galvanocaastisclie, e. Tumor, 0 455. Chininum tannicum, Anwendung, 0 2. Chirurg. Antisepsis u. gericbtl. Medicin, 0 34, 72. Compendiöse Taschenapotheke, 393. Complication von Schwangerschaft und Uterus- carcinom, 460. Comprimirte Medicamente, 720. Conchininsulfat, 720. Congress f. Hygieine in Genf, Subvention, 379. Congres international de medecine ä Londres, 88, 150, 438, 565, 599, 633. Conjunctiva bulbi, eigenthüml. Erkrankung, 270. Contrex^ville, Curort, 53. Convexität, Tuberkel, 21. Cornea, Transplantation, 122. Corsica, 668. Cortex Quebracho, 724. Coto, 723. Cotoin, 177. Couleur des yeux, des cheveux et de la peau chez les enfants des dcoles du Ct. de Fribourg, 188. Curort Contrexeville, 53. Curs der Divisionsärzte in Zürich, 536. Curse für practische Aerzte, 82. Davos-Platz, 212, 217, 667. Degeneration, über amvloide, 42. Demonstration d. Geigel pneumat. Apparates, 270. Der Salicyl-Verband, 0 290, 337. Desodorisirung des Jodoforms, 700. Diabetes mellitus, neurogenes, 59. Diagnose der epileptischen Aequivalente, 0 193. Die Aetiologie der fortschreitenden Paralyse der Irren, 0 65. Die chirurg. Antisepsis u, d. gerichtl. Medicin, 0 33. Die Fleischvergiftung in Spreitenbach, 0 642. Dihvdroxylbenzole (Resorcin, Brenzcatechin u, Hydrochinon), 27. Diprosopos (Zwillingsmissbildung), 591. Docentenjubiläum v. Prof. Horner, 571. Doctor-Dissertationen im Jahre 1880, 121. Doetorjubiläum von Alt-Oberfeldarzt Dr. Leh¬ mann, 156. Dualitätslehre in der Syphilis, 732. Duboisia myop., 720. Eidgenöss. Medicinalgesetz, 279. Eidgenössische Medicinalprüfungen, 22, 24. Eidgenöss. Seuchengesetz, Discussion, 380, 420. Einathmung ehern, reinen Sauerstoffs, 779. Ein Fall von Brandstiftung, 0 577. Ein Fall von fibrosarcomatöser Neubildung im u. Theil d. Trachea, Entf. d. Tracheofissur, 0 257. Eingabe der med. Gesellschaft in Basel betr. oblig. Krankenversicherung, 0 708, 746. Ein günstig verlaufener Fall von intraarterieller Infusion e. alkal. Kochsalzlösung b. drohend. Verblutung, 0 745. Ein submucöses Klystier, 0 134. Ein weiterer Fall hochgradiger Anaemie, 0 10. Einwicklungen, kalte, 731. Ei von 4 Wochen, Abortus, 300. Eisenbitter, 393, 565. Electrisation, 721. Electrische Kugelsonde u. Extractor, 151. Endocarditis ulcerosa, 176. Entozoen in der Schweiz, 0 673. Epidemiengesetz, Illustration, 245. Epileptische Aequivalente, Diagnose, 0 193. Erbrechen einer Schwängern. 0 526. Erfolgr. Extraction e. Revolverkugel etc., 0 737. Erkrankung d. Conjunctiva bulbi, 270. Erkrankungen, typhöse, durch Fleischgenuss, 0 161, 200, 233, 266, 294, 554. Erweiterung der Gebärmutter, künstliche, 139. Erysipelas traumaticum, 22. Eserinlösungen, 0 609. Esmarch’sche Umschnürung d. Gummischi., 142. Excelsior, Inhalationsapparat von Zemsch, 209. Extraction einer im Schädel stecken gebliebenen Revolverkugel, 0 737. Extractor, 151. Extract. Farinae Liebig, 720. Extract. Malti, 720. Fabrikinspection, 435. Facialisparese, linkseit., Insultus apoplecticus, 20. Fall von Brandstiftung, 0 577. Fall v. fibrosarcomatöser Neubildung im u. Theil d. Trachea, 0 257. Fall von hochgradiger Anaemie, 0 10. Farbe d. Augen, Haare u. Haut b. Schulkindern im Ct. Freiburg, 188. Femur, beiderseitige Osteotomie, 343. Ferrum peptonatum, 730. Feuilleton, 186. Fibrosarcomatöse Neubildung L d. Trachea, 0 257. Fledermäuse, Venenherzen, 592. Fleischgenuss, typhöse Erkrankungen, 0 161, 200, 233, 266, 294, 554. Fleischmole nach 6 l /s Monaten, 526. Fleischvergiftung in Spreitenbach, 0 642. Folia Duboisiae myoporoidis, 720. Fortbildungscurse f. Aerzte in Breslau, 438. Freigebung der Ausübung der Heilkunde, 119. Freiwilliger Kranken verein in Burgdorf, 119. Frequenz der medicinischen Facultäten, 58, 435. Grallensteinkrankheit, Beobachtungen, 0 513. Garfield’s Krankheit, 791. Gebärmutter, künstliche Erweiterung, 139. —, Lageveränderungen, 205. Geburt einer Fleischmole nach 6 l /s Monaten, 526. Gefässsystem, Innervation, 342. Gefahren, sanitarische, d. Bleiglasuren, 0 129,171. Geheimmittelfrage, 273. Geheimmittelunwesen, 216. Gehirn, Pathologie, 0 97. Gehirn und Rückenmark, Architectonik, 751. Geigel’scker pneumat. Apparat, 270. Genu valgum, hochgrad., 343. Gerichtliche Leichenuntersuchungen, 0 369, 412. Gerichtliche Medicin und chirurgische Antisepsis, 0 33, 72. Geschmacksempfindungen, Verlust, 154. Glarus, Spitalarzt, 280. Digitized by LjOOQle V Glossen zur Zahl u. Vertheilung d. Aerzte i. d. Schweiz, 0 331. Gotthardtunnelarheiter, kranke, 81,89, 0 409, 481. Granuloma iridis, 301. Grütiiverein, Fragen a. d. Gebiete d. Hygieine, 121. Gummischlauch z. Esmarch’schen Umschnürg., 142. Gynäcologische Befunde, Skizzen z. Einzeich., 238. Haemochromometer, 396. Harnröhrenstricturen, 688. Hay’s animalische Lymphe, 280, 437. Heilkunde, Ausübung, 119. Heilung maligner Lymphosarcome, 668. Hemiopie, 43. Hemiplegie, linkseitige, Insultus apoplecticus, 20. Heredität b. Zwillingsschwangerscnal'ten, 471. Herz, Wirkung der Bäder, 249. Hirnerscheinungen, secundäre, 0 737. Hoden-Tuberculose, 529. Hülfefond für Schweiz. Aerzte, 752. Hygieine, Preisfragen des Grütlivereius, 121. Hypnotismus, 156. Illustration eines Epidemiengesetzes, 245. Impffrage in Belgien, 353. Impfstoff, 560. Impfung, animale, 217. Impfung, obligatorische, in Frankreich, 220. Impfung und rocken, 155. Incision des Pericardium, 250. Inductionsapparate, 184. lnfanterie-Beschuhung, 686. Infectionskrankheiten, Aetiologie, 91. Infectionskrankheiten in Basel, 28 und in allen folgenden Nummern. Infusion, intraarterielle, einer Kochsalzlösung, bei drohendem Verblutungstod, 0 745. Inhalationsapparat Excelsior von Zemsch, 209. Innervation des Gefässsystems, 342. Insultus apoplecticus, 19, 20. Internationaler medic. Congress in London, 88. 250, 438, 565, 599, 633. Jodoform, Löslichkeitsverhältnisse, 27. — Desodor., 700. Irre, Aetiologie der fortschreit. Paralyse, 0 65. Irrenanstalten, 635. Irrenschutz, 118, 142, 215. Jubiläen: Dr. Lehmann, 156; Prof. Horner, 571; Virchow, 705. Kalte Ein Wicklungen, 731. Keratitis, parenchymatöse, 300. Keuchhusten, 216, 636. Kiemen bogen, Missbildungen, 551. Kindemahrungsmittel, 539. Kinderpraxis, Therapeutisches, 0 2. Kinderuntersuchungen im Canton Freiburg, 188. Kleinere ophthalmolog. Mittheil., 0 38, 79, 105. Klimatologische Mittheilungen v. Vierwaldstätter¬ see, 204. Klinik, die, und ihr Leben, 155. Klystier, ein submucöses, 0 134. Krankenhaus Davos, 217. Kranken- u. Irrenpflege, 142, 395, 538, 666, 790. Kranken-Mobilienmagazin, 505. Kranken verein, freiwilliger, in Burgdorf, 119. Krankenversicherung, oblig., Eingabe der med. Gesellschaft Basel, 0 700, 746. Kugelsonde, electrisehe, 151. Lait condense sans Sucre, 762. Laryngotomia subhyoidea vera s. subepiglottica, 27. Lehre vom Stoffwechsel, 492. Leichen Untersuchungen, gerichtliche, 0 369, 412. Lied vom Dünndarm, 186. Locale Anwendung v. Arzneistoffen z. Beseitigg. der Mittelohreiterungen, 0 449, 485. Löslichkeitsverhältnisse des Jodoforms, 27. Luftkurort in Amerika, 728. Lugano, 215. Lungenepithel, norm. Verhältnisse und patholog. Veränderungen, 648. Lungenödem, periodisch auftretend, 239. Lymphe, animalische, von Dr. Hay, 280. Lymphosarcome, 668. Magenresection, 123. Magnesiteur Donato, 156. Malaga und seine Weinproduction, 386, 571. Medicamente, comprimirte, 720. Medicin, gerichtl. u. chirurg. Antisepsis, O 23, 72. Medicinalgesetzgebung, eidgenössische, 279. Medicinalprüfungen, eidgenössische, 22, 24. Medicinische Facultäten, 58, 435, 699. Medicinische Mittheilungen aus Zürich, 209. Medulla oblongata, Abscess, 0 102. Meningitis, septische, 22. Methode, neue, f. d. Behandlung der Patellar- fracturen, 16. Militärischer Sanitätsverein Bern, 240. Militärlieferungen, Arzneitaxe, 280. Militärsanitätswesen, 90, 436, 537. Milzbrand beim Menschen, 123. Missbildung der Schlundfurchen u. der Riemeu- bogen, 551. Missionsarzt, 663, 764. Mittelohreiterung, Beseitigung durch Arzneistoffe, 0 449, 485. Mittheilungen aus der Praxis, 17. Mittheilungen, medicinische, aus Zürich, 209. Mittheilungen, ophthalmologische, 0 38, 79, 105. Morbiditätsstatistik in Paris, 220. Mortalitätsstatistik in Spanien, 316. INasse Gänge, 627. Naturforschende Gesellsch., Jahresversammlg., 436. Necrologe: Dr. Stephan Studer in Waldkircn, 52; Dr. Job. Lütoli in Luzern, 90; Dr. Albert Volkart in Hombrechtikon, 120; Dr. Strasser in Interlaken, 184; Dr. J. G. Brügger in Samaden, 216; Dr. Joh. Heinr. Städeli in Bas¬ sersdorf, 353; Dr. Jos. Wiel in Zürich, 472; Apoth. Dr. Ch. Müller in Bern, 502; Dr. Franz Jäggi, Solothurn, 665; Dr. Daniel Ecklin in Basel, 694; Dr. Rud. Osc. Ziegler in Bern, 761; Cand. Alois Amrein, 788; u. R. Howald in Hindelbank, 788. Nervendehnung, 379. Neubildung, fibrosarcomatöse, i. d. Trachea, 0 257. Neuere Arzneimittel, 0 545. Neugebornen, Stillen der, 730. Neuralgien (Tonga, ein neues Mittel), 28. Digitized by Google VI Neurogener Diabetes mellitus, 59. Neurologen u. Irrenärzte, Versammlung in Baden- Baden, 280. Obligatorische Impfung in Frankreich, 220. — Krankenversicherung, 708, 746. Oeffentl. Krankenpflege im Aargau, 66, 790. Ohreiterungen, Bor watte-Tampons, 0 715. Ohrenkrankheiten, 730. Oleum Cacao, Bougies u. Suppositorien, 720. Operationsmethode, neue subcutane, 27. Operative Fortschritte und Antisepsis, O 38. Ophthalmologische Mittheilungen, O 38, 79, 105. Organisation der öffentlichen Krankenpflege, 666. Organismen, pathogene, d. Typhus abdom., 343. Osteotomie des Femur, 343. Paralyse der Irren, Aetiologie, 0 65. Parasitäre Augenkrankheiten, 0 79. Parenchymatöse Keratitis, 300. Patellarfracturen, Behandlung, 16. Pathogene Organismen d. Typhus abdom., 343. Pathologie des Gehirns, Beobachtungen, 0 97. Pathologische Anstalt in Basel, 427. Pelletierinum tannicum, 720. Perforation in die Trachea, 0 375. Pericardium, Incision, 250. Personalien, 26, 27, 52, 90, 91, 120, 122, 156, 184, 188, 216, 280, 316, 353, 393, 438, 472, 537, 567, 665, 694, 699, 761, 788. Pharmacologische Versuchsreihe, 592. Pharvngomycosis sarcinica u. Pneumonomycosis, 0 225. Physiologie des Rückenmarks, 299. Physiologische Verbrennung, 139. Pilztheorie, 637. Pneumat. Apparat v. Geigel, 270. Pneumonia crouposa, 301. Pneumonomycosis u. Pharyngomycosis sarc., 0 225. Pocken, 26, 122, 156, 157, 316, 393, 437. Pockenepidemie in Biel, 306. Pockenspital Zürich, 277. Polyscop, ein galvanischer Universal-Beleuch- tungs- u. Cauterisationsapparat, 152. Pons, Abscess, 0 102. Pons-Erkrankungen, 177. Pract. Fortbildungscurse f. Aerzte i. Breslau, 438. Präparat z. Semidecussatio des Sehnervs, 303. Preisfrage der Schläflistiftung, 352. Presseangelegenheiten, 26, 59. Propädeutische Facultät Lausanne, 538. Prosit Neujahr, 1. Prüfungssitz für propädeut.-med. Examen, 218. Pterygium, 188. Quebracho Colorado, 697, 724. Quecksilberpeptonlösungen, 730. Rachitis, foetale, 13. Recurs Sautter, 500. Recurs Witzinger, 279. Redactionsartikel: Prosit Neujahr, l; Zum 21. Mai, 289; Zum medicin. Congress, 634; Auf nach Olten, 641; Zum Jahresschluss, 769. Reden (Toaste): Veraguth, 186; Sonderegger, 329, 423, 717, 783. I Reine Luft, 537. Reisebriefe aus Südafrika, 348. Reiseplaudereien aus Italien, 212, 311, 389, 429. — aus Wien, 433. Rekrutenuntersuchung, sanitarische, 50. Resection des Magens, 123. Resection der Trachea, 732. Resorcin, 298. Resorcin, ein neues Antisepticum, 176. Respirationskrankheiten, mech. Therapie, 385. Revolverschuss, Wirkungen a. d. Schädel, 650. Revue mddicale de la Suisse romande, 26. Retropharyngealabscess, 187. Rückenmark-Physiologie, 299. Rückenmark u. Gehirn, Architectonik, 751. Salicyl-Verband, 0 290, 337. Sanitätsdienst, 758. Sanitätstruppen, Versamml. d. Stabsoffiz., 346, 727. Sanitär. Gefahren d. Bleiglasuren, 0 129, 171. Sanitarische Rekrutenuntersuchung, 50. Sauerstoff-Einathmung, 779. Scharlach-Epidemie, 188. Schläflistiftung, Preisfrage, 352. Schlundfurchen, Missbildungen, 551. Schreibkrampf, Behandlung, 473. Schulhygiene, 107. Schutzpockenimpfung, Zürcherische Verordn., 241. Schwangere, Erbrechen, 0 526. Schwangerschaft u. Uterus carcinom, Compl., 160. Schweizerärzte, Aufgaben, 0 329. Sch windsuch tsstatistik d. Vereins schlesw.-holst. Aerzte, 636. Schwyzerische Aerzte, 731. Sehnerv im Chiasma, Semidecussatio, 303. Semidecussatio des Sehnervs, 303. Seuchengesetz, Discussion, 380, 420. Siamesische Zwillinge, ein neues Paar, 664, 764. Skizzen z. Einzeichnen gynäcolog. Befunde, 238. Soci4t4 mddicale neuchäteloise, 506. Sonderbarer Schwärmer, 123. Spreitenbacher Fleischvergiftung, 0 642. Stand der Infectionskrankheiten in Basel, 28 u. in allen folgenden Nummern. Statistische Glossen zur Zahl u. Vertheilung der Aerzte i. d. Schweiz, 0 331. Statistik der Schweiz. Aerzte, 25, 331. Statuten des militär. SanitätsVereines Bern, 241. Stenose d. Athmungswege durch e. Tumor, 0 455. Stillen der Neugebornen, 730. Stirnlappen, Zertrümmerung, 0 97. Stoffwechsel, Lehre vom, 492. Straraonium-Vergiftung, 0 613, 667. Streckkrämpfe der Extremitäten, Insultus apo- plecticus, 19. Struma sarcomatosa, Totalexstirpation, 0 586, 651. Subvention f. d. Internat. Congress für Hygieinc in Genf, 379. Suicidium, Tod d. Ertrinken o. a. Todesurs., 17. Suppositorien u. Bougies v. Oleum Cacao, 720. Syphilis, Dualitätslehre, 732. Syphilitische Keratitis, 300. Tabes dorsalis, 617, 651. Taschenapotheke, eine sehr compendiöse, 393. Taubstummheit in der Schweiz, 588. Digitized by LjOOQle VII Theorie der Tabes dorsalis, 617, 651. Therapeutisches a. d. Kinderpraxis, 0 2. Therapie der Respirationskrankh eiten, 385. Thonwaarenindustrie, 0 129. Thrombus vaginae, 0 411. Tod u. d. Symptom, e. Asthma bronchiale, 0 375. Tonga, ein neues Mittel gegen Neuralgien, 28. Totalexstirpation e. Struma sarcomatosa, 0 586,651. Trachea, fibrosarcomatöse Neubildung, 0 257. Trachea, Perforation in die, 0 375. Trachea, prophylact. Resection, 732. Tracheofissur, Entf. e. fibr. Neubildg., 0 257. Traitement antisept ique des absces r^tro-pharyn- giens, 187. Transplantation der Cornea, 122. Trouve’s Erfindungen, 150, 181. Tuberculose des Hodens, 529. Tuberkel d. Convexität, disseminirte gehäufte, 21. Tumores cerebelli, 21. Tnnnelkrankheit, 81, 112. höse Erkrankungen durch Fleischgenuss, 161, 200, 233, 266, 294, 554. Typhus abdominalis, pathog. Organismen, 343. TJeber d. Abtr. d. Anchylostomnm duod., 0 481. Ueber die amyloide Degeneration, 42. Ueber die Anwendung antisept. Atropin- und Eserinlösungen, 0 609. Ueber die Aufgaben der Schweizerärzte, 0 329. Ueber die geogr. Verbreitung und Häufigkeit d. menschl. Entozoen i. d. Schweiz, 0 673. Ueber die sanitarischen Gefahren d. Bleiglasuren, 0 129, 171. Uebergang von Flüssigkeit a. d. Bauchhöhle in d. weibl. Genitalien, 59. Ueber gerichtl. Leichenuntersuchungen, O 269,412. Ueber Hemiopie, 43. Ueber neuere Arzneimittel, O 545. Ueber Pnenmonomycosis und Pliaryngomycosis sarcinica, 0 225. Ueber typhöse Erkrankungen durch Fleischgenuss, 0 161, 200, 233, 266, 294, 554. Ulcus oesopliagi ex digestione, 395. Umschnürg., Esmarch’sche, durch Gummischi., 142. Unentgeltliche Krankenpflege in Zürich, 394. Unglücksfall von Colombier, 561. Universitäten, 27, 58, 121, 123, 156, 604, 699. Uteruscarcinom n. Schwangersch., Complicat., 460. Uterusexstirpationen, 593. Vaccinelymphe, antisept., 795. Vagina, Thrombus vaginae, 0 411. Varicellen bei Erwachsenen, 696. Venenherzen der Fledermäuse, 592. Verband, Salicyl-Verband, 0 290, 337. Verblutungstod, drohender, O 745. Verbreitg. d. Taubstummheit i. d. Schweiz, 588. Verbrennung, physiologische, 139. Vergiftung mit Stramonium, 0 613, 667. Verletzungen des menschlichen Auges, 0 770. Verlust der Geschmacksempfindungen, 154. Vernichtung e. kl. Eskimotruppe d. Blattern, 219. Versammlung d. Stabsoffiziere d. Sanitätstruppen zu Olten, 346, 727. Versammlung deutscher Naturforscher u. Aerzte in Salzburg, 538. Versamml. südd. Neurologen u. Irrenärzte, 280. Vierlingsgeburt, 302, 537. Vierwaldstättersee, klimatolog. Mittheil., 204. Virchow, Adresse der Schweiz. Aerzte, 705. Virchow, Rudolf, Jubiläum, 0 706. Von Davos in’s Schanfigg, 632. Wehenanomalien, 13. Weibliche Aerzte, 730. Wiesen im Ct. Graubünden, 667. Winterplaudereien, 433. Wirkung der Bäder auf das Herz, 239. Wirkung des Blitzes, 561*. Wirkungen e. Revolverkugel a. d. Schädel, 650. Witziuger’scher Recurs, 279. Wochenbett, plötzlicher Tod, 236. Wundwatte, absorbirende, 732. Zubereitung v. antiseptischem Catgut, 567. Zum 21. Mai, 289. Zum Jahresschluss, 769. Zur Diagnose d. epileptisch. Aequivalente, 0 193. Zur Geheimmittelirage, 273. Zwillingsmissbildung (Diprosopos), 591. Zwillingsschwangerschaften, Heredität, 471. II. Namenregister. Albrecht, 46, 87, 433, 556, 658. Baader, A., 119, 208, 240, 272,500, 613, 624, 626. Bäumler, Prof. Cli., 10, 481. Bernoulli, Dan., 460, 492, 528, 551, 617, 651, 730, 732. Bernoulli, W., 691. Bircher, H., 97, 758. Bischoff, Prof., 33, 745. Burckhardt, Prof. Fritz, 596. Burckhardt, G., 144, 207, 272, 577, 626, 656. Burckhardt-Merian, 593, 705, 715. Burtscher, 240. Buss, Ernst, 502. Ohätelain, 88. Corval, P. von, 385. Courvoisier, L. G., 290, 337, 791. C. Sch., 788. De la Harpe, Phil., 762. Demme, 46. De Wette, 694. Dick, 14, 149, 236, 270, 298, 499, 534, 598. Ecklin, D., 53. Egli-Sinclair, 553, 621, 648, 688, 720. Emmert, Prof. Carl, 369, 412. Emmert, E., 565, 770. Funkhäuser, 664, 764. Fiechter, 732. Fiertz, J. H., 667, 731. Granguillet, 378, 420, 561. Glaser, 471, 624, 756. Gönner, 758. Göttisheim, 86, 691. 4 ^ Digitized by LjOOQle VIII Maab, 0., 13, 38, 42, 79, 105, 176, 342. Haegier, 663. Hagenbach, Prof. E., 2, 47, 86, 306. Haltenhoff, 558, 623, 627. H. Kr., 728. Hosch, 147, 345, 535, 655, 656, 694. Hürlimann, 121, 789. Immermann, Prof. H., 209. J. M., 113. Ineichen, F., 472. Joel, 633. Jonqui&re, Prof., 761. Joos, W., 343. Irminger, G., 154. Kappeler, 707. Kaufmann, 50, 145, 257, 272, 534, 598, 625, 657. Kocher, Prof., 730. Kollmann, 48, 148, 686, 706. Kroemer, Max, 609. Hiadame, 652. LaRoche, Franz, 331. Lotz, 49, 122, 156, 178, 219, 240,316, 353, 494, 625, 654, 696. Luchsinger, B., 726. Lutz, 697. Mähly, E., 123. Massini, Prof. Rud., 117, 184, 207, 208, 395, 536, 545 555 727. Meyer-Hüni, Rud., 257, 455, 727, 757. Miniat, 665. Mosimann, Joh. P., 565. Müller, 147. Münch, 179, 187, 188, 250, 462, 536, 717, 725, 751, 779. IVager, G., 203, 205. Nauwerck, C., 157, 225, 277. Niederhauser, 304, 465. Niericker, P., 559, 642. Ost, 754. Pflüger, Prof., 81, 107, 136. Politzer, Adam, 449, 485. Kahn, 346. Rohrer, 17, 308. Roth, Prof., 427, 513. Schädler, Alb., 249. Schär, Prof. Ed., 273. Schlüpfer, E., 586. Schmutziger, F., 375, 588. Schneider, Th., 632. Schnyder, 212, 311, 389, 429. Schönbächler, 89, 409. Schüler, F., 129, 171, 595. Seitz, 118, 667. Siegmuud, 560. Sigg, 120. vonSpeyr, 599. Steger, G. A., 16. I Stöcker, S., 345, 411, 526. Sonderegger, 245, 329, 423, 717, 783. Sury-Bienz, 150, 181. Treehsel, 470. Veraguth, C., 186. Vögtli, C., 471. Wagner, 44. Weber, H., 622. Woi’KpI A 1Q*3 Wille, Pro’tl L., 65, 117, 148, 208, 305, 381, 470, 499, 500, 596, 626, 657, 787. Wüthrich, 560. v. Wyss, Hans, 33, 72, 659, 662. Wyss, 134. Wyss, Prof. Oscar, 161, 200, 233, 266, 294. Wyttenbach, 463, 464. X«., 500. Y., 530. 35aeslein, Th., 673. Zürcher, A., 52, 427, 466. III. Acten der Aerztecommission und gesetzliche Erlasse. Beitrag der cant. ärztl. Gesellschaften a. d. Cen- tralcasse, 763. Cassarechnung 1880, 25. Protokoll, 381. Baslerischer Regierungsbeschluss betr. Apotheker- wesen, 537. Eidgen. Medicinalgesetz, 279. Eidgen. Medicinalprüfungen, 22, 24. Eidgen. Seuchengesetz, 380, 420. Oblig. Krankenversicherung, Eingabe d. medicin. Gesellschaft Basel, 700, 746. Zürcherische Verordnung betr. die Schutzpocken¬ impfung, 241. IV. Vereinswesen. Aerztl. Centralverein, 278, 315, 378, 420, 604, 635, 717, 751, 779. Aerztl. Gesellschaft der Centralschweiz, 203. ! Medicin. Section der Schweiz. Naturforsch. Gesell¬ schaft, 588. Soci4te mdd. de la Suisse romande, 278, 315, 378, 420. Versammlung d. Sanitätsstabsoffiziere, 346, 727. Basel, Medicinische Gesellschaft, 460, 492, 528, 551, 617, 651, 708, 746. Bern, medicinisch-chirurgische Gesellschaft des Cantons, 81, 107, 136. — medicin.-pharmaceutischer Bezirksverein, 236, 270, 298. — militärischer Sanitätsverein, 250. Neuchätel, Soci^te mdd. neuchäteloise, 506. Zürich, Gesellschaft der Aerztc, 13, 42, 176, 342, 553, 621, 648, 688, 720. Zug, cant. ärztl. Gesellschaft, 789. Digitized by LjOOQle IX — V. Correspondenzen. Schweiz. Aargau, 50, 550, 758. Basel, 118, 150, 181, 209, 382, 427, 500, 530, 560, 627, 663, 694, 788. Basel land, 119. Bern, 119, 184, 240, 306, 502, 560, 561, 565, 664, 727, 761, 788. St. Gallen, 16, 52. Luzern, 345. Neuchätel, 88. Schwyz, 89. Solothurn, 665. Unterwalden, 385. Waadt, 762. Zürich, 17, 120, 154, 209, 241, 273,277, 308, 471. Zug, 121, 789. Ausland. Africa, 348. Brasilien, 697. England, 565, 599. Frankreich, 53. Italien, 212, 311, 389, 429. Nord-Amerika, 728. Wien, 433. _ VI. Literatur. (Referate und Kritiken.) Ammon, Dr. v., Brunnendiätetik nebst Führer a. d. Curorte Mitteleuropa^ (Reimer), 272. L’Annee medicale, 652. Bäumler, Prof. Dr. Christ., Der sogen, anima¬ lische Magnetismus od. Hypnotismus, 657. Baginsky, Dr. Adolf, Pract. Beiträge z. Kinder¬ heilkunde I: Pneumonie u. Pleuritis, 556. Bandl, Dr., Die Krankheiten der Tuben, der Ligamente, u. d. Becken per itonäums, 598. Beck, Dr. G., Therapeut Almanach, 500. Benedikt, Ueber Catalepsie u. Mesmerismus, 470. Beneke, Dr. F. W., Constitution u. Constitution. Kranksein des Menschen, 662. Bergmann, E. von, Die Hirnverletzungen mit allg. u. mit Herdsymptomen, 626. Bergmeister, Die Verletzungen d. Auges u. seiner Adnexe, 147. Bericht üb. d. Thätigkeit der Poliklinik Riesbach (1880) u. d. sanit. Verhältnisse d. Gemeinde, 309. Bericht üb. d. Wirksamk. d. Aust. z. Hoffnung f. schwachs. Kinder in Basel (1876—1879), 46. Bernhardt, Dr. L., Beiträge z. Symptomatologie u. Diagnostik der Hirngeschwülste, 626. Besant, Annie, Das Gesetz d. Bevölkerung, 117. Beschorner, Dr. 0., Ueber Husten, 727. Biedert, Dr. Ph., Die Kinderernährung im Säug¬ lingsalter, 47. Billroth, Prof. Dr. u. Lücke, Prof. Dr., Deutsche Chirurgie, 584. Bircher, H., Beitrag z. operativen Behandlung d. Ohren eiterungen, 50, 598. — —, Die Organisation d. öffentl. Krankenpflege im Ct. Aargau, 666. v. Bischoff, Prof. Theodor L. W., Das Hirugewicht des Menschen, 144. Bo^chat, Dr., Les ennemis de l’enfance, 536. Börner, Dr. Paul, Jahrb. d. pract. Medicin, 272. Braun, Dr. Jul., Systematisches Lehrbuch der Balneotherapie einschl. d. Climatotherapie d. Phthisis, 470. Burckhardt-Merian, Alb., Ueber den Scharlach in seinen Beziehungen zum Gehörorgan, 46. Oarreras-Aragö, Dr. L., Escalas m^trico-decimales (Probebuchstaben), 465. -, Examen y mejora de la vision (Prüfung u. Correction des Gesichtes), 465. Chrobak, Dr., Die Untersuchung der weiblichen Genitalien u. allg. gynäcolog. Therapie, 499. Cloetta, Dr. A., Lenrb. d. Arzneimittellehre, 555. Coli y Pujol, Prof. Dr. Ramon, Ein neuer Trans¬ fusionsapparat, 304. v. Corval, Dr. P., Beitrag zur Beurtheilung der Hydro- u. Pneumotherapie, 208. Courvoisier, Dr. L. G., Bericht über die zweiten Tausend im n. Diakonissenhause zu Riehen be¬ handelten Kranken, 625. Demme, Prot. Dr. R., Siebzehnter medic. Bericht des Jenner’schen Kinderspitals in Bern, 658. Die Verhältnisse d. Pharmacie i. d. Schweiz, 530. Dor, Prof., III. Rapport annuel de la Clinique ophthalmologique, 627. Erismann, Dr. Friedr., Die Desinfectionsarbeiten a. d. Kriegsschauplätze der europ. Türkei.... (1877/78), 83. Elsner, Dr. Fritz, Die Praxis d. Nahrungsmittel« Chemikers, 624. Emmert, E., Auge und Schädel, 535. Encyclopädie d. Iinplens u. s. Folgen etc., 240. Epstein, Alois, Ueber d. Gelbsucht b. neugeborenen Kindern, 306. Eulenburg, Ueber Galvauo-Hypnotismus, hyster. Lethargie u. Catalepsie, 470. Ealk, Prof. Dr. F. A., Lehrbuch d. practischen Toxicologie, 662. Feurer, Gottlieb, Anatomische Untersuchungen über Spondylitis, 657. Flügge, C., Lehrbuch der hygienischen Unter- sucliungsmethodeu, 625. Fritzsch, Prof. Dr. Heinr., Die Krankheiten der Frauen, 758. Grerber, Niclaus, Chemisch-physikalische Analyse der versch. Milcharten u. Kindermehle, 534. Glatz, Dr. Paul, L’Hydrotherapie aux bains de Champel (pres Geneve), 147. Guillaume, Dr., L’epid^mie de variole dans le canton de Neuchätel en 1880, 178. Gysi, Edwin, Beiträge z. Physiologie d. Iris, 655. Hagenbach, Prof. Dr. E., Kinderspital Basel, 754. Hering, Ewald, Zur Erklärg. d. Farbenblindheit aus der Theorie der Gegenfarben, 596. Hoffmann, Prof. Dr. Ed., Lehrbuch der gerichtl. Medicin, 305. «Jahresbericht der chirurg. Abtheil ung d. Spitals zu Basel (1878), 87. Digitized by Google X Jahresbericht über die Verwaltung des Sanitäts- wesens etc. des Cant. St Gallen (1880), 595. Immermann, Prof. Dr. Hermann, Die Klinik und ihr Leben, 155. lndex-catalogue of the library of the Surgeon General’s office, United States Army. Authors and subjets, 784. Jochheim, Dr. Ph., Diphtheritis und Ozon, 757. Karsten, H., Deutsche Flora, 343. Klebs, Prof. Dr., Beitr. z. pathol. Anatomie, 659. Knoll, Ph., Ueber den Einfluss modific. Athem- bewegungen auf den Puls des Menschen, 726. Kocher, Prof. Dr. Th., Ueber Schusswunden; die Wirkungsweise der modernen Kleingewehr-Ge¬ schosse, 179. Krafft-Ebing, Prot Dr., Lehrbuch der gerichtl. Psychopathologie, 596. Kunigk, Dr. Fern., Vademecum für Kliniker und Aerzte, 240. JGadame, Dr. P., La n^vrose hypnotique ou le magnetisme d6voil£, 499. Leichtenstern, Prof. 0., Balneotherapie, 86. Lesser, Dr. L. von, Die chirurg. Hülfsleistungen bei dringender Lebensgefahr, 462. Lieberkühn, N., Ueber die Keimblätter d. Säuge- thiere, 148. Maron, Dr. phil. H., Die Gesellschaft und ihre Geisteskranken, 208. Mendel, Dr. E., Die progressive Paralyse der Irren, 381. Meyer, Dr. C., Zur Frage d. öffentl. Krankenpflege im Ct. Aargau, 790. Michel, Dr. Carl, Zur Behandlg. d. Krankheiten d. Mundrachenhöhle u. d. Kehlkopfes, 205. Moos, Prof. Dr. S., Ueber Meningitis cerebro¬ spinalis epidemica, 593. Mordhorst, Dr. Carl, Zur Entstehg. d. Scrophulose und der Lungenschwindsucht, 207. Neumann, Dr. Isidor, Lehrbuch der Hautkrank¬ heiten, 208. Peters, Dr. Herrn., Die climat. Winterkurorte Centraleuropas u. Italiens, 500. Pflüger, E., Beobachtungen an Farbenblinden, 596. -, Augenklinik in Bern. 623. — —, Tafeln zur Bestimmung der Farben¬ blindheit, 694. Pitha u. Billroth, Handbuch d. allg. u. speciellen Chirurgie, 499, 598. Kicharz, Dr. Fr., Ueber Zeugung und Verer¬ bung, 305. Riegel, Franz, Die Diagnose der Pericardial Ver¬ wachsung, 118. — —, Ueber d. Bedeutung d. Pulsunter¬ suchung, 118. Roth, Veröffentlichungen aus dem k. sächsischen Militärsanitätsdien6t, 424, 466. Rüffert, F. W., Microscopische Fleischbeschau, 624. Runge, Dr. Max, Die acuten Infectionskrankheiten in ärztl. Beziehung zur Schwangerschaftsunter¬ brechung, 149. Samuel, Prof. S., Compendium der allgemeinen Pathologie, 148. Schiess-Gemuseus, Prof. Dr., 16. Jahresbericht der Augenheilanstalt in Basel, 558. Schüller, Prof. Dr. Max, Experimentelle und histolog. Untersuchungen üb. d. Entstehung u. Ursachen der scrophulösen und tuberculösen Gelenkleiden, 145. Schnitze, Prof., Zur Klarstellung d. Indicationen für Behandlung d. Ante- u. Ketroversionen u. -flexionen der Gebärmutter, 14. Socin, Prof. Dr. A. u. Burckhardt, E., Jahres¬ bericht üb. die chirurg. Abtheilg. des Spitals zu Basel (1880), 725. Statistische Mittheilungen des Cant. Basel-Stadt (Dr. Lotz, Dr. Geigy, F. Föhr etc.), 463. Sterfte-atlas van Nederland over 1860—1874, 49. Stille, Dr. med. G., Der Neo-Malthusianismus das Heilmittel des Pauperismus, 117. v.Thannhofer, Dr. L., Das Microscop und seine Anwendung, 48. Tschebartscheff, Barbara, Ueber d. Wirkung des constanten Stromes a. d. normale Auge, 345. Varrentrapp, Offener Brief an Hrn. Dr. Erhardt betr. Canalisation von München, 464. Verwaltungsbericht des Sanitätsdepartements des Cant. Baselstadt üb. das Jahr 1879 (Dr. Lotz u. Dr. Courvoisier), 463. Vogt, Prof. Dr. Ad., Der alte und der neue linpfglaube, 494. Volland, Dr. med., Ueber Verdunstung und In¬ solation, 113. Waldenburg, Dr. L., Die pneumat. Behandlung d. Respirations- u.-Circulationskrankheiten, 691. Weber, Dr. H., Climatotherapie, 86. Weil, Dr. Adolf, Handbuch und Atlas der topo¬ graphischen Percussion, 48. Weiss, Dr. N., Ueber Tabes dorsalis, 272. -, Ueber Tetanie, 656. Wernick, A., Ueber verdorbene Luft i. Kranken¬ räumen, 471. Wernicke, Dr. C., Lehrb. der Gehirnkrankhtn., 654. Wertheim, Dr. Gustav, Analyt. Diagnostik der Krankh. im Gebiete der Dermatologie und Syphilidologie, 622. Wille, Prof. L. u. Widmer, H., Aerztl. Bericht über die Irrenabtheilung des Bürgerspitals Basel (1879), 207. Winternitz, Dr. W., Die Hydrotherapie a. phvsiol. und klinischer Grundlage. Zweiter Band, 11. Abth.: der Einfluss allg. thermischer Applicat. auf Körpertemperatur u. Stoffwechsel, 44. -, Hydrotherapie, II., 787. — Prof. W., Die Aufgaben d. Hydrotherapie bei der Lungenphthise, 500. Wiss, Dr. E., Die Heilung und Verhütung der Diphtheritis, 757. Zehender, Prof. Dr. C. vou, Ueber den Einfl. d. Schulunterrichts auf Entstehung von Kurzsich¬ tigkeit, 656. Ziegler, Dr. Ernst, Ueber Tuberculose u. Schwind¬ sucht, 117. Digitized by Google COREESPONDENZ-BLATT für Preis des Jahrgangs Fr. 10. — für die Schweiz; schweizer Aerzte. »^ Die Postbureanx nehmen Herausgegeben von Bestellungenentgegen. Prof. Alb. BureWIiardt-TIerlan und Dr. A. Baader in Basel. in Basel. Am 1. und 15. jedes Monats erscheint eine Nr. l l / 2 —2 Bogen stark; am Schluss des Jahrgangs Titel u.Inhaltsverzeichniss. X! 1. XI. Jalirg. 1881. 1. Januar. Inhalt: Prosit Neujahr! — l\Originalarb«4it«n: Prof. E. Hngtnbach: Therapeutisches aus der Kinderpraxis, i. *p. über Anwendung von Chininum tannicum. — Prof. Dr. Ch. Bäutnler: Ein weiterer Fall von hochgradiger Anämie. — 2) Ver¬ ein b b e ri chte: Gesellschaft der Aerxte in Zürich. — 3) Heferate und Kritiken: Prof. Schnitze: Zur Klarstellung der Jndicationen für Behandlung der Ante- und Retroversionen und -flexionen der Gebärmutter. — 4) Can tonale Corregpon- denzen: 8t. Gallen, Zürich. — 5) Wochenbericht. — 6) Bibliographisches. — 7) Briefkasten. Prosit Neujahr! Wenn auf trübe Regentage die Sonne siegreich durch die Wolken bricht, wenn ein frischer Windstoss die Nebel verjagt, welche drückend auf Flur und Aue lagen, so hebt sich unser Herz, das Auge leuchtet, die Finklein schlagen im Haag, die Gräser recken die gebeugten Halme empor — horch! was flüstern die Blätter, vom belebenden Hauche eines leisen Windes bewegt, sich zu? Alles lebt! Und warum denn diese Wonne? Wir wussten es ja zum Voraus, dass der freundliche Sonnenstrahl wieder kommen musste! Die lange Reihe von Tagen, mit welchen das alte Jahr zu Grabe sank, ist vorbei, und doch sieht unwillkürlich auch der Glückliche, dem des Lebens Lenz lacht, gehobenen Hauptes auf die neu aufgehende Sonne. Sei uns willkommen, Neujahr! Kommt Ihnen, liebe Collegen, diese Nummer in die Hände, so haben Sie die Schwelle des neuen Jahres überschritten; der Eine glücklich und leichten Herzens, der Andere mit trübem Lächeln — aber Alle sind wir hinüber, und ob die in die Unendlichkeit versunkene Spanne Zeit rosig leuchtend, ob sie als dunkler Schatten in unserer Erinnerung bleibe, getrost dürfen wir Alle zurückblicken. Gewollt haben wir, was gut und edel war — das Erreichen liegt nicht immer in unserer Gewalt, und die Gunst des Augenblickes, das launenhafte Glück, vertheilt seine Gaben ungleich und unberechenbar. Was wir Aerzte am Krankenbette gehofft, was wir im privaten Leben ge¬ wünscht und von der Gesellschaft glaubten erwarten zu dürfen, hat sich so oft ganz anders, vielleicht uns feindlich gestaltet. Heute ist es vorüber, und auch die Zukunft wird uns Manches versagen, aber nicht Alles, wenn wir nicht muthlos zurückweichen. Und fürwahr! an Arbeit, an uns klar vorschwebenden Zielen gebricht es nicht, obgleich Vieles ist erreicht worden. Noch mangelt uns eine Morbiditätsstatistik, fehlen uns das Seuchengesetz, die Einheit ira Apothekenvvesen, eine Unterstützungscasse unserer Wittwen, Waisen und Invaliden und so manches Andere mehr. Die Sorge für das Wohl des Volkes gebiert beständig neue Wünsche, zu deren 1 Digitized by LjOOQle 2 Erfüllung Alle nach Kräften mithelfen müssen: wir dürfen nicht müde werden, das zu betonen, droht uns doch, die wir eben auch die Kinder unserer Zeit sind, die Gefahr, durch die materielle Richtung unserer Tage von jenem Geiste un¬ eigennütziger Hingebung einzubüssen, welcher allein unsern Beruf adelt. Blicken wir auf die zuweilen gehässigen und fast immer bewusst ungerechten Angriffe zurück, welche unser Beruf und seine Ziele in letzter Zeit zu ertragen hatten, und welche oft genug die Dürftigkeit und Hässlichkeit ihres eigentlichen Wesens durch persönliche Verunglimpfungen zu decken suchten, so flüstert uns die böse Zunge der bittern Stimmung zu : „Lass sie ! Sie sollen haben, was sie wollen!“ Aber siegreich durchbricht der Sonnenstrahl der bessern Einsicht auch diese flüchtigen Nebel ! Nein ! Wir halten fest auch im neuen Jahr an all’ den schönen Zielen, an der hehren Aufgabe, der lang vor uns so Viele ihre besten Kräfte be¬ geistert und unentwegt geweiht haben. Alle sollen mithelfen: Stellt uns nicht unser Beruf auch in seinem innern Wesen noch grosse Aufgaben ? Ist nicht die eigentliche Therapie, das Endziel jeder rationellen Medicin, noch weiterer Klärung, ja einer wesentlichen Umgestal¬ tung fähig? Sollten wir hier nicht auch den hohen Flug erlernen, mit welchem jetzt schon so manche Zweiggebiete zum Ziele kommen? Licht, belebende Sonne auch auf diese Bahnen! Helfen wir Alle den bahn¬ brechenden Führern; die Frucht verdient ernste Arbeit. Sie sehen, liebe Collegen, wir erwarten viel von der Zukunft, von unserer Aller zukünftigen Arbeit. Nur heute noch lasst uns feiern. Möge Ihnen Allen am heutigen Tage, möge Ihnen noch recht lange in der Zu¬ kunft das reinste und schönste Glück lächeln, der stille Friede im Heiligthum Ihrer Familie. Das „Correspondenz-Blatt tt wünscht Ihnen und Ihren Lieben recht von Herzen Glück zum neuen Jahre! Orig-inal--Ajrl>eIteii. Therapeutisches aus der Kinderpraxis, i. sp. über Anwendung von Chininum tannicum. Vortrag von Prof. E. Hagenbach in Basel. Es mag nicht ganz unpassend sein, wenn ich heute auf die Behandlung des Keuchhustens hier zu reden komme, indem sich gegenwärtig bei uns eine Epide¬ mie zu entwickeln scheint. Zugleich bestimmt mich aber auch der Umstand, Ihre Aufmerksamkeit auf diesen Gegenstand zu richten , dass in den letzten Jahren Mittel zur Bekämpfung des Keuchhustens sind angewendet worden, die einiges Vertrauen beanspruchen dürfen. Ferner sind in allerjüngster Zeit einige Arbeiten*) erschienen, die auf das Wesen des Keuchhustens Bezug haben, deren Berücksich- tigung an dieser Stelle practisch wichtig ist. *) Vide Corr.-Bl. 1880, Nr. 13, pag. 442. Digitized by Google 3 Wie Sie wissen, ist man gegenwärtig bestrebt, den Keuchhusten auf localem Wege zu beseitigen, von der Ansicht ausgehend, dass örtliche Veränderungen im Kehlkopf bestehen; allgemein gebräuchlich sind Inhalationen mit anticatarrhali- schen, adstringirenden und antizymotischen Medicamenten; daneben wird freilich die Behandlung der gesteigerten Reflexerregbarkeit durch entsprechende Mittel nicht fallen gelassen. — Auf der einen Seite sind es also Mittel, wie Carbolsäure, Salicylsäure, die in verschiedener Weise äusserlich angewendet werden, auf der andern Mittel wie Kal. bromat., Chloralhydrat, Opium etc., die äusserlich und innerlich verabreicht werden; Chinin, das local und innerlich verabreicht wird, wirkt nach den Einen antiparasitär, nach Andern reflexvermindernd. — Leider ist man bis heute noch nicht in der glücklichen Lage, auf Grund übereinstimmender Anschauungen über das Wesen und den Sitz des Keuchhustens seine Mittel aus¬ zuwählen; im Gegentbeil, dieser Boden ist wieder schwankender geworden und man ist gezwungen, bis auf weiteres mehr empirisch vorzugehen. — Die Unter¬ suchungen von Letzerich und Tschamer , die den Keuchhusten einfach als eine My- cose der Respirationsschleimhaut auffassen, legten es nahe, mit aller Energie die antiparasitären Mittel und zwar örtlich gegen die Krankheit zu versuchen; aber auch der laryngoscopische Befund, wie er uns beschrieben wird von Rehn und R . Meyer und der eine catarrhaliscbe Affection gewisser Kehlkopftheile ergab, forderte zur localen anticatarrhalischen und adstringirenden Behandlung auf. — Denn wenn auch die beiden letztgenannten Autoren in ihren Resultaten sich nicht ganz decken, indem Rehn mehr die Partie vorn unterhalb der Stimmbänder, fl. Meyer mehr die regio interarytsenoidea als geröthet und geschwellt angibt, so fanden doch beide deutlich einen Catarrh der untern Larynxhöhle und der Trachea, sogar nicht sel¬ ten Entzündung von den Choanen bis zu den mittlern Bronchien. — ß. Meyer be¬ stätigt in seiner neuesten Arbeit*) über denselben Gegenstand seinen früheren Befund : „Die Stimmbänder 44 , sagt er, „und die vordere Auskleidung der obern Kehlkopfhöhle haben sich intact erwiesen und war auch die Erkrankung derselben wesentlich in der Reg. interaryt. ausgesprochen, gleichzeitig dabei aber auch die Betheiligung der untern Larynxhöhle und der Trachea, sowie die Fortsetzung der Erkrankung bis in die Bronchien unverkennbar.* — Es ist begreiflich, dass Meyer auf diesen Befund hin sich von der örtlichen Anwendung von Adstringentien auf die entzündlich gereizte Schleimhaut am meisten Wirkung versprach und ein gün¬ stiger Einfluss dieser Methode hauptsächlich bei Erwachsenen war für ihn unver¬ kennbar. — Letzerich , der die parasitäre Natur der Krankheit hauptsächlich in’s Auge fasste, wandte bekanntlich das Chinin in Form von Einblasungen in den Kehl¬ kopf an und auch er rühmt die dabei erreichten therapeutischen Erfolge. — Und auch die Mehrzahl der Aerzte in neuester Zeit gingen in ähnlicher Weise vor; die locale Behandlung hat die innerliche medicinische etwas verdrängt, wie dies auch aus den unten mitgetheilten Aufzählungen der neuesten Arbeiten über diesen Gegenstand zur Evidenz hervorgeht, womit wir keineswegs behaupten *) Weitere Beiträge zur Pathologie und Therapie des Keuchhustens. Zeitschrift für klinische Medidn I., 3. Digitized by Google 4 wollen, dass Jedermann die Lefzerick' sehen Pilzuntersuchungen ohne Bedenken als endgültig richtig ansah. Fast zu gleicher Zeit mit der Arbeit von Meyer erschien ein Artikel von Ross - back: Zur Lehre vom Keuchhusten,*) der sowohl die Pilzlehre von Letzerich be¬ kämpft, als auch den negativen Befund im Kehlkopf entschieden betont. — Der¬ selbe konnte während der ganzen Krankheitsdauer seiner Fälle ohne Ausnahme mit grösster Sicherheit feststellen, dass der Rachen, der ganze Kehlkopf und die Luftröhre bis zu ihrem untern Drittheil immer gesund blieben; dass an keiner Partie nie und nirgends eine entzündliche Röthe oder eine Schwellung der Schleim¬ haut auftrat, dass sich an keiner Stelle von oben bis so weit der Kehlkopfspiegel leuchtete, Schleim-, geschweige Pilz-Vegetationen ansetzten Die Schleim¬ häute zeigten immer ihre normale, hellrothe Farbe; die Stimmbänder waren rein weiss , ebenso markirten sich die Trachealknorpel als weisse Ringe deutlich und scharf. Die entzündlichen Zustände im Halse, wie sie von andern Beobachtern gefunden wurden, waren nach Rossbach nicht ätiologisch mit der Krankheit oder mit einzelnen ihrer Symptome verknüpft. Ebenso verhielten sich die Beobachtun¬ gen und Versuche ß.’s durchaus negirend gegen die bekannten Letzerich' sehen Mit¬ theilungen. — Ich füge hier noch bei, dass R . gegen die gesteigerte Reflexerreg¬ barkeit bei den kleineren Kindern stabile Durchleitung eines starken, constanten Stromes durch das Rückenmark mit auffallendem Erfolg versuchte; ebenso erwies sich bei den ältern Kindern die innere Verabreichung des Chinins in grossen Ga¬ ben nützlich, nicht in der Weise, wie Letzerich meint, durch Tödtung der im Kehl¬ kopf befindlichen Pilze (das Chinin wurde in Oblaten verabreicht), sondern in Folge seiner die Reflexerregbarkeit des Rückenmarks herabsetzenden Wirkung. — Obschon ich eigentlich blos von der Behandlung des Keuchhustens, nament¬ lich auch meinen eigenen Erfahrungen reden wollte, musste ich diese Bemerkungen vorausschicken, da diese so verschiedenen Befunde auch Tür den Practiker von Wichtigkeit sind; so hat auch jeder der genannten Autoren je nach der Auflas¬ sung sein Mittel gewählt und ähnlich werden auch wir handeln müssen. Darin gehen wohl heute die meisten Aerzte einig, dass wir im Keuchhusten eine Infectionskrankheit vor uns haben, und es könnte nur noch gestritten werden, ob eine locale analog der Gonorrhoe oder eine allgemeine analog den acuten Exan¬ themen, in diesem Falle mit Localisation auf gewissen Theilen der Respirations¬ schleimbaut. Es lassen sich für beide Anschauungen verschiedene Gründe anfüh¬ ren, die ich hier nicht näher ausführen will; ich erlaube mir, was diesen Punct betrifft, auf meine Arbeit über Keuchhusten **) und auf den bereits erwähnten Ar¬ tikel von ß. Meyer zu verweisen. Natürlich wird auch hier, je nachdem der Ent¬ scheid ausfällt, die Therapie eine verschiedene sein können. — Es mag von einigem Interesse sein, hier die in den letzten 4 Jahren gemach¬ ten Veröffentlichungen über Behandlung des Keuchhustens kurz, aber, wie ich hoffe, in einiger Vollständigkeit folgen zu lassen. Ich rede heute absichtlich blos von den medicamentösen Mitteln, ohne die allgemein diätetische Behandlung zu *) Berl. klin. Wochenschrift 1880, Nr. 18. **) Gerhardt , Handbuch der Kinderkrankheiten, II. Bd., pag. 552. Digitized by Google 5 unterschätzen. Von Heilmitteln, alten und neuen, sind laut diesen Publicationen angewandt worden: Chininum sulfuricum, Chloral, Carbolsäure , Terpertbinöl, Butyl-Chloral, Salicylsäure, Petroleum, phenyls. Natron, baldriansaures Coffein, Chloroforminhalationen, Propylamin, tct. myrrhse, Ammonium picrinicum, Aether- zerstäubungen, Natr. salicylicum, Bromkalium, tinct. Bryonise, tct. Droserae, tannin¬ saures Chinin und oxalsaures Ceriumoxyd. — Diese grosse Anzahl von Mitteln, den verschiedensten Abschnitten der Materia medica entnommen, mag neuerdings den Beweis liefern, dass ein Specificum gegen den Keuchhusten noch nicht gefunden ist. Pich (deutsche med. Wochenschr. 1877, Nr. 40, zur Therapie des Keuchhustens) empfiehlt die Anwendung des Chin. sulfur. Eine Dosis von 0,25 Morgens und Abends bewirkte in einer Anzahl von Fällen bedeutende Erleichterung. Derselbe schlägt das geschmacklose Chininum tannicum vor für die Anwendung bei Kindern. Dr. Hartwig (deutsche Zeitschr. f. pract. Medicin 1877, Nr. 29, zur Therapie des Keuchhustens) räth Chloral an je nach dem Alter des Kindes in 24 Stunden: 0,3 bei V 4 jährigen, 0,4 bei ‘^jährigen, 0,5.bei Vijährigen, 0,6 bei 1jährigen als reflex¬ verminderndes Mittel. Birch-Hirschfeld (Jahrb. f. Kinderheilk. XII, 1 und 2, pag. 180) hatte günstige Erfolge mit Zerstäubung einer 20% alcoholischen Lösung von Carbolsäure wäh¬ rend mehreren Stunden im Krankenzimmer. — Albrecht (Corr.-Bl. f. schw. Aerzte 1878, Nr. 5) empfiehlt Einathmungen mit Terpenthinöl und zwar 10—20 Tropfen auf ein Tuch und 20—40 Einathmungen. — Roberts (österr. Jahrb. f. Pädiatrik 1877, II., pag. 237) machte Versuche mit Crotonchloral in Dosen von 0,05 alle 4 Stunden und will damit eine Abnahme der Häufigkeit und der Dauer der Anfälle erreicht haben. — Neubert (Jahrb. f. Kinderheilk. XIII, 1 und 2, pag. 83) wandte Natr. salicyl. (1%) in Form von Inhalationen bei 3 Kindern an mit sehr gutem Erfolg. Hildebrandt (deutsche med. Wochenschr. 1878, Nr. 2, Ueber die desinficirende Behandlung des Keuchhustens) empfiehlt die Anwendung des Petroleums, welches er entweder in einer offenen Schale im Zimmer verdunsten lässt, oder den Kin¬ dern direct zum Einathmen gibt. Behufs der letztem Methode empfiehlt er , mit Petroleum befeuchtete Stückchen Tuch am Kopfende des Bettes anzubringen. — Pemot (Bullet. g6n. de th6rap., 15. 2, 1878, Behandlung des Keuchhustens mit phenyls. Natron) erklärt das phenyls. Natron für ein Specificum gegen Keuchhusten. Es vermindert nach 8—10 Tagen die Hustenanfälle in auffälliger Weise. Das Salz wird im Krankenzimmer entweder in einem Porzellangefäss oder auf einer warm gemachten Blechschaufel oder auf einem heiss gemachten Ziegel verflüchtigt. Auch Seemann in Berlin (Bericht über die Verhandlung der pädiatrischen Sec- tion der 51. Versamml. deutscher Naturf. und Aerzte) will überraschende Erfolge gesehen haben bei Anwendung einer 5% Carbollösung, womit er ein über das Bett des Kindes gespanntes Tuch getränkt hat. Lagnoux (Bull. g6n. de th^rap. 7, 1878) rühmt die Anwendung von baldrians. Coffein in Dosen von 0,05—0,1, 2—3 Mal täglich, je nach dem Alter des Kindes. Uffelmann (deutsche Zeitschr. f. practische Med. 1878, 39, Zur Prophylaxe des Keuchhustens) empfiehlt neben unausgesetzter Digitized by LjOOQle 6 Lüftung der Krankenzimmer, ungesäumter Beseitigung der ausgebrochenen, resp. ausgehusteten Schleimmassen, stetes Vorhandensein einer Carboisäureluft durch mehrmals täglich wiederholte Besprengung des Fussbodens mit wässriger Carbol- lösung, zugleich Anbringen eines Stückes Watte, das ebenfalls mit der Lösung getränkt ist, am Kopfende des Bettes. Bei Anwendung dieser Methode hat der Verf. in 4 /s aller seiner Fälle einen unverkennbar günstigen Erfolg gehabt; fast durchgehende zeigte sich dabei ein rascherer Verlauf des Stad, convulsivum. — Hryntschak (Centralz. f. Kinderheilk. 1879, 13, Propylamin gegen Keuchhusten) hat in einzelnen Fällen bei Anwendung von Propyl, raschen Abfall der Krankheit ge¬ sehen ; in den meisten Fällen kein Erfolg. — Lorey (therapeutische Mittheilungen aus dem Dr. CÄrw/’schen Kinderspital zu Frankfurt a. M.) gab mit Erfolg Chloral in Dosen von 0,5 — 1,5 pro die. Daneben Bepinselungen des Rachens und Gau¬ mens mit Ac. carbol. 0,2, Kal. jodat., Jod. pur. üü 0,1, Glycerin 20. Compardon (Bull, de thürap. Sept. 1878, Die Behandlung des Keuchhustens mit tr. Myrrhse) gab stündlich einen Löffel Chinawein mit 5-10 Tropfen der Tinctur und sah dabei sehr rasche Heilungen. — Dellenbaugh (Ref. # d. allg. med. Centralztg. 2, 1879, ein Specificum gegen Keuchhusten) rühmt Ammon, picrin. 0,06, Ammon, muriat. 1,4, Aq. destill. 90,0; davon Kindern bis zu 6 Monaten 3stündlich einen Theelöffel voll, im Alter von 1—2 Jahren 2 Theelöffel u. s- f. — Lubinsky (Gaz. hebd. und Gaz. des höpit. 26, Ref. d. allg. med. Centralztg., Behandlung des Keuchhustens mit Aetherzerstäubungen) räth an, längs des Verlaufs des Vagus am Halse Aether zu zerstäuben und habe davon gute Erfolge gesehen. — Körner (Berl. kl. Wochenschr. 1879, 46, Ueber die Inhalat, von Bromkali bei Tussis convuls) hat mit Inhalatio¬ nen einer 2—5% Lösung von Bromkali nach verhältnissmässig kurzer Zeit bei allen seinen Kindern Heilung erzielt Derselbe betont sehr die Nothwendigkeit correcter Ausführung der Inhalationen. — Scheiding (Allg. medic. Centralztg. vom 22. Nov. 1879) empfiehlt ebenfalls die schon oben erwähnte Carbollösung, womit die umgebende Luft geschwängert wird. In 2 Fällen will er dabei nach 24 Stun¬ den Herabsinken der Hustenanfälle auf ein Minimum gesehen haben. — Morje (New-York med. record. 16, 1879, oxals. Ceriumoxyd gegen Keuchhusten) rühmt das Cer. oxal. als sehr wirksam in Dosen von 0,03—0,18 pro die. — Doch musste das Mittel wenigstens eine Woche fortgesetzt werden. Von diesen Mitteln, die ich Ihnen hier zunächst in chronologischer Reihen¬ folge, wie die Publicationen erschienen sind und ohne Kritik vorgeführt habe, habe ich eine Anzahl versucht; über andere, deren Werth mir von vorneherein einiger- maassen zweifelhaft erschien, habe ich keine eigenen Erfahrungen. Nach meinen Erfahrungen steht die Anwendung des Chinins in der Behand¬ lung der Tussis convulsiva noch immer obenan. Die Einblasungen von Chininum sulf. in den Kehlkopf haben in einer grossen Zahl von Fällen sehr befriedigende Resultate ergeben; allerdings ist die Zahl der Fälle auch nicht gering, wo trotz sorgfältiger Ausführung das Mittel versagte. — Jedenfalls muss die Application deä Medicaments vom Arzte selbst ausgeführt werden, und die Abtretung an die Mutter oder Pflegerin kann das Mittel nur in Misscredit bringen. Das Hineinblasen von Chinin durch ein beliebiges Röhrchen (Macaroniröhrchen sind dabei sehr beliebt) Digitized by LjOOQle 7 gegen den Rachen , von unerfahrenen Laien ausgeführt, darf mit unserem Ver¬ fahren nicht in eine Linie gestellt werden. — Die Schwierigkeiten der von uns geübten Behandlung sind allerdings nicht zu unterschätzen; cs ist eine Procedur, wogegen sich in den meisten Fällen das Kind, häufig auch die Mutter sträubt; in vielen Fällen fehlt auch die Ausdauer* von Seite‘der Patienten, wenn nicht ein sehr rascher Erfolg eintritt; und schliesslich ist die Ausführung eine sehr um¬ ständliche, weil wir sie immer vom Arzte selbst verlangen. — Ich füge hier noch bei dieser Gelegenheit bei, dass wenn man ex juvantibus einen Schluss machen soll auf das Wesen der Krankheit, die günstige Wirkung der Insufflationen spre¬ chen würde für eine Localerkrankung der Kehlkopfschleimhaut. Zum Glück hat man im Chinin ein Mittel, das auch bei innerlicher Darreichung in sehr vielen Fällen die Krankheit bedeutend abkürzt. Darüber habe ich mich früher schon ausgesprochen; ebenso haben Steffen , Binz u. A. diesem Mittel das Wort geredet; auch hat in neuester Zeit Rossbach, wie bereits erwähnt, von Chin. sulf. in grossen Dosen gute Erfolge gehabt. Ob das Chinin in dieser Form mehr pilztödtend bei Annahme einer allgemeinen Infection oder eher reflexvermindernd wirkt, ist frag¬ lich, aber practisch gleichgültig. — Neben dem Chininum sulf. in äusserlicher und innerer Darreichung habe ich Bromkali innerlich und in Form von Inhalationen angewandt; ferner Chloral hauptsächlich Abends entweder allein oder in Verbin¬ dung mit Bromkali; ich habe in einer Anzahl von Fällen die Carbolsäurezerstäu- bungen machen lassen, habe Natr. salicyl. inhaliren lassen; doch muss ich geste¬ hen, keines dieser Mittel konnte mich auf die Dauer befriedigen und kam immer wieder auf die Anwendung des Chinins in irgend einer Form zurück. — Leider stös8t man bekanntlich mit diesem Mittel in der Kinderpraxis auf allerlei Hinder¬ nisse ; cs wird leicht verweigert, herausgespuckt oder gebrochen, oder greift nach längerer Anwendung die Verdauung an. Wenn das Chinin in vielen Fällen nicht wirkt, so ist gewiss häufig das Mittel nicht Schuld, sondern häufiger der Umstand, dass es nur zum kleinsten Theil geschluckt, oder bald vollständig wieder ausge¬ brochen wird. — Die widerliche Procedur des Einschüttens dieses bittern Medicamentes haben Sie Alle ohne Zweifel schon mitgemacht, so dass ein Chininpräparat, das bei gleicher günstiger Wirkung die Schattenseiten des Chinin, sulfur. nicht hat, sehr erwünscht erscheinen muss. — Aus diesem Grunde hat Becker (Versuche und Be¬ obachtungen über die Anwendung des gerbsauren Chinins. Bonn, 1879 und Das Chinin, tannat. in der Praxis. Berl. klinische Wochenschrift 1880, Nr. 6) das Chininum tannicum, ein nicht oder wenigstens schwach schmeckendes Chininpräparat, für die Kinderpraxis zu Ehren gezogen und hauptsächlich beim Keuchhusten in vielen Fällen angewandt. — Bekanntlich wurde das tanninsaure Chinin immer wieder versucht; doch im Ganzen ging die Ansicht schliesslich da¬ hin, so auch in einer Discussion der Acadümie de Müdecine im Jahre 1872, dass das Mittel, als mehr oder weniger unwirksam , besonders als Antipyreticum das Chininum sulfur., auch wenn es in entsprechend stärkerer Dosis verabreicht werde, nicht zu ersetzen vermöge. — Dieses ungünstige Urtheil mag zum Theil daher rühren, dass von der gerbsauren Verbindung des Chinins eine Reihe in Procent- Digitized by Google 8 gebalt, wie Geschmack verschiedener Präparate existiren. In Bezug auf die Che¬ mie des Chinintannats verweise ich auf die Becher' sehe Arbeit; kann hier blos beifügen, dass auch unsere Resultate mit verschiedenen Präparaten sehr verschie¬ den ausfielen. — So liess ich bei einem hiesigen Apotheker nach der Vorschrift von Hager (Handbuch der pharinaceutischfcn Praxis. Für Apotheker, Aerzte, Dro- guisten und Medicinalbeamte, bearbeitet von Dr. Hermann Hager , Lief. VIII, p. 856) ein Chinintannat herstellen , das namentlich als Antipyreticum, wo die Wirkung leichter zu controliren ist, sich als unwirksam erwies, während dasjenige Präparat, das ich direct von C. Zimmer in Frankfurt a. M. bezog, als Chininum amorpbum tannic. neutrale diejenigen günstigen Resultate erzielte, von denen ich Ihnen hier noch kurz Mittheilung machen wollte.*) Dieses Zimmcrsche Präparat schmeckt sehr inässig bitter, ohne Vergleich weniger als das Chinin, sulfur. Direct aus der Fabrik bezogen kosten 500 grmm. blos 30 Fr. Die Versuche von Becker haben ergeben , dass das Chinin vom Magen aus ziemlich rasch aufgesaugt wird und zwar wird die Resorption befördert durch die gleichzeitige Aufnahme eines kräftigen, weingeisthaltigen Getränkes. Es ist gewiss am einleuchtendsten, mit Becker anzunehmen, dass im Magen die Resorption vor sich geht durch Bildung des leicht löslichen, salzsauren Chinins und dass daneben freie Gerbsäure in Lösung bleibt. — Becker konnte an sich selbst, nachdem er 1 Decigramm gerbsaures Chinin mit ein wenig Wasser zu sich genommen und gleich darauf gegen 50 Cubikcm. Madeira oder die Hälfte reinen Cognac getrun¬ ken hatte, 15 Minuten nachher in seinem Harn die Anwesenheit von Chinin auf das Deutlichste constatiren. — Wegen des geringeren Gehaltes an wasserfreiem Alcaloid ist in allen Fällen die Dosis grösser zu nehmen und Becker gibt deshalb sehr kräftige Dosen. Binz und Jansen schon haben vorgeschlagen, von Chin. sulf. 2 Mal täglich so viel Decigramm zu geben, als das Kind Jahre zählt; vom Chin. tann. muss nach Becker die Dosis noch etwas höher gegriffen werden. — Er hat 30 Fälle von Keuchhusten mit diesem Tannat behandelt und kommt dabei zum Schluss, dass dadurch die Keuchhustenanfälle gemildert und die Krankheitsdauer abgekürzt wird. Nachtheilige Folgen hat Becker keine gesehen, ausser etwas Stuhl¬ verhaltung, die aber gut zu regliren ist. Ohne Ausnahme wuchs der Appetit der Kinder vortrefflich nach diesem Präparat. Statt des bei den leicht löslichen Chi¬ ninpräparaten so häufigen Erbrechens sah er bei dem Chinintannat das Erbrechen des Keuchhustens in erster Linie sich mildern. Soll i^h nun meine Beobachtungsresultate, die sich bis dahin auf etwa 10 Fälle erstrecken, mittheilen, so kann ich das von Becker Ausgesagte im Wesentlichen bestätigen. Ich habe dieses Mittel meist im Beginn des Keuchhustens angewandt bei Kindern verschiedenen Alters und zwar täglich 2 Mai so viel Decigramm, als das Kind Jahre hat, habe also blos die Dose angewandt, die Binz für das Chinin, sulfur. vorschlägt. Die Heftigkeit und die Zahl der Anfälle hat in wenigen Tagen rasch abgenommen und namentlich hat das Erbrechen nachgelassen. Um mich keiner Täuschung hinzugeben, wurde von den Angehörigen jeder Anfall notirt, mit *) Dieses ^twwier’sche Präparat ist vorräthig in der Kümmerten ’sehen Apotheke. Digitized by LjOOQle 9 der Angabe, ob stark , ob schwach, ob mit oder ohne Brechen. Ich habe das Mittel auch angewandt im Stad, catarrhale bei Kindern , deren Geschwister im Stad, convuls. sich befanden und konnte damit das Krampfstadium gleichsam im Keim ersticken. Es war dies so auffallend, dass einem der Gedanke kommen konnte, ob wirklich beginnender Keuchhusten vorlag. — Ich habe das Mittel in verschiedener Form verabreicht, am häufigsten in Zuckerwasser, und im Ganzen ist die Application eine leichte; in einzelnen Fällen wurde Obstipation beobach¬ tet; in einem Fall Sistirung einer hartnäckigen Diarrhoe. Die Versuche sind jedoch zu wenig zahlreich, um ein endgültiges eigenes Urtheil abgeben zu können. In viel ausgedehnterem Maasse habe ich das Chininum tannicum als Anti- pyreiicu m in verschiedenen Krankheiten des kindlichen Alters angewandt. Becher hat blos 3 Fälle von catarrhalischer Pneumonie in der Poliklinik damit behandelt und glaubt auch hier einen guten Erfolg gesehen zu haben. — Seit Anfang dieses Jahres haben wir im Kinderspital dieses Mittel angewandt und zwar in 15 Typhen, bei etwa 10 Scharlachfällen, bei 10 Pneumonien und vereinzelt bei Phthisis und Erysipel. In vielen dieser Erkrankungen wurde das Mittel häufig, nicht selten täglich angewandt, so dass mir ein paar Hundert Einzelbeobachtungen vorliegcn. Ich betrachte die folgenden Angaben mehr als vorläufige Mittheilung und hoffe auf Grund des reichhaltigen gesammelten Materials, das uns nun zu Gebote steht, später die Belege für das hier Gesagte geben zu können. Wir gaben das Mittel auch hier in stärkerer Dosis: Kindern von 0- 1 Jahr 1 grmm. 95 jj 1— 3 99 1,5 —2,0 grmm. D j) 3- 5 99 2,0 grmm. n 95 5—10 99 3,0 - 4,0 grmm. 55 55 10-15 99 4,0 grmm. und zwar die ganze Dosis auf einmal oder höchstens in 2 Mal mit \\ Stunde Pause. Ich bin überzeugt, dass man ohne Nachtheil noch höhere Dosen als 4 grram. geben kann. — Zunächst beobachteten wir, dass das Kind das fast gar nicht bitter schmeckende Medicament viel lieber nimmt als Chinin, sulfur. und auch als Salicyl; es besteht hier einzig der Uebelstand, dass die ziemlich grosse Pulvermasse, die ganz unlös¬ lich ist, dem Kind hie und da beim Schlucken zu schaffen gibt; deshalb ist bei grösseren Dosen das Mittel besser in 2 Mal mit kurzen Intervallen zu geben. Da es hier besonders auf rasche Resorption ankömmt, so darf nicht versäumt werden, bald nachher etwas Alcohol in den Magen zu bringen, z. B Eiergrog oder Malaga. Es geht ferner aus unserer Beobachtung und den mir vorliegenden Tempera- turcurven hervor, dass das Mittel eine entschiedene antipyretische Wirkung hat, dass die Remission aber später eintritt, wohl abhängig von der langsameren Re¬ sorption, dass dagegen der Fieberabfall länger anhält, als wir dies beim schwefel¬ sauren Chinin und namentlich beim Salicylnatron gewohnt sind. — Es ist nicht selten vorgekommen, dass ein Kind mit nicht gerade sehr hoher Fiebertemperatur dadurch für 24 Stunden fieberfrei gehalten werden konnte. Entsprechend der langsameren Resorption und dem langsameren Abfall der Temperatur sind die Er- Digitized by Google 10 scheinungen von Seiten des Nervensystems viel seltener und gelinder, viel weniger Schwerhörigkeit und Ohrensausen, gar nie die Zustände der Aufregung und De» lirien, Angstanfälle, Collaps, wie solche nach grossen Salicyldosen etwa einmal und oft unverhofft eintreten. Es muss im Gegentheil hervorgehoben werden, dass die Verabreichung dieses Mittels nicht nur keine ungünstigen Nebenwirkungen hat, sondern einen entschieden günstigen Einfluss auf den Verdauungstractus ausübt; so beobachteten wir in der Mehrzahl der Typhusfälle ein Nachlassen der Diar- rheeen; blutige Stühle hatten wir bei keinem einzigen der dieses Jahr zahlreich vorkommenden Typhusfälle; auch der Appetit wird nie dadurch alterirt. Auch in dieser Richtung verdient dieses Chinintannat den Vorzug vor dem schwefelsauren Chinin und noch mehr vor dem salicylsauren Natron. Während bei der Anwen¬ dung der letztgenannten Mittel der Kranke seinen Fieberabfall fast immer nur erkaufen kann mit ungünstigen Nebenwirkungen, geniesst er bei Anwendung des Chin. tann. seinen Abfall ungetrübt. Nach dem Mitgetheilten ist begreiflich, dass man in leichtern Fiebern mit dem Chininum tann. zum Ziele kommt; in schwereren Fällen wird man mit diesem Mittel nicht immer den gewünschten raschen Abfall haben. Für solche Fälle em¬ pfiehlt sich sehr die von uns häufig geübte combinirte Anwendung von Chininum tann. und Natron salicylicum. Wir führten dies meist so aus, dass wir am Vor¬ mittag die volle Dosis von Chin. tannic. verabreichten und am Abend eine Dosis Natr. salicyl. Diese letztere braucht dann nicht gross zu sein und auf diese Art setzen wir den Patienten nicht der unangenehmen Wirkung aus, namentlich von Seiten des Nervensystems. Bios in wenigen Fällen beobachteten wir Brechen, wie wir dies bei Fieber¬ kranken mit einer Menge von Mitteln etwa einmal erfahren müssen. Wir haben das besprochene Mittel bis jetät blos bei Kindern angewandt, wo wegen des bessern Geschmacks dasselbe seine wesentliche Bedeutung hat; doch zweifeln wir nicht daran, dass auch bei Erwachsenen, wo so oft Widerwillen gegen die andern Antipyretica im Verlauf der Krankheit eintritt und um die grossem Salicyldosen zu vermeiden, das Mittel mit Erfolg wird verwendet werden können. Das Chin. tann. wird die andern Antipyret. nicht verdrängen ; doch gebührt ihm seine Stelle neben denselben. Ein weiterer Fall von hochgradiger Anämie bei einem früheren Gotthardtunnelarbeitcr, mit Anchylostomum duodenale in den Darmausleerungen. Von Prof. Dr. Ch. Bäumler, Director der medic. Klinik zu Freiburg i. B. Am 20. October v. J. wurde in meine Klinik ein auf der Reise befindlicher Arbeiter, Antonio Rosa aus Riva in Südtyrol, mit hochgradiger Ansemie aufge¬ nommen. Derselbe gab an, bis Mitte Mai 1880 immer gesund gewesen zu sein, seitdem aber zunächst an Schmerzen in der Magengegend, öfterem Erbrechen, häufigen diarrhoischen Stuhlentleerungen und einer von Tag zu Tag sich steigern¬ den Mattigkeit zu leiden. Das Leiden begann, nachdem er etwa 6 Wochen lang Digitized by LjOOQle 11 * als Arbeiter im Gotthardtunnel — Göschenenseite — beschäftigt gewesen war. Ende Mai hatte er deshalb zeitweise die Arbeit einstellen müssen und am 24. Juni wurde er in das Hospital zu Göschenen aufgenommen, aber nach einigen Tagen wieder entlassen. Er lag dann etwas später einen Monat lang im Hospital zu Wasen, ohne dass sein Zustand sich wesentlich gebessert hätte. Im August begab er sich deshalb auf die Reise, arbeitete eine Zeit lang im Wiesenthal an einer Strasse, musste jedoch aus Schwäche auch diese Arbeit wieder aufgeben und kam hierher in’s Hospital. Zunächst konnte man bei dem sehr kräftig gebauten, auch noch wenig abge¬ magerten , aber in hohem Grade anämischen 25jährigen Mann an die Möglichkeit eines Ulcus rotundum ventriculi denken, da Schmerzen und Druckempfindlichkeit in der Pylorusgegcnd sowie leichte Auftreibung des Epigastriums vorhanden waren, und eine sehr dunkle Färbung des ersten Stuhles nach dem Eintritt in’s Hospital den Verdacht auf eine Magenblutung erweckte. Daneben waren aber auch wieder Erscheinungen eines intensiveren Darmleidens vorhanden, nämlich ziemlich reich¬ liche Schleimbeimischung und kleine Mengen rothen Blutes in den Stühlen, wäh¬ rend theerartig verändertes Blut zu keiner Zeit entleert worden ist; auch der erste Stuhl war mehr dunkel chocoladefarbig als theerartig gewesen. Bemerkenswerthe Veränderungen zeigte ferner besonders in den ersten Tagen der Harn. Derselbe war am Tag nach der Aufnahme sehr stark sedimentirend und trübe, bei intensiv saurer Reaction, zeigte geringen Eiweissgehalt und ausserordentlich starke Indi- canreaction. Das Sediment bestand aus reichlichen crystallinischen Uraten, spärlichen Kalkoxalaten und vereinzelten weissen Blutkörperchen. Das Eiweiss verschwand nach wenigen Tagen wieder vollständig aus dem meist hellgefärbten und in zunehmender Menge — bis zu 3000 Cc. — abgesonderten Harn. Indican wurde bis jetzt fortwährend, wenn auch in geringerer Menge als An¬ fangs, in demselben gefunden. Fieber fehlt durchaus, ebenso war, ausser Venensausen am Hals, nie eine ab¬ norme Erscheinung am Circulationsapparat noch auch Seitens der Respirations¬ organe vorhanden. Die Stühle waren von Anfang unserer Beobachtung an meist fest, enthielten jedoch, wie bereits erwähnt, ziemlich viele kleine Schleimklümpchen, zum Theil mit etwas Blutbeimischung. In diesem Schleim, später auch überhaupt in dem durch Abführmittel hervorgerufenen diarrhoischen Stuhl fanden sich bis jetzt con- stant bei der microseopischen Untersuchung ziemlich viele, zum Theil sehr grosse Charcoi sehe Crystalle, ein Vorkommen, welches ich schon früher einmal bei Untersuchung schleimiger Stühle einer an Dickdarracatarrh leidenden Kranken be¬ obachtet habe. Wiewohl nun seither der Zustand der Verdauungsorgane sich namentlich in- soferne besserte, als der Kranke keine besonderen Beschwerden, selbst nach Ein¬ führung reichlicher Mengen gemischter Nahrung hatte, nahm doch trotz gleich¬ zeitigem Eisengebrauch die Antemie nicht in dem Maasse ab, wie man es bei dem von Hause aus kräftigen Patienten, nachdem er in gute Verpflegung gekommen war, hätte erwarten sollen. Die Krankheit blieb fortwährend etwas unklar und Digitized by LjOOQle 12 die Ursache der fortdauernden bedeutenden Anaemie, ohne nachweisbare grössere Blutverluste, in Dunkel gehüllt. Auch die Untersuchung des Blutes zeigte keine besonders bemerkenswerthen Veränderungen und die ophthalmoscopische Unter¬ suchung ergab ausser der Anaemie des Augenhintergrundes ein durchaus negatives Resultat. Da ging mir ein neues Licht über den Fall auf durch die Lectüre des Auf¬ satzes von Dr. Sonderegger in Nr. 20 dieser Zeitschrift. Sofort wurden nun die Stühle noch sorgfältiger untersucht und schon wegen des eigenthümlichen Befundes, der Charcot sehen Crystalle, täglich microscopirt. Es fanden sich denn auch am 8. November und seither zahlreiche in Furchung begriffene Eier eines Eingeweidewurms, welche am meisten den von Heller *) ab¬ gebildeten Eiern von Oxyuris vermicularis gleichen. Oxyuren waren jedoch nie, auch nicht nach einem Carbolwasserclysma, im Stuhl gefunden worden. Ebenso wenig aber gelang es vorerst, trotz sorgfältigen Suchens, selbst nach mehrmaliger Anwendung von OL Ricini mit und ohne Santonin, dann von Ol. terebinthinae bis zu 15,0 pro dosi, überhaupt irgend einen entwickelten Eingeweidewurm zu finden, wiewohl täglich massenhaft Eier von der erwähnten Form abgingen , so dass oft 4—5 derselben in einem Präparat gefunden wurden. Nach einer von Herrn Dr. Hindenlang , Assistenzarzt der Klinik , vorgenommenen Messung betrug die Länge dieser Eier im Mittel aus 6 Messungen 0,0626, die Breite 0,0319 mm. Diese Maasse sind grösser als die von Leuckart**) für Anchylostomen-Eier angegebenen (0,044 und 0,023 mm.), allein es ist zu berücksichtigen, dass die Eier theilweise wohl etwas durch längeres Verweilen in dem mit Wasser verdünnten Stuhl gequollen sein mochten. . Da Oxyureneier nach Leuckart***) schon zur Zeit, wenn sie den mütterlichen Körper verlassen, den Embryo einigermaassen ausgebildet zeigen, was an keinem einzigen der hier gefundenen Eier der Fall ist, war es nun bereits fast zur vollen Gewissheit geworden, dass die Eier nur von Anchylostomum stammen können und heute (25. Nov.) ist es denn endlich auch nach langem Suchen gelungen, in den durch Santonin 0,2 und Calomel 0,5 hervorgerufenen ersten Stühlen 5 weib¬ liche und 2 männliche, und in einem späteren Stuhl eine grössere Menge weibli¬ cher, aber nur noch 2 weitere männliche Anchylostomen, zum Theil mit rothem Blute in ihrem Verdauungscanal, aufzufinden. Es ist überflüssig, diesem Nachweis des Anchylostomum duodenale, als der wohl zweifellosen Ursache hochgradiger Anaemie b$i einem nur wenige Wochen im Gotthardtunnel beschäftigt gewesenen Arbeiter, weitere Bemerkungen hinzuzu¬ fügen. Die Wichtigkeit des Sonderegger' sehen Fundes, welchem bereits ein Sections- befund in Airolo und der Nachweis von Anchylostomum in den Stühlen eines Kranken durch Prof. Pozzolo in Turin vorausgegangen war, und dem sich nun der unsrige für die Göschenenseite des Gotthardtunnels bestätigend anschliesst, liegt auf der Hand und weitere Bestätigungen von den Orten her, in welchen Tunnel- *) v. Ziemsseris Handbuch, 2. Aufl., Bd. VH, 2, pag. 657, Fig. 51 b und c. **) Die menschlichen Parasiten. 1876, 2. Bd., pag, 410. * ## ) 1. c. pag, 287. Digitized by LjOOQle 13 arbeiter mit dieser eigentümlichen Form schwerer Ansemie in Behandlung stehen, werden gewiss nicht lange auf sich warten lassen. V eroinstoeriolite. Gesellschaft der Aerzte in Zürich. 4. Sitzung, den 10. Januar 1880. Hotel zum Hecht. 1) Prof. 0 . Wtj$8 trägt vor: Ueber foetale Rachitis. Es handelt sich um einen Fall von Hydrocephalus congenitus, der von den Herren Collegen Dr. Hegetschweiler und Dr. Egli-Sinclair nach Perforation des Schädels mit der Zange zur Welt gebracht worden. Vortr. schildert den Befund genau: Kopf sehr gross, Extremitäten verkürzt und Haut derselben gewulstet. Zurückgestülpte Nase, deren Wurzel eingezogen, sodann das Gesicht bulldoggartig. Zunge gross. Der Schädel ist oben offen: es fehlt ein Schädeldach. Gehirn hydrocephalisch. Am präparir- ten Schädel fällt die starke Verkürzung in der Richtung von vorn nach hinten auf. Das Stirnbein fehlt fast ganz. Schädel sehr asymmetrisch. I)ie partes con- dyloid. des os basilare verwachsen, die Hinterhauptsschuppe fehlt, Hinterhaupts¬ loch stark verengt — Die derben, festen Extremitätenknochen zeigen bei abnor¬ mer Kürze dicke Epiphysen, Diaphyse schmächtig. Die Markhöhle ist durch die mächtige Rindenschicht reducirt. An der Ossificationslinie fehlt die Proliferation der Knorpelzellen oder ist stark beschränkt.*) Prof. Eherlh macht auf die Verwachsung der partes condyl. des os basilare aufmerksam. Diese sei bis jetzt nicht beobachtet worden 2) Dr. Kaufmann demonstrirt Präparate von Scatol und Indol mit einigen erklärenden Bemerkungen über Entdeckung und Darstellung dieser neuen Körper. 3) Derselbe trägt vor über Massage. Er gibt, nachdem er das Wesen die¬ ser Behandlungsmethode geschildert, einen Ueberblick über die Indicationen zur Massage und erläutert dies durch entsprechende Beispiele , indem er namentlich noch die Technik des Verfahrens eingehend berücksichtigt. 5. Sitzung, den 24. Januar 1880. Hötel zum Hecht. 1) Vortrag von Prof. Spöndly: Ueber Wehenanomalien. Vortr. beschäf¬ tigt sich in seinem Vortrag ausschliesslich mit den Krampfwehen, zu deren Behebung er das Chloroform und das Chloralhydrat, besonders letzteres, sehr empfiehlt (4,0 auf 50,0 aq. alle halbe Stunden 1 Esslöffel). Die krampfstil¬ lende Wirkung tritt in vielen Fällen nach Chloral alsbald ein, in sehr wenigen Fällen nur lässt dasselbe im Stich, wo Vortr. dann zum Chloroform seine Zuflucht nimmt. Ein Zusatz von Morphium acet. (0,015—0,02) beschleunigt nicht selten die Wirkung des Chlorals, weshalb Vortr. in neuerer Zeit sehr häufig diese Com- bination verwendet, wobei er aber betont, dass das Chloral das Hauptmittel sei. Vortr. schildert nun in einer Casuistik von 47 mit Chloral behandelten Fällen von *) Der Fall ist ausführlich beschrieben in der Dissertation : Beitrag zur Lehre der foetalen Ra¬ chitis von Mary Smith. Zürich 1880. Digitized by LjOOQle 14 Krampfwehen, indem er von jedem Fall eine kurze Krankengeschichte gibt, ge¬ nauer die Anwendung und Wirkung des Chlorais. Dreiunddreissig waren Erst¬ gebärende, sieben Zweitgebärende. Was die Ursache der Krampfweben betrifft, so hält Vortr. für eine Haupt¬ ursache derselben alles das, was in der Eröffnungsperiode und häufig schon vorher den untern Gebärmutterabschnitt ungebührlich reizt, so in 15 seiner Fälle der vor¬ zeitige Abgang des Fruchtwassers, 3 Mal Beckenenge, 1 Mal Gebrauch von Se- cale in der Eröffnungsperiode, 1 Mal vaginitis granulosa etc in diesem Sinne als Ursache angesehen werden muss. Als eine zweite wichtige Ursache für Ivrampf- wehen möchte Vortr. Erkältungen hinstellen. Es kommen die Krampfwehen manch¬ mal in Gruppen vor, die mit nasskalter Witterung zusammenfallen (so z. B. im Mai 1877, im Januar und Februar 1879). Was die Wirkungsweise des Chloral in den 47 Fällen betrifft, so ist in erster Linie hervorzuheben, dass in den meisten Fällen schon vorher durch die Heb¬ ammen allerlei Mittel versucht worden waren ohne Erfolg (z. B. Morphiuminjec- tionen, Ipecacuanha, Tct. castor. mit Laudanum). In 14 der erwähnten Fälle war der Krampf nach einigen Löffeln der Chloralmixtur, in 17 Fällen nach 2—3 Stun¬ den gehoben (= 31 Fälle). 7 Mal trat die Wirkung erst nach längerer Zeit, 2 Mal erst nach wiederholter Anwendung ein, 2 Mal Hess das Mittel im Stich und 4 Mal war nachträglich noch Chloroform nöthig. 29 der Fälle verliefen spontan, 17 be- nöthigten der Anwendung der Zange. Die häufige operative Beendigung der Ge¬ burt erklärt sich aus der grossen Zahl der Erstgebärenden , der lange dauernden Geburt und der oft eintretenden Wehenschwäche in der Austreibungsperiode. Discussion: Dr. Egli: Man habe auch das Pilocarpin gegen Krampf¬ wehen empfohlen, nach seinen Erfahrungen sei dasselbe aber ohne Werth. Uebri- gens genüge in den Fällen, wo nicht Missverhältnisse zwischen Becken und Kind bestehen, Geduld und Abwarten, ohne Chloral. E. habe dies oft gesehen. Auch habe das Chloral keine Vorzüge vor Opium und Morphium. Dr. Zehnder frägt, wie es mit dem Atropin stehe, das Breslau einmal gegen Krampfwehen empfohlen habe. Prof. Spöndly hat keine Erfahrungen bezüglich des Atropins. Dr. Kaufmann erwähnt, dass Zweifel in Strassburg Versuche mit Atropin ge¬ macht habe, aber nicht lang, da die Erschlaffung des Uterus nachher enorm sei und leicht Nachblutungen erfolgen. Dr. 0. Raab . Referate und Kritiken. Zur Klarstellung der Indicationen für Behandlung der Ante- und Retroversionen und -flexionen der Gebärmutter. Von Prof. Schnitze in Jena. Leipzig, Breitkopf & Härtel. (Sammlung klin. Vorträge von Volkmann } Nr. 176.) Die Ansichten über die Therapie der Lageveränderungen des Uterus weichen heut¬ zutage noch sehr von einander ab ; Schnitze bespricht in seinem Vortrage die von ihm an¬ gewandten therapeutischen Maassnahmen, die, basirt auf den ätiologischen Momenten der Lageveränderungen, jedenfalls eine rationelle Begründung haben. Vor Allem aus haben wir bei besagten pathologischen Zuständen die causalen Ver- Digitized by LjOOQle 15 hältuisse zwischen den diese begleitenden entzündlichen Affectionen des UteruB und seiner Adnexa, und der Lageveränderung zu berücksichtigen; die entzündlichen Zustände sind meist Ursache oder Folge der Deviation und nach diesem Qesichtspuncte haben wir un¬ sere Behandlung einzurichten. Die normale Lage des Uterus ist eine Anteversions- und -flexionsstellung, welche gesichert wird durch den am Cervix nach hinten wirkenden Zug der Douglas* sehen Falten und des Muscul. retractor Uteri und durch den Abdominaldruck auf die hintere, obere Fläche des Uterus. Erkrankung der Douglas’schen Falten und abnorme Wirkung des Intraabdominaldruckes bilden die Hauptursadhen der Lageveränderungen. V erkürzung der Douglas' sehen Falten durch para- und perimetritische Processe sowohl ein- als beidseitig zieht den mittlern Theil des Cervix nach hinten; die Vagina fixirt die Portio vagin., die Lig. rotunda den Fundus uteri nach vorn und auf diese Weise kommt bei schlaffem Gewebe des Uterus unter Mitwirkung des Abdomiualdruckes die Anteflexion zu Stande. Erschlaffung der Douglas' sehen Falten dagegen und Functionsunfähigkeit des M. retract. u|eri lassen den Cervix nach vorne gleiten, die gefüllte Blase dislocirt den Fundus uteri nach hinten und unter Mitwirkung des Abdominaldruckes auf die vordere Uterusiläche entsteht die Retroversion, respective bei schlaffem Gewebe des Uterus die Retroflexion. Nebst diesen Hauptursacheu der Lageveränderungen sind noch in Betracht zu ziehen die weit seltenem causalen Momente, wie angeborene Deviationen, Fixation des Fundus nach hinten oder vorn oder des Cervix nach vorne durch perimetritische Processe; doch geht Verfasser in seinem Vortrag auf diese Puncte bezüglich der Behandlung nicht ein. Entgegen der gewöhnlichen Ansicht hält Schultze nicht die Anteflexion für das schwe¬ rere Leiden, sondern die Anteversion, indem bei dieser Deviation das Gestrecktsein des Uterus durch chron. Metritis bedingt ist; ebenfalls ist die Anteflexion , nicht wie meist angenommen wird, die Ursache von Dysmenorrhoe und Sterilität, sondern der Grund hie- für ist zu suchen in den Complicationen, wie Perimetritis, Oophoritis und namentlich En¬ dometritis; dies wird bewiesen durch das Verschwinden der Dysmenorrhoe und durch Conception trotz Flexion nach Heilung der Complicationen. Bezüglich der Behandlung gilt für die Flexion, wie für die Version nach vorne das nämliche, abgesehen von der die Version begleitenden chron. Metritis, die berücksichtigt werden muss; die Behandlung richtet sich zunächst gegen die Verkürzung der Douglas - sehen Falten; ist die Entzündung gänzlich abgelaufen und sind die Douglas* sehen Falten gänzlich unempfindlich, so können dieselben durch methodisches Ziehen an der Vaginal¬ portion nach vorn und unten gedehnt werden, doch ist diese Behandlung nicht gefahrlos puncto Recidivirung von entzündlichen Processen; oft hat sogar durch das Einlegen eines passenden Pessariums die Behandlung Anfangs auf die Entspannung der Douglas' sehen Falten sich zu richten: dadurch werden die Beschwerden geringer und bessere Verhält¬ nisse zum Ablauf der Entzündung geschaffen ; Schullze gebraucht dazu 8-förmige Gummi- drahtpessarien; diese haben aber durchaus nicht den Zweck, den Uteruskörper aufzu¬ richten ; überhaupt passt für diese Lageveränderungen die mechanische Therapie nicht; die viel angewandte Aufrichtung des Uterus ist gar nichts, da der Uterus sogleich nachher seine abnorme Lage wieder einnimmt; ebenso wenig nützt ein Pessarium zum Heben des Fundus uteri, schädlich sind die Intrauterinstifte; auch die Anfrischung der vordem Muttermundslippe und der vordem Vaginalwand und Vereinigung duroh die Naht hat keinen Vortheil; die einzig richtige Behandlung der Anteflexionen und Versionen ist eine gegen die begleitende Metritis, Peri- und Parametritis und Endometritis gerichtete; anzuwenden sind Resorbentien, Jodkalitampons, Moor- und Soolbäder, zugleich ist für weichen Stuhlgang zur Vermeidung von Zerrung der Adnexa zu sorgen; Kissingen, Marienbad und Franzensbad. Der Uteruscatarrh, auch der nicht gonorrhoische, ist oft der Ausgangspunct der Parametritiden und Metritiden und ist daher nach Ablauf der entzündlichen Erschei¬ nungen zu behandeln; das beste ist Dilatation und mehrmalige Carbolausspülungen 2%. Verfasser sah oft nach Behebung des Gatarrh trotz spitzwinkliger Anteflexion die Dys¬ menorrhoe schwinden und Conception eintreten. Digitized by Google 16 Anders gestalten sich die therapeutischen Verhältnisse bei Retroflexionen und Versionen; diese haben ihren Grund in Erschlaffung der Douglas* sehen Falten und des Musculus retractor uteri; hier ist die mechanische Therapie am Platze. In Fällen, wo die Erschlaffung nicht constant ist, sondern nur vorübergehend ange¬ troffen wird, kann man durch kalte Sitzbäder, Vaginalirrigationen und namentlich durch kalte Klystiere die Douglas’ sehen Falten zur Contraction anregen ; oft wirkt eine Dilatatio uteri als energischer Reiz; zugleich sind Secale und Roborantien zu ordiniren; auch wäre dies ein Feld für Electricität, Massage und schwedische Gymnastik. Ist die Lageveränderung eine fixe, so ist in folgender Weise vorzugehen: Zunächst wird der Uterus reponirt; die Anwendung der Sonde zu diesem Zwecke ist zu verwer¬ fen ; die Reposition soll manuell, wenn nöthig unter Anwendung der Chloroformnarcose gemacht werden; ging vorher Dilatation voraus, so wird zur Reposition der Finger in den Uterus eingeführt; Durchreissung perimetritischer Stränge und flacheuhafter Adhä¬ sionen sind unter antiphlogistischer Behandlung nicht zu fürchten ; bei parametriti- s eben Verdickungen ist aber nicht zu forciren und die Behandlung zunächst gegen diese zu richten. Dass das blosse Einführen eines Hodge' sehen Pessariums die Repositioft des Uterus selbst besorge, ist ein falscher, leider häufig eingenommener Standpunct. Nach Reposition des Uterus ist derselbe durch ein zweckmässiges Pessarium in seiner normalen Lage zu fixiren; nach vorausgegangener Dilatation ist das Pessarium vorläufig durch Tampons zu ersetzen. Das Pessarium muss, falls es seinem Zwecke, die Douglas - scheu Falten zu ersetzen, entsprechen will, den Cervix verhindern nach vorne zu treten. Am besten sind hierfür 8-formige, über die Fläche S-förmig gekrümmte Gummi- druhtpessarien, oder bei mangelhaft festem Stützpunct Seitens des Beckenbodens Wiegen¬ pessare ; diese haben natürlich von einem Fall zum andern verschiedene Grösse und mo- dificirte Krümmungen; Intrauterinstifte sind auch hier zu verwerfen. Zur Anregung und Stärkung der Douglas’ sehen Falten sind kalte Klystiere, Irrigatio¬ nen nebst Roborantien und Seebädern (Nordsee) anzuwenden, für Darmentleerung ist zu sorgen ; nach einigen Monaten kann Heilung eintreten; da Pessarien die Conception nicht beeinflussen, tritt nicht selten Schwangerschaft ein und diese hat bei entsprechender Be¬ handlung des Wochenbettes meist einen günstigen Einfluss auf die Regeneration des M. retract. uteri und auf die Thätigkeit der Douglas' sehen Falten. Die bestehende chronische Metritis wird durch Herstellung der normalen Lage am besten beeinflusst, ebenso der Uteruscatarrh, dem zuerst auch durch Dilatation und Car- bolirrigation zu begegnen ist; Nabolh’ sehe Follikel sind breit zu eröffnen. Referent verweist zum Studium der Einzelheiten auf die Originalarbeit, die uns eine von rationellen Grundsätzen geleitete Therapie der Lageveränderungen des Uterus vor Augen führt. _ Dr. Dick. Cantonale Correspondenzen. St« Gallen« Unter dem vielversprechenden Titel: „Neue Methode für die Behandlung der Patellarfracturen“ bringt die Wiener med. Wochenschr. (Nr. 14 1880) einen Auszug aus der Petersb. med. Wochenschr., wonach „ Rossander in Stockholm die Querbrüche der Kniescheibe seit einiger Zeit mit Massage behandelt, und dass er dabei auf die Immobilisirung und Annäherung der Bruchstücke an einander we¬ niger Rücksicht nimmt, als auf die Erhaltung der Beweglichkeit des Gelenkes. So lässt er — heisst es daselbst weiter — die Kranken, nach Beseitigung des Ergusses aus dem Kniegelenke mittelst Massage, methodische Bewegungen des Kniees ausführen und die Kranken, das Knie blos mit einer Rollbinde unterstützt, umhergehen. Rossander’s Patien¬ ten konnten schon nach 3 Wochen das Hospital verlassen. Die Behandlung mit Massage und Bewegung rührt von Metzger in Amsterdam her“ — etc. Das Epitheton neu, das der erwähnten Methode in dem bekannten Wiener Fach¬ blatte zu Theil wird, veranlasst mich, hier die folgende alte Abhandlung im Auszuge, einzelne Stellen aber in extenso zu reproduciren. Dieselbe stammt nämlich aus einem von der Hand meines Urgrossvaters geschriebenen Collegienhefte, der vor ca. 100 Jahren Digitized by CjOOQle 17 in Zürich Medicin studirte, und ist überschrieben: „Beobachtung von einem Bruch der Kniescheibe. tt Der Anfang derselben lautet: „Die Methoden, welche bei der Behandlung der Querbrüche der Kniescheibe empfohlen werden, sind gar sehr von einander ver¬ schieden, gewöhnlich rathet man an, man solle die Enden der Knochenstuken womöglich in Berührung bringen —, das Glied ohne es zu bewegen, mehrere Wochen lang ausge¬ dehnt erhalten, man hat auch viele Erfindungen von verschiedenen Binden, Riemen, Com- pressen, Schnallen, Knöpfen u. s. f., welche man in der Absicht anwandte, um die ge¬ trennten Knochenstücke näher bei einander zu behalten —. a Nach einem Excurs über die Lage fracturirter Glieder im Allgemeinen und die Moti- virung dieser Lage (Muskelzug) wird speciell das entsprechende Verhältniss am Knie be¬ handelt und fortgefahren: „Allein bisweilen ist durch die Würkung der vereinigten Sehnen der ausstreckenden Muskeln, das obere Stück zu stark nach aufwärts gezogen worden und auch selbst die ruhigste Lage, applicirte erweichende Mittel, die Knochenstück näher zusammenziehende Maschinen und Bandagen, erreichen den Endzweck nicht, und je länger das Glied in einer ausgedehnten Lage mehrere Wochen unterhalten und dabei drückende Maschinen angewendet werden, desto eher entsteht eine gänzliche Steiffigkeit des Gelenkes. — Dessnaben einige neuere berühmte Wundärzte die gewohnte Methode fahren lassen und vielmehr anrathen , nachdeme die gebrochenen Stücke so viel möglich zurück gebracht und in dieser Lage bestmöglichst erhalten worden sind, hernach das Glied ganz frey zu lassen, täglich das Glied zu biegen und auszudehnen, mit dem Erfolg, dass Diejenigen nach einem solchen Zufall am besten giengen, deren Kniescheiben quer durch und bey- nahe in 2 gleiche Stücke zerbrochen waren, deren zu Bette Liegen nur so lange ge¬ dauert hat, als die Entzündung dauerte , die nach dieser Zeit ihre Kniee täglich und mässig bewegt haben und bei denen die gebrochenen Stücke nicht ganz genau an ein¬ ander gebracht worden sind , sondern in einiger Distanz von einander entfehrnt blieben, denn obgleich bey dieser Behandlung das Knie im Anfang unbeweglich und unbiegsam zu seyn scheint und auch einige Zeit nachher in diesem Zustand blieb, so wurde doch durch Bähungen, erschlaffende Salben und die täglichen Bemühungen, das Gelenk zu be¬ wegen, dasselbe nach und nach beweglich, dass sie nunmehr in den Stand kamen, auf flacher Ebene ohne Beschwerd einher zu gehen und auch selbst ohne Beschwerd Treppen herauf und herunter zu steigen,“ — etc. Es folgen Erörterungen über die Ursachen der nach Kniescheibenbrüchen oft lange andauernden Gelenkssteifigkeit und im Anschlüsse daran wird die Quelle der neuen the¬ rapeutischen Winke angegeben: schon Pott und Warner „haben gezeigt, dass Diejenigen nach einem solchen Fall am besten gingen, die man nur kurze Zeit, so lange nämlich als die Entzündung dauerte, im Bette liegen liesse.“ Durch 2 in extenso beschriebene Fälle von Warner wird die neue Behandlungsweise und deren günstiges Resultat noch weiter beleuchtet Ein eigener, d. h. in der Zürcher Klinik damals demonstrirter Fall, spricht dann allerdings schon wieder weniger zu deren Gunsten. Die Observationes über denselben beginnen am 29. Juni 1788 und endigen am 10. September (Ferienanfang?) mit der nach dem Vorausgegangenen ganz unerwarteten Angabe: „Die Geschwulst des Kniees hatte sich eher vermehrt als vermindert und wenn sie es nur ein wenig biegen wollte, so verspührte sie eine starke Spannung in demselbigen.“ — Und diese Patientin würde sich wohl auch die Massage an ihrerb Knie energisch verbeten haben 1 Lichtensteig. G. A. St&ger. Zürich. Mittheilungen aus der Praxis. 1) Suicidium, Tod durch Ertrinken oder andere Todesursache? M. G., 60 Jahre alt, Gemüse- und Eierhändler, von kräftigem Körperbau und guter Constitution, mit Ausnahme vorübergehender Gastricismeu und leichtern Bronchialcatarrhen nie krank oder bettliegerig, fuhr am 20. August 1880 mit einem Schiffchen vom rechten Seeufer ab, um quer über den See nach Wollishofen zu gelangen, wo er Obst zu holen gedachte. Die Abfahrt geschah Abends nach 5 Uhr. Da weder Fährmann noch Schiff¬ chen am Abend heimkehrten, fuhren Morgens früh einige Nachbarn in einer Gondel auf den See hinaus, den Vermissten zu suchen, und fanden dann ziemlich mitten im See das leere Schiffchen und nicht weit davon den vermissten M. in vollkommen aufrechter Stel¬ lung im tiefen Wasser stehend, den Kopf über dem Wasser in steifer Haltung — und 2 Digitized by LjOOQle todt. M. war in eiaer Lebensversicherung versichert, das Publicum sprach allgemein von Selbstmord des Verstorbenen, und wurde von der Versicherungsagentur die Ob- duction gewünscht. Diese wurde am 21. August Nachmittags vorgenommen und ergab folgendes unerwartete Resultat: Kräftiger, gut gebauter Körper, ziemliche Todtcnstarre, Hautpapillen erhaben, Cutis anserina, Präputium retrahirt, kein Livor, Gesicht nicht aufgetrieben, Daumen nicht ein¬ geschlagen, Arme nicht angezogen, sondern die Hände halb geöffnet und die Arme leicht vorgestreckt — Stellung wie beim Gebrauch von Stehruderu. Weder aus Mund noch Nase ergiesst sich Schaum oder Flüssigkeit SeCtion des Schädels. Kopfhaut leicht löslich, auf dem Craniuro mässiger Blutgehalt. Schädelkapsel sehr dick, mittlerer Blutgehalt, ziemliche Verwachsung am Sulcus longitu- dinalis. Pia ziemlich blutreich, leicht löslich, nur am Sulc. longitud. einige verwachsene Stellen, im übrigen durchsichtig, geringes Oedem, einige Trübungen entlang den Gefäs- sen, welche leicht injicirt sind, mehrere Pachyonische Granulationen am Sulcus longitu- dinalis. Hirnsubstanz leicht ödematös, blassgrau, wenig Blutpuncte. Ventrikel nicht er¬ weitert, Hirnwasser nicht vermehrt Im Cerebellum normaler Blutgehalt; weder in den Gross- noch Kleinhirnlappen noch in den grossen Ganglien etwas Abnormes zu coo- statiren. Brust und Bauchhöhle. Mässiger Paniculus. Muskulatur kräftig, normal fleischroth, Herz überlagert von den Lungen. Dieselben beiderseits, besonders am Apex adhärent, sehr stark emphysematös, kein Oedem, Blutgehalt normal, aus den Bronchien spär¬ lich blutig-schaumige Flüssigkeit; Bronchialschleimhaut blassrosa, wenig geschwellte Bronchialdrüsen stark pigmentirt. Herz wenig vergrössert, einige Sehnenflecke auf dem Epicard, im Pericard spärlich seröse Flüssigkeit, Epicard verfettet. Das linke Herz b teinbart contrahirt und schwer anzufühlen. Linker Herzmuskel hochgradig hypertrophirt bis zu l 1 /, cm. Dicke; Aortalklappeu normal. An den Mitralklappen die noduli wulstig verdickt; Papillarrouskeln und Sehnen verkürzt : „Insufficienz der Valvula mitralis.“ Der Herzmuskel ist röthlichgrau und fühlt sich seifig an. Das rechte Herz verfettet, leicht dilatirt, Klappen nicht degenerirt, mässiger Blutgehalt der Ostien. Keine Gerinnsel. Leber normal gross, ziemlicher Blutgehalt; die Gallenblase enthält ca. 60,0 grmm. normale Galle; Milz in der Dicke etwas vergrössert, Trabekeln sehr deutlich. Beide Nieren leicht zu lösen, Kapsel leicht abziehbar. Kelche und Rindensubstanz normal; Magen stark ausgedehnt mit Gasen und flüssigem Inhalt; derselbe beträgt gegen 1 Liter Flüssigkeit, gemischt mit Speiseresten und von säuerlich weinigem Geruch ; Schleimhaut blass, wenig gewulstet, nur am Pylorus eine stärker »injicirte Stelle. Im Darm nichtB Besonderes. Anatomische Diagnose: Vitium cordis, Insufficienz der Valvula mitralis. Hypertrophie des linken Ventrikels, Verfettung des Herzens, hochgradiges Emphysem der Lungen, mäs- siges Hirrusdem. Epicrise. G. M., der an Emphysem und Vitium cordis leidet und dessen Herz bereite verfettet ist, rudert bei Augusthitze mit Stehrudern. Die Anstrengung dieser Arbeit bei der erhöhten Lufttemperatur führen augenscheinlich zu Herip aralyse, das Herz steht in systolischer Stellung still, der Exitus ist ein plötzlicher und M. fällt, bereits verschieden, über das Bord des Schiffchens, Arme und Hände noch in der Stel¬ lung, wie er sie zum Rudern gebraucht hat. Dass der Exitus vor dem Sturz in’s Wasser erfolgt ist, beweist der absolute Mangel der für den Ertrinkungstod pathognomischen Er* scheinungen von Asphyxie, es fehlt die Hyperaemie in Gehirn und dessen Adnexen, wie in den Lungen und deren Atrien, es fehlt das massenhaft verschluckte Wasser ; der Ca- daver sinkt nicht, er steht aufrecht mitten im tiefen Wasser. Letztere Eigentümlichkeit war nur möglich in Folge des hochgradigen Emphysems. Die enorm aufgetriebenen Lungen hielten den Körper aufrecht wie ein guter Schwimmgürtel. Es liess sich also mit Sicherheit behaupten, dass der Verstorbene nicht ertrunken, dass von einem Suicidium keine Rede sein konnte, sondern dass derselbe an Herzparalyse in Folge Herzfehlers und Verfettung des Herzmuskels vor dem Sturz in’ s Wasser gestorben sei. Die Versicherungsgesellschaft zahlte den versicherten Betrag sofort aus. Digitized by LjOOQle 19 2) Insultus apoplecticus, beidseitig verzogene Pupillen, Streckkrämpfe der Extremitäten. Frau F., 46 Jahre alt, eine robuste plethorische Figur mit bedeutender Fettentwick¬ lung, war stets gesund bis vor einem Jahr, wo ein leichter apoplectiformer Anfall sich einstellte, der ganz rasch und ohne bleibende Störungen zurückzulassen verlief; ganz ähn¬ lich war der Verlauf bei einem zweiten analogen Anfall vor 6 Monaten. Das Bewusst¬ sein war nur ganz kurze Zeit aufgehoben und kehrte mit Bettruhe und Eis spontan zurück — keine paretischen Symptome. Von da an vollkommene Euphorie. Am 12. October 1880, Morgens 9 Uhr, fällt Patientin ohne alle Prodromen in der Küche jählings zusammen und stürzt auf den Boden. Dem herbeieilenden Töchterlein konnte sie noch sagen: „es macht nichts, es geht schon vorbei“, dann schwand das Be¬ wusstsein vollkommen und Patientin wurde in's Bett gebracht. Ich sah die Kranke um 10 Uhr. Dieselbe lag paralytisch im Bett. Gesichtszüge verfallen, stertoröse unregel¬ mässige Respiration, von Zeit zu Zeit Zuckungen der Extremitäten und zwar beidseitig und gleichzeitig aus leichter Flexionsstellung in stärkste Extension: „Streckkrämpfe“. Augen geschlossen. Pupillen mehr als zur Hälfte erweitert, gar nicht reagirend und alle beide bimförmig verzogen, der breitere Theil nach innen und unten, der schmälere Theil nach aussen und oben gerichtet Mehrmals Er¬ brechen. Gesichtsmuskeln schlaff, auf keine Reizungen reagirend. Masseteren contrahirt. Bulbi etwas nach aussen rotirt. Puls 50— 56, unregelmässig, hie und da aussetzend, die Respiration nimmt mehr und mehr den Cheyne- Stocke 'sehen Typus an. Temperatur nicht erhöht. Absolute Ruhe. Eisblase auf den Kopf und Blutegel an die Schläfen wurden ordinirt, zeitweise etwas stimulirendes Getränk. Nachmittags 2 1 /, Uhr erfolgte der pro- gnosticirte Exitus letalis unter vorangehendem Verfall der Kräfte und langer Agonie. 8ection den 13. October 1880, Nachmittags 2 Uhr. Sehr fetter Körper. Todten- starre. Wenig Livor mortis. Kopfhaut und Schädelkapsel mässiger Blutgehalt, nichts Abnormes. Schädeldach enorm dick, mit der Dura mater an mehreren Stellen ziemlich innig verwachsen. Nach Lösung präsentirt sich die Dura blutreich, an der Oberfläche trocken. In der Pia mater starke Füllung der grösseren und mittleren Gefässe; sie fühlt sich trocken an, kein Oedem, ist leicht löslich, am sulcus longitudinalis einige Pachyoni - sehe Granulationen. Sulci des Gehirns verstrichen, die Gyri abgeplattet, Hirnoberfläche trocken., kein Oedem. Beim Herausnehmen und Lösen des Gehirns aus den Schädel¬ gruben zeigt sich an der Hirnbasis ein mehr als daumeo bailengros Bes, fest am Gehirn adhärentes Blutgerinnsel gerade über dem Chiasma nervorum opticorum und bis gegen das Kleinhirn sich erstreckend. Der apoplectische Herd besteht aus festgeronnenem schwarzrothem Blutklumpen, in welchem zerstreut einige scheinbar organisirte blass rostrothe Partikel vertheilt sind — zertrümmerte Gehirnmasse. Beim vorsichtigen Lösen und Losspühlen des Gerinnsels zeigt sich die Gehirnsubstanz bis gegen die rechte Fossa Sylvii zertrümmert und reicht die Zerstörung in die Tiefe bis in den mittlern und den rechten Seitenventrikel. Die Arterien des Gehirns, besonders die A. basilaris wie übrigens auch die mittlern und kleinern Gehirnarterien sind sämmtlich hochgradigst verfettet. Hirnsubstanz wenig blutreich. Nach flacher Eröffnung der Ventrikel von oben her findet sich der ganze rechte Seiten Ventrikel, der mittlere Ventrikel sowie das Hinterhorn des linken Seitenventrikels mit einem Blutgerinnsel gleicher Beschaffenheit wie das an der Gehirnbasis erfüllt. Bo¬ den des rechten Seitenventrikels bis in die grossen Gehirnganglien hinein erweicht und zertrümmert, so dass eine grosse Communicationsöffnung nach der Basis hin zu dem dor¬ tigen Gerinnsel führt. Zwischen Pons und Medulla oblongata, zwischen die Pedunculi ad Cerebellum und zwischen die Pyramiden hinein sind mehrere besondere Gerinnsel eingekeilt. Im Cerebellum nichts von palpabeln Veränderungen. In den Hinterhaupts¬ gruben sammelt sich ca. 60,0 grmm. blutig-seröse Flüssigkeit Das Herz ist bedeutend vergrössert — cor bovinum — mit mächtigen Fettauflage¬ rungen. Linker Ventrikel sehr verdickt, bis auf 1,6—2,6 cm. und verfettet; Papillar- muskeln hypertrophisch; verkalkte Partien an den Klappen, besonders an den Aortal¬ zipfeln. Ventrikel und Atrien leer. Die Arteria Aorta zeigt stark ausgebildete atheroma- töse Degeneration. Lungen emphysematös gebläht, stellenweise mit dem Rippenfell verwachsen. Kein Digitized by Google Oedem; Hyperaemie der hintern und untern Partien — Hypostasen. In den Pleurahöhlen wenig Berum. Magen und Gedärme von Gasen enorm aufgetrieben. Magenschleimhaut blass, nicht gewulstet, keine Ecchymosen. Leber gross, blassgelb, seifig anzufühlen. An der Gallen¬ blase nichts Besonderes zu finden. Milz bedeutend vergrössert und sehr blutreich. Pancreas ohne nachweisbare Ver¬ änderung. Nieren gross, von bedeutenden Fettmassen umhüllt, Nierengewebe verfettet. Peritonäum und besonders das Omentum majus mit colossalen Fettknollen durchsetzt. Anatomische Diagnose: Allgemeine Fettsucht, atheromatöser Process, Ver¬ fettung und Verkalkung der grossen mittleren und feineren Arterien; apoplectischer Herd an der Hirnbasis mit Zertrümmerung des Ventrikelbodens rechts und Blutung in die Bei- tenventrikel und den mittleren Ventrikel. Blutung und Erguss bis zum Pons und ver¬ längerten Mark. Verfettung, Hypertrophie und Dilatation des Herzens, Lungenblähung und pleuritische Adhäsionen. Hyperaemie und Vergrösserung der Milz. Fettige Degene¬ ration von Leber und Nieren. Enorme Fettbildung im Bauchfell und im Netz ins¬ besondere. Epicrise. Die directe Todesursache ist die wirklich enorme Apoplexie an der Hirnbasis und deren zerstörende Einwirkung auf Hirnsubstanz und Ventrikelhöhlen. Die secundäre Veranlassung zur Apoplexie ist die allgemeine Fettsucht und der atheromatöse Process, welcher in der Degeneration der Hirnarterien directe Veranlassung zur tödtli- chen Blutung — Apoplexie — wurde. Der Sitz dieser letztem und deren deletäre de- structive Einwirkung auf bedeutende Bezirke der Hirnsubstanz, sowie die Ergüsse in die Ventrikel und abwärts gegen Pons und Pyramiden erklärt auch die intra vitam beobach¬ teten doppelseitigen Erscheinungen, die Verziehung der Pupillen, die Streckkrämpfe der Extremitäten. Zum Verwundern ist nur, dass das Leben nicht viel früher erlosch und ein blitzartiger plötzlicher Exitus erfolgte. 3) Insultus apoplecticus; linksseitige Hemiplegie, links¬ seitige Facialisparese. Frau Bch., 58 Jahre alt, marantische, schwächliche, abgemagerte Frau, erlitt am 3. October 1880 einen apoplectischen Insult. Das Bewusstsein ist vollkommen aufge¬ hoben, die Extremitäten und die ganze übrige linke Seite vollkommen gelähmt, sowie auch die ganze linke Gesichtshälfte schlaff herunter hängt und auf äussere Reize gar nicht reagirt, während rechts die Sensibilität erhalten ist. Puls 50—60, Temperatur nicht erhöht, Pupillen mittelweit reagirend, . gleich gross , mehrmals Erbrechen. Sedes inscientes. Eisblase auf den Kopf. Ergotin 1,5 : 150 Colatur. 4. October 1880. Im Allgemeinen Status idem, doch streckt Pat. auf lauten Anruf die Zunge mit Mühe ein wenig heraus und zwar nach links. Mit Mühe wird die Zunge wieder zwischen den Zähnen zurückgezogen. Es gelingt, der Pat. etwas Nahrung bei¬ zubringen. 5. October. Sensorium immer noch sehr getrübt. Auf peripherischen Reiz an den gelähmten Extremitäten zeigen sich Reflexzuckungen , die Paralyse jedoch ist immer gleich absolut. Pupillen gleich schlecht reagirend. 6. October. Pat. soll einige Mal gesprochen haben, jedoch sofort wieder in den so¬ porösen Zustand zurück verfallen sein. Puls 66, Temp. nicht erhöht. Schnarchende Re¬ spiration. Herztöne scharf accentuirt, keine Geräusche. Stuhl und Urin immer noch in's Bett. Paralyse gleich. Eisblase, Ernährung. 8. October. Die letzten zwei Tage ist das Sensorium mehrmals auf Momente so weit zurückgekehrt, dass Pat. verständlich einzelne Worte und kurze Sätze sprach. Die Nahrungsaufnahme geht ordentlich von Statten. 10. October. Ad pejus. Sensorium absolut aufgehoben seit vorgestern, tiefer Sopor. Stertoröse Respiration. Puls 70, klein, unregelmässig. Pupillen nicht reagirend, die rechte Pupille sehr deutlich grösser als die linke. 11. October. Exitus letalis nach einer protrahirten Agonie. 12. October. Section. Kopfhaut und Schädeldach nichts Abnormes. Schädelkapsel mit der Dura mater nicht verwachsen. Mittlerer Blutgehalt der Dura. Auf der ganzen rechten Hirnhälfte, am intensivsten aber über dem lobus medius im subduralen und subpialen Raum „Bluterguss“ , der diffus verbreitet ist und seinen Ursprung vom Digitized by LjOOQle 21 mittlern Lappen nimmt. Linke Hirnhälfte frei. Kein Oedem, geringer Blutgehalt. Von der Hirnbasis aus constatirt man in der rechten Fossa Sylvii einen apoplecti- sehen Herd, der den ganzen mittleren Lappen durchsetzt und die hintern untern Par¬ tien in ihrer Himsubstanz zerstört hat durch Zertrümmerung und Erweichung. Die apoplectische Betheiligung zieht sich nach hinten bis gegen das Cerebellum, beson¬ ders auch auf dem pedunculus cerebri dexter. Ventrikelinhalt nicht vermehrt. Atheroma- töse Degeneration der Arterien. 4) Tumores cerebelli. B. L., 8 Jahre altes, erethisch-scrophulöses Mädchen in elendesten Verhältnissen, öfter schon krank an catarrhalischen Affectionen der Schleimhäute der Luftwege und deren Adnexe, machte im Februar 1880 Masern, Scharlach und Diphtheritis rasch nach einander glücklich durch. Doch blieb das Kind von da an noch schwächlicher und die vorher sehr massige Intelligenz ward noch mehr reducirt. In der zweiten Woche März fing das Kind an über Kopfweh, Uebelkeit, allgemeines Unwohlsein zu klagen. Appetit vermindert sich, Uebelkeit, einige Male Erbrechen, 8chlaf unruhig, trotz beständigem, duselig-schläfrigem Wesen. Am 13. März 1880 sah ich das kranke Mädchen zum ersten Mal. Dasselbe ist äusserst abgemagert, liegt zusammengekauert im Bett, mit Vorliebe auf der linken Seite. Pupillen reagirend, mittelweit, keine Differenz. Puls 80—90, Tem¬ peratur 38,6°. Die Diagnose lautete in Hinsicht auf Anamnese und Status präsens auf tuberculöse Meningitis. Bei den täglichen Besuchen constatirte ich den immer deutlicher sich aus¬ bildenden Status cerebralis. Das Kind liegt meist in linker Seitenlage etwas verdreht, Zähneknirschen, spärliche Emesis , sporadische leichte Zuckungen an Extremitäten und Gesichtsmuskeln. Schlaf immer sehr unruhig. Durchdringende Schreie von Zeit zu Zeit, cris hydrocöphaliques. Vom 19. März 1880 an treten eigentliche grosse Convulsionen auf und zwar beidseitig an Extremitäten, Stamm und Kopf. Nackenstarre, Trismus, kahn¬ förmiger Bauch, starr gestreckte Extremitäten, Tremor. Puls 80—100, Temperatur meist über 38,5°. Respiration coupirt. Häufiges, durchdringendes Schreien. Pat. liegt immer mehr nach links und wälzt sich beinahe aufs Gesicht. Grosse Unruhe, besonders Nachts. Verfall der Kräfte. Bis zum 23. März 1880 Andauer dieses Zustandes. Neben der in solchen Fällen gebräuchlichen Therapie ward mit Wickelung und relativ grossen Chloraldosen zeitweise etwas Ruhe geschafft. Aeusserst schmerzvolle , 2 Tage dauernde Agonie , mit weithin hörbarem Schreien. Bohren, Wälzen und Drehen mit Kopf, Hals und Rumpf, in ganz auffallender Weise nach links. Exitus am 23. März, Abends. Section am 24. März 1880. Kopfhaut mittlerer Blutgehalt. Rhachitisch ver¬ dünnte Schädelkapsel, mittlerer Blutgehalt der nicht adhärenten Dura. Pia ziemlich blut¬ reich, wenig Transsudat im subpialen Raum, leicht löslich. Gyri et Sulci nicht verstri¬ chen. Substantia cerebri mittelfeucht, keine Hyperämie. An der Hirnbasis fand sich die erwartete basilar-meningitische Auflagerung nicht vor. Weder in Pia noch * Arachnoi- dea noch entlang den Gefässen können die erwarteten Miliartuberkel gefunden werden. Ventrikel nicht dilatirt Kein Hydrocephalus internus. Im Grosshirn weder in den Lap¬ pen noch den grossen Ganglien ein Herd zu finden. Cerebellum mässig blutreich. Am hintern Rand nahe der Peripherie, links gegen die Medianlinie, findet sich ein haselnussgrosser Tumor von rundlicher Form, ziemlich harter Consi- stenz, gelblicher Farbe, vom Gewebe des Cerebellums deutlich abgegrenzt, durchschneid¬ bar ohne Knistern, aber mit einiger Resistenz, der Materie nach unzweifelhaft aus t u - borculöser Masse bestehend. Im rechten Cerebellum , tiefer in die Substanz eingelagert, findet sich ein pfefferkorngrosser ähnlicher Tumor. Die Section der Brust- und Bauchhöhle bestätigt die angedeutete Provenienz der Tumoren des Cerebellums. Es fanden sich einige verkäste Bronchialdrüsen und geschwellte Mediastinal- und Retroperitonealdrüsen. Dieser Fall bietet mehrfaches Interesse sowohl nach Verlauf als nach dem^Sections- resultat. 5) Disseminirte gehäufte Tuberkel der Convexität. K. H., 36 Jahre alt, ein gänzlich heruntergekommenes Individuum, das der Potation Digitized by Google 22 in hohem Grade ergeben, einen vagirenden Lebenswandel führte, kam am 24. März 1876 in meine Behandlung. Pat., in einer elenden Dachkammer liegend, zeigt sich stupid, mit fast ganz aufgehobenem 3ensorium, einzelne zitternde Bewegungen der Extremitäten. Nahrungsaufnahme ist sehr erschwert. Bis zum 28. unter zunehmendem Sopor, zeitweise unterbrochen von tonischen und clonischen Convulsionen, dauerte dieser Zustand, dann erfolgte der Exitus letalis. Die Diagnose war auf Meningitis tuberculosa gestellt worden. Section am 29. März 1876. Kopfschwarte und Schädeldach bieten nichts Besonde¬ res. Ziemlicher Blutgehalt der Dura mater. Mehrere adhärente Stellen. Zahlreiche Pachioni’Qche Granulationen. Oedem der Pia. Starke Injection der Blutgefässe der Pia, die im Allgemeinen leicht löslich. Ueber die ganze Convexität und bis an die Basis cerebri in der Rinde disseminirt eine Anzahl hanfkorn- bis pfefferkorngrosser Tuberkelknoten, die sebarf umgrenzt, von gelblicher Farbe, sich über die Peripherie der Hirnrinde etwas erheben. Ziemlich resistent anzu¬ fühlen, ergibt sich beim Durchschneiden ein massiger Widerstand, und zeigen die Schnitt¬ flächen das Bild eines kleinen Tuberkeltumors. Es fanden sich Uber 20 solcher Tuberkelknoten ziemlich gleichmässig Uber die ganze Hirnperipherie zerstreut. Miliar- tuberculose der Hirnhäute wurde nicht gefunden, und auch kein wesentlicher Hydro- cephalus internus. Section der Brust und Bauchhöhle ergab Tuberculose der serösen Häute, Verkäsung sämmtlicher Drüsen, ausgebreitete Zerstörung der Lungen. 6) Erysipelas traumaticum, septische Meningitis. K. E., 2 1 /, Jahre altes Töchterlein von zarter Constitution, sonst aber gesund, sehr lebhaft und intelligent, zog sich in der letzten Woche Juli 1880 durch Umfallen eine ganz kleine Schürfung am rechten Knie zu. Der fürchterliche Donnerschlag, der dem Blitzschlag in die GrossmUnsterthürme in jenen Tagen folgte , erschreckte das Kind so enorm, dass es in Convulsionen verfiel. Die damals requirirte ärztliche Hülfe unternahm gelegentlich auch eine Untersuchung des etwas empfindlichen Kniees rechts, mit der kleinen Schürfwunde. Am 31. Juli sah ich das Kind zum ersten Mal, Abends spät, und constatirtc um die Excoriation herum einen gut doppelthalergrossen erhabenen rothen Hof, das Knie etwas geschwollen, Temp. 39,0°, Puls 120, sonst relative Euphorie. Diagnose auf Erysipe¬ las traumat. war unzweifelhaft. Sofort wurde strengste Antisepsis in loco morbi an- goordnet und bei vorzüglicher Pflege durchgeführt, innerlich Natr. salicyl. Die nächsten Tage zeigt sich das Erysipel als migrans und bullosum. Euorme Blasen, Vorschreiten der Infiltration nach unten und oben trotz Antisepsis und subcutanea 2°/ 0 Carbolwasserinjectionen. Nach 8 Tagen war das ganze rechte Bein von der Fuss- spitze bis zum Glutaßus und Labium majus inbegriffen, unförmlich geschwollen, missfarben roth, bedeckt von Epidermisfetzen — Rudera der mächtigen Blasen — innen am Ober¬ schenkel und am rechten Labium grosse gangränöse Partien, die bis tief in’s Zellgewebe hineiureichen. Enorme Schmerzhaftigkeit, Febris continua. Puls immer sehr frequent, 120—150. Vom 9. August 1880 an treten Symptome einer Cerebralaffection auf, Zähneknirschen, Vomitus, Strabismus, Nystagmus, Nackenstarre; am 10. und 11. traten zeitweise Convulsionen hinzu, und am 12. August 1880 erfolgte der endlich ersehnte Exi¬ tus letalis, um den enormen Qualen der kleinen Dulderin ein Ende zu bereiten. Section nicht gestattet Als Consiliarius stand Herr Prof. 0. Wyss in freundlicher Weise helfend und rathend zur Seite. Die Diagnose auf septische Meningitis wurde von demselben bestätigt Riesbach. Dr. med. Bohrer . W oehenberioht. Schweiz. Eidgenössische Hedlclnalpröftnngen 1880. Wir sind autorisirt, die Resultate der eidgenössischen Medicinalprüfungen des Jahres 1880 mittheilen zu dürfen und durch freundliches Entgegenkommen des Herrn Präsidenten des leitenden Ausschus¬ ses in die Lage gesetzt, die Mittheilung jetzt schon machen zu können, nachdem soeben (9. Dcc.) das letzte Examen (in Basel) abgehalten wurde. Digitized by LjOOQle 23 Es ergibt sich folgende, uns zugestellte Uebersicht: Eidg. Medicinalprtifungen 1880. med. pharm. thier- ärztl. Basel. Bern. Genf. Lausanne. Zürich. Zusamm. Total T3 fl fl fl fl T3 fl a Genü- T3 fl © 60 c © 60 T3 fl © 60 fl © 60 fl © 60 fl © 60 gend Im © 60 A3 C fl5 V 60 A3 fl A3 © A3 © 60 A3 fl A3 © A3 © 60 9 fl A3 und © 60 © 60 A3 fl © 6C © 60 A3 fl © 60 © 60 unge- Ganzen. « O fl P © 0 o p © 0 fl P © 0 a P © 0 □ P © 0 fl P nügnd. Prop. Pr. 12 4 29 8 5 3 — — 25 8 71 23 941 179 med. Fachpr. 16 3 19 11 12 2 — — 19 3 66 19 85 f Prüfungen. Vorpr. 3 1 3 2 — — — — 3 2 9 5 14 t 87 pharm. Prop. Pr. 3 — 2 — 2 — 13 4 2 1 22 5 27 [ Prü- Fachpr. 1 1 7 1 6 1 14 3 9 3 37 9 46 | fungen Prop. Pr. — — 2 2 — — — — 12 1 14 3 17 [ 35 thier- Fachpr. — — 4 — — — — — 9 5 13 5 18 ärztl.Prüfg. 35 9 66 24 25 6 27 7 79 23 232 69 301 301 Prüfgn. 44 90 31 34 102 301. Es lassen sieb natürlich aus den Zahlen eines Jahres keine allgemeinen Schlüsse ziehen: die letztem bleiben einem spätem, sich auf eine längere Reihe von Jahren stützen« den Rückblick Vorbehalten. Die Zahl und die Art der Prüfungen wechseln jährlich sehr beträchtlich ; Bern hatte jedoch auch letztes Jahr weitaus die meisten ärztlichen Examina. Die Prüfungen Hessen dieses Jahr mehr Hoffnungen zu Wasser werden als 1879: es fanden Prüfungen statt 301 (1879: 283), wovon Durchfälle 22,5% (1879: 21,2%)- Stellen wir die Durchfälle übersichtlich zusammen, so finden wir als Durchschnitt aller Prüfungs- sitze bei den sämmtlichen Prüfungen 22,5% Durchfälle, bei den medicinisch-propädeuti¬ schen Prüfungen 24,4, der medicinischen Fachprüfung 22,3 (bei beiden zusammen 23,4%), der pharmaceutischen Vorprüfung (Maturität) 35,7 , der pharmaceutisch-propädeutischen Prüfung (Gehilfenexamen) 18,4, der pharmaceutischen Fachprüfung 19,4, der thierärztlich- propaedeutischen 17,5 und der thierärztlichen Fachprüfung 27,7%. Für die medicinischen Prüfungen allein ergeben sich Procente der Durchfälle. Zahl der Prüfungen. Propaed. Prop. und Propasd. und Prüfung Fachprüfung Fachprüfung Propsod. Fach- Fachprüfung. allein. allein. zusammen. Prüfung. prüfung. Basel 20 25 15,7 19,5 17,0 22,3 Bern 28 21 36,6 37,4 39,3 35,2 Genf 22,7 37,5 14,2 12,2 8,5 16,4 Zürich 20 24 13,6 30,7 35,1 25,8 Wir wiederholen, dass sich aus den Zahlen eines Jahres keine allgemein gültigen Schlüsse ziehen lassen. So stehen z. B. die 37,5% der Durchfälle bei der propädeuti¬ schen Prüfung in Genf nicht in correspondirendem Verhältniss zu den Resultaten des letzten Jahres, finden aber die Möglichkeit ihrer Entstehung leicht in der kleinen Zahl der Examinirten. Die Vertheilung der anno 1880 abgehaltenen ärztlichen Prüfungen (propädeutischen und Fachprüfungen) nach der Cantonsangehörigkeit und den Prüfungssitzen (die Zahlen bedeuten Prüfungen, nicht Personen) zeigt folgende Uebersicht: A. Schweiz. Basel. Bern. Genf. Zürich. Zusammen. Aargau 5 7 — 6 18 Appenzell A.-Rh. 1 — — 1 2 Baselland 1 — — — 1 Baselstadt 3 — — 1 4 Bern — 14 2 — 16 Freiburg — 4 2 1 7 Transport 10 25 4 9 48 Digitized by LjOOQle 24 Basel. Bern. Genf. Zürich, Zusammen. Transport 10 25 4 9 48 St. Gallen 1 10 — 7 18 Genf — 1 1 — 2 Graubünden — 3 — 5 8 Luzern — 5 — 1 6 Neuenburg 3 1 2 3 0 Schaffhausen — — — 2 2 Schwyz 2 1 — 3 6 Solothurn 1 4 1 1 7 Tessin — 1 — 2 3 Thurgau 1 — — 5 6 Unterwalden N.-W. 1 2 — — 3 » O.-W. 1 — — — 1 Waadt 6 8 9 — 23 Wallis 2 — 2 — 4 Zürich 1 — — 11 12 Zug 4 1 — 1 6 B. Ausland. Deutschland 1 3' 1 3 8 Oesterreich 1 2 2 — ■ 5 Russland 1 — — 1 2 England — — — 1 1 35 67 22 55 179 ärztl. Prüfgn. Die Cantoae Appenzell I.-Rh,, Glarus und Uri siod nicht vertreten. Die hohen Zahlen lehren uns sprechend, welche grosse Last von Arbeit und Mühe in all’ diesen Prüfungen sowohl für den leitenden Ausschuss, namentlich seinen Präsiden¬ ten, als auch für die Examinatoren liegt. Für sie Alle werden die Examina oft genug auch zur „Prüfung“ ! Es freut uns aber doch, dass sich die Neuerung so rasch und so ganz eingelebt hat. Wir sind überzeugt, dass es mit der Durchführung des eidgenössischen Seuchen ¬ gesetzes ganz ähnlich gehen würde. Die Aerzte der Schweiz sind allen bei dem Prüfungsgeschäfte mitwirkenden Männern zu Dank verpflichtet. Eidgenössische HedidnalprAftiDgeii« Wir veröffentlichen die nach¬ folgende „Bekanntmachung, zu Händen der HH. Studirenden der Medicin, Pharmacie und Thierheilkunde“, die vom eidg. Departement des Innern genehmigt wurde. Der leitende Ausschuss hat in Ausführung des Artikel 73 des Reglements vom 9. Juli 1880 und mit Genehmigung des eidg. Departements des Innern betreffend Einfüh¬ rung des oberwähnten Reglements und Anwendung desselben im Uebergangsjahre 1881 beschlossen, wie folgt: Vom 1. Januar 1881 an treten in Kraft und werden nach Anleitung des Reglements ausgeführt: a) die Abschnitte I und II, resp. die Artikel 1—38 des Reglements vom 2. Juli 1880, behandelnd die Organisation des Prüfungswesens und die allgemeinen Prüfungs¬ bestimmungen. b) der Abschnitt III, behandelnd die besondern Prüfungsbestimmungen und die Bchluss- und Uebergangsbestimmungen, also Art 39—74 , mit folgenden Modifi- cationen: 1) die ZulaBsbedingungen sind für das Jahr 1881 noch an allen Prüfungssitzen die nämlichen wie die bisher an denselben geltenden; 2) bezüglich des Inhalts der Prüfungen sollen folgende Erleichterungen für das Jahr 1881 eintreten: in der medicinischen Fachprüfung werden erlassen: die Prüfung in der Physiologie (Art 51, 1) an denjenigen Prüfungssitzen, an welchen sie bisher nicht gefordert wurde; ferner an allen 8itzen diejenige Abtheilung der pathologisch-anatomischen Prüfung, welche unter Art 45, lit. b aufgeführt ist; ferner an allen Prüfungssitzen die practische Prüfung Digitized by LjOOQle 25 in der Augenheilkunde (nach Art. 49), wofilr an den deutsch-schweizerischen Sitzen wie bisher in der mündlichen Schlussprüfung Über Augenheilkunde geprüft werden soll; in der pharmaceutischen Fachprüfung werden im Jahr 1881 erlassen: die quantita¬ tive Analyse (Art. 58, 2, b) und die microscopische Bestimmung (Art. 58, 3) an den¬ jenigen Sitzen, an welchen sie bis jetzt nicht gefordert worden ist; jedoch ist in diesem Fall im mündlichen Examen über quantitative Analyse wie bisher zu prüfen; in der thierärztlichen Fachprüfung wird im Jahr 1881 erlassen : die microscopische Präparation (Art. 65, 1); in allen übrigen Theilen wird nach dem neuen Reglement verfahren werden. Die HH. Studirenden werden ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, dass vom 1. Januar 1882 an alle diese Modificationen aufhören, resp. dass von da an das neue Reglement ausnahmslos und stricte zur Anwendung kommen wird, auch für diejenigen, welche vor dieser Zeit ein Examen versucht, aber nicht bestanden haben. Bern, den 6. December 1880. Für den leitenden Ausschuss: F. Müller , Präsident. So schwindet das Uebergangsstadium Schritt für Schritt, und wir begrüssen den Tag, der uns zu rufen erlaubt: Le roi est mort — vive lo roil Statistik der durch die Aerztecommlssioii veranlassten Zu¬ sammenstellung der Zahl der Aerzte ln den verschiedenen Can¬ toneu auf 1. Januar 1881. Davon der Patentirte ärztl.Cant.- Name des Präsidenten Name des Actuars Canton. Aerzte. Gesellschaft derselben. derselben, angehörend. Zürich 184*) 149 Prof. Oscar Wyss (Zürich). Dr. W. v. Muralt (Zürich). Bern 186 164 Prof. Kocher (Bern). Prof. Pflüger (Bern). Luzern Uri 78 7 50 4 ’ ' Dr. J. Rösli (Pfaffnau). Dr. N§ger (Luzern). Schwyz Obwalden 26 8 9) 8 Dr. Rohrer (Sächseln). Dr. Reinert (Kerns). Nidwalden 10 8 Dr. C. v.Desch wanden (Stans). Dr. J. Würsch (Buochs). Glarus 22 19 Dr. Schüler (Mollis). Dr. Streiff (Mollis). Zug 15 13 Dr. J. Hürlimann (U.-Aegeri). Dr. Schobinger (Baar). Solothurn 28 21 Dr. A. Kottmann (Solothurn). Dr. Reinhard (Öolothurn). Baselstadt 59 48 Dr. Th. Lotz (Basel). Dr. Daniel Bernoulli (Basel), Baselland 21 16 Dr. Rippmann (Sissach). Dr. Osc, Fries (Sissach). Schaffhausen 27 20 Dr. v.Mandach sen. (Schaffh.). Dr. Rahm (Schaffhausen). Appenzell 1. R. Appenzell A.R. 6 23 H 20) Dr. Kürsteiner (Gais). Dr. Edra.Schläpfer (Trogen). St. Gallen 119 112 Dr. Jung-Morel (Wyl). Dr. Mauchle (Uzwyl). Graubünden 62 50 Dr. Kaiser (Chur). Dr. Killias (Chur). Aargau 97 59 Dr. Bruggisser (Wohlen). Dr. Zumsteg (Möhlin). Thurgau 51 42 Dr. Rob. Binswanger (Kreuz- Dr. E. Haffter (Frauenfeld). Tessin 106 — — [lingen). — Neuenburg 52 30 Dr. E.Reynier fils (Neuch&tel. Dr. Borel-Laurer (Neuebat.). Freiburg 33 22 Dr. Castella (Freiburg). Dr. Perroulaz (Bulle). Waadt 120 . 91 Dr. de Cörenville (Lausanne). Dr. Hausamman (Lausanne). Wallis 23 16 Dr. Ch. Bonvin (Sion). Dr. Pitteloud (8ion). Genf 79 50 Prof. Juillard (Genf). Dr. Picot (Genf). Total 1881 1442 1027 = 71%. 1878 1459 936 = 64%. • 1876 1544 932 = 60%. Aerztlicher Central verein. Rechnung vom 1. März 1879 bis 31. December 1880, abgelegt von Cassier Dr. Alfred Steiger in Luzern. *) Incl. 2 Aerztinnen. Digitized by i^ooQle 26 I. Einnahmen. Saldo *) vom 1. März 1879 Zins von angelegtem Geldc Fr. 546. 25 „ 15. - Fr. 561. 25 11. Ausgaben. 28. März 1879 an Schweighauserische Druckerei für Einladungs- circulare 24. Mai Becherwein in Bern 4. Sept an Schweighauserische Druckerei für Einladungs¬ circulare betreffend Maturitätsprüfung 25. Oct. in Olten für Portier und Zimmermiethe 81. Dec. au J. U. Schalch, Reparatur des Bechers „ an Dr. Sonderegger für lithographische Ausfertigung der Petition für h y giein i s c h e n Unterricht an den Universitäten „ an Cassier für Porti, Mandate 7. Juli 1880 für Drucksachen an Dr. Ph. de la Harpe (betreffend Spitalsachcn) 20. April an Sohwcighauserische Druckerei für Einladungs- circ ulare 22. Mai an Dr. Sonderegger für 200 Exemplare: „Ge heim- mittelmarkt“, an die Mitglieder der Bundesver¬ sammlung 13. Oct an Schweighauserische Druckerei für Einladungs- cir culare 81. Dec. pr. Trinkgeld an den Schwurgerichtssaalportier in Zürich „ pr. Porti etc. Saldo pro 31. December 1880 Fr. 31. 50 „ 9. - „ 53. 35 w 10 - * 9. - „ 61. 50 „ 4. 70 „ 16. 50 „ 44. 70 „ 120 . - „ 36. - » 5- - »_ 3. 50 Fr. 404. 75 „ 156. 50 "Fr. 561. 25 — Das „Bulletin de la Soclätä m£dicale de la Snisse romande“ , bis dahin in so excellenter und hingebender Weise von den Herren DDr. Dufour und Secretan in Lausanne redigirt, siedelt vom 1. Januar an nach Genf Uber und wird hinfort unter dem Titel „Revue mädicale de la Suisse romande“ von den Herren Prof. Prevost und Reverdin und Dr. Picot in gleichem Modus wie bisher (einmal monatlich) herausgegebeu werden. Die bisherige Redaction, deren Motive des Rücktritts uns nicht bekannt^ sind, hatte es verstanden, mit Liebe die freundschaftlichen Beziehungen zu den Collegen der deut¬ schen Schweiz zu pflegen und so die gegenseitigen collegialen Bande immer fester zu ziehen. Wir sind überzeugt, dass auch die neue Redaction auf diesem Wege fort¬ schreiten wird. Und so drücken wir denn den scheidenden Redactoren die Freundeshand und rufen unserer literarischen Schwester im neuen Gewände ein herzliches „Glückauf!“ zu. Unsere gegenseitigen Relationen können zwar nicht freundschaftlicher werden, als sie bisher es gewesen sind , aber die bewährten Namen der neuen Redaction sind uns Bürge dafür, dass es so bleiben wird , und dass die Fortsetzung des Bulletin treuen Händen anvertraut worden ist. Neuenbürg. Pocken. In Chauxdefonds sind vom 21. November bis 18. De¬ cember weitere 15 Personen an den Pocken gestorben, zusammen in den 10 Wochen vom 10. October bis 18. December: 34 = 1,5% 0 der Einwohner. Das ist wohl ein Stück Illustration zu der individuellen Freiheit, für welche einer der neuenburgischen Vertreter im Ständerathe so warm und so hartnäckig eingetreten ist. St. Gallen« Im Cantoosspitalc ist soeben eine wichtige Aenderung vollzogen worden. Die Zahl der Spitalkranken , insbesondere der operativen Fälle, hatte in den letzten Jahren so sehr zugenommen, dass es Herrn Dr. Kuhn unmöglich geworden , die *) S. Corr.-Bl. 1879, S. 250. Digitized by LjOOQle 27 ganze Arbeit allein und neben seiner Privätpraxis zu bewältigen. Es ist nun gelungen, ihn als Arzt der hinlänglich erweiterten Abtheilung für Frauenkrankheiten zu behalten; für die chirurgische Abtheilung wurde Herr Dr. Feurer gewählt, welcher schon früher im Cantonsspitale als Assistenzarzt und als Stellvertreter gewirkt und auch lange Zeit die Stelle des ersten Assistenten bei Herrn Prof. Kocher in Bern bekleidet hat und der eben¬ falls alle Gewähr für eine glückliche Wirksamkeit der Anstalt bietet. Zürich. Universität« An die chirurgische Lehrkanzel hat der Regierungsrath unsern ausgezeichneten Landsmann Prof. Dr. Krönlein berufen. Wir glauben, der Facultat ebenso sehr zu dieser Wahl Glück wünschen zu können, als wir den nun leider zur Thatsache gewordenen Weggang Prof. Ebertti s (nach Halle) bedauern. Ausland. Deutschland. Die Dibydroxylbenzota (Resorcin, Brenzcatechin und Hydrochinon) sind von Dr. Brieger neuerdings wiederholt klinisch versucht worden. Resorcin wirkt bei 1,5 ; mehr als 3,0 ist unzulässig. Die Temperatur hebt sich nach B. aber sehr rasch (längstens nach 3 Stunden) wieder, ohne dass anderweitige Besserung zu constatiren wäre. Hydrochinon ist weniger giftig und wirkt schon bei 0,2. Die Ex- citationserscheinuugen treten erst bei Gaben von 0,8—1,0 auf. Man kann es (2 Spritzen einer 10% Lösung) auch subcutan anwenden. Es schmerzt nicht, weshalb es auch vor- theilhaft bei Blennorrhoe der Augen und bei Gonorrh® zur Verwendung kommt. (Pharm. Ztg. Nr. 90.) — Ueber die L08lichkeitfiVerbältlli§86 des Jodoforms bei gewöhnlicher Tem¬ peratur schreibt Dr. Vulpius in Heidelberg (im Arch. f. Pharm.), dass diesbezügliche Angaben von Pharmacop®, medic. und pharm. Handbüchern meistens unrichtig seien. Eine Reihe eigener Versuche lassen ihn zu folgendem Resultat gelangen. Gollodiumlösung (10—15 : 90) wird erhalten durch einfaches Schütteln des in wenig Aether vertheilten Jodoforms mit der entsprechenden Menge Collodium. Glycerin (0,6 : 1001), Oel 2:98, Alcohol 4 : 96. Siebenmann . — Eine neue snbeotane Operatlonsmetbode zur Entfernung von Neubildungen im Innern des Kehlkopfes empfiehlt Prof. Rossbach (Würzburg) in Nr. 5 der Berliner klinischen Wochenschrift vom 2. Februar 1880. — Dieselbe ist bestimmt, die Spaltung des Schildknorpels zu umgehen in den Fällen, wo die intralaryngeale Operation nicht ausführbar ist. Unter Spiegelbeleuchtung des Kehlkopfes , in gewöhnlicher Stellung des Kranken, wird ein schmales, spitzes, lanzenartiges Messerchen durch die Lamina med. cartil. thyreoid., unter dem untern Winkel der Incisura thyreoidea superior gerade in der Mittellinie direct nach hinten eingestochen. Das Instrument erscheint nun dicht öberhalb der Stimmbänder im Kehlkopfinnern und ohne dass der Kranke etwas spürt, Schluck¬ oder Hustenbewegungen macht, kann die Neubildung bequem abgetragen werden. Das Messer dringt selbst bei Greisen leicht durch den Knorpel durch, die Blutung und der Schmerz sind minim, die kleine Hautwunde ist in 1—2 Tagen geheilt. — Verf., welcher sein Verfahren ausser an Thieren auch in zwei Fällen am Menschen (Cyste an der vor¬ dem Commissur, Polyp des 1. Stimmbandes) mit gutem Erfolg erprobt hat, empfiehlt dasselbe als leichter und rascher zum Ziele führend als die intralaryngeale Operation und glaubt, dass es diese letztere in den meisten Fällen mit Vortheil ersetzen wird. Münch. — In derselben Nummer der Berl. klin. Wochen sehr, beschreibt Dr. Carl Langenbuch (Berlin) eine zwar schon früher von Roser angegebene Modification der Malgaigne 1 sehen Laryngotomia subhyoidea, welcher er den Namen Laryngotomift sabhyoldü V61H 8. 8llbepiglOttfca gibt. Die Ausführung geschieht mittelst eines transversalen Haut¬ schnittes. Ablösung der Muskeln vom Zungenbein und quere Abtrennung der Membr. hyothyreoiiea längs des obern Randes des Schildknorpels, mediane Spaltung des ligamen - tösen Dreieckes in der obern Incisur des Knorpels bis in letztem hinein und quere Durch¬ trennung der Wurzel der Epiglottis. Der Kehlkopf kann nun mittelst Häkchen leicht aus dieser Wunde hervorgezogen und in demselben operirt werden. Verf. entfernte auf diese Weise mit Leichtigkeit einen erbsengrossen Polypen an der vordem Stimmbandcommis- sur, welcher auf intralaryngealem Wege kaum wäre zu erreichen gewesen. Geringe Blutung ; Naht der Hautwunde; rasche Heilung mit völliger Wiederherstellung der Stimme. M. Digitized by LjOOQle 28 England. Tonga, ein neues Mittel gegen Neuralgien. Seit circa einem Jahre wird von den unermüdlichen Experimentatoren auf pharmacognomischem Gebiet, Sidney Ringer und William Murray , ein neues Präparat bei Neuralgien speciell im Bereiche der Kopfnerven angewendet, das sich in kurzer Zeit eine ausserordentliche Be¬ liebtheit in England erworben hat, und das von dem Importer Tonga benannt wird. Dies¬ mal ist es nicht das südliche Amerika, das uns die Drogue liefert, sondern dieselbe stammt von den Fidji-Inseln und soll dortselbst schon seit 200 Jahren als Geheimmittel in Anwendung sein. Sie kommt in Gestalt von kleinen Säckchen in den Handel, welche ein Gemenge von Rinde, einer holzigen Faser und von Blättern enthalten, und zwar wiegt an Quantität die Rinde weit vor, die Fasern sind in mässigem Quantum am Boden des Säckchens vorhanden und die Blätterfragmente nur in minimer Menge durch die Drogue zerstreut. Nach den Untersuchungen A. W . Gerrard 's und E . M . Holmes ist es vorzugs¬ weise die Faser, welche ein flüchtiges Alcaloid, vorläufig als Tongin bezeichnet, enthält, und welche wohl einer mit den Aroideen verwandten Pflanze Raphidophora entstammt. ’Versnche nun mit dem Extract dieser Drogue (englischer Fluidextract) ergaben in zahl¬ reichen Fällen von Neuralgien, besonders im Bereiche des Quintus ganz auffallende Er¬ folge und es wird von dem Hause Allen & Hanburys in London ein solches Fluidextract in den Handel gebracht, das zu 3 Kaffeelöffeln pro die sehr wirksam sein soll. Durch die Freundlichkeit von Herrn Prof. Schär in Zürich bin ich in Besitz des Extracts ge¬ kommen und werde, sobald die Umstände es gestatten, das Resultat der damit angestell- ten Versuche mittheilen. Massini . Stand der Infections-Krankheitcn In Basel. Vom 11. bis 25. December 1880. (Die Zahlen in Klammern geben jeweilen die Anzahl der in früheren halben Monaten aDgemeldeten Fälle an.) Von Varicellen, die sehr verbreitet herrschen, sind 25 Fälle gemeldet aus allen Stadttheilen (11, 19). Von Morbilli ist seit Monaten zum ersten Mal wieder 1 Fall von unbekanntem Ursprung im Birsigthal beobachtet worden. Scharlach nur 1 Fall auf dem Nordwestplateau (2, 4, 2). Typ hu s fälle sind 20 angezeigt (20, 29, 18), darunter 2 von auswärts importirte; unter den einheimischen sind 2 Fälle mitgerechnet, die hier erkrankt und in Olten in Spitalbehandlung gekommen sind (gemeldet in verdankenswerther Weise von Herrn Dr. Christen in Olten). Die hiesigen Erkrankungen vertheilen sich auf: Nordwestplateau 6 (8, 11, 5), Birsigthal 4 (3, 2, 3), 8üdostplateau 3 (3, 5, 4), Birsthal 0 (1, 2, 0), Klein¬ basel 5 (2, 8, 5). Diphtherie und Group weisen 20 Erkrankungen auf (18, 36, 19), davon 6 in Kleinbasel, 2 von auswärts importirt. Pertussis herrscht epidemisch; angemeldet sind 33 neue Erkrankungen (24, 36,20). Erysipelas 3 vereinzelte Fälle. Kein Puerperalfieber. Bibliographisches. 1) Delachaux, Dr. L., Station climatörique Interlaken, Oberland bernois, ses avantages hygiöniques et ses agrdments. Interlaken, Aemmer & Balmer, 1880. 64 Seiten. 1 Karte. 2) Wille, Prof. L., und H. Widmer y Assistenzarzt, Aerztlicher Bericht über die Irrenab¬ theilung des Bürgerspitals in Basel vom Jahr 1879. 31 Seiten und Tabellen. 3) Falk , Das Fleisch. Gemeinverständliches Handbuch der wissenschaftlichen und prac- tischen Fleischkunde, mit 12 lithogr. Tafeln. Marburg, El werte Verlagsbuchh. 4) Klebs , Beiträge zur pathologischen Anatomie. Mittheilungen aus dem k. k. patholo¬ gisch-anatomischen Institut der Universität Prag. II. Heft. Prag, Verlag von Do- minicus. Digitized by LjOOQle - 29 Briefkasten. Herrn Dr. BruggUser: Besten Dank: Für den Kalender aber zu spät. — Herrn Dr. Both, Brüggen; Haab , Zürich; Zürcher , Aarau; Prof. Dr. Kocher , Bern; Dr. F. Schüler, Mollis; Prof. Schär , Zürich; Prof. Aeby, Bern; Prof. 0. IFyas, Zürich: Besten Dank. — Herrn Dr. Banga , Chicago: Un- sern Dank und herzlichen Glückwunsch. Sendung erhalten ? Wasserheilanstalt Brestenberg am Hallwylersee, unter der ärztlichen Leitung von Dr. A. W. Münch. Das ganze Jahr geöffnet. Prospecte und nähere Auskunft durch M. Erismann. Für junge Aerzte. Wegen Abreise billig zu verkaufen: Eine gut eingerichtete Hausapotheke, ein Re¬ spirations-Apparat, ein Elektrisir-Apparat, nebst verschiedenen medizinischen Büchern etc. Nähere Auskunft ertheilen B. Grüter & Cie., IM-3681-Z] Inkasso-Geschäft, Seehof, Lnzern. Korkzapfen = Bouchons liefern in allen Grössen und Qualitäten billigst Gabler Sc Frey, mech. Boachonsfabrik in Eglisau (Kt. Zürich), lllustrirte Preis-Courante gratis und franco. Oie Blätter für Gesundheitspflege dem Volke gewidmet von der Gesellschaft der Aerzte des Kantons Zürich, redigirt von Professor Dr. Oskar Wyss; — erscheinend bei David BUrkli in Zürich, werden auch im nächsten Jahre wieder wie bisher zu dem billigen Preise von 2 Fr. por Jahr, wenn bei der Expedition abgeholt, von Fr. 2. 80, wenn bei der Post abonnirt, erscheinen. Da die Fragen der öffentlichen, wie der privaten Gesundheitspflege immer brennendere werden, da wie im verflossenen Jahre im Kanton Zürich so auch im kommenden voraussichtlich jeder Bürger seine Stimme über Gesetze und Verordnungen aus diesem Gebiete wird abgeben müssen, und die politischen Blätter in diesen Fragen, wie die Er¬ fahrung des letzten Jahres gelehrt hat, nicht alle sich objektiv verhalten, sondern bald einer vorgefassten Meinung, bald einer politischen Tendenz huldigend, hygieinische Fragen vom politischen Standpunkte aus zu beantworten suchten, so ist es um so wünschenswerter, wenn Gelegenheit geboten ist, sich über diese Dinge in einem Journal, das um die Po¬ litik sich nicht kümmert, sondern die hygieinischen Fragen blos vom Standpunkte der Wissenschaft und der Erfahrung zu beantworten sucht, sich zu orientiren. Bei dem billigen Preis unserer Zeitschrift ist Das Jedem möglich. Es seien desshalb auch für das kommende Jahr die Züricher Blätter für Gesundheitspflege bestens zum Abonnement empfohlen. FRANZ JOSEF RITTERODEUE Das anerkannt wirksamste aller Bitterwässer. Vorräthig in allen renonimirten Mineralwasser-Depots. Niederlagen werden zu coulantesten Bedingungen überall durch die Ver- sendungs-Direction in Budapest errichtet, wo dies gewünscht wird. [H- 4014 -Q] Digitized by kjOOQle 80 T 0 N G A, Neues specifisches Mittel gegen Neuralgien (importirt von den Fidji-Inseln). Sieho: Ueber chem. Zusammensetzung: A. W. Gerrard. F. C. S., in Pharm. J. & Trans. 1880 p. 849 (Nr. 513); Ueber botan. Abstammung: E. M. Holmes, F. L. S.. in Pharm. J. & Trans. 1880 p. 889 (Nr. 515); Ueber medizin. Wirkungen: Sydney Ringer, M. D. und W. Murreil, M. D., in „Lancet* v. 6. März 1880, ferner: „Lancet“ vom 20. März und 29. Mai etc. Fluid-Extract von Tonga bereitet von den Importeuren Allen & Hanburys, pharm. Chemists, Plough Court, Lombard Str. London, in Gläsern zum Detailverkaufspreise von Fr. G und Fr. 14. Alleinige Niederlage für die Schweiz: Apotheke z. Hammerstein v. Ed. Schwr in Zürich. (NB. Für Prospekte mit nähern Angaben beliebe man sich an genannte Firma zu wenden.) Digitized by i^ooQle 81 Offerire den Herren Aerzten franco gegen Nachnahme. 500 Gr. Acid.carbol. puriss. Schering mit Gl. Fr. 3. 50, 10 „ Acid. crysophanlc.„ 2. —, 100 „ Acid. salicyl. crist.„ 4. —, 100 „ Chinin sulfur. puriss.„ 56. —, 50 „ dto. .„ 28. —, 25 „ dto. .„ 15. —, 25 „ Chinin muriat.„ 20. —, Chinin-Preise bis auf Weiteres verbindlich. 50 Gr. Chloral. Hydrat.Fr. 1. —, 250 n Chloroform, puriss. „2.—, 10 „ Jodoform. Fr. 1.50 — 50 Gr. . „ ö. 50, 250 „ Kalium bromat. pur.„ 2.50. 100 „ Kalium jodat. pur.„ 4.50, 250 „ dto. .„ !0. —, 30 * Morph, acet. Fr. 16. —, 15 Gr. „ 8.50, 30 „ Morph, muriat. Fr. 17.—, 15 Gr. * 9. —, 100 „ Natr. benzoic. e. gummi . . . „ 6. —, 100 „ Natr. salicyl. albis. pulv. (Schering) „ 3.50, 500 „ dto. .„16.—, 100 „ Natr. salicyl. crisi.„ 5. —, 100 „ Pilul. Blaudii, schönst grün . . „ 1.50, 100 „ Vaseline americ.„—.70, nebst den übrigen Chemikalien und neueren Prä¬ paraten. Jede Anfrage wird sofort beantwortet. Preiscourant franco. St. Gallen, den 1. Januar 1881. [H-4669-Q] C. Ehrenzeller, Apotheker. Preisreduction von C. Pr. Hausmann, Hechtapotheke, St Gallen. s Seit der Herausgabe meiner letzten Preisliste sind folgende Preisänderungen eingetreten: CWahi suifuric. 100 Gramm Fr. 54, 50 Gr. Fr. 27. Chinin muriat. 10 Gramm Fr. 8. Jodoform 10 Gramm Fr. 1. 50, 50 Gr. Fr. 6. 50. Kalium Jodat 100 Gramm Fr. 4.50, 250 Gr. Fr. 10. VasoNne americ. acht Cheseborongh 100 Gr. 70 Cts., 1 Kilo Fr. 6. Gewohnt« Conditionen. Franko. [H-4734-Q] i® erlaubt sich -' " UVILOU L» LU & nachstehende diätetische Neuheit Herren Aerzte auf die Liebe’s Leguminose in löslicher Form (lösliches Kraftsuppenmehl) aufmerksam zu mat hen. Vor gewöhnlicher Handelsleguminose hat das Liebe’sche Präparat nachstehende Vorzüge: Das cellulosefreie, staubfeine Mehl ist bereite gar (ohne Kochen verwendbar), wohl- schmeckend, aufnahmefähiger, weil an Stelle ig, eines Theiles Stärkemehl Dextrin getreten ist. Die vorschriftgemäss daraus bereitete, wenig schleimige , desshalb von Gesunden und Kranken bevorzugte Suppe enthält ca. das vierfache an Gesammtnährstoffen, weil letztere durch Druck unter höherer Tem- lg; peratur in eine lösliche Modiücntion über¬ geführt wurden. Nach der amtlichen Analyse der könig- ( liehen chemischen Centralstelle für öffentl. \ Gesundheitspflege in Dresden enthält die < lösliche Leguminose 24,3% Albuminate, ist 5 nahezu wasserfrei; somit um 10—12% werth- | voller, an und für sich aber billiger. ' c Preise der Blechdosen zu % und 1 Ko. \ M. 1. 25, 2. 25. [ Ausser bei einer grösseren Zahl Aerzten ; fand Liebe’s Leg. Aufnahme in der königl. , Kreis-Irrenanstalt Erlangen, der medicin. Klinik \ Ä der Universität Greifswald, der städt Poliklinik E Chemnitz etc. [12M0] \ K" Prospecte und Muster versende gratis. ; g Dresden* J . Paul lAebe. i Einladung zum Abonnement. Mit dem 1. Januar Centralblatt für Chirurgie herausgegeben von Prot Br. E. Siebter, Prof. Dr. B. Volk manu, Prof.Dr.F. König, Breslau Halle Göttin gen seinen 8. Jahrgang und wird wie bisher in wöchentlichen Nummern von mindestens einem Bogen gross 8° zum halbjährlichen Preise von M. 10. — erscheinen. 1881 beginnt das Centralblatt für Gynäkologie herausgegeben von Dr. H. Fehling und Dr. H. Fritsch Stuttgart Halle seinen 5. Jahrgang und wird wie bisher aller 14 .Tage in Nummern von mindestens I 1 /* Bogen gross 8° zum halbjährlichen Preise von M. 7. 50 erscheinen. Alle Buchhandlungen und Postanstalten nehmen Abonnements darauf entgegen und stehen Probe¬ nummern und Prospekte gratis zu Diensten; auch vermittelt jede Buchhandlung die Einsicht in komplete Exemplare der früheren Jahrgänge. Leipzig, December 1880. [H-36778] Breitkopf & Härtel. •gitized by LjOOQle 89 Dr. Sanders’ Pepton, erhalten durcli künstliche Verdauung von gutem holländischem Ochsenfleisch mittelst Pepsin und Ochsenpankreatin; also Fleisch künstlich in derselben Weise vorbereitet, in welcher diese innerhalb des Körpers stattfindet. Das Pepton ist das beste Nahrungsmittel in allen möglichen Schwächezuständen, für Rekonvaleszenten, in den verschiedenen Krankheiten und Störungen des Verdauungsapparates, z. B. bei Magengeschwüren, in Typhus etc. etc. Ferner in allen Fällen, in welchen eine rasche und kräftige Ernährung gewünscht wird, in jedem Alter. Das Pepton ist das beste Nahrungsmittel in der Fieberdiät. Das Pepton ist das kräftigste Nahrungsmittel, welches zugleich nicht allein leicht ver¬ daulich Ist, sondern selbstverständlich gar keiner Verdauung mehr bedarf und direkt vom Blute aufgenommen wird. Das Pepton ist ausserdem das einzig indizirte Nahrungsmittel in denjenigen Fällen, in welchen Ernährung per Klysma erfordert oder gewünscht wird. Reiues Fleischpepton und Pepton-Chokolade in V* Kilo-Büchsen ä Fr. 3. 50. Rrod- Pepton ä Fr. 2. 30. Pepton-Syrup und Pepton-Essenz in V* Kilo □Flacons ä Fr. 4.50. Anwendung per os et an um. Dr. H. Sanders, Amsterdam, Brouwersgracht Nr. 209. Hauptdepots für die Schweiz bei Eidenbenz & Stürmer, Rosengasse, Zürich; Carl Haaf, Droguerie, Bern; Pharmacie Sauter, Genf. Zu beziehen durch alle Apotheken. Grossere Lieferungen für Spitäler etc. unter günstigen Bedingungen. „James Allen's Bronchitis Kettle" (vide Fig.) zum raschen gefahrlosen Erzeugen grösserer Mengen von Heisswasser-Dämpfen mit oder ohne medicament. 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Die Erweichung des Filzes zur Application auf dem lebenden Körper geschieht entweder durch Dampfapparate oder durch Eintauchen in heisses Wasser, lässt sich aber auch (nach Prof. Vogt) innerhalb weniger Minuten in jeder heissen Ofenröhre erzielen; SchUcking’sche Uterus-Irrigatoren etc. etc. liefert: C. Walter-Biondetti in Basel . Schweighauserische Buchdruckerei. — B. Schwabe, Verlagsbuchhandlung in Basel« Digitized by LjOOQle CÖREESPONDENZ-BLATT Aul. und 15. jedes Monats erscheint eine Nr. l ! /t—2 Bogen stark; mSchlnas des Jahrgangs Titels JnhaltsYeTzeichniss. für schweizer Aerzte. Herausgegeben von Preis des Jahrgangs Fr. 10. — für die Schweis; der Inserate 35 Cts. die zweisp. Zeile. Die Postbnreanx nehmen Bestellungen entgegen. Ml« Alls. Barekhariit-Merlan und in Basel. Dp. A* Baader in Basel. N! 2. XI. Jahrg. 1881. 15. Januar. 1) Orlginalarboiten: Dr. Bans v. Wyss: Die chirurgische Antisepsis und die gerichtliche lCedicin. — Dr. CL Hoafr: Kleinere ophthalmolorijche Mittheilongen. — 2) Vereinsberichte: Gesellschaft der Aerzte in Zürich. — 3) Re¬ ferate «ad Kritiken: Dr. W. Winternitz : Die Hydrotherapie anf physiologischer und klinischer Grundlage. — Alb. Burek- kjrdi-Msriom: Ueher den Scharlach in seinen Beziehungen zum Gehörorgan. — 7. Bericht über die Wirksamkeit der Anstalt mmr Hofhuai Ar schwachsinnige Kinder in Basel. — Dr. Ph. Biedert: Die Kinderernährung im Siuglingsalter. — Dr. L. v. Thann- ka/ar: Das Microscop und seine Anwendung. — Dr. Adolf Weil: Handbuch and Atlas der topographischen Percussion. — Sterfte- itiat vaa Vederland over 1860—1874. — ff. Bircher: Beitrag znr operativen Behandlung der Ohreneiternn^en. — 4) Canto - mala Casrespondsnzen: Aargau, SL Gallen. — Contrerdville. — 5) Wochenbericht. — 6) Bibliographisches. — 7) Brieftasten. Original-Arbeiten. Die chirurgische Antisepsis und die gerichtliche Medicin. HabilitAtionsvorlesung, gehalten am 10. November 1880 von Dr. Hans V. Wyss in Zürich. Die gerichtliche Beurtheilung der Körperverletzungen hat seit uralter Zeit be- senders im germanischen Recht eine grosse Rolle gespielt. Man findet in einer Anzahl altdeutscher Gesetzessammlungen aus dem 7.-8. Jahrhundert, ganz beson¬ ders eher in der Lex alamanorum eine so genau detaillirte Aufzählung einer g roospn 'JReihe von Verletzungen, die je nach ihrer Dignität in Betreff der Folgen für daa>Leben oder den nachherigen Gesundheitszustand der Verletzten verschie¬ den tgfcirt werden, dass wir als unzweifelhaft annehmen müssen, es haben schon bpi der Abfassung dieser Gesetze sachverständige Aerzte mitgewirkt, die dann auch wohl bei einzelnen streitigen Fällen vor Gericht um ihre Meinung befragt worden. So detaillirt übrigens diese Scala ist, so ist doch auf den Ausgang der Verletzung dabei gar keine Rücksicht genommen, die Strafe richtet sich nur nach dem unmittelbar zugefügten Schaden. Immerhin erforderte dessen genaue Con- atatirnng gewiss sehr oft die Beiziehung Sachverständiger. Wenigstens kommen bei der Aufstellung dieser Scala Unterscheidungen vor, die kaum der blossen Be¬ sichtigung eines Laien zugemuthet werden können, sondern eine gewisse Erfah¬ rung in der Beobachtung solcher Fälle voraussetzen. Es werden z. B. die Ver¬ letzungen des Auges je nach ihrer Schwere ganz verschieden taxirt, es wird die Verletzung des untern Augenlids doppelt so schwer gebüsst, als die des obern, weil die erstere Thränenfluss bedingt Ferner wird das Abschneiden des Daumens und kleinen Fingers gleich schwer gebüsst und zwar mit der doppelten Strafe als die gleiche Verletzung des Mittelfingers. Ueberbaupt dürfen wir wohl annehmen, dass zu jeder Zeit die Lehren der Chirurgie, wie sie dem jedesmaligen Stand der Kenntnisse entsprachen, bei der richterlichen Beurtheilung von Vergehen, welche Leib und Leben betreffen, eine wichtige Rolle gespielt haben. Einen schönen Beweis hiefür finden wir z. B. in der constitutio crimiualis Carolina, in welcher ausdrücklich vorgeschrieben ist, dass die Wundärzte und Sachverständigen zu Zeugen dienen sollen, ob ein Verletzter an seinen Verletzungen oder ob er wegen anderer Ursachen gestorben sei. Dass schon frühzeitig von Seite der Verteidigung in solchen Fällen das Moment viel¬ fach benutzt worden sein mag, den schlimmen Ausgang dem Verhalten des Pa¬ tienten oder der Behandlung seines Arztes zuzuschreiben, dürfen wir wohl ohne Weiteres voraussetzen. Wie unklar und verworren aber, wie weit von der wirklichen Naturbeobach¬ tung entfernt diese Wegleitung des richterlichen Urteils bis in die neuere Zeit hinein noch gewesen ist, davon haben wir ein schlagendes Zeugniss in der Ent¬ wicklung der Lehre von der sogenannten Lethalität der Verletzungen und von den verschiedenen Graden derselben. Eine künstlichere und verwirrtere Aufstel¬ lung dieser Grade überbot die andere. Jede neue chirurgische Beobachtung, jede neue kühnere Operation musste ein solches Gebäude, das blos am grünen Tische ersonnen, der Wirklichkeit aber keineswegs entsprach, wieder Umstürzen. Galt es ja nicht einmal, den Grad der Tödtlichkeit einer Verletzung danach zu bemessen, ob und wie viele Menschen nach gewissen Verletzungen gestorben seien , kannte man ja nicht einmal die Dignität der wichtigsten Organe für die Erhaltung des gesammten Organismus. Nein, es wurden einfach die Aussprüche alter Autoritäten wie Hippokrales und Galenus zitirt betreffend die Gefährlichkeit dieser oder jener Verletzung und danach das Urtheil bemessen. So merkwürdig verrannte man sich in diesen Dogmatismus, dass man gar nicht einsah, dass selbst mit der Aufstellung eines vollkommenen Schema’s der Lethalitätsgrade, selbst wenn ein solches über¬ haupt denkbar wäre, dem Richter gar nicht gedient sein würde, der ja nur aus der Beachtung sämmtlicher Detailumstände des concreten Falles sein Urtheil ge¬ winnen darf und für den es höchst gleichgültig ist, ob diese oder jene Verletzung im Allgemeinen oft zum Tode führe oder nicht. Etwas practisch Brauchbares haben also diese sämmtlichen theoretischen Aufstellungen der Lethalität nicht zu Tage gefördert. In foro werden wohl die berufenen Sachverständigen die vorge¬ legten Fragen, wenigstens wenn sie gewissenhaft verfahren wollten, hauptsächlich nach den Erscheinungen des einzelnen Falles beurtheilt haben, ohne sich streng an das Schema der Lethalitätsgrade zu halten. Indessen ist es unzweifelhaft, dass nur in Folge dieser Theorien manches schiefe und ungerechte Urtheil zu Stande gekommen ist. Als ein Beispiel einer solchen Aufstellung führen wir hier das von Wildberg •) angegebene Schema an: Die Verletzungen sind entweder tödtlich oder nicht tödtlich. Die tödtlichen sind unbedingt oder bedingt tödtlich. Letztere sind entweder durch im Körper des Verletzten gelegene Umstände tödtlich oder sie sind es durch äussere Ur- *) S. bei Henke , Abhandlg. &. d. gerichtl. Medicin I., pag. 124. Digitized by LjOOQI • 35 Sachen. Bei den ersten wirkten diese Umstände schon vor der Verletzung, wäh¬ rend derselben oder nach derselben. Die Umstände, welche während der Ver¬ letzung wirkten, tbaten dies entweder durch Jemandes Schuld oder ohne eine solche. Dieselbe lag in den erstem Fällen entweder am Thäter oder am Verletz¬ ten selbst oder an andern Menschen. Wie sich die Chirurgie mit einem solchen Schema zurechtfinden mag, darüber sind keine Worte zu verlieren. Es muss angenommen werden, dass zu solch’ un¬ fruchtbaren Bestrebungen der Umstand viel beigetrögen habe, dass die Gerichts¬ ärzte lange von der irrigen Meinung befangen waren, sich selbst an der Fassung und Aufstellung des Criminalrechts betheiligen zu müssen und daselbst gewisse Categorien aufzustellen, nach denen die Beurtheilung vorkommender Fälle von Ver¬ letzungen zu geschehen hätte. Wenn gegenwärtig von dem Gerichtsarzt zu verlangen ist, dass er mit den Grundsätzen des Strafrechts nicht unbekannt sei, so geschieht es nur darum, da¬ mit er sich über die Grenzen klar werde, in denen er sich zu bewegen hat, und sich nicht auf Gebiete begebe, welche Sache des Richters sind. Gegenwärtig hat sich Theorie und Praxis sowohl der Rechtspflege als der gerichtlichen Medicin vollkommen dahin geeinigt, dass der concrete vorliegende Fall allein die Grundlage der Beurtheilung bilden müsse und dass die mit allen Hülfsmitteln der Wissenschaft erreichbare Ermittelung des thatsäcblichen Bestan¬ des ihr voranzugehen habe. Erwägungen rein theoretischer Art sollen dabei mög¬ lichst vermieden werden. Eine Aufstellung bestimmter Categorien, nach denen in praxi dann die Facta zu registriren wären, muss also durchaus verwerflich erschei¬ nen. Mit dieser Erkenntniss ist eine weitere verbunden, die sich ebenfalls erst in neuerer Zeit gänzlich Bahn gebrochen hat, nämlich, dass der Arzt, der die Folgen einer Körperverletzung constatirt, damit für die Schuldfrage des Angeklagten un¬ mittelbar noch gar nichts ausgesagt hat. Früher dachten die Aerzte bei Bestim¬ mung der Lethalität an Stelle des Richters zu stehen, sie waren es eigentlich, die mit dem Grade der Unmittelbarkeit des eintretenden Todes nach einer Verletzung, den sie bestimmten, zugleich den Grad der Verantwortung, welche den Thäter traf, festsetzten. Dabei wurde ganz übersehen, dass eine grosse Menge anderer Momente, welche gänzlich ausserhalb der Competenz des Arztes liegen, auf die Schuldfrage viel unmittelbarer einwirken, als die Bestimmung der sogenannten Lethalität. Es kann somit das ärztliche Gutachten, welches den Zusammenhang zwischen der Verletzung und deren Folgen möglichst genau erläutert, in den Hän¬ den des Richters zunächst blos einen allerdings wertbvollen und wichtigen Theil der Ermittelung des Thatbestandes bilden. Es sei z. B. ein Mensch durch Schläge auf den Kopf derart verletzt worden, dass sein Schädel zerbrach und er nachher starb, so wird der Arzt dies einfach zu constatiren haben. Es kann für den Rich¬ ter ganz gleichgültig sein, ob in andern Fällen, wo die gleiche Verletzung vorlag, etwa Heilung eingetreten ist, denn dieses Moment kann offenbar auf die Bestim¬ mung der Schuldfrage im gegebenen Fall absolut keinen Einfluss haben. War etwa in einem solchen Fall die einwirkende Gewalt unbedeutend, der Schädel da¬ gegen abnorm dünn, so wird der Arzt dies als einen Theil des Thatbestandes Digitized by Google 30 allerdings erwähnen, kann aber füglich dem Richter überlassen, ob er darin einen mildernden Umstand für den Angeklagten erkennen will oder nicht. Oder es sei Einer von einem Andern in einen Graben gestürzt worden, habe dadurch eine complicirte Fractur erlitten und nachher Tetanus bekommen, so wird der Gerichts¬ arzt einfach zu erklären haben, der Betreffende habe eine complicirte Fractur er¬ litten und diese habe den Tod zur Folge gehabt Damit ist die Todesursache festgestellt und es wird zunächst irrelevant sein, ob die complicirte Fractur lebens¬ gefährlich war oder nicht. In der Begründung dieses Gutachtens wird er aber genau angeben, auf welche Weise der tödtliche Ausgang erfolgt sei, um den Rich¬ ter über alle Umstände des Verlaufs im concreten Fall aufzuklären. Damit aber hat er seine Aufgabe beendet und es ist nun ganz allein Sache des Richters, die Schuldfrage des Thäters zu erörtern. Dass aber in solchen Fällen dem Richter auf ein möglichst objectives Urtheil des Arztes, das sich auf genaue Berücksichti¬ gung aller Momente stützt, sehr viel ankommt, liegt auf der Hand. Mit der Anführung dieser allgemeinen Momente lag uns zunächst nur daran, zu zeigen, auf was für einen Standpunct sich die Richter und Aerzte bei der Be- urtheilung von Körperverletzungen im Allgemeinen zu stellen haben. Wir glaub¬ ten diese Betrachtung vorausschicken zu sollen, um nachher für die Beurtheilung der uns beschäftigenden Specialfrage eine Grundlage zu gewinnen. Es ist nun nicht, zu läugnen, dass mit den Fortschritten in der Erkenntnis^ und Behandlung der Verletzungen und ihrer Folgen die Frage des ursächlichen Zusammenhangs sich gegenwärtig vom rein chirurgischen Standpunct wesentlich anders stellt als früher. Seitdem man weiss, dass die den Verwundungen folgen¬ den Krankheiten wirklich accidentelle sind, d. h. dass die Wunde nur die Ein¬ gangspforte für neue, fremde, krankmachende Agentien darstellt, die ohne dieses Thor dem Körper nichts anhaben können , ist auch die Würdigung dieser Vor¬ gänge eine wesentlich andere geworden als früher, da man die accidentellen Wund¬ krankheiten noch zum Theil als nothwendige Folgen der Verletzungen und mit diesen untrennbar verbunden auffasste oder aber sie einfach auf das Verhalten des Patienten oder die Art der angewandten Heilmethode zurückführte. Wem würde es z. B. vor 15 Jahren eingefallen sein, einen Arzt für das Auf¬ treten von Erysipel, Pysemie u. dgl. verantwortlich zu machen. Einzig die Er- kenntniss, dass solche Krankheiten in Spitälern häufiger Vorkommen als ander¬ wärts , führte schon frühzeitig auf die Idee, dass die Gefahr sich durch das Zu¬ sammensein vieler Verwundeter in hohem Maasse steigert und dass mangelhafte Hygieine der Spitäler die Hauptschuld trägt. Den Einzelnen traf dabei sozusagen keine Verantwortung, höchstens etwa die der mangelhaften Aufsicht, oder sie wurde bald der administrirenden Behörde, bald dem Baumeister einer solchen Anstalt zugeschoben. Jedenfalls war aber die Grundstimmung diesen Krankheiten gegen¬ über diejenige eines gewissen Fatalismus, der zu einer Zeit seine Berechti¬ gung hatte, als man die krank machenden Ursachen als den Verwundeten ur¬ sprünglich fremde und neu hinzugetretene zwar erkannt hatte, dagegen ihrem Wesen und der eigentlichen Art ihrer Wirksamkeit noch ganz fremd gegenüber- stand. Digitized by LjOOQle Seither hat sich nun freilich in neuester Zeit ein gewaltiger Umschwung in diesen Ansichten vollzogen. Als die Anschauung mehr und mehr Boden gewann , dass die Erreger der accidentellen Wundkrankheiten organisirte Wesen seien, dass es sich dabei nicht um Dinge handle, die einfach in der Wunde selbst nothwendiger Weise entstehen und erst im Uebermaass den ganzen Organismus gefährden, besann man sich auf die Wege, welche die unheilstiftenden Keime einschlagen, um in die Wunden ein- zntreten. Die erschreckende Wahrnehmung ihrer Ubiquität führte nun erst auf den richtigen Gedanken, alles, was überhaupt an die Wunde herankommt, also Loft, Wasser, Arzneien, Verbandstoffe, Finger, Instrumente, denen die Keime an- haften könnten, als verdächtig zu erklären. Mehr und mehr hat sich die Theorie der Entstehung der Wundkrankheiten durch directe Contagion der Wunden ihren Boden erobert und sie wird wohl auch, nachdem tausende von Thatsachen ihre Richtigkeit dargethan, niemals mehr verschwinden. Dass man aber bei dieser Sachlage nicht resignirt die Hände in den Schooss legte, sondern nach allen Seiten hin auf Bekämpfung des Feindes, dem man nun klarer in’s Auge sah, dachte, kann nicht Wunder nehmen, vereitelten doch die gefürchteten Krankheiten sehr oft wieder die hervorragendsten Leistungen selbst der besten Chirurgen. Eine Vergleichung der Vorgänge in den Wunden mit den¬ jenigen, die sich bei der Gährung und Fäulniss abwidkeln, also dieselbe Ueber- legung, die schon zu der richtigen Auffassung des Wesens der genannten Erkran¬ kungen mit am meisten beigetragen hatte, führte auch da auf die richtige Spur. SAon lange waren bei den Vorgängen der Gährung und Fäulniss gewisse Agen¬ den bekannt, welche dieselbe aufheben oder beschränken und zwar dadurch, dass sie die Organismen, durch deren Stoffwechsel die genannten chemischen Um¬ setzungen bewirkt werden, vernichten. Die Frage, ob dieselben Körper, die so¬ genannten Antiseptica, nicht ebenfalls im Stande seien, die krankheitserzeugenden Keime in Wunden zu zerstören, ist in positivem Sinne gelöst worden. Die Auf¬ gabe bestand nun blos noch darin, die richtige Methode ausfindig zu machen, die Wunden, sowohl die natürlichen als die künstlichen, in vollkommen ausreichender Weise mit Hülfe der genannten Mittel vor dem Eindringen der Keime zu schützen und da, wo schon Zersetzungsvorgänge im Werke waren, durch energische Ein¬ wirkung die Erreger derselben in der Wunde selbst zu zerstören. Welche unsäg¬ liche Arbeit und Mühe, wie viel Scharfsinn hiefür aufgewendet worden ist, weiss Jeder, der diese Entwickelung mit erlebt hat. Dass man aber dem Vorgesetzten Ziel, die accidentellen Wundkrankheiten als vermeidbare thatsächlich verschwinden zu machen, in so hohem Grade nahe gekommen ist, wie nie zuvor, lehrt die Ge¬ genüberstellung der Resultate der antiseptischen Behandlungsmethode mit den früher erhaltenen, sowie die genaue Vergleichung des antiseptischen Wund ver¬ laufe und der an Wunden ohne diese Cautelen sich abspielenden Vorgänge. Wir sehen darin ein Beispiel, wie aus rein theoretischen Anfängen die Praxis eich nur langsam entwickelte, dann aber fast plötzlich in Würdigung der gewon¬ nenen Resultate einen selbstständigen Weg einschlug, und nun der Theorie weit vorausgeeilt ist. Digitized by Google 38 Während es gegenwärtig keinem Chirurgen mehr erlaubt ist, ohne sich der Unwissenschaftlichkeit schuldig zu machen, bei der Behandlung von Wunden und Verletzungen ohne antiseptiscbe Cautelen, mag die Verbandmethode im Speciellen sein, welche sie wolle, vorzugehen, so sind ja in der Theorie noch sehr viele Detailfragen unklar und ungelöst. Doch hiesse es eine völlige Verkennung des ärztlichen Berufs, wenn man um dieser theoretischen Unklarheit willen sich nicht entschliessen wollte, das practisch über alle Zweifel als richtig Erkannte nicht zu befolgen. Unter keinen Umständen können wir aus diesem Grunde eine Entschul¬ digung der Versäumniss obiger Cautelen mehr herleiten. Wollte z. B. ein Arzt erklären, er halte bei Operationen Vorsichtsmaassregeln gegenüber der Gefahr einer Infection so lange für überflüssig, als ihm der Infectionsstoff mit allen seinen Eigenschaften nicht ad oculos vorgezeigt werden könne, so würde man ihm mit genau dem gleichen Recht entgegnen, dass er dann überhaupt alle Schutzmaass¬ regeln gegen infectiöse Krankheiten für Unsinn erklären müsse. Es ist gar nicht zu läugnen, dass die Möglichkeit der Wundinfection durch fremde Stoffe, dass im eigentlichen Sinn septische Vorgänge in Wunden zu den besser beglaubigten Thatsachen gehören, als manche scheinbar längst feststehende Sätze der Lehre von den innern Infectionskrankheiten. Wer es nicht vermag, aus dem Verlaufe einer antiseptisch behandelten Wunde verglichen mit demjenigen, wie er nach der früher allgemein üblichen Methode der gewöhnliche war, durch die einfache Beobachtung den durchgreifenden Unterschied zum Vortheil der erstem zu erkennen, dem müs¬ sen wir die Fähigkeit zur Beobachtung überhaupt absprechen. Wenn wir nun auch die gewonnene Erfahrung für eine sichere halten, die niemals wieder verloren gehen kann, mögen die speciellen Methoden der Wund¬ behandlung noch diese oder jene neue Form gewinnen, so haben wir doch darauf hinzuweisen, dass sie im Ganzen noch eine sehr junge Erfahrung ist und noch einige Zeit vergehen mag, bis sie in ihrer Wichtigkeit überall anerkannt und zum unverlierbaren Gemeingut geworden ist. Studien und Theorien über das Auftre¬ ten der stets so gefürchteten accidentellen Wundkrankheiten sind gewiss so alt, als die Chirurgie überhaupt. Die Erkenntniss ihres Wesens und ihrer Entstehung ist durch eine Reihe seit alter Zeit gemachter Beobachtungen zum Theil vorbe¬ reitet worden, an Versuchen zu ihrer Verhütung, die ebenfalls zum Theil den rich¬ tigen Punct berührten (wir erinnern nur an die Behandlung frischer Wunden mit dem Glüheisen und erhitzten Körpern überhaupt), hat es nie gefehlt, aber wir dürfen doch behaupten, dass zu keiner Zeit die Bestrebungen zu ihrer Verhütung mit dem gleichen Erfolg gekrönt gewesen sind, als in der unsrigen, ja, dass alle früheren Versuche dagegen weit zurückstehen müssen. (Schluss folgt.) Kleinere ophthalmologische Mittheilungen. Von Dr. 0. Haab in Zürich. I. Antisepsis und operative Fortschritte. Ein Decennium ist verflossen, seit Albrechl von Gräfe starb und das gewaltige Erbe seines Geistes und seines unermüdlichen Schaffens den zahlreichen Schülern, Digitized by LjOOQle 39 die sich um ihn geschaart hatten, zur weitern Pflege und Vermehrung anheimfiel. Doch war es eine schwere Aufgabe, dem, was v . Gräfe hinterlassen, Neues beizu¬ fügen. In welcher Richtung auch der heutige ophthalmologische Forscher weiter¬ arbeitet, er wird fast immer von Gedanken Gräfe' s ausgehen, oder bei seinen Ar¬ beiten, seien sie nun experimenteller, anatomischer oder klinischer Natur, mit ihm irgendwo Zusammentreffen, nur in wenigen Specialgebieten aber etwas wesentlich Neues finden, was nicht schon v. Gräfe bekannt war. Dennoch wurde in den letzten zehn Jahren in der Augenheilkunde emsig wei¬ ter gearbeitet und auch da und dort Neues und Wichtiges gefunden. Es dürfte daher wohl die folgende kleine Skizze einiger wichtigerer neuerer Fortschritte im Gebiet der Ophthalmologie, ganz besonders solcher, die practisch bedeutsam und vielleicht nicht allgemein in ärztlichen Kreisen bekannt sind, gerechtfertigt sein. Sind der Augenheilkunde durch den Einfluss der antiseptischen Principien ähn¬ liche Bereicherungen und Fortschritte zu Theil geworden, wie der Chirurgie ? Dieser Frage werden wir in erster Linie Berücksichtigung schenken müssen, wenn wir tlie fortschrittlichen Leistungen unserer Disciplin in’s Auge fassen wollen. Nach den bis jetzt vorliegenden Thatsachen zu urtheilen und gestützt auf eigene vielfältige Versuche scheint es mir, man dürfe in der Hoffnung nicht zu weit gehen , dass antiseptische Maassnabmen einen wesentlichen oder gar umge¬ staltenden Einfluss auf die operative Richtung der Ophthalmologie gewinnen werden. Bei den meisten Augenoperationen liegt die Gefahr eines schlechten Re¬ sultates bei auch nur einigermaassen reinlichem Vorgehen viel weniger in der ln- fection der Wunde, als in andern Factoren. Immerhin aber wird z. B. bei der Staaroperation gewiss die Statistik der glücklichen Erfolge durch gewisse anti¬ septische Cautelen sich noch um mehrere Procente vermehren lassen. Nur darf man nicht vergessen, dass gute und sorgfältige Operateure, die Instrumente und Verbände möglichst sauber hielten und unter günstigen Aussenbedingungen operirten, schon vor Einführung eigentlich antiseptischer Maassnahmen bei besag¬ ter Operation nahezu hundert Procent gute Erfolge hatten. Wo aber unter ungünstigen hygieinischen Bedingungen operirt werden muss, zumal bei heruntergekommenen Individuen, da wächst rasch die Gefahr der Infec- tion und da werden wirkliche antiseptische Cautelen auch bei Augenoperationen von grossem Nutzen sein und die Resultate wesentlich bessern. Hievon bin ich überzeugt und in diesem Sinne habe ich auch vielfache Experimente, ein für das Auge passendes antiseptisches Verfahren ausfindig zu machen, unternommen. Von Luter können wir nicht den Verband, sondern blos die Principien acceptiren und müssen auf diesen basirend selbstständig ein Verfahren aufbauen. Gerade das Phenol nämlich kann der Ophthalmologe nicht brauchen wegen zu starker Läsion der Cornea durch dasselbe. Wir müssen also zuerst ein Antisepticum ausfindig machen, das diese schädlichen Eigenschaften nicht hat. Als Ideal eines solchen muss ich nun nach zahlreichen Versuchen entschieden das Resorcin bezeichnen, ein Stoff, mit dem ich mich nun seit mehr als einem Jahr eingehend beschäftige, nachdem mich einige Chemiker auf dessen Verwandtschaft mit dem Phenol auf¬ merksam gemacht und mir von vornherein versichert hatten, das Resorcin müsse Digitized by LjOOQle gemäss seiner Structurformel ein vorzügliches Antisepticum sein. Dem war auch so. Das Resorcin besitzt dieselbe antiseptische Kraft wie das Phenol, hat dabei den Vortheil, viel weniger zu ätzen und viel leichter in Wasser löslich zu sein (zu 50%). Es lädirt die Cornea auffallend wenig. Während ein Spray von 0,3% Saücyl- oder 0,3% Phenollösung im Verlauf einer Minute das ganze Cornealepithel eines Kaninchens trübt, thut dies eine 5% Resorcinlösung erst nach 5 Minuten, bei 3% Lösung (gleichwerthig dem gebräuchlichen Phenolspray von 3%) entsteht auch nach 5 Minuten keine solche Eschara, vorausgesetzt, dass das Resorcin rein und nicht, wie es so gern der Fall, noch mit Phenol verunreinigt ist. Ueber- giessungen der Cornea und des Conjunctivalsackes vor und nach grösseren Ope¬ rationen mit 3—5% Resorcinlösung, wie ich dies jetzt immer mache (der Spray ist durch Verschleierung des Operationsfeldes recht störend) hat weder momentan noch später Reizung und Schmerz zur Folge. Die Verbandwatte tauche ich in 3% Resorcinlösung und lege sie nass auf, wodurch sie sich innig an die Haut anlcgt und dermaassen dann eine Art Occlusivverband zu Stande kommt. Nun hat auch Borsäurelösung die Eigenschaft, gut zu desinficiren und dabei recht wenig zu reizen, fast so wenig wie Resorcin. Borsäurelösung greift jedoch die Instrumente, wie mir diesbezügliche vergleichende Versuchsreihen zeigten, rasch und energisch an. Den Hauptwerth des Antisepticums muss ich aber ge¬ rade darin erblicken, dass die Instrumente vor der Operation einige Zeit in dem¬ selben ohne Schaden liegen können und dass unter Umständen sogar mit nassen Instrumenten (wie bei chirurgischen Operationen) operirt werden kann. Das würde bei Borsäurelösung kaum angehen, mit Resorcin thue ich es immer und ohne Schaden. •) Meine Versuche zeigen, dass, wie geschildert, eine kräftige antiseptische En- cheirese sehr wohl bei Augenoperationen möglich ist. Ob sie nothwendig, das heisst die Statistik wesentlich verbessernd ist, das kann erst die Zukunft, mit anderen Worten, eine grosse Zahl von Operationen lehren. Dass in der Augenheilkunde wie auf chirurgischem Gebiet die Acra der An¬ tisepsis ganz neue Operationen ermögliche, davon können wir leider noch nicht viel erzählen. Doch können wir bei der Neuheit der Sache nicht wissen, was die Zukunft uns bringt. Es steht uns nämlich auf operativem Gebiet leider ein Ideal, das vielleicht schon r. Gräfe vorgeschwebt hatte, noch so fern und unerreichbar wie je: die Er¬ setzung einer total getrübten Cornea durch eine normale thierische oder menschliche. Trotz zahllosen Bemühungen und Versuchen hat die Transplantation der Cornea noch kein blindes Auge bleibend sehend gemacht. Die Einheilung der überpflanzten Cornea gelang wohl endlich nach vielen Versuchen, aber diese Cornea blieb nicht klar, sie wurde allemal nachher trüb. Und doch harren noch so viele Tausend Blinde der Hülfe, die diese Operation, wenn sie gelingt, ihnen bringen könnte. *) Was das Hydrochinon und Brenzcatechin betrifft, so sind diese Körper dem Reaor- ein gleich zu stellen, aber sie sind für practische Zwecke zu theuer. Schon beim Resorcin Ist der hohe Preis ein Uebelstand, der einzige, den ich demselben zugestehen muss. Mit einem Antisepticum muss man verschwenderisch umgehen können. Digitized by LjOOQle 41 Wer das Ziel erreicht — und es wird gewiss erreicht werden — dem schuldet die Menschheit für alle Zeiten Dank. Dagegen dürfen wir hier mit Befriedigung zweier neuerer Operationen geden¬ ken, die geeignet sind, eine grosse Zahl von Augen vor sicherem Untergang zu bewahren. Es ist dies die Entfernung subretinaler Cysticerken durch den Scleralschnitt und die Extraction von Eisensplittern aus der Tiefe des Bulbus durch den Magneten. Die erste dieser Operationen bildet einen wahren Triumph operativer Geschicklich¬ keit und Kühnheit. Die in Norddeutschland recht häufig (bei uns nur ab und zu) unter der Retina sich ansiedelnde Cysticercus-Blase wurde, wenn sie nahe dem hintern Augen- pöl sass, für inoperabel gehalteu, bis vor 2 Jahren Alfred Qrdfe in Halle mit Erfolg kurz nach einander 2 solche Blasen, die eine von 6, die andere von 2 mm. Durchmesser, von aussen her durch die Sclera einschneidend, aus der Gegend des hintern Poles entfernte. Er durchschnitt zuerst temporal von der Cornea die Conjunctiva, dann zum Theil oder auch ganz den Rectus externus und drehte dann den Bulbus möglichst stark nasalwärts, bis der hintere Theil desselben in der Wunde zum Vorschein kam. Dann incidirte er in der Gegend, wo gemäss der ophthalmoscopischen Untersuchung das Thier liegen musste, die Sclera in meridionaler Richtung in genügender Ausdehnung und nun trat entweder die Blase von selbst heraus oder wurde mit der Pincette geholt. Sodann nähte er den durchschnittenen Rectus externus wieder an den Sehnenstumpf fest, so dass die Wendung de9 Auges nach aussen erhalten blieb. Die Heilung verlief ohne Störung uud das Sehvermögen wurde bis zu einem gewissen Grade gerettet. Seither wurde diese Operation öfter wiederholt (so auch mehrmals von Cohn in Breslau) und zeigt sich als unbedingt nutzbringend. Denn solche Augen mit Cysticerken gehen ohne Ausnahme bei weiterem Wachsthum des Parasiten allmälig an chronischer Entzündung zu Grunde. Je früher die Operation vorgenommen wird, je jünger also die BJase, um so besser sind die Aussichten auf Erfolg. Was die Verwendung des Magneten zur Entfernung von Eisensplittern aus der Tiefe des Auges betrifft, so muss hier zunächst der Schwierigkeit, ja Unmöglichkeit Er¬ wähnung gethan werden, welche das Fassen eines im Glaskörper, der Chorioidca oder Retina sitzenden Eisen Splitters vermittelst irgeud einer Pincette, sei sie beschaffen wie sie wolle, darbietet. Da die Scleralwunde, durch die man in solchen Fällen dem Fremd¬ körper zu Leib geht, nur klein sein darf, so dass man den Splitter gewöhnlich nicht sicht und dessen Lage blos aus der ophthalmoscopischen Untersuchung kennt, so wird mau mit der Pincette meist so lange suchen und fehlgreifen, bis das Auge nicht mehr zu ge¬ brauchen ist. Ferner entgleitet ein im Glaskörper oder anderswo sitzender Stahlsplitter gewöhnlich äusserst beharrlich der Pincette, auch wenn man ihn glücklich gefasst hat. Somit ist die Extraction solcher Fremdkörper vermittelst des Magneten keine blosse Spie¬ lerei, sondern basirt auf ganz richtigen Ueberlegungen. Die hohe practische Bedeutung dieser Operation aber resultirt aus folgenden That- sachen. Fremdkörper, welche die Bulbuskapsel durchschlagen uud in die vordere Kammer oder in die Tiefe des Auges Vordringen, sind viel häufiger Eisensplitter, als man glaubt, und sind auch dann ohne Ausnahme Eisen- und nicht Steinsplitter, wenn der Patient himmelhoch betheuert, es sei ihm z. B. beim Kartoffelhacken oder beim Hacken im Reb¬ berg ein Steinchen an’s Auge gespritzt Es sind, wie dies Prof. Horner hinlänglich fest- gestellt hat, von der Hacke abspritzende Splitter. — Vermehrt wird sodanu das Contiu- gent dieser Patienten durch Schmiede, Schlosser und Metalldreher. Nun dürften nach ungefährer Schätzung nur allein in der Schweiz jährlich etwa 50 bis 100 Augen durch Eindringen von Eisensplittern zu Grunde gehen. Bisher war aber die rationelle Behandlung solcher Fälle die, dass man das verletzte Auge beförderlichst enucleirte, um einer Panophthalmie oder gar der sympathischen Entzündung des andern Auges aus dem Wege zu gehen, zumal solche Augen so wie so allmälig erblinden. Durch Zuhülfenahme des Magneten wird ohne Zweifel eine gewisse Quote von Augen, die auf diese traurige Weise verunglückten, sich dem verhängnissvollen Schicksal abringen lassen und die schmerzliche Nothwendigkeit, noch scheinbar recht gut sehende und gut Digitized by LjOOQle 42 aussehende Augen enucleiren zu müssen, etwas weniger häufig an den Augenarzt heran¬ treten. Aber allerdings nur dann, wenn die Verunglückten möglichst bald durch ärztliche Untersuchung und Diagnose über ihren Zustand aufgeklärt werden und nicht so lange in kalten Umschlägen und Blutegeln ihr Heil suchen, bis das ganze Auge der Tummelplatz wild emigrirender Eiterkörperchen geworden ist. Es war Mac Keown in Dublin, der vor 3 Jahren den Magneten, mit dem man schon früher ab und zu fruchtlose Versuche gemacht hatte, wieder aufs Neue empfahl, gestützt auf eigene nicht ungünstige Erfahrungen. Nun auf einmal mehrten sich die glücklichen Extractionen von Eisensplittern vermittelst des Magnets, offenbar deshalb, weil man bald zu den viel kräftigeren Electromagneten griff. So wird von einem weichen Eisen¬ stab (z. B. 1 Fu8s lang und 1 Zoll dick), der mit einem übersponnenen Draht richtig umwickelt wird und an dessen Enden je eine dünne Eisensoude angeschweiset ist, bei Durchgang des electrischen Stromes durch den Draht eine starke magnetische Wirkung ausgeübt und ein kleiner Eisensplitter von den Sonden kräftig angezogen. Höchst wich¬ tig ist nun eine jüngst gemachte Beobachtung. Nach glücklicher Extraction eines Split¬ ters, der von einem Schmiedehammer abgesprungen und in den Glaskörper gelangt war, zeigte es sich, dass der Splitter selbst magnetisch war und dass dies bei solchen Hummer- Splittern gewöhnlich der Fall ist. Näherte man nun den Splitter dem gleichnamigen Pol des Electromagneten, so fand natürlich keine Anziehung, sondern Abstossung statt. Man wird also bei der Extraction durch den Magnet immer die Wirkung beider Pole des Magnets (resp, der daransitzenden Sonden) versuchen müssen, ehe man die Operation aufgibt. 0 ) Unterlässt man dies, so wird der kräftigste Magnet, wenn man seinen Unrechten Pol dem Splitter nähert und dieser sich nicht leicht drehen kann, wirkungslos bleiben. Wenn diese beiden eben geschilderten Operationen einzelnen Operateuren auch ohne alle antiseptischen Maassnahmen gelungen sind, so dürfte doch gerade bei solchen starken Eingriffen ein möglichst grosser Schutz vor Infection dringend ge¬ boten sein, wenn nicht in kurzer Zeit in Folge einiger Eiterungen die gute Sache in Misscredit gerathen soll. (Fortsetzung folgt) "V ei*eimsl>ericlite. Gesellschaft der Aerzte in Zürich. 6. Sitzung, den 7. Februar 1880. Hötel zum Hecht. 1) Vortrag von Prof. Eberlh: [Jeber die amyloide Degeneration. — Nach neuen Untersuchungen des Vortr. ergreift die amyloide Entartung nicht wie bisher allgemein angenommen wurde , die verschiedenartigsten Gewebselemente, sondern bleibt auf das Bindegewebe allein beschränkt Durch die starke Quellung, welche die in amyloider. Umwandlung begriffenen Partien des Bindegewebes er¬ fahren, die schliesslich zur Bildung amyloider Klumpen und Schollen führt, werden die angrenzenden parenchymatösen Theile comprimirt und gehen endlich zu Grunde. Indem die amyloiden Klumpen von aussen in die Zellen des Parenchyms hinein¬ wachsen und fest an jenen haften bleiben, entsteht der Eindruck amyloider im Innern der Zellen entstandener Massen. Letztere hängen aber immer zusammen mit dem amyloiden Bindegewebe der Umgebung und niemals finden sie sich iso- lirt in den innersten Partien der Zellen. *) Wie mir scheint, wird es noch vortheilh&fter sein, einfach den Strom mittelst Stromwenders umzukehren, wobei aus dem Nordpol ein Südpol wird. Digitized by LjOOQle 43 Discussion. Prof. Wyss fragt, was Eberih für die Bildungsstätte und Quelle des Amyloids halte , bevor es in diesen bindegewebigen Membranen und Grenz¬ säumen deponirt werde. Ob wohl die Fischer 'sehe Ansicht, dass das Amyloid im Eiter gebildet werde, richtig sei. Eberth möchte nicht bestimmt entscheiden, wo die Bildung statthabe. Im Eiter und Blut habe er nichts von Amyloid gefunden. Wir müssen uns vor der Hand damit begnügen, dass jetzt wenigstens festgestellt ist, dass es eine Gewebsform, das Bindegewebe, ist, welche der amyloiden Degeneration unterliegt. 2) Prof. Huguenin trägt vor: Ueber Hemiopie. Wenn in dieser Frage auch noch nicht Alles ganz klar ist, bietet doch die Zusammenfassung des jetzt bekannten und in letzter Zeit vermehrten Stoffes Interesse Zunächst müssen wir genau zwischen Stabkranz-Hemiopie, der gewöhnlicheren Form, und zwischen Rinden-Hemiopie unterscheiden. Fälle letzterer Art sind selten, aber von grossem Interesse. Bei dieser letztem Form ist das Rindencentrum des Opticus der einen Hemisphäre ausser Function gesetzt Es existirt nämlich und zwar zu hinterst im Occipitalhirn an der innern und obern äussern Seite des Occipital- Lappens ein Rindenbezirk, der mit dem Gesichtssinn in Verbindung steht und man nimmt an, dass dieses Gebiet z. B. der rechten Hemisphäre sowohl mit dem rechten Opticus als auch mit dem linken und zwar je ungefähr zur Hälfte in Ver¬ bindung steht, wonach also bei Laesionen dieses Rindengebietes nicht blos der gleichseitige, sondern auch der gegenüberliegende Opticus zur Hälfte ohne Seelen - centrum ist, daher die Hemiopie. So ist auch in den wenigen bis jetzt bekannten Fällen durch die Zerstörung jenes Rindenbezirks am Occipitallappen wirklich ge¬ genüberliegende Hemiopie entstanden. Vortr. kann diesen Beobachtungen eine neue beifügen, die er vor Kurzem ge¬ macht. Die Erkrankung zeigte sich bei einem 8jährigen scrophulösen schwächli¬ chen Kind Anfangs 1879, indem dasselbe vergesslich und kopfwehleidend wurden Dann trat Brechen und Convulsionen ein. Ohne dass nun aber irgend welche Lähmung sich einstellte, konnte nach 4 Monaten Hemiopie constatirt werden: es war jederseits die rechte Hälfte der Retina blind. Dies war und blieb das ein¬ zige Herdsymptom bis zum Tod (Monat Juni). — Bei der Section fanden sich 2 Tumoren, einer sass in der Spitze des linken Stirnhirnes (blos an der Convexi- tät), ein Käseknoten von 2,5 cm Länge, 1,75 cm. Breite und 1 cm. Dicke. Der zweite grössere, ebenfalls käsige Tumor befand sich an der medialen Fläche des rechten Occipitallappcns, direct im Sulcus Hippocampi. Es unterliegt keinem Zweifel, dass blos der zweite Tumor mit der Hemiopie in Verbindung zu bringen ist. Die Diagnose einer Cortexhemiopie resultirt gewöhnlich daraus, dass alle an¬ dern Herdsymptome fehlen und dass auch jede Basislaesion sich ausschliessen lässt. Schnelles Auftreten einer Hemiopie spricht gleichfalls für Cortexhemiopie. Was die Stabkranzhemiopie betrifft, so gibt es bis jetzt keinen einzigen Fall von reiner Stabkranzhemiopie. Häufig ist Hemianaesthesie dabei. Auch Läh¬ mung des gegenüberliegenden Olfactorius oder Glossopharyngeus kann dabei Vor¬ kommen. Hemiopie in Folge von Laesion des hintersten Theiles des Thalamus Digitized by LjOOQle 44 opt. hält Vortr. für ganz zweifelhaft Er hat einen Fall gesehen, wo das ganze Pulvinar fehlte und dieser Mann war nicht hemiopisch gewesen. Verwandt mit der Cortexhemiopie ist das Flimmerscotom. Vortr. sah einen Fall von Flimmerscotom, wo das Flimmern rechts bestand und wo der Patient nachträglich an multipler Sclerose der ganzen linken Hemisphäre zu Grunde ging. Er glaubt, dass hier Reizung des Opticuscentrums statt hatte. Prof. Homer erwähnt, dass man das Flimmerscotom oft bei nervösen und etwas ermüdeten Personen und zwar gewöhnlich im Zustande der Nüchternheit finde. In der Regel folgt Kopfweh und Erbrechen. Hemiopie tritt dabei immer auf. Homer hat ferner Fälle gesehen, wo auf Flimmerscotom endlich schwere Cerebral¬ erkrankungen folgten, ferner sah er Glaucom danach auftreten. Die Hemiopie bei Flimmerscotom ist gewiss eine corticale. Haab schildert kurz einen ganz analogen Fall reinster Cortexhemiopie, den er ebenfalls in jüngster Zeit beobachtet hatte. Hier trat die Hemiopie plötzlich und begleitet von apoplectiformen Erscheinungen bei einer 61jährigen, an Mitralisin- sufficienz leidenden Dame auf. Auch hier war beiderseits die rechte Hälfte der Retina blind, Patientin bot aber sonst, nachdem eine leichte linksseitige Hemiparese bald nach der Embolie zurückgegangen war, gar keine weiteren Herdsymptome. Die Section ergab, wie vermuthet: Herd im rechten Occipitallappen und zwar eine hauptsächlich die Rindengegend des Sulcus Hippocampi destruirende (emboliscjje) Erweichungscyste. Anderweitige Herde fehlten. — Haab macht dar¬ auf aufmerksam, dass diese Patientin, wie es in der Regel bei Hemiopie der Fall ist, nur über Sehstörung am linken Auge, niemals aber über den Defect am rechten Auge geklagt habe. Es kommt dem Hemiopischen gewöhnlich nur auf dem Auge, wo die nasale Hälfte der Retina blind ist, die Blindheit zum deut¬ lichen Bewusstsein („Wolke“, „Häutchen“). Ohne Gesichtsfelduntersuchung wird man also meist die Hemiopie übersehen. Ferner ist zu erwähnen, dass in diesem Falle, der ein ganzes Jahr in Beobachtung war, nie irgend eine pathologische Erscheinung im ophthalmoscopischen Bilde der Optici und Retinae sich zeigte. Dr. 0. Haab. Referate und Kritiken. Die Hydrotherapie auf physiologischer und klinischer Grundlage. Von Dr. W. Winternilz. Zweiter Band, II. Abtheilung: Der Eiuflusö allgemeiner thermischer Applicationen auf Körpertemperatur und Stoffwechsel. 324 Seiten Text, Namen- und Sachregister, mit 12 Holzschnitten. Wien, Urban & Schwarzenberg. Beinahe mit der Ausführlichkeit und Vollständigkeit einer Monographie behandelt Verfasser in dieser letzten Abtheilung seines epochemachenden Werkes über Hydrothera¬ pie die Fragen von der Constanz der Körperwärme, von der Wärmebildung, Wärme¬ retention oder Wärmestauung, Wärmeabgabe und Wärmeregulation im menschlichen Kör¬ per. Mit einer ausgedehnten Kenntniss der neuesten monographischen und experimentel¬ len Bearbeitungen dieser physiologischen Fragen, mit einer Wissenschaftlichkeit und Gründlichkeit, die wir in den vorhergehenden Abtheilungen des Werkes schon keimen gelernt, geht Winternilz hier von der 21, bis zur 29. Vorlesung an die Darstellung und Analyse des Einflusses thermischer Applicationen auf die Wärmebildung und die Wärme¬ abgabe und damit auf die Temperatur des Körpers. Begreiflicher Weise bildet hier die Bedeutung der Hydrotherapie als Antipyreticum par excellence Digitized by LjOOQle 45 den Glanzpunct dieser Abtheilung. Meisterhaft sind die feinen Unterschiede in der Technik der hydriatischen Behandlung des Fiebers je nach den verschiedenen Indicu- tionen begründet und dargestellt. Mit wahrer Genugthuung sicht man den Verf. Front machen gegen jene rohe Auffassung der Autipyrese, welche ganz einfach in der möglichst raschen und möglichst ausgiebigsten Wärmeentziehung die einzige Richtschnur bei der Fieberbehandlung erblickte. Wie seiner Zeit die Physiologen gegen jene Richtung in der Erforschung der Ver¬ dauungsvorgänge, die den Magen einfach als Retorte betrachtete, reagirten , so ist es wahrlich längst nöthig geworden, gegen die Auffassung zu protestiren : dass das Fieber einfach, wie die Quecksilbersäule im Thermometer, durch Versetzung der Körperoberfläche in ein möglichst kaltes Medium herabzustimmen sei. Als ein hohes Verdienst des Verf. betrachte ich es auch, dass er der consequenten Anwendung von wiederholten nassen Einpackungen bis zur dauernden Herabsetzung der Fiebertemperatur so hohen Werth als antipyretisches Ver¬ fahren beilegt. Bezüglich der Technik dieses Verfahrens auf das Original verweisend, führe ich hier nur noch an , dass ich selbst seit 18 Jahren in meiner Landpraxis die consequente Anwendung der nassen Einpackungen, ganz wie W. sie schildert, als eine vorzügliche, in den allerprimitivRten häuslichen Verhältnissen immer noch durchführbare und dabei kaum je im Stiche lassende antipyretische Methode anwende und hoch¬ schätze. Nachdem Verf. die Verbindung der Hydrotherapie mit dem rationellen innerlichen Gebrauche von Alcoholicis in der Fieberbehandlung gewürdigt, geht er Uber zur Betrach¬ tung des Badecollaps und des Herzcollaps. An diese Schilderungen reiht sich eine Dar¬ legung der hydriatischen Proceduren bei catarrhalischen und rheumatischen Erkrankungs¬ formen. In der 29. und 30. Vorlesung behandelt W. den Einfluss thermischer Einwirkungen auf den Stoffwechsel und zwar auf die Abgabe von CO, und die Aufnahme von O, auf die Steigerung des Verbrauches an Kohlenhydraten, auf die Mehrzersetzuug stick¬ stoffhaltigen Körpermateiiales und vor Allem auf die Ausscheidungen des Schweisscs und des Urins. Die Methodik der Schwitz euren: Dampfkastenbäder, besonders aber die Priessmtz sehe trockene Einpackung und das darauf folgende kalte Vollbad wird genau erörtert und es schliesst sich daran die Betrachtung des Einflusses der innerlichen An¬ wendung des Wassers: Beeinflussung des Stoffwechsels durch methodisches W assertrinken und durch Wassereinfuhr in den Darm. Nach Erörterung der Wir¬ kung vermehrter Wassereinfuhr auf Körperwärme, Circulation , Salzgehalt des Blutes, Kohlensäureausscheidung und Harnstoffabsonderung, folgt die Begründung der practischon Verwendbarkeit dieser Abtheilung der Hydrotherapie als die Absorption und die Aus¬ scheidung mächtig fördernde Methode in verschiedenen Dyscrasien. In der 31. und 32. Vorlesung endlich ergeht sich der Verfasser in Erklärungen über die Bedeutung der Hydrotherapie als diätetische, abhärtende und prophylactische Behand¬ lungsmethode; vor Allem aber fesselt uns die Beschreibung der thermischen Behandlungs- weise der Nervenkrankheiten, der Hysterie, der Psychosen und schliesslich der Rückenmarkskrankheiten und der constitutioneilen Syphilis. Indem ich auf mein Referat über die früheren Abtheilungen dieses Werkes ver¬ weise , erlaube ich mir hier nur noch wenige Worte über den Gesammteindruck des Letzteren. WintemUz hat mit seiner Hydrotherapie, wie sie nun vollendet uns vorliegt, unstreitig das bedeutendste und vollständigste Werk geliefert, das je über diesen Zweig des medi- cinischen Wissens geschrieben wurde. Das Buch macht seinem Titel die höchste Ehre : es bietet uns wirklich die Hydrotherapie in ihrem gesammten Umfange auf phy¬ siologischer und clinischer Grundlage basirt! Gründliche Kenntniss der einschlägigen Literatur, Vertrautheit mit den Ergebnissen der neuesten physiologischen Forschungen auf diesem Gebiete, Initiative und Originalität der eigenen Experimentreihen (vgl. Volummessungen, calorimetrische Bestimmungen u. v. a.), feine Unterscheidungsgabc und vollständige Beherrschung der hydriatischen Technik, Verwerthung eines sehr grossen Beobachtungsmateriales mit sorgfältiger Auswahl, be¬ geisterte und schneidige und doch vorurteilslose Behandlung des Gegenstandes — alle Digitized by Google 46 diese Vorzüge im Vereine, machen aus den scheinbar lose aneinander gereihten 32 Vor¬ lesungen ein harmonisches, abgerundetes, in seiner Art vollkommenes Werk. Dr. Wagner (Albisbrunn). Ueber den Scharlach in seinen Beziehungen zum GehBrorgan. Von Alb. Burckhardt-Merian. (Nr. 182 der Volkmann sehen Sammlung klinischer Vorträge.) Leipzig, Breitkopf :ab: Kleinere ophthalmologische Mit¬ tbeilungen. (Fortsetzung.) — 2) Vereinsberichte: Ordentliche Homraerversammlung der medicinisch-chirurgischen Gesellschaft des Cantons Bern. — 3) Referate und Kritiken: Dr. Friedrich Krismann: Die Desinfectionsarbeiten auf dem Kriegsschau¬ plätze der europäischen Türkei während des russisch-türkischen Feldzuges 1877/78. — Dr. H. Weher: Climatotherapie. — Prof- O. Leichtenslem .- Balneotherapie. — Jahresbericht der chirurgischen Abtheilung des Spitals zu Basel über das Jahr 1878. — 4) Can tonale Correspondenzen: Neuchätel, Schwyz. — 5) Wochenbericht. — 6) Bibliographisches. — 7) Brief¬ kasten. Original-Arbei teil. Die Aetiologie der fortschreitenden Paralyse der Irren. Von Prof. L Wille. Der Mensch ist in gleicher Weise das Kind seiner Organisation wie seiner Zeit. Mittelst der ersteren ist er an die Vergangenheit geknüpft und steht durch sie unter dem Einflüsse seiner Vorfahren. Das zweite Verhältnis stellt ihn unter die Einflüsse der Gegenwart und seiner engeren und weiteren Umgebung. Dieser Satz hat ebenso wohl Geltung für die Erscheinungen des geistigen und des kör¬ perlichen Lebens, wie für die Vorgänge des normalen und des kranken Lebens. Wenn wir denselben für die Aetiologie der paralytischen Geisteskrankheit in Anwendung bringen, so wird demnach zunächst der Einfluss der Vorfahren, also die Frage der Vererbung, zu untersuchen sein. Ueber die Erblichkeit der fortschreitenden Paralyse herrschen sehr verschie¬ dene Ansichten. Die Einen lassen diesen Einfluss von viel geringerer Bedeutung für diese Art von Geistesstörung als für die einfache sein. Andere nehmen an, dass in dieser Beziehung zwischen einfacher und paralytischer Geistesstörung kein wesentlicher Unterschied sei. Die Dritten lassen gar keinen Einfluss der Heredi¬ tät auf diese Krankheit gelten, während Einzelne diesen Einfluss von grösserer Bedeutung bei der Paralyse als bei den einfachen Psychosen erachten. Weitaus der überwiegende Theil der Schriftsteller, die diesen’ i Gegenstand be¬ arbeitet haben, kommen darin überein, dass die Erblichkeit bei der Paralyse weit seltener vorkomme als bei den nicht paralytischen Geistesstörungen. Ich selbst habe unter 54 Paralytikern (48 M. 6 Fr.), die ich die letzten 5 Jahre hier in Basel zu untersuchen Gelegenheit hatte, Heredität im weiteren Sinne bei mehr als 60% dieser Kranken nachweisen können, also in einem Verhältnisse, das sich von dem bei den einfachen Psychosen nicht wesentlich unterscheidet. 5 Digitized by AjOOQle 66 Auch über die Art und Weise der Vererbung herrschen verschiedene Ansich¬ ten. Nach den Einen vererbt sich Paralyse nie als solche, während Andere die Nachkommen von Paralytikern öfters auch paralytisch werden sahen. Nach den Einen ist die Paralyse vorzugsweise das Resultat einer progressiven Vererbung, also eine auf Vererbung beruhende Degenerationsform des centralen Nervensystems. Sander gibt von seinen Paralytikern an, dass sie bis zum Ausbruche der eigent¬ lichen Krankheit, entgegen dem Verhalten der erblichen einfachen Geisteskranken, geistig und körperlich gesund gewesen seien; während wieder Andere der durch Vererbung beeinflussten Paralyse specifische Eigenschaften in Bezug auf Symptome und Verlauf zuschrieben. Eine grössere Zahl von Beobachtern endlich betont das Vorkommen von Hirnapoplexie bei den Ascendenten von Paralytikern. Nach meinen persönlichen Erfahrungen möchte ich auch den Einfluss der progressiven Vererbung bei der Paralyse für einen sehr bedeutenden annehmen, indem ich zwar unter den Vorfahren der Paralytiker weniger eigentliche Geistes¬ störung als die Symptome eines hochgradig ungewöhnlichen bis abnormen geisti¬ gen Naturells, sodann aber bei den Geschwistern der Paralytiker auffallend häufig Zustände traf, die man als Constitutionsanomalien auf degenerativem Boden be¬ trachtet wie Taubstummheit, Imbecillität, Epilepsie, Hysterie, Trunksucht und ver¬ schiedene andere moralische und physische perverse und krankhafte Erschei¬ nungen. Wenn es sich also auch nicht direct um Psychosen bei den Ascendenten han¬ delte, so zeigten sie doch Symptome, die auf eine krankhaft gereizte oder ge* schwächte nervöse und geistige Constitution hindeuteten. Dagegen ganz und gar nicht stimmen meine Beobachtungen mit denen Sander *8 überein, dass diese erblichen Paralytiker bis zum Ausbruche der Paralyse körper¬ lich und geistig normal sich verhielten. Ich habe vielmehr beim weitaus über¬ wiegenden Thcile derselben in beider Hinsicht den Bestand abnormer Symptome nach weisen können, die die Betreffenden ihrer Umgebung auffallend erscheinen Hessen. Das Vorkommen von Hirnapoplexie konnte ich bei den Vorfahren der Para¬ lytiker nicht in einem stärkeren Maasse constatiren, wie bei denen der übrigen Geisteskranken, ganz abgesehen davon, dass Hirnapoplexie kaum in vollem Maasse als gleichwerthig mit dem Auftreten von Psychosen und andern Hirnkrankheiten und besonders von Neurosen bei den Vorfahren von Geisteskranken betrachtet werden kann. In gleicher Weise habe ich nach meinen Beobachtungen den Einfluss der He¬ redität auf den Verlauf der Paralyse nur ausnahmsweise in der Art bestätigt ge¬ funden, wie ihn mehrere französische Irrenärzte angeben. 0 ) Was nun das Verhältniss der Paralytiker zu ihrer Zeit und Umgebung betrifft, so hielt man sich geradezu für berechtigt, von der paralytischen Geistesstörung # ) V. hierüber unter anderm: Erlenmeyer sen. Die Gehirnatrophie der Erwachsenen. Neuwied 1857. — Th. Simon. Die Gehirnerweichung der Irren. Hamburg, 1871. — Mendel , Hereditäre An¬ lage und progressive Paralyse der Irren im Arch. f. Psych. X. 8. — Die Verhandlungen der Sociätd m?d. psychol. in Paris in den Annales m6d. psychol. 1877. Digitized by LjOOQle 67 als von der speciellen Krankheit unseres Jahrhunderts zu reden, wie meines Wis¬ sens der französische Irrenarzt Lunier zuerst gethan hat. Ist es ja doch eine That- sache, dass diese Krankheit erst ungefähr vom Beginne unseres Jahrhunderts an als solche erkannt wurde; sprechen ja doch manche Gründe dafür, dass sie erst seit dieser Zeit, wenigstens in stärkerer Verbreitung, aufgetreten ist. Die Krank¬ heit wurde aber weniger wegen diesen ihren zeitlichen Beziehungen so genannt, sondern vielmehr deshalb, weil in den specifischen Einflüssen, die die Gegenwart auf die Menschen ausübt, die Quellen ihrer Entstehung und Verbreitung gesehen werden wollten. Man nannte daher auch noch die Paralyse eine Krankheit der gegenwärtigen Civilisation. Es darf gewiss als eine lohnenswerthe Arbeit in culturhistorischer wie in hy- gieinischer Beziehung betrachtet werden, diesen angegebenen Zusammenhang näher zu untersuchen. Wenn wir die hauptsächlichsten geistigen Strebungen und Strömungen in’s Auge fassen, durch die sich die letzten Jahrzehnte gewissermaassen charakterisir- ten, so kann uns eine gewisse Verwandtschaft zwischen ihnen und den Erschei¬ nungen der uns beschäftigenden Krankheit nicht entgehen. Man schreibt nicht ganz mit Unrecht unserer Zeit den Charakter der Ruhe¬ losigkeit und der Uebertreibung, der Selbstüberhebung, der Maasslosigkeit und Schwindelhaftigkeit in ihren Bestrebungen und Handlungen zu. Erscheinungen, die insbesondere zur Zeit der sogenannten Gründerperioden jeden unparteiischen, ruhigen Beobachter mit Besorgniss einer weiteren Entwicklung der Dinge zusehen lassen mussten. Es erinnern diese ihre Eigenschaften lebhaft genug an die Symp¬ tome des Grössenwahns, der maass- und grundlosen Selbstüberschätzung, der schrankenlosen Unternehmungslust und Plänemacherei, wie sie die von Paralyse Befallenen darbieten. Nicht weniger darf die gesteigerte Sinnlichkeit, verbunden mit raffinirter Lebe- und Genusssucht, wie sie sich in den verschiedenen gesellschaftlichen Schichten, hier in der Form des überschwänglichen Wagner - und MjrÄarf-Cultus, dort in der Ueberhandnahme der Prostitution und des Alcoholismus, da in der sinnlich und geistig zehrenden Form der sogenannten geistigen und geistlichen Liebe, dort in den ekelhaftesten Scenen unserer Tingeltangelvorstellungen und dem Inhalte eines grossen Theils unserer modernen Roman- und Theaterliteratur darbieten, als Ana¬ logie der krankhaft erregten Sinnlichkeit und Genusssucht, des Cynismus und des geschlechtlichen Grössenwahns des Paralytikers aufgefasst werden. Dass auch der den Paralytiker vorzugsweise kennzeichnende primäre höhere Blödsinn in Verbindung mit gemüthlicher Verwilderung unserer Zeit nicht fehlt, davon haben wir uns an der Geschichte des zweiten Kaiserreichs, am Triumph¬ zuge des Spiritismus, an den Judenhatzen, an der allgemeinen Anbetung des gol¬ denen Kalbes, des Hauptgötzen unserer Tage, genugsam überzeugen können. Ich unterlasse es, noch weitere verwandte Züge aufzuzählen, wie sie gemein¬ sam hervorragende Merkmale unserer Zeit und die Erscheinungen unserer Krank¬ heit bilden. Ich wende mich zu einem andern Theile meiner Aufgabe, nämlich zur Unter- Digitized by LjOOQle 68 suchung, ob sich für die verwandten Erscheinungen auch gemeinsame in den Ver¬ hältnissen der Gegenwart liegende Ursachen auffinden lassen. Das, was unser Jahrhundert gewissermaassen als seine Signatur aufweist, sind vor Allem die durch den Aufschwung der technischen, der Naturwissenschaften überhaupt herbeigerührten Veränderungen unserer Erwerbs-, Verkehrs- und Be¬ völkerungsverhältnisse. Die Vereinfachung und Erleichterung der Gewinnung des Lebensunterhalts für Tausende von Menschen, die Bildung einer Menge von stark bevölkerten Ar- beitscentren auf Kosten der Bevölkerung des platten Landes, die Massenproduction aller möglichen Lebensbedürfnisse, die Gründung colossaler Vermögen in den Händen Einzelner, waren die unmittelbaren Folgen dieser Verhältnisse. Wir sehen diese neuen Verhältnisse bald mannigfaltige Wirkungen auf das geistige Leben der Menschheit der Gegenwart ausüben. In erster Linie begegnen wir einer viel allgemeineren Antheilnahme der Menschen an den geistigen Bewe¬ gungen unserer Zeit, als sie den vergangenen Jahrhunderten eigen war. Während früher die grosse Masse des Volkes stumpf und träge, ohne Inter¬ esse und Verständniss, oder günstigsten Falles als ruhige Beobachter den geisti¬ gen Kämpfen der Zeit gegenüberstanden, oder höchstens zur Zeit ihrer Hochfiuth mechanisch mit fortgerissen wurden, sind es gerade jetzt die Massen, die die Trä¬ ger gewisser Zeitideen auf dem Gebiete der Politik und der Einrichtung der Ge¬ sellschaft bilden und als die leidenschaftlichsten Kämpfer für ihre Durchführung dastehen. In zweiter Linie haben das gedrängte Beieinanderwohnen, ein rasches An¬ wachsen der Bevölkerung mit ihren Folgen und die Schwankungen unserer In¬ dustrie und ihres Absatzes, einen in allen Beziehungen aufs höchste gesteigerten Kampf um’s Dasein erzeugt, dessen Wecbselfälle um so intensiver einwirken muss¬ ten, als sie bald einen excessiv gesteigerten und ungeregelten Lebensgenuss er¬ möglichten, bald mit schwerem Mangel und Entbehrungen auch der nothwendig- sten Lebensbedürfnisse verbunden waren. In dritter Linie ist es ein intensives Streben , das die Menschen der Gegen¬ wart beseelt, hinaus zu gelangen über die angestammten und anererbten Verhält¬ nisse. Eine allgemeine Unzufriedenheit mit dem Bestehenden treibt die Menschen an, es vorwärts zu bringen, sei’s in eine höhere Stelle zu gelangen, sei’s reich zu werden etc. etc., wozu die grosse Leichtigkeit, womit man zu oft grossem Ver¬ mögen und dadurch zu gesellschaftlicher Geltung gelangen konnte, anspornte. Ein aufreibender Ehrgeiz, eine verzehrende Sucht nach Besitz, Geltung, nach Erfolg überhaupt, tritt einem in allen gesellschaftlichen Schichten entgegen. Es sind alle diese Factoren in einer viel stärkeren Weise wirksam, als je zuvor und sie bedeuten physiologisch gesprochen nichts anderes, als dass in den Verhältnissen der Gegenwart das Hirn der Menschen viel grössere Leistungen zu vollführen hat, dass Hirnstoff und Hirnkraft viel stärker wie sonst, ja in unver- hältnissmässiger Weise in Anspruch genommen werden. Es ist jeder denkende Mensch in der Gegenwart darüber klar, dass es, um die das Hirn erwartenden ausserordentlichen Leistungen zu befriedigen, dazu kräf- Digitized by LjOOQle 69 tiger, wohlausgestatteter Gehirne bedarf. So ist denn der Mahnruf ein allgemei¬ ner geworden nach Bildung und abermals Bildung, indem man annimmt, dass durch Ausbildung und Steigerung dieses Factors die Schäden und Gefahren , die unverkennbar im Leben der Gegenwart immer drohender zu Tage treten, ihre Verminderung, wenn nicht gar ihre Heilung finden könnten. Man bemüht sich, die heranwachsenden Generationen auszurüsten mit einer Fülle geistigen Materials, das für alle die sie erwartenden Wechselfälle und Aufgaben im Leben die hin¬ länglichen Fonds zu ihrer Ueberwältigung böte. Es besteht ein wahrer Wetteifer in den maassgebenden Kreisen, der Jugend ein immer mehr umfassendes Wissen beizubringen. Wenn wir die Lehrpläne unserer mittlern und höhern Schulen bei¬ der Geschlechter betrachten, so gibt es wenig mehr in allen Gebieten des Wissens, das nicht darin eine Stelle als Lehrgegenstand fände. Die Kinder werden vom frühen Morgen bis zum Abend mit Wissenschaft genährt, und noch nicht genug, es wird dafür gesorgt, dass sie bis in die Nacht hinein sich mit der Ueberwälti¬ gung des Lernstoffes plagen müssen. Man sucht auf solche Weise die Gehirne der frischen Generationen auf das höchste Maass ihrer Leistungs- und Ertragsfähigkeit zu bringen. Ich gestehe es gerne, dass auch ich in der Bildung und im Wissen ein wichtiges Mittel sehe, um den harten Kampf des Lebens ordentlich bestehen zu können. Ich halte daher die Absicht unserer Staatsmänner für eine zweifellos gute; aber wie sie erreicht werden will, muss immerhin ernste Bedenken von ärztlicher Seite erregen. Ganz abgesehen davon, ob denn wirklich das Wissen allein das ist, was die Jugend für’s Leben bedarf, muss man sich doch wohl fragen, ob nicht ein solches Verfahren, an den jugendlichen, erst in der Entwicklung begriffenen Gehirnen in Anwendung gebracht, auf eine grosse Anzahl derselben zum allerwenigsten auch überreizend und krankhaft erregend wirken müsse? Ob es anders möglich sein kann, als dass diesen Ueberreizungen naturnothwendig in einer grossen Anzahl von Fällen eine Abspannung und Abschwächung folgen muss, die nicht nur den ursprünglichen Zweck nicht erreichen lässt, sondern die Betreffenden selbst blei¬ bend beschädigt? Es ertragen eben doch nur die vollkräftigen Gehirne, die mehr als Mitteltypen repräsentiren, die an sie gestellten Zumutbungen, während die die überwiegende Mehrzahl bildenden übrigen ihnen nicht gewachsen sind. Ich habe die Ueberzeugung, dass Mancher schon von der Schule weg ein schwaches, in seiner Leistungs- und Widerstandsfähigkeit herabgesetztes Hirn mitgenommen hat, das, statt grossem und stärkern Anforderungen gewachsen zu sein, schon den gewöhnlichen schwierigen Verhältnissen erlegen ist, wie sie das Leben mit sich bringt. — In diesen Momenten theils angeborener, theils erworbener Hirnschwäche als Grundlage, in Verbindung mit den spätem erregenden Momenten sehe ich zwar nicht die unmittelbaren directen Quellen der paralytischen Geisteskrankheit; aber ich sehe darin den Samen, aus dem bei günstiger Befruchtung die schlimme Frucht erwachsen muss. Ich sehe dadurch den Boden geschaffen, die Disposition für die spätere Erkrankung. Es bedarf jetzt nur weiterer erregender Momente, wie sie z. B. alcoholische, Absinth und geschlechtliche Excesse, ungewohnte geistige An- Digitized by Google 70 strengungen, erregende Affecte, die Hirnirritation durch Kopf-Erysipele oder an¬ dere fieberhafte Krankheiten, wie sie Insolation, strahlende Wärme, cessirende Menses oder Hämorrhoiden und Fussschweisse mit sich bringen, und die nun aus¬ brechende Krankheit ist ätiologisch hinlänglich klargelegt. Ich will damit nicht sagen, dass es keinen andern Weg gibt als den ange¬ gebenen, der zur Paralyse führt, sondern nur, dass der angegebene der nach mei¬ nen Erfahrungen regelmässigste und häufigste ist. Statt der durch Vererbung an¬ geborenen Hirnschwäche, statt der erregenden und erschöpfenden Einflüsse des täglichen Lebens können langdauernde hochgradige Excesse, die das frischeste Lebensmark verzehren, mit ihrem häufigen Gefolge von tiefgreifenden Constitutions¬ anomalien besonders specifischer und alcoholischer Natur, kann ein aufreibender Kampf um’s Dasein, können Traumen, Schädelverletzungen, schwere langdauernde Krankheiten treten, die die Krankheit erzeugen; aber immerhin glaube ich, dass die Momente letzterer Art viel seltener der Krankheit der Paralyse zu Grunde liegen. Auf Grund dieser Anschauungen verliert eine Anzahl von Thatsachen im Ge¬ biete der Aetiologie der Paralyse ihr Auffallendes. In ihnen liegt die einfache und natürliche Erklärung dafür, dass um so viel mehr Männer als Frauen von der Krankheit ergriffen werden; denn erstere sind es, die allen fraglichen Schädlich¬ keiten vorzugsweise ausgesetzt sind. Ebenso natürlich erklärt sich dadurch das Auftreten der Krankheit im Alter von 35—45 Jahren, also in und nach dem Ablaufe derjenigen Lebensperiode, in der dem Nervensystem die grössten Leistungen zugemuthet werden, in der durch gesteigerte Arbeit und gesteigerten Genuss, durch intensivstes Empfinden und Streben, mit Nervensaft und Nervenkraft rücksichtslos gewirthsebaftet wird. Darin liegt die Ursache, dass mehr die Bewohner der grösseren Städte als die des platten Landes der Krankheit verfallen. Ferner liegt hierin der Grund, dass die Krankheit vorzugsweise in Mitteleuropa und Nordamerika auftritt, wäh¬ rend der Süden Europa’s, Amerika’s und der Orient in viel geringerem Maasse daran betheiligt sind. Es sind diejenigen Länder und Staaten, die von den geistig strebsamsten, ihrem Gefühlsleben nach am höchsten entwickelten, den mannigfal¬ tigsten Einwirkungen eines erhöhten Culturlebens am meisten ausgesetzten Men¬ schen bewohnt werden. Eine andere Frage ist, ob auch gewisse Stände und Lebensverhältnisse vor¬ zugsweise unter diesen Einflüssen stehen. Es ist bekanntlich in jedem Buche über Psychiatrie zu lesen, dass es von den Männern besonders Officiere, Kaufleute und Fabrikanten, sodann überhaupt die »viel und volllebigen turgescirten Naturen“, dass es »die Classe der in verzehrenden, ehrgeizigen Bestrebungen sich bewegen¬ den Politiker, Dichter, Künstler und Virtuosen, die Classe der höheren Weltmänner, die mit höherer Bildung starke Sinnlichkeit verbinden;“ s . Maudsley, »Menschen im Vollgenusse der Gesundheit und auf der Mittagshöhe ihrer Manneskraft;“ dass cs endlich „der Leidenschaft des Erwerbens und Geniessens hingegebene Speculan- ten, Politiker, Weltmänner“ sind, die der Paralyse verfallen. Ich glaube, man hat in dieser Beziehung mehr unter dem Einflüsse einzelner Digitized by Google JQP • T - 71 — ergreifender Erfahrungen, als auf Grund zuverlässigen statistischen Materials die bekannten poetischen und phrasenreichen Schilderungen der Aetiologie der Para¬ lyse entworfen. Dazu kommt noch, dass früher weit mehr Paralytiker aus den bessern Lebensclassen als aus den geringeren in die Irrenanstalten kamen. Ich kann wenigstens nach meinen Erfahrungen diese obigen Prävalenzen nicht bestä¬ tigen. Ich habe im Gegentheile vorzugsweise Menschen von ganz gewöhnlichen Anlagen und Eigenschaften, viele solche unter dem mittleren Maasse begabte, die den verschiedenen mittleren oder niederen Ständen und Classen der Gesellschaft Angehörten, ja nicht selten geradezu wirkliche Schwächlinge in geistiger und kör¬ perlicher Beziehung paralytisch werden sehen. Es spricht für diese Auffassung auch das Auftreten der Paralyse bei den Frauen, bei denen es statistisch sicher gestellt ist, dass nur ausnahmsweise Frauen aus den besseren gebildeten, geistig sich beschäftigenden Kreisen paralytisch wer¬ den, während wir die Paralyse bei Frauen aus den mittlern und niedern Ständen ziemlich häufig auftreten sehen. Es sind Sorgen, Entbehrungen, vorangegangene Anstrengungen, ein aufreiben¬ der Daseinskampf, puerperale Vorgänge, plötzlich cessirende Menses, die Zeit des Climacteriums, die wir, sich immer wiederholend, als Ursachen angegeben sehen. Die nämlichen Gelegenheitsursachen im Ganzen spielen auch im männlichen Ge- scblechte die gleiche Rolle, wozu bei ihnen statt der abnormen menstrualen und puerperalen Vorgänge noch erlittene Traumen, Hirnerschütterungen, Erkältungen, Durchnässungen, grosse Strapatzen kommen. Es erübrigt noch zu erwähnen, dass stets die Paralyse mit Excessen in Baccho und Venere, besonders mit letzteren und mit vorangegangener Syphilis ätiologisch in Zusammenhang gebracht wurde. In Frankreich waren es seiner Zeit Lallemand und Cavalher , in Deutschland Neumann , in England Maudsley , Sheppard , Shanlkey , die io sexuellen Excessen theils die hauptsächliche, theils die alleinige und ausschliess¬ liche Quelle der Paralyse sahen. Ich habe auf Grund langer Erfahrung die Ueber- zeugung gewonnen, dass nicht nur diese Annahme eine im hohen Grade übertrie¬ bene, sondern dass überhaupt solche Excesse durchaus weniger eine ätiologische, als vielmehr eine symptomatologische grössere Rolle spielen. Excesse in Baccho und Venere kommen im ersten Stadium der Paralyse als regelmässige Symptome vor, leiten selbst vielfach die eigentliche Krankheit ein als die ersten der Umge¬ bung auffallenden Erscheinungen, während ich diesen Verhältnissen als ausschliess¬ lichen Ursachen der Krankheit relativ selten begegnet bin. Sodann hat man häufig die constitutioneile Syphilis gerne mit der Paralyse in ätiologischen Zusammenhang gebracht. Eine Reihe guter nordischer Beobachter (aus Schweden, Norwegen, Dänemark), in Deutschland Jessen und Erlenmeyer sen., haben sogar direct die Paralyse für Hirnsyphilis erklärt. Ohne gerade soweit zu gehen, haben andere Forscher wenigstens sehr innige Beziehungen zwischen beiden Krankheiten gefunden. (Simon, Mendel). Bekanntlich hat auf Anregung Mendets dieser Gegenstand im Schoosse der Berl. medic.-psychol. Gesellschaft eine sehr eingehende und lebhafte Erörterung io jüngster Zeit hervorgerufen. Mendel behauptete, dass bei 76% seiner Paralyti- Digitized by LjOOQle 72 ker Syphilis vorangegangen sei, während Westphal, Wernikc und Lewin , wie früher andere Beobachter (Clomion , Skä , Voisin , Fournier) diesen Zusammenhang zurück- wiesen. Ich muss gestehen, dass auch mir im Verlaufe der letzten 7 Jahre bei den männlichen Paralytikern in einem gegenüber früheren eigenen Beobachtungen auffallend häufigen Verhältnisse vorangegangene syphilitische Infection angegeben wurde. Es war in einer kleineren Anzahl dieser Fälle möglich, bei der Section hinlänglich beweisende extraccrebrale specifische pathologisch-anatomische Ver¬ änderungen zu finden. Ich bemerke, dass Symptome und Verlauf dieser Fälle von denen der gewöhnlichen Paralyse sich nicht unterschieden, insbesondere, dass eigentliche Hirnlues nach diesen klinischen Momenten nicht angenommen werden konnte. Trotzdem möchte ich doch der Syphilis im Ganzen keinen weitern Einfluss auf die Paralyse vor der Hand zuweisen, als den eines die Constitution verschlech¬ ternden Momentes. Ich möchte dabei immerhin die Angelegenheit nicht nur nicht für erledigt, sondern gegenwärtig selbst noch nicht einmal für spruchreif halten, wie ich vor 10 Jahren sie nicht für spruchreif gehalten habe. Ich fasse das Gesagte nochmals dahin zusammen : a) Dass allerdings in den gesellschaftlichen und den Lebensverhältnissen der Gegenwart überhaupt Keime enthalten sind, die schädigend auf unser centrales Nervensystem einwirken und es daher zu einer späteren Erkrankung geneigt machen. b) Dadurch, dass dieselben reizend und schwächend auf dasselbe einwirken, ist zwischen ihnen und der paralytischen Geistesstörung einen nähern Zusammen¬ hang anzunehmen wohl gestattet. c) Es nehmen dadurch psychische Krankheitsprocesse, die sonst als einfache Störungen verlaufen waren, den paralytischen Charakter an. d) Es ist in der Paralyse somit nicht eine eigentlich neue psychische Krank¬ heitsform aufgetreten, sondern es hat sich ein Theil der früher als einfache Psy¬ chosen verlaufenden Krankheitsfälle in solche schwereren Charakters verwandelt. e) Man hat somit wohl die Berechtigung, die Paralyse in diesem Sinne als eine Krankheit unseres Jahrhunderts zu bezeichnen. Die chirurgische Antisepsis und die gerichtliche Medicin. Habilitationsvorlesung, gehalten am 10. November 1880 von Dr. Hans V. Wyst in Zürich. (Schluss.) Und nun stehen wir vor der Frage , die unser eigentlichstes Thema berührt, welches Maass von Verantwortung trifft den Arzt, der bei Behandlung von Wun¬ den die antiseptischen Cautelen verabsäumt und welche Wegleitung haben wir dem Richter zu geben, wenn jener für entstandenen Schaden zur Rechenschaft gezogen wird. Bereits ist von einer Seite •) der Versuch gemacht worden, wenigstens in der *) v. Nussbaum , Einfluss der Antiseptik auf die gerichtliche Medicin. München, bei Finsterlin, 1880. Digitized by LjOOQle 73 Theorie den nachlässigen Antiseptiker vor den öffentlichen Richterstuhl zu ziehen. Wir können uns an dieser Stelle nicht versagen, etwas näher auf die Argumenta¬ tion dieser Stimme, die einem hervorragenden Vertreter der klinischen Chirurgie angehört, einzutreten, da sie auf den ersten Anschein wirklich viel Bestechendes hat. Wenn Prof, v . Nussbaum dabei die Absicht hatte, seinen Zuhörern die Wich¬ tigkeit des antiseptischen Verfahrens und die Gefahren der Vernachlässigung des¬ selben recht drastisch vor Augen zu führen , so haben wir zunächst dagegen gar nichts einzuwenden. Nachdem er, reeapitulirend, die Geschichte der Antiseptik in kurzen Zügen wiedergegeben und durch Beispiele erläutert, citirt er zwei Pa¬ ragraphen des deutschen Strafgesetzbuchs. Der eine betrifft die auf fahrlässige Tödtung gesetzte Strafe, wobei die Fahrlässigkeit eine active oder passive sein kann, der andere betrifft die Strafe der fahrlässigen Körperverletzung, wobei als Erschwerungsgrund noch beigefügt wird: Fahrlässige Tödtung oder Körperver¬ letzung von Seite eines Thäters , der zu der Aufmerksamkeit, welche er ausser Acht Hess, vermöge seines Amtes, Berufes oder Gewerbes, besonders verpflichtet war. Nussbaum will nun diese Paragraphen ohne Weiteres da angewendet wissen, wo ein ärztlich behandelter Verwundeter oder ein Operirter an Erysipelas oder Pyämie gestorben ist und der behandelnde Arzt entweder gar kein antiseptisches Verfahren eingeschlagen oder Fehler in demselben begangen hat, worunter auch die Fahrlässigkeit mit Bezug auf Desinfection seiner eigenen Person, ferner der angewandten Instrumente und Utensilien begriffen sein soll. Sehen wir nun zu, ob damit in der That der richtige Weg angedeutet ist. Verhielte es sich in der That so, wie v . Nussbaum sagt, dass überhaupt kein Fall von Erysipelas oder Pyämie bei antiseptischer Behandlung Vorkommen könne, wäre die Sachlage ferner so, wie er allerdings nicht sagt, dass alle nicht antiseptisch be¬ handelten Verwundeten an den genannten Krankheiten sterben müssen, so wäre die Frage dann einfacher in dem von v. Nussbaum gewollten Sinne zu entscheiden. Dass der zweite angeführte Punct glücklicherweise nicht zutrifft, darüber wäre es unnütz ein Wort zu verlieren, und was den ersten Punct anbetrifft, so wird auch wohl der überzeugteste Antiseptiker zugeben müssen, dass trotz antiseptischer Be¬ handlung hie .und da noch ein Verwundeter an einer der genannten accidentellen Krankheiten stirbt, ohne dass er dafür den Grund strenge nachzuweisen vermag.*) Wer gewissenhaft ist, wird wohl geneigt sein, bei diesen unglücklich verlaufenden Fällen irgend einen Fehler in der Behandlung anzuschuldigen, wird denselben auch öfter nachweisen können, dagegen manchmal auch nicht, und wird also dann zugestehen müssen, dass ihm die specielle Ursache für den Eintritt der genannten Krankheit im individuellen Falle unbekannt sei. Und nun, verehrteste Anwesende, erlaube ich mir zu fragen, hiesse es nicht, die oben bezeichnete Sachlage als richtig zugegeben, wieder gänzlich in den alten Fehler der gerichtlichen Medicin vergangener Zeit zurückfallen, wenn wir Aerzte die Justiz nöthigen wollten, den Schluss als absoluten zu acceptiren, der Verwun¬ dete ist wegen Mangels an antiseptischer Behandlung gestorben, daher fahrlässige *) Vgl. über die Frage Centralbl. f. Chirurgie 1880, S. 378 u. 490. Digitized by Google 74 Tödtung von Seite des behandelnden Arztes! Gegen eine solche Auffassung werden wir uns allen Ernstes zu wehren haben, besonders wenn v. Nussbaum will, dass die Antiseptik durch einen Gesetzesparagraphen anbefohlen werde. Es würde dies ohne Zweifel der erste Fall sein, dass ein speciell therapeutischer Grundsatz Gegenstand eines Gesetzes von Seite des Staates wird, denn Schutzmaassregeln gegen Epidemien lassen sich damit doch nicht auf die gleiche Stufe stellen. Wie man sich die Consequenzen solcher Grundsätze in die Praxis Übertragen zu denken habe, will ich weiter hier nicht ausmalen, da sie ad absurdum führen. Jedenfalls müsste ein sachverständiger College den behandelnden Arzt stets bei seinem Thun und Lassen überwachen, um nötigenfalls als Zeuge dafür auftreten zu können, dass einmal eine Pincette oder dergl. nicht dcsinficirt worden sei. Da- gegen kann ich nicht unterlassen, hier auf einen weiteren Punct aufmerksam zu machen. Denke man sich den Fall einer nicht gerade schweren Körperverletzung, die bei einem Raufhandel vorgekommen ist. Der betreffende Verwundete sei vielleicht erst nach einiger Zeit in ärztliche Behandlung gekommen. Es sei für dieselbe das früher gewöhnliche Verfahren ohne Anwendung antiseptischer Mittel eingeschlagen worden und nach Hinzutreten eines schweren Erysipelas sei der Tod eingetreten. Der zur Begutachtung aufgefordertc Gerichtsarzt würde nun also nach obigen Grundsätzen zu erklären haben, die Verletzung sei an sich eine leichte gewesen, durch Vernachlässigung der Antiseptik aber sei Erysipelas dazu getreten und diese Krankheit habe den Tod herbeigeführt. Dem Richter würde nun, falls er conse- quenterweise nach v. Nussbaum verfahren wollte, nichts übrig bleiben, als den Thä- tor mit einer sehr gelinden Strafe davonkommen zu lassen, den behandelnden Arzt aber wegen fahrlässiger Tödtung zu verurtheilen. Ob ein solches Verfahren gerecht genannt werden dürfte, mag Jeder selbst beurtheilen. Wäre nämlich der Verstorbene gar nicht ärztlich behandelt worden und es wäre danach derselbe Ausgang eingetreten, so müsste doch die Verletzung nothwendig als Todesursache anerkannt werden. Wäre endlich die Behandlung durch einen Quacksalber erfolgt, dem man ein Vertrautsein mit der Antiseptik nicht zumuthen darf, so könnte demselben ebenfalls die fahrlässige Tödtung nicht zur Last gelegt werden. Es ergibt sich daher sehr bald, dass in der Praxis an eine consequente Durch¬ führung der von v. Nussbaum aufgestellten Grundsätze nicht zu denken ist, selbst bei noch so fester Ueberzeugung von der Bedeutung des antiseptischen Verfah¬ rens. Wir erkennen darin nur eine Bestätigung der schon oft gemachten Erfah¬ rung, dass es in der gerichtsärztlichen Praxis verkehrt ist, in Fällen, wo indivi¬ duelle Momente die wesentlichste Rolle spielen, nach a priori aufgestellten Cate- gorien urtheilen zu wollen. Dies gilt um so mehr für das uns speciell beschäfti¬ gende Gebiet, wo auch die wissenschaftlichen Fragen keineswegs allseitig gelöst sind. Wenn wir uns also nicht entschliessen können, der von v . Nussbaum beschrit- tenen Bahn zu folgen, fragt es sich, ob das antiseptisebe Verfahren gar keine Be¬ rücksichtigung von Seite der gerichtlichen Medicin verdiene, d. h. ob es bei der Digitized by LjOOQle 75 — gerichtsärztlichen Beurtheilung von Verletzungen gar nicht darauf ankomme, nach der Behandlung 9 weise derselben zu fragen. Es kann dies offenbar nicht richtig sein. Schon die einfache Erwägung, dass die vollständige Erhebung des That- bestandes auch eine Berücksichtigung der Behandlung des Verletzten noth- wendig macht, zeigt, dass dieselbe auch Gegenstand gerichtsärztlicher Erörterung werden muss. Die Frage nach der Behandlung eines Verletzten steht aber offen¬ bar zunächst ganz ausser Zusammenhang mit denjenigen, welche den der Zufü¬ gung einer Verletzung Angeklagten betreffen. Selbst in dem Falle, dass der Ge¬ richtsarzt zu erklären hätte , es sei der Tod nach der Verletzung blos dadurch erfolgt, dass eine accidentelle Wundkrankheit hinzugetreten sei und diese den Tod herbeigeführt habe, während die Verletzung an sich keine Gefahr bedingt hätte, selbst in diesem Falle, sage ich, hätte derselbe erst abzuwarten, bis eine Anklage wegen vernachlässigter Behandlung erfolgt und er deshalb neuerdings zur Begutachtung aufgefordert wird, ehe erden behandelnden Collegen der Fahrlässig¬ keit zeiht. Gesetzt nun aber, es sei nach einer zufälligen Verletzung Erysipelas oder Pyämie eingetreten, der behandelnde Arzt habe antiseptische Cautelen verabsäumt und es sei nachher eine Anklage auf Fahrlässigkeit in der Behandlung des Ver¬ letzten erfolgt, so wird selbst in diesem Falle dem Gerichtsarzt, wenn er der Wahrheit dienen und nicht oberflächlich urtheilen will, vorläufig kein anderer Aus¬ weg bleiben, als möglichst genau die Chancen einer solchen Verletzung mit Bezug auf das Hinzutreten accidenteller Wundkrankheiten anzugeben, dagegen wird er nicht etwa blos schablonenmässig erklären, dies Erysipel oder diese Pyämie ist deswegen eingetreten, weil der Verletzte nicht antiseptisch behandelt worden ist. Der letztere Schluss wäre, so verlockend er auch erscheinen mag, doch entschie¬ den unrichtig, es wäre höchstens erlaubt zu sagen, die Gefahr des Eintritts einer der genannten Krankheiten wäre durch richtige antiseptische Behandlung um so und so viel vermindert worden. So weit wird man allerdings gehen dürfen, einen Arzt dafür zur Verantwor¬ tung zu ziehen, wenn er bei Behandlung äusserer Verletzungen oder bei Operatio¬ nen nachweisbar alle Vorsicht mit Bezug auf Antisepsis vernachlässigt hat, vor allen Dingen dann, wenn er bei Gelegenheit zu directer Infection der Wunde die nöthige Vorsicht versäumte. Wer zum Beispiel frisch von einer Section weg ohne vorhergehende gründliche Desinfection *) eine Ovariotomie vornimmt, oder einen Uterus ausräumt, handelt gewissenlos, und hat die Verantwortung für schlimme Folgen zu tragen. Dies wird heutzutage Niemand bestreiten. Anders aber stellt sich die Frage, wenn es sich um die Methode der Wundbehandlung handelt. Noch sind kaum 10 Jahre vergangen, seit dieses wissenschaftliche Thema so weit abgeklärt ist, dass feststehende Grundsätze darüber Gemeingut der Aerzte geworden sind, ja wir dürfen auch jetzt noch nicht sagen, dass sie Gemeingut aller Aerzte seien. Diese Grundsätze beziehen sich ebenso wohl auf Thun als auf Unterlassen, ihre Anwendung in praxi gestattet mancherlei Modificationen, ja # ) S. Volhn%ann } Centralbl. f. Chirurgie S. 417, dessen Anweisung betreffend diesen Punct uns maassgebend ist. Digitized by LjOOQle 7ß wir können sagen, dass es vielleicht nicht zwei Chirurgen gibt, die ihre Verletzten und Operirten genau gleich behandeln. Der Eine wendet den Spray an, der An¬ dere lässt ihn weg, ja will ihn direct verboten wissen, wie Sie aus einer neuesten Publication*) erfahren haben, die Zahl der Antiseptica ist eine grosse, die Art ihrer Anwendung verschieden, eine Statistik über die Resultate zwar vorhanden, aber doch noch sehr der Erweiterung bedürftig. Bei solcher Sachlage erscheint es begreiflich, wenn das Urtheil über die Hand¬ lungsweise eines Arztes, das immer zu den schwierigsten Aufgaben, die dem Ge¬ richtsarzt zu Theil werden, gehört, ganz besonders hier sich sehr erschwert und es biesse wirklich ein hochmüthiges Pharisäertbum predigen, wenn man in der gegenwärtigen Zeit einen Arzt dafür zur Verantwortung ziehen wollte, dass er dieses oder jenes bestimmte antiseptische Verfahren bei einem Verwundeten oder Operirten nicht angewendet habe. Sollte eine Anklage wegen Fahrlässigkeit in dieser Beziehung in der That Vorkommen, so wird nur die genaueste Berücksich- tigung aller Details des individuellen Falles ein ungerechtes und einseitiges Gut¬ achten vermeiden lassen Wird nach diesen Grundsätzen in praxi verfahren, so dürfte der Fall kaum eintreten, dass eine leichtsinnige Verurtheilung eines Arztes aut schabloncnmässige Anwendung theoretischer Lehrsätze hin erfolgt, dagegen ebenso wenig wirklich fahrlässiges Handeln zu leicht gewogen werden. Aus dem Gesagten geht hervor, dass wir überhaupt die Meinung, es müsse das Wohl der Verletzten vorzugsweise unter den Schutz der Gerichte und des Gesetzes gestellt werden, nicht theilen können, sondern sie zurückweisen müssen. Das ärztliche Handeln durch Gesetze reguliren zu wollen, bedeutet einen gewalti¬ gen Rückschritt. Wer soll ein solches Gesetz handhaben? Zunächst wird die Con- trole jedenfalls von dem Betroffenen selbst, also gewöhnlich einem Laien, ausge¬ übt werden. Dass durch derartige Vorschriften zunächst blos Misstrauen gegen die Aerzte gesäet würde, liegt auf der Hand So gewissenhaft ein Arzt in der Darreichung innerer Mittel verfährt, wenn ihm deren Wirkungsart einmal bekannt ist, ebenso gewissenhaft wird er seine Verwundeten behandeln, sobald er die Gefahren kennt, die sie bedrohen und sobald ihm die Mittel geläufig sind, diese Gefahren zu vermeiden. Thut er es nicht, so wird ihn auch kein Paragraph des Strafgesetzes bessern. Die Vertrauensstellung und die Verantwortlichkeit, welche der Arzt besitzt, lassen sich einmal nicht in Regulative zwingen. Aber, wird man einwenden, die Gewissenhaftigkeit, ja selbst die blossen Kenntnisse des Arztes genügen eben nicht zur wirksamen Durchführung der Antisepsis. Es bedarf dazu ausserdem der practischen Uebung und Durchbildung, sonst werden immer Fehler gemacht werden, welche die Wirksamkeit der genannten Methode der Wandbe¬ handlung in Frage stellen, ja geradezu vereiteln werden. Es werden also, ganz abgesehen von der allgemeinen Anforderung an die Aerzte, um eine Garantie zu gewinnen für die Sicherheit der Verwundeten und Operirten, noch ganz besondere Vorschriften nothwendig sein, damit die Aerzte sich wirklich dazu verstehen, sich das richtige Verfahren zu ihrem Eigenthum zu machen. •) Fort mit dem Spray ! von Prof. Bruns. BerL klin. Wochenschr. 1880, Nr. 48, S. 609. Digitized by LjOOQle 77 Wir glauben nun, dass der Weg, hieflir ein Gebot zu erlassen, wiederum der unrichtige wäre. Soll eine Heilmethode zum ärztlichen Gemeingut werden, so darf sie nicht allzu viel Apparat erfordern und muss eine gewisse Einfachheit be¬ sitzen, da sie sonst allzu leicht der Vorwurf des Unpractischen trifft. Der noch zu erzielende Fortschritt wird also nicht darin liegen, die Aerzte durch strenge Gebote auf eine complicirte Methode gleichsam verpflichten zu wollen, sondern bei strenger Festhaltung des antiseptischen Princips auf thunlichste Erleichterung und Vereinfachung des practischen Verfahrens hinzuarbeiten. Darin wird die beste Garantie liegen, dass das Princip auch in der Praxis wirksam befolgt wird. In geburtshülflichen Fällen werden dieselben Principien zur Geltung kommen müssen. Ueber die antiseptische Behandlungsmethode des Wochenbettes gehen ja die Ansichten noch bedeutend aus einander und es wird um so weniger an- gehen, dafür bindende Vorschriften aufstellen zu wollen. Dagegen erscheint hier die Prophylaxis der Infection gegenüber um so mehr als ein Gebot der Pflicht und in diesem Sinne wird es nicht zu viel gefordert erscheinen, wenn bei grober Vernachlässigung der Vorsicht der Arzt soll zur Verantwortung gezogen werden können. Wird ja dasselbe gegenüber den Hebammen gethan.*) Nach Besprechung der Grundsätze, wie wir sie beim gegenwärtigen Stande der antiseptischen Wundbehandlung von Seite des Gerichtsarztes in streitigen Fäl¬ len angewendet wissen möchten, bleibt uns zu erörtern übrig, welche Aufgaben dem Gerichtsarzte selbst erwachsen, wenn er die antiseptischen Principien genau beobachten will. Wir haben von vorneherein zu erklären, dass wir mit Bezug auf diese Frage den von v. Nussbaum vertretenen Standpunct völlig theilen.**) Uebrigens hängt dieselbe mit derjenigen nach dem allgemeinen Verhalten des Gerichtsarztes dem behandelnden Arzte gegenüber zusammen. Als Princip glauben wir hier zunächst aufstellen zu sollen, dass der Gerichts¬ arzt vor allen Dingen Arzt ist, dass er, in welcher Eigenschaft er an das Kranken¬ bett treten mag, sich dessen in erster Linie bewusst sei. Es erscheint dies selbst¬ verständlich, und doch wird in der Praxis häufig scheinbar im Interesse der juri¬ stischen Seite gefehlt. Es werden Untersuchungen ohne Mitwissen der behandeln¬ den Collegen angestellt, Verbände entfernt, die Wunden manipulirt, mit Sonden darin herumgestöbert u. s. w. Dies Alles im Interesse der Erhebung eines ge¬ nauen Thatbestandes, oft aber zum Nachtheil des Patienten und zum Verdruss des behandelnden Collegen. Es wird oft ausser Acht gelassen, dass der Arzt, welcher den betreffenden Patienten in Behandlung genommen hat, damit auch die Verant¬ wortlichkeit für die Behandlung übernimmt und dass es nicht angeht, dass ein anderer Arzt ohne sein Vorwissen Dinge mit dem Patienten vornimmt, die, ob¬ schon sie anfänglich geringfügig erscheinen mögen, doch später ihre ernsten Folgen haben können. In der Verletzung dieser Regel sehen wir nicht blos ein Ausser- achtlassen der Courtoisie gegenüber dem Collegen, sondern eine Handlung, die mit der allgemeinen ärztlichen Aufgabe im Widerspruch steht, da sie unter Umständen *) Vgl. Frankenhauser etc. Centralbl f. Chirurgie 1880, S. 92. **) A. a. O. S. 24. Digitized by Google 78 eine Schädigung des Patienten herbeiführen kann. Es gilt dies ganz besonders für chirurgische Fälle, bei denen stets der Arzt, welcher die Behandlung über¬ nommen hat, zur gerichtsärztlichen Untersuchung beigezogen werden sollte. Es können nun vielfach Umstände eintreten, welche eine solche Untersuchung im ge¬ gebenen Zeitpunct überhaupt sehr beschränken oder unmöglich machen müssen. Wir brauchen blos an Fälle zu erinnern, bei denen Verbände angelegt sind. Nach unserer Auffassung halten wir es da nicht für gerechtfertigt, wenn der Gerichts¬ arzt jedesmal darum unbekümmert die Untersuchung vornimmt Er handelt ent¬ schieden nicht blos humaner, sondern auch sachgemässer, wenn er zunächst blos den Bericht des behandelnden Arztes entgegennimmt und eine allfällige Unter¬ suchung auf spätere Zeit verschiebt. In den meisten Fällen wird dadurch für das Gericht kein Nachtheil entstehen und die Interessen des Patienten bleiben bei diesem Verfahren besser gewahrt Mag auch dadurch hie und da eine UnVoll¬ ständigkeit oder Verzögerung in der Lösung der Aufgabe des Gerichtsarztes ent¬ stehen, so kann er doch durch Angabe der Gründe seines Verfahrens sein Ge¬ wissen wahren. Ganz besonders aber muss ein solches behutsameres Vorgehen in Fällen an¬ gezeigt erscheinen, wo es sich um äussere Verletzungen handelt, die einer Infec- tion unterliegen können. Es scheint uns selbstverständlich, dass der Gerichtsarzt bei seiner Untersuchung Alles zu vermeiden habe, was zur Infection, sei es mit seiner Person, sei es mit Instrumenten, Veranlassung geben kann. Ueberhaupt soll als Regel gelten, dass Wunden in blos gerichtsärztlichem Interesse nicht be¬ unruhigt werden sollen. Dieses Interesse kann ja auch nur ein scheinbares sein. Was soll es z. B. nützen, die Tiefe einer Wunde nach Millimetern genau anzu¬ geben, die vielleicht bereits verklebt ist, oder in einer Kopfwunde herumzusuchen, um eine Fissur des Schädels zu entdecken ? Das, was schliesslich das Gericht in- terossirt, ist doch der Ausgang der Verletzung und nicht die genaue Diagnose des Arztes.. Dass der Gerichtsarzt in antiseptisch behandelten Fällen für seine speciellen Zwecke ohne weiteres nicht cingreifen darf, liegt auf der Hand. Ein correct an¬ gelegter antiseptischer Verband muss unter allen Umständen ein noli me tangere bleiben, bis die bestimmte Indication zum Wechsel desselben gegeben ist. Es steht ja nichts im Wege , dass der Gerichtsarzt seine Untersuchung auf diesen Moment verspart und den ersten Befund, der ihm allerdings auf diese Weise ver¬ loren geht, vom behandelnden Arzt einzieht. Wer einen correcten antiseptischen Verband anzulegen versteht, wird auch über die Beschaffenheit der Wunde rich¬ tige Auskunft zu geben im Stande sein. Mögen diese Bemerkungen zunächst kleinlich und überflüssig erscheinen, so ist doch zu bedenken, dass in der Durchführung der antiseptischen Methode eben Alles an scheinbaren Kleinigkeiten hängt und nur der von der Wichtigkeit der¬ selben durchdrungene Chirurg darin etwas zu leisten im Stande ist. Wenn wir oben gezeigt haben, dass eine Vernachlässigung der Antisepsis unter Umständen dem Arzte allerdings als Fahrlässigkeit zugerechnet werden muss, wenn wir auch darüber kein besonderes Gesetz aufgestellt wissen wollen, Digitized by LjOOQle 79 so wird es auch Aufgabe des Gerichtsarztes sein, in erster Linie ihre Regeln zu befolgen und nie zu vergessen, dass das „nihil nocere“ über dem „fiat justitia“ steht. Kleinere ophthalmologische Mittheilungen. Von Dr. 0. Haab in Zürich. II. Parasitäre Augenkrankheiten. Von nicht zu unterschätzendem Einfluss auf die Ophthalmologie war in den letzten Jahren das Bemühen der Pathologen, organisirtc Gifte — Microorganismen, Micrococcen — als Entzündungs- und Krankheitserreger nachzuweisen und der Er¬ folg, mit dem dies in so vielen Fällen gelang. Diese wichtigen Arbeiten machte sich die Augenheilkunde rasch zu Nutze, um so mehr hiezu veranlasst, als ja ge¬ rade die erfolgreichen Impfungen auf die Cornea zu den sichersten Beweismitteln des deletären Einflusses gewisser Microorganismen auf lebende Gewebe sich ge¬ stalteten. So wurde dann die infectiöse Natur oder die durch parasitäre lnfection bedingte Complication mancher Augenkrankheit die Richtschnur nicht nur für eine richtige pathologisch-anatomische Anschauung, sondern auch für das therapeutische Handeln. Das Secret der Thränensackblenorrhoe wurde als im höchsten Grade infectiös erkannt (Schmidl-Rimpler , Stromeyer u. A.) und die fast immer bestehende Coincidenz von Ulcus serpens corneae (auch Hypopyonkeratitis genannt) mit Blenorrhce des Thränensackes machte klar, dass diese Geschwürsform wesent¬ lich durch lnfection von Seite jenes Secretes seinen eigenartigen Charakter und seine heftig destructive Einwirkung auf die Cornea erhält. Der Thränensackeiter aber wimmelt gewöhnlich von Micrococcen und die Proliferation dieser Organis¬ men in der Cornea lässt sich experimentell nachweisen. Auch bei der sogenannten neuroparalytischen Keratitis (nach Lähmung des Trigeminus) machte schliesslich der Nachweis (durch Eberlh ), dass es sich lediglich um eine Mycose der empfindungslosen und daher allen Verunreinigungen sich preisgebenden Cornea handle, dem langen Streit über die Natur dieser Er¬ krankung ein Ende. Es kann ein Mensch Jahre lang an Facialis-Paralyse leiden, so dass das Auge beständig offen steht, die Cornea wird doch durch jeweiliges Aufwärtsrollen des Bulbus von Staub und Schmutz gereinigt und vor Vertrock¬ nung geschützt. Sobald aber eine Trigeminuslähmung diese reflectorische Abwehr und Reinigung ausschaltet, wird im Lidspaltenbereich der Cornea sehr leicht zuerst Vertrocknung des Epithels und alsdann Eindringen schädlicher Keime stattfinden, die nun ungestört durch Proliferation ihr Zerstörungswerk vollbringen können. — Ganz analog gestaltet sich bei näherer Betrachtung die sog. Keratomalacie marantischer kleiner Kinder im Wesentlichen als eine Mycose. Es fallen wider¬ standslos die Corne® der Invasion von Coccen anheim und von kleinen Epithel- defecten, die im Lidspaltenbereich liegen, breitet sich rapid ein inficirtes Ulcus über die ganze Hornhaut aus. Ich konnte in einem solchen Falle, den mir Herr Prof. Homer zur Untersuchung überliess, — es handelte sich um Pemphigus neo¬ natorum — aufs klarste an den Geschwürsrändern gewaltige Micrococcenmassen nachweisen, welche spiessförmig sich zwischen die Cörneallamellen einschoben und Digitized by Google 80 diese auseinander sprengten, wodurch die in diesem Falle ungemein rasch sich vollziehende, fast totale Zerstörung beider Corneae verständlich wurde. Durch den Nachweis ferner, dass eine Immigration von Eiterkörperchen aus dem Conjunctivalsack in die Cornea hinein — durch irgend einen Epithelverlust ermöglicht — sehr oft statthabe, wurde ein Verständniss dafür gewonnen, wie bei infectiösen Conjunctivalprocessen — Blenorrhoea neonatorum, Conjunctivitis gonor¬ rhoica und diphtheritica — so gerne sich rasch ausbreitende Ulcera Corneae bil¬ den. Denn man kann ungezwungen annehmen, dass mit den immigrirenden Wan¬ derzellen auch Coccen aus dem Conjunctivalsack in die Cornea eindringen und dort dann als heftigster Entzündungsreiz wirken. Auffallend lange dauerte es aber, bis man in den infectiösesten Secreten, welche in der Augenheilkunde eine Rolle spielen, dem der Blenorrhoea neonatorum und der gonorrhoischen Blenorrhoe, wirklich Micrococcen, die man als Träger der Infection auffassen kann, auffand. Erst vor einem Jahre theilte Neisser *) mit, dass er in sieben Fällen von Blenorrhoea neonator. verschieden langer Dauer charakte¬ ristische Micrococcen in aufiällig reichlicher Anzahl im eitrigen Secret gefunden habe und zwar Micrococcen ganz derselben Art, wie er sie in allen untersuchten Fällen — es waren 35 — von Tripper gefunden hatte. Auch in zwei Fällen von gonorrhoischer Blenorrhoe des Auges (Infection durch Trippersecret) hatte er diese selben Micrococcen constatirt. Was den Tripper betrifft, so will Walton Cheyne**) auch schon anno 1879 Coccen im Secret gesehen haben. Nach eigenen vielfältigen Untersuchungen sowohl bei Blenorrh. neonat, als bei Blcnorrh. gonorrh. und bei Tripper kann icli die Schilderung, welche Neitser von seinen Micrococcen gibt, Punct für Punct und bis in alle Details bestätigen. Die Coccen, welche man constant im Secret der Blenorrh. neonat, findet, sind puncto Form, Grösse, Vertheilung etc. absolut gleich denen des Trippers. Ebenso die im Secret der gonorrh. Angenblenorrhoe gewöhnlich in grossen Mengen sich vorfinden¬ den. Ich konnte mit den stärksten Vergrösserungen keine Differenz zwischen die¬ sen drei Micrococcenformen auffinden. Ebenso wenig aber traf ich in irgend einer andern eitrigen Flüssigkeit, z. B. im Eiter eines Zahaabscesses, eines Hirnabscesses u. s. w. solche Micrococcen wie dort. Das infectiöse Secret der Thränensack- blenorrhoe, das ich in zahlreichen Fällen untersuchte, zeigt constant ganz andere Organismen (Diplococcen und Ketten) und ebenso das Secret gutartiger eitriger Conjuncti viten. Vermittelst der ausgezeichneten und höchst bequemen Koch 1 sehen Methode ist es jetzt sehr leicht geworden, diese Parasiten in den betreffenden Secreten aufzufinden. Nachdem ein Tröpfchen Eiter auf dem Objectträger in eine möglichst dünne Schicht au6gebreitet worden, lässt man dieselbe eintrocknen, wohl bedeckt vor Staub. Dann wird ein Tropfen einer wässrigen Lösung von Methylviolett (5 B.) oder Bismarckbraun (ersteres ist vor¬ zuziehen) darauf gegeben und wenn die eingetrocknete Schiebt genügend gefärbt erscheint, wird das Violett mit Wasser abgespühlt. Nun lässt man wieder eintrocknen (während aber das Präparat noch nass ist, kann man schon eine vorläufige Untersuchung vorneh¬ men) und gibt dann einen Tropfen Canadabalsam und das Deckglas darauf. Betrachtet mau ein solches richtig gefärbtes Präparat mit schwächerer Vergrösserung (Hartnack 7 *) Centralbl. f. d. med. Wies. 1879, Nr. 28. **) Brit. med. Joum. 1880, Nr. 1021. Digitized by LjOOQle 81 oder 9), so sieht man die proliferirenden Kerne der Eiterkörperchen und allfällige Kerne von Epithelsellen lebhaft, das Protoplasma aber der Zellen nur ganz schwach oder gar nicht gefärbt. Sodann aber fällt auf, dass einzelne Kerne von Eiterzellen viel stärker tingirt erscheinen als andere. Untersucht man diese mit stärkerer Vergrösserung (Immer*. 10 oder 13), so sieht man diese scheinbar stärkere Tinction darauf beruhen, dass auf diesen Kernen und darum herum grössere oder kleinere Häufchen intensiv dunkelviolett gefärbter Coccen liegen. Diese Coccen sind gross, rund, liegen selten einzeln da, sondern meist zu zweit beisammen oder es liegen ihrer vier nahe bei einander. Oft sieht man auch Biscuit- und Diplococcenformen, so dass man den Eindruck erhält, es finde hier eine rasche Vermehrung durch Zweitheilung statt Absolut charakteristisch nun ist, dass man diese Coccen nicht gleichmässig vertheilt, sondern immer in grössern und kleinern Gruppen durch das Präparat zerstreut findet und ferner, dass man diese Gruppen fast ausnahmslos auf Kernen von Eiterkörperchen antrifft oder nahe an solchen. Letztere Eigenschaft gibt diesen Blenorrhce- und Trippercoccen ein ganz charakteristisches Ge¬ präge. Denn so viele faulige oder sonst wie coccenhaltige Flüssigkeiten man auch unter¬ suchen mag, man wird nie diese fast ausschliessliche Gruppirung der Coccen auf Zell¬ kernen mit Freibleiben der interzellulären Partien des Objectes zu Gesicht bekommen, ln gewöhnlichem Eiter, der Micrococcen enthält (gewöhnlich sind dies Ketten- oder überall zerstreute Mono- und Diplococcen) finden sich diese in der Regel gerade nicht in oder über Eiterkörperchen, sondern mehr in der Flüssigkeit zwischen den Zellen oder es beherbergt wenigstens diese intorcelluläre Flüssigkeit die Mehrzahl der Coccen. Umgekehrt bei Blenorrhm und Tripper, was den Schluss erlaubt, dass hier die Organis¬ men hauptsächlich im Innern von Eiterkörperchen sich aufhalten und vermehren. — So lange Blenorrhrn- oder Trippersecret vorhanden war, habe ich auch die geschilderten Or¬ ganismen getroffen, sogar bei alten Nachtrippern. (Schluss folgt) "V ei*einst>ei*ioIite. Ordentliche Sommerversammlung der medicinisch-chirurgischen Gesellschaft des Cantons Bern. Samstag, den 3. Juli 1880, im Saale des Secundarschulhauses in Langnau. Präsident: Prof. Dr. Kocher . Secretär: Prof. Dr. Pflüger. Anwesend 32 Mitglieder und 3 Gäste. Das Präsidium theilt mit, dass von den von der letzten Sitzung schwebend gebliebenen Tractanden der Vortrag von Prof. Kocher über Radicalheilung des Krebses durch Publication in der deutschen Zeitschr. f. Chir. seine Erledigung gefunden und legt einen Separatabdruck desselben vor. Die übrigen Vorträge kom¬ men heute zur Verhandlung. Ein Tractandum, welches das Präsidium sich einzu¬ schieben erlaubte, ist die Vorstellung von kranken Go t th ar d tun ne 1 a r bei - tern durch Dr. Hans Fröhlich , der sich hiezu anerboten hat. Nachdem durch den im „Corr.-Bl. f. Schweiz. Aerzte“ erschienenen Bericht von Dr. Sonderegger die Aerzte mit der „Tunnelkrankbeit* bekannt ge¬ worden sind, schien es von Interesse, denselben zu directer Beobachtung Ge¬ legenheit zu geben. Bekanntlich ist von italienischen Autoren die Tunnel¬ krankheit auf das Anchylostomum duodenale zurückgefubrt worden, während Sonderegger die „Mineuranfiemie“ wesentlich aus den schlechten Luft- und Ernäh¬ rungsverhältnissen erklärt, denen die Arbeiter zum grossen Theile ausgesetzt waren. Ueber Erweiterung der Krankenpflege im Canton, speciell über die Inselneu- 6 Digitized by LjOOQle 82 baufragc, wird das Präsidium während des Mittagessens referiren, damit nicht die verfügbare Zeit, wie das letzte Mal, von diesem Tractandum zu sehr absorbirt werde. Dagegen liegt es ob, Bericht zu erstatten über 2 Aufträge, welche dem Comit4 das letzte Mal von der Gesellschaft geworden sind, nämlich die weitere Fürsorge für das Zustandekommen der Feriencurse und für Acquisition einer Büste des ver¬ storbenen Präsidenten Dr. Schneider .' 1. In der letzten Sitzung war das Comitä im Falle, Mittheilung zu machen, dass 14 Docenten der Berner Hochschule sich bereit erklärt haben, in den Herbst¬ ferien Curse für practische Aerzte abzuhalten. Von dieser Offerte wurde nach Weisung der Gesellschaft den einzelnen Aerzten unter’m 80. März 1880 Kennt- niss gegeben, mit der Bitte, ihre Anmeldungen bis zu einem bestimmten Termin einlangen zu lassen. Durch ein Missverständniss gelangte das Verzeichniss der Vorlesungen erst nachträglich im Correspondenzblatt zur Veröffentlichung, daher denn auch alle nachträglichen Anmeldungen Berücksichtigung erfuhren. Von dem Resultate wurde per Circular den betr. Docenten unter’m 8. Juni Kenntniss gegeben, mit der Anfrage, ob die Herren geneigt seien, unter den an¬ gegebenen Verhältnissen für nächsten Herbst ihre Feriencurse definitiv anzukiin- digen. Die Antworten auf letztere Circulare sind in ihrer grossen Mehrzahl ab¬ lehnend ausgefallen. Obschon nach diesem Ergebniss der Versuch der Einrichtung von Feriencur- sen als gescheitert zu betrachten war, so beschloss das Comitä der Gesellschaft, im Interesse der Freunde des Unternehmens, eine neue Aufforderung im Corresp.- Blatt erscheinen zu lassen mit einem Endtermin auf 10. Juli. Von dem Resultat gedenkt das Präsidium unter gleichzeitiger Veröffentlichung der Namen der Theilnehmer im Correspondenzblatt Kenntniss zu geben und es dann den Curstheilnehmern zu überlassen, bezüglich definitiver Regelung mit den Herren Docenten sich direct in’s Einvernehmen zu setzen. Zu diesem Behufe er¬ laubt sich das Präsidium, als leitende Ausschüsse von Seite der Herren Aerzte Ihnen die DDr. Bähler und Christener , von Seite der Docenten Proff. Lichtheim und Dr. 4. Valentin vorzuschlagen. Wenn dagegen keine Einwendungen gemacht werden, so betrachtet das Präsidium den Vorschlag als angenommen. 2. Eine letzte Angelegenheit ist die Frage der Acquisition einer Büste von Dr. Schneider sei. Durch Beilage zum Feriencurscircular wurden die Aerzte auf¬ gefordert, sich über diese Angelegenheit auszusprechen, event. die nöthigen Bei¬ träge zu zeichnen. Mit Ausnahme von 3, welche für Gyps votirten, haben sich sämmtliche Aerzte für Marmorbüste ausgesprochen. Für dieselbe sind Fr. 170 gezeichnet wor¬ den. Dazu kommen von der Sammlung während der letzten Sitzung Fr. 56, macht total Fr. 2 26. Die Marmorbüste kostet nach Angabe der HH. Bildhauer Lanz Fr. 2300, die Gypsbüste Fr. 600. Soll demgemäss dem Wunsche der Mitglieder willfahrt werden, so müssen ungefähr Fr. 2000 als Beitrag aus der Gesellschafts- casse beschlossen werden. Ein solcher Beschluss würde den weitern impliciren, dass der daherige starke Ausfall aus der Casse durch eine einmalige Extrasteuer von Digitized by LjOOQle 83 Fr. 12—15 per Mitglied gedeckt würde. Ich bringe diesen Antrag zur Discussion und Abstimmung. Die Versammlung beschliesst definitiv den Ankauf einer Marmorbüste und be¬ auftragt das Comit6, die Mitglieder durch ein neues Circular zur Zeichnung eines entsprechenden Beitrages einzuladen. 3. Das Präsidium bringt zur Kenntniss, dass in ein Anerbieten, die Schrift des Herrn Dr. Th. Loiz in Basel, „Pocken und Vaceination“, Bericht im Namen der Schweiz. Sanitätscommission, von Vereins wegen für die einzelnen Mit¬ glieder zu erwerben, nicht eingetreten worden sei. Er empfiehlt die Acquisition des trefflichen Berichtes, sowie des interessanten Vortrages des Herrn R.-R. Steiger an den Grossen Rath, welcher die Zurückweisung der Petition der Herren Neuhaus , Luginbühl und Ad. Vogt zur Folge hatte. 4. Eingelangte Schriften. Zu Händen der Gesellschaftsbibliothek sind 8 Schriften eingelangt Das Präsidium legt auch die Brochure des Herrn Dr. Sonderegger: „Der Ge¬ heimmittelmarkt“, vor, welche trotz ihrer einschneidenden Kritik und der be¬ kannten markigen Sprache nicht vermocht hat, in den eidgenössischen Räthen das Geheimmittelgesetz gegen die hämischen Angriffe eines Karl Vogt und Dr. Scheuchzer zu schützen und zur Annahme zu bringen. Endlich wird die 1. Lieferung von Dr. Schneidens sei letzter Arbeit, „Das Seeland der Westschweiz“, vorgelegt, welche von der Gründlich¬ keit und Gediegenheit sowohl, als den edlen Bestrebungen des Verfassers ein ehren¬ volles Zeugniss ablegt. (Schluss folgt) Referate und Kritiken. Die Desinfectionsarbeiten auf dem Kriegsschauplätze der europäischen Türkei während des russisch-türkischen Feldzuges 1877/78. Von Dr. Friedrich Erismann aus öt. Petersburg. München, Verlag von Rieger. Diese Arbeit unseres verdienten Landsmanns wird von ihm bezeichnet als „Bericht über die Thätigkeit der russischen Commission zur Assainirung der von der Donauarmee besetzt gewesenen Theile der europäischen Türkei.“ Es handelt sich aber um ein Werk, das als eigentlich grundlegend anzusehen ist für diejenigen Einrichtungen und Arbeiten, welche bei Ausbruch eines Krieges in jeder Armee zur Verhütung des schlimmsten Feindes, des Auftretens epidemischer Krankheiten, getroffen werden müssen. Wenn auch erwartet werden darf, dass bei einem mitteleuropäischen Krieg nicht die argen Uebel- stände in sanitarischer Beziehung schon von vorneherein sich geltend machen, wie dies bei dem russisch-türkischen Krieg der Fall war, so sind doch die Hauptfactoren, welche für das Wohlbefinden der sich bekämpfenden Heere und des von diesen durchzogenen Landes in Frage kommen, stets und überall dieselben, was auch der Arbeit Erismann’s einen allgemeinen und bleibenden Werth verleiht. Wir beschränken uns darauf, der Arbeit einige Hauptpuncte zu entnehmen, in der Hoffnung, dieselben werden unsere Militärärzte veranlassen, das Buch sich anzuschaffen, das flott und frisch geschrieben ist, über Land und Leute manchen interessanten Auf¬ schluss gibt und namentlich deshalb einen lebendigen Eindruck macht, weil statt langer theoretischer Erörterungen die nackten Thatsachen und die gemachten Erfahrungen dem Leser die wissenschaftlichen Consequenzen von selbst vor das Auge führen. Als der russisch-türkische Krieg ausbrach, hatte die russische oberste Militärmedi- Digitized by Google 84 cinalverwaltung, gestützt auf die im Krimkrieg gemachten Erfahrungen, bereits an die in den temporären Hospitälern der mobilisirten Armee vorzunehmenden Desinfecdons- maassregeln gedacht, eine bezügliche Instruction ausarbeiten und die Armee mit grossen Vorräthen von Desinfectionsmitteln versorgen lassen. Die Assainirung der Schlachtfelder, Kirchhöfe und Lagerplätze jedoch sollte das Centralcomitd des russischen rothen Kreuzes auf sich nehmen. Dieses letztere setzte sich mit Erismann in Verbindung und es wurde ein Instructionsentwurf für die Desinfection der Lazarethe, der Sanitätszüge, des Schlacht¬ feldes, der Lagerplätze und der durch Belagerung eingenommenen Städte und befestigten Orte ausgearbeitet, in welchem in erster Linie darauf abgestellt wurde, wie die Infection zu verhindern sei, während erst in zweiter Linie die Methoden und Mittel der Desinfec¬ tion aufgeführt wurden. Die Sache gerieth aber bald in’s Stocken, aus ächt russischen Gründen, die hier nicht näher anzugeben sind, die aber die Folge hatten, dass inzwischen Maassregeln versäumt wurden, durch welche, wie die Erfahrung zeigte, Tausende von Menschenleben hätten erhalten werden können. Das Centralcomitö des rothen Kreuzes sandte vorderhand eines seiner Mitglieder auf den Kriegsschauplatz, dessen Erfahrungen und Berichte sich in dem Satze gipfeln: „Ein Desinfector, der ein Hospital von Läusen befreit, wird hoch gepriesen werden und in jeder Beziehung Unterstützung bei der Ver¬ waltung und den Aerzten finden, während man für die Vernichtung der Krankheitskeime oft keinen Finger rühren will. tt Inzwischen schwoll im Lauf des Januars 1878 der Flecktyphus in den Kriegshospi¬ tälern Bulgariens und Rumäniens zu jener furchtbaren Epidemie an, „welche durch ihre grosse Verbreitung, die Bösartigkeit ihres Auftretens und die Zahl der Opfer, welche eie sowohl aus den Reihen der Combattanten, als auch des Sanitätspersonals wegriss, über ganz Russland Schrecken und Trauer verbreitete und Denjenigen ewig im Andenken bleiben wird, welche Gelegenheit hatten, das von ihr verursachte Eiend in der Nähe zu sehen. tt Kein Wunder daher, dass die oberste Militär-MediciualVerwaltung die Dienste des rothen Kreuzes zwar acceptirte, zugleich aber eine besondere Commission ernannte, welche direct unter dem Höchstcommandirenden der Donauarmee stand, ausgedehnte Voll¬ machten und unbeschränkten Credit erhielt und sofort an die Riesenarbeit ging. Die Commission bestand aus einem General als Präsidenten — in Russland muss stets ein General obenan stehen, wenn eine Einrichtung imponiren soll —, einem Hygieiniker als Gehülfen und Stellvertreter des Präsidenten , 6 Pharmaceuten und einem Veterinärarzt. Die Commission musste später noch durch weitere Pharmaceuten ergänzt werden und stand factisch unter der Leitung Erismann* s, des Hygieinikers. Der Commission wurden als bereits vorhandenes Desinfectionsmaterial zur Verfügung gestellt: 350 Pud ungereinig¬ ter Carbolsäure, 3440 Pud Eisenvitriol, je 200 Pud Braunstein und Kochsalz und 600 Pud gewöhnlicher Schwefelsäure (die drei letztgenannten Mittel zur Chlorgewinnung), ferner 480 Pud Chlorkalk und 80 Pud Stangenschwefel. Auf die umständliche Chlorbereitung vermittelst Braunstein etc. verzichtete die Commission von vornherein aus sehr begreifli¬ chen Gründen, und hatte überdies genug zu thun, um die grossen Massen wieder so um¬ packen zu lassen, dass sie über den Balkan transportirt werden konnten; von Odessa aus hätte das Material billiger und rascher beschafft werden können. — Ueber die Reise der Commission auf den Kriegsschauplatz und ihre Thätigkeit im Einzelnen ist hier nicht der Ort, näher zu berichten. Wir greifen aus der Schilderung nur einzelne allgemein*interessirende Puncte heraus. Vor Allem ist zu erwähnen, dass Erismann sofort erkannte: das GrundUbel liege nicht in den Schlachtfeldern und den dort massenhaft liegenden Leichen, sondern in den meist schlecht eingerichteten Lazarethen und Militärhospitälern, in welchen nicht nur die an Flecktyphus, an Abdominaltyphus, an Recurrens und an Malaria kranken Russen unter- und neben einander lagen, sondern wo auch die inficirten Uniformen und Schafpelze der Kranken in den Kraukensälen aufbe¬ wahrt wurden. Die inficirten Kleidungsstücke wurden nach der Genesung den Recon- valescenten undesinficirt mitgegeben; zum Dienst im Spital wurden abwechselnd Soldaten verwendet, die den Infectionsstoff ihren gesunden Cameraden und der Ortsbevölkerung brachten; die Spitäler selbst wurden oft mitten in noch bewohnten Häusern aufgeschla¬ gen, so dass eine rapide Weiterverbreitung der ansteckenden Krankheiten unausweichlich erfolgen musste. Wir wollen hier gleich beifügen, dass nach Erismann die russischen Spitäler viel unreinlicher und schlechter gehalten wurden, als die türkischen Spitäler, Digitized by LjOOQle 85 and dass die Russen überhaupt weit unreinlicher waren als die von ihnen bekämpften Türken. Für Russland charakteristisch ist die oft gemachte Bemerkung, dass das den Laza- rethen mitgegehene Desinfectionsmaterial nicht selten noch in seiner ursprünglichen Ver¬ packung in irgend einem Winkel des Hofes lag, während Lazareth und Umgebung der Desinfection im höchsten Grade bedürftig waren. Für das Waschen der Spital Wäsche hatte die Armeeverwaltung zwar mit den bekannten Schwindellieferanten des Feldzugs einen Vertrag eingegangen; eine Controle über die Wäsche fand aber nur höchst selten statt, so dass die letztere oft noch blutig in die Spitäler wieder zurückgeliefert wurde. Gleich beim Beginn seiner Thätigkeit stiess Erismann in Frateschti, einer Haupt¬ niederlage von Verpflegungsmaterialien und einem Samraelpunct der zur Evacuation be¬ stimmten Kranken, auf Verhältnisse, welche ihm als ausnahmsweise grauenhaft erschie- ' nen, die er aber später noch oft und theilweise in erhöhtem Maasse antreffen sollte. In einem Sumpfe zwischen der Station und einer Hügelreihe „spielten sich alle die traurigen Scenen ab, von denen sowohl die Tagespresse als die russischen medicinischen Zeit¬ schriften während des Herrschens der Flecktyphusepidemie so Vieles berichteten; in diesem Sumpfe erlagen der Epidemie zahllose russische Krieger und so viele aus der Zahl der Aerzte, der sie besorgenden Krankenwärter und barmherzigen Schwestern/ In diesem Sumpfe und dessen nächster Umgebung befanden sich das temporäre Kriegs¬ hospital Nr. 75, das Hospital Nr. 46 und die Baraken des rothen Kreuzes. In diesen Anstalten waren bis 1. Januar 1873 76,000 zu evacuirende Kranke beherbergt worden ; darunter 26,000 Verwundete, 12,000 Typhus- und Wechselfieberkranke, 12,000 Kranke mit Dyssenterie und Diarrhcöen, 3000 mit erfrorenen Gliedern und 23,000 andere Kranke. Die Zufuhr der Kranken stieg zeitweilig bis auf 6000 im Tag; was in den Kranken¬ räumen keinen Platz fand, wurde unter freiem Himmel auf die Erde gelegt. Im Spital Nr. 75 konnte nicht constatirt werden, wie viele der Aerzte erkrankten und starben ; von 22 barmherzigen Schwestern waren 18 erkrankt, von 11 Feldscherern 9. Unter dem Dienstpersonal waren 427 Erkrankungen vorgekommen; von den ursprünglichen 300 Mann waren noch etwa 70 vorhanden. Das Hospital bestand aus 6 grossen „Baraken* , d. h. Remisen mit drei und zwei Stockwerken, ohne genügende Fenster, mit Dächern von getheerter Pappe, mit Abtritten in den Baraken und so angelegt, dass die Excremente überall durch Wände und Fussböden zu Tage traten; in den Krankensälen fand sich hie und da ein Leintuch aufgehängt, die behufs Desinfection der Luft von Zeit zu Zeit mit Carbolsäurelösung bespritzt wurden!! Die Wäsche wurde nie desinficirt; im Genesungs¬ fall erhielt der Kranke seine Kleider und Wäsche wieder in demselben Zustande y in welchem er sie abgeliefert hatte. — Die Commission schritt kräftig ein. Die Kleider der Verstorbenen, die verdorbenen Tuchsachen der Spitalverwaltung, ein Theil der Wäsche wurden unter Aufsicht verbrannt; die neuern Sachen wurden in einer besondern Hütte mit schwefliger Säure desinficirt, die Wäsche vermittelst einer einprocentigen Lösung von Chlorkalk gereinigt, die Kranken in Zelte auf gesundem Boden verbracht, die Abtritte • neu erstellt, der Leinwandüberzug auf der Innenseite der verlassenen Baraken mit Chlor¬ kalklösung vermittelst Hydropulten bespritzt, herunter gerissen und mit dem Stroh zwi¬ schen der Innen- und Aussenwand verbrannt, die Innenwand mit einer Mischung von Kalk und Chlorkalk angestrichen, der Fussböden mit Carbolsäure getränkt, abgekratzt und mit Chlorkalklösung aufgewaschen. Stroh, Mist und Dünger in der Umgebung der Spitäler wurden verbrannt, der verunreinigte Boden mit Carbolsäure überschüttet und mit frischer gesunder Erde gehörig dicht zugedeckt. Dieses eine nicht schlimmste Bild mag einen Einblick in die Sachlage und in die Thätigkeit der Commission geben. Rechnet man hinzu, dass die Verwaltungen oft nicht willig waren, dass grobe Ver- stösse in Versorgung der Spitäler mit dem Nothwendigsten nicht selten vorkamen, dass das bezügliche Arbeitspersonal in verlassenen und verwüsteten Gegenden nur mit Mühe herbeigebracht werden konnte, so wird Jedermann klar, dass die Commission nicht auf Rosen gebettet war. In dem Berichte kommen Scenen des entsetzlichsten Elendes vor, die purer Nachlässigkeit und Gewissenlosigkeit der Verwaltung zuzuschreiben sind, wäh¬ rend anderseits sich wieder viel guter Wille zeigt, den Uebelständen abzuhelfen. Letz¬ tere lagen aber oft borgehoch vor der Commission. In dem Spital in Sistow mussten 20,000 Stücke verbrannt werden; in verschiedenen Spitälern schueite und regnete es auf Digitized by Google 86 die Betten der Kranken; in Wardin lagen die Soldaten krank in fensterlosen wirklichen Kellerräumen auf Pritschen; aus der Umgebung eines Spitals in Tirnowa mussten 200 Wagenladungen mit Pferdemist, faulem Stroh und Unrath fortgeschafft werden, und in 8ophia befand sich ausserhalb der Pferdeställe ein DUngerberg mit einem Inhalt von 7000 Kubikmeter, der zum AuffUllen der daneben liegenden Sümpfe benützt, 2 Decimeter hoch mit Erde bedeckt und zur Gersten- und Gemüsecultur benützt wurde. Von beson¬ derem Interesse sind die Schilderungen über die Anstalten in San Stephano und in Bar¬ gas, wo die kranken Soldaten zur Verbringung nach Odessa eingeschifft wurden, and über die Maassregeln in Odessa selbst zur Verhütung der Weiterverschleppung der Krankheiten. Ueber die Schlachtfelder und ihre sanitarische Bedeutung enthält die Arbeit ErismamCn sehr überraschende Aufschlüsse. Die Leichen waren fast überall in Einzeln- oder in Massengräbern untergebracht und gaben zu keinen oder nur geringen Uebelständen Anlass. Die oberhalb Plewna und auf dem Schipkapass noch offen daliegenden Leichen waren in Folge der beträchtlichen Höhe entweder mumificirt oder verwest aufgefunden; in der Ebene hatten die zahlreich umherziehenden Hunde Menschen» und Thierleichen der- maassen abgenagt, dass die Commission sich zu keinen besondern Maassregeln veranlasst sah. Wo noch schlechter Geruch sich bemerkbar machte, wurden die Gräber mit frischer Erde bedeutend erhöht und um sie ein Wall mit Graben für den Abzug des Wassers gezogen. Wiedereröffnung von Gräbern und Fortschaffung von Leichen wurden nicht nöthig. Erismann kommt bezüglich der Leichenfelder zu folgendem Schluss : „dass alle die Leichen der in und um Plewna Gefallenen, auch wenn man sie ohne Erdbedeckung au freier Luft hätte verfaulen lassen, auch nicht einem einzigen Soldaten oder Bulgaren das Leben gekostet hätten, während jeder Flecktyphuskranke, jedes von solchen Kranken bewohnte und nicht radical desinficirte Gebäude, jedes solchen Kranken gehörige und nicht desinficirte Kleidungsstück u. dgl. Krankheit und Tod in den Reihen der Armee und Bevölkerung verbreiteten/ Die Commission, welche im Verlauf ihrer Wirksamkeit ihren Präsidenten und ein Mitglied am Flecktyphus verloren hat, legte in Odessa Bericht und Rechnung ab und wurde am 1. Mai 1879 officiell ihrer Functionen enthoben; sie hat im Ganzen etwa Fr. 88,000 ausgegeben und damit — was in Russland selten ist — den Beweis grosser Sparsamkeit und gewissenhafter Verwaltung abgelegt. Hervorzuheben bleibt schliesslich noch der Freimuth, mit welchem Erismann seinen Bericht an den Höchstcommandirenden abgefasst hat. Möge er guten Erfolg haben! Göttiskeim. Climatotherapie von Dr. H. Weber , und Balneotherapie von Prof. 0 . Leichlenstem. Leipzig, Verlag von F. C. W. Vogel. Wir entsprechen mit Vergnügen dem Wunsche der Redaction nach einem kurzen Referat über den ersten Theil des II. Banden des Handbuches der allgemeinen Therapie von Ziemssen. Denn derselbe enthält in der That zwei hervorragende Arbeiten, die in # kritischer Weise zwei Discipliuen unserer medicinischen Wissenschaften besprechen, wo leider heute noch aus vielerlei oft nicht sehr edeln Beweggründen recht geringe Waare als ächt und unfehlbar ausgeboten wird. Man hängt dem anzupreisenden Pro- ducte ein freilich oft recht armseliges wissenschaftliches Mäntelchen um und nachdem der Verfasser eines solchen Elaborats, in langjährigem Vorurtheil befangen, sich selbst gründlich getäuscht hat, täuscht er Andere und zwar etwa blos die Kranken? Wenn auch die Zahl Derer zum Glück nicht gering ist, welche schon seit Jahren redlich bestrebt sind, den Spreu von dem Waizen zu trennen, so begrüssen wir doch die Climatotherapie von Weber und die Balneotherapie von Leicktenstem als zwei sehr zeitgemässe, für jeden denkenden Mediciner werthvolle literarische Monographien. Besonderen Werth haben dieselben schon deshalb für uns, weil diese Gebiete nicht be¬ arbeitet sind von speciellen Cur- oder Badeärzten. Mit dieser Bemerkung wollen wir den zum Theil vortrefflichen Arbeiten von Brunnenärzten u. s. w. nicht zu nahe treten — im Gegentheil freuen wir uns über die sorgfältige Benützung unserer schweizerischen einschlägigen Literatur in der We6er’schen Arbeit, besonders über Höhendimata, wo die Arbeiten von Spengler, VoUand, Ludwig etc, gehörig gewürdigt werden —; eine gewisse Digitized by LjOOQle 87 Einseitigkeit jedoch und ein unwillkürliches Beherrschtsein vom eigenen Cur* oder Bade¬ orte ist nur allzu begreiflich und gewiss auch verzeihlich. — In einem Werke, wie dem vorliegenden, ist aber absolute Unabhängigkeit und Objectivität vom grössten Werthe. — In der We6ir’schen Arbeit möchten wir den lehrreichen I. Abschnitt, der in höchst ansprechender Form von den Elementen oder den Factoren des Clima’s handelt (von der Atmosphäre, von der Wärme derselben, von den Feuchtigkeitsverhältnissen der Luft, von dem Licht, von der Dichtigkeit der Luft, Luftdruck etc.) besonders zum Studium em¬ pfehlen. Eine kleine Recapitulation gewisser Gebiete der Physik und Meteorologie kann dem practischen Arzte nichts schaden; im Gegentheil wird er sich sagen müssen, dass die Auffrischung dieser alten Bekanntschaft für ihn sehr noth wendig ist. — Im II. Ab¬ schnitt, der von den einzelnen climatischen Curorten selbst handelt, können wir uns Rath verschaffen über die verschiedenen See-, Insel- und Küstenclimate, über die feuchten und kühlen und über die trockenen See- und Küstenclimate, über die Niederungen und über die Höhenclimate. Namentlich die Besprechung der climatischen Verhältnisse der letzte¬ ren, mit denen wir Schweizerärzte naturgemäss uns am häufigsten zu befassen haben, zeugen von dem gründlichen theoretischen Wissen und der reichen practischen Erfahrung des Verfassers. — Leichtenstem schildert in dem ersten Theil der allgemeinen Balneotherapie die physio¬ logischen und therapeutischen Wirkungen der einfachen, der salz- und gashaltigen Bäder im Allgemeinen; im 1L Theil die physiologischen und therapeutischen Wirkungen des Wassertrinkens; im III. Theil die der Pharmacodynamik der Quellenbestandtheile zu- kommenden physiologischen und therapeutischen Wirkungen der wichtigsten Mineral - quellengruppen und ihre empirisch-rationelle Anwendung in gewissen Krankheitsformen. Den 8tandpunct, welchen der Verfasser in dieser noch so verschiedenartig behandel¬ ten Disciplin einnimmt, erkennen wir wohl am besten aus folgendem Citat: „Die Resul¬ tate, zu welchen verschiedene Forscher in ihren Untersuchungen über die physiologischen resp. pharmacodynamiscben Wirkungen gewisser Quellenbestandtheile, Uber die Wirkun¬ gen des kalten, warmen und heissen Bades, auf die Körpertemperatur, Wärmeabgabe und Wärmeregulation, auf die Kohlensäure- und Stickstoffausscheidung, die Respiration, Cir- culation u. s. w. gelangt sind, bilden, abgesehen von der hohen Ausbildung der Chemie der Mineralwässer, die Fundamente, auf welchen nach gleicher Methode rüstig weiter gearbeitet werden muss, wenn sich die Balneotherapie aus dem empirischen Stadium, in dem sie sich befindet, dereinst herausarbeiten und zum wissenschaftlichen Zweige am Baume der exacten, d. h. ihre Heilwirkungen erklärenden Therapie entwickeln soll. Es wäre sehr zu wünschen, dass mit der veränderten Methode der Beobachtung und Forschung auf balneologischem Gebiete auch die Literatur derselben den Feuilletonstyl endlich ablegen und sich der weniger blumenreichen Sprache der Wissenschaft befleissi- gen würde.“ R . H . Jahresbericht der chirurgischen Abtheilung des Spitals zu Basel Uber das Jahr 1878. (105 Seiten. Basel, Ferd. Riehm.) Chefarzt: Prof. Dr. A. Socin. Assistenzarzt: Dr. A, W. Münch. Zahl der Kranken 707, wovon 496 Männer, 211 Frauen. Auf das Jahr 1879 über¬ tragen: 62, bleiben für das Jahr 1878: 645 Kranke. Gesammtzahl der Verpflegungstage 19,829. Auf einen Tag kommen 87,05 Männer, 16,83 Frauen. Das grösste Contingent stellte die Altersclasse von 21—30 Jahren (Männer) 143, (Frauen) 40 zwischen 11.—20. Altersjahr und 37 zwischen 51.—60. Altersjahr. Nach dem Gewerbe stellen bei den Männern die Zimmerleute und Maurer die meisten Kranken (71 : 455), bei den Frauen die Hausfrauen und Fabrikarbeiterinnen (84 : 190). Nach der Heimath vertheilen sich die Kranken: Schweizer 225, Ausländer 230, wovon aus dem deutschen Reich 179. Mor¬ talität für die Gesammtzahl der Kranken 4,03%. Für die Männer 4,17°/ 0 , für die Frauen 3 , 6870 . Von Verletzungen und Erkrankungen der einzelnen Körpertheüe sind angeführt: I. Kopf und Ohr: Verletzungen ohne Gehirnsymptome 13, mit Gehirnsymptomen 11 Fälle. Acute und chronische Entzündungen 3, Tumoren 3 Fälle. Digitized by LjOOQle II. Gesicht, Nasen* and Mundhöhle: Verletzungen 9, acute Entzündungen 6, Tumo¬ ren 14 (Carcinom 9) Fälle, Verschiedenes (6 Fälle). III. Hals und Nacken: Verletzungen 1 Fall, acute Entzündungen 4, Tumoren 20 (Lymph. 12), Verschiedenes 4 Fälle. IV. Wirbelsäule : Verletzungen 2, chron. Entzündungen 3 Fälle. V. Brust und Rücken: Verletzungen 18 (Rippenfracturen 10), acute Entzündungen 2, chron. Entzündungen 6 Fälle. VI. Bauch: Verletzungen 5 (Contus. abd. 2), Tumoren 2, Verschiedenes 18 (Hernien) Fälle. VII. Harnorgane: Verletzungen 2, acute Entzündungen 1, chron. Entzündungen 2, Verschiedenes 3 Fälle. VIII. Männliche Geschlechtsorgane: Verletzung 1, acute Entzündungen 3, chron. Ent¬ zündungen 7 (Hydrocelen), Tumoren 8, Verschiedenes 3 Fälle. IX. Weibliche Geschlechtsorgane: acute Entzündungen 2, Tumoren (Carcin. mamme 9) 16 Fälle. X. Becken- und Lendengegend: Verletzungen 13, acute Entzündungen 6, chron. Ent¬ zündungen 3, Tumoren 4, Verschiedenes 6 Fälle. XI. Obere Extremität: Verletzungen 83 Fälle (subcutane 81, offene 52), acute Ent¬ zündungen 20 (Phlegmon. 18), chron. Entzündungen 12, Tumoren 4, Verschiedenes 3 Fälle. XII. Untere Extremität: Verletzungen 100 Fälle (subcutane 64, offene 30), acute Entzündungen 26, chron. Entzündungen 64, Tumoren 7, Verschiedenes 20 Fälle. XIII. Verschiedenes: Verletzungen an mehreren Körpergegenden zugleich: 26 Fälle, mehrfache acute Entzündung 1, mehrfache chron. Entzündungen 4, mehr¬ fache Tumoren 4, Verschiedenes 4 Fälle. Von accidentellen Wundkrankheiten kamen vor: Erysipelas 6, Delirium 2, Tetanus 2 Fälle. Von Operationen wurden ausgeführt: Amputationen und Exartioulationen 31, Resec- tionen 15, Evidements 13, Reduction von Luxationen 6 , Operationen bei Hernien 14, Operationen an Tumoren 55, plastische Operationen 6, Verschiedenes 87. Der Bericht bietet durch seine Krankengeschichten in jeder Hinsicht ein hohes In¬ teresse und zwar vorzüglich betreffs der Behandlung der einzelnen Fälle. Dass Lister an der geringen Mortalität seinen guten Theil hat ergibt sich, ohne dass man in dieser Frage Optimist zu sein braucht, von selbst beim Durchlesen des Berichtes. Behr häufig ist übrigens auch der Tbymolgazeverband in Anwendung gezogen. Albrecht. Cantonale Coirespondeuzen. Heuehätel« Trös honord confrdre 1 Mr. le Dr. Gasquet, Tun des secrdtaires de la section des maladies mentales au pro chain congrds international de mdde- cine 4 Londres, m’adresse pour la transmettre aux alidnistes suissrs une cordiale invitation 4 y assister, et le meilleur moyen pour moi de la leur faire parvenir est d’avoir recours 4 l’obligeant intermddiaire du Correspondenz-Blatt. Lee sujets proposds 4 la discussion sont les suivants : Anatomie. 1. Mdthodes de prdparation des tissus nerveux. 2. Des apparences morbides dues aux mdthodes de prdparation. 3. Structure microscopique des diverses par- ties du cerveau. Physiologie. 1. Localisations cdrdbrales et symptomes cdrdbraux des maladies mentales, tels que rhallucination. 2. Hypnotisme. Pathologie. 1. L’idiotisme et ses caractöres histologiques et morphologiques. 2. Rapports entre la folie et les affections organiques du cerveau. Rapporte entre la folie et la goutte, les maladies des reins, et le goitre exophthalmique. Clinique. 1. Folie 4 double forme. 2. Influence des maladies incidentes sur la folie. 3. Folies causdes par des agents toxiques. Thdrapeutique. 1. Emploi des bains, des narcotiques, de l'hydrate de chloral, de l’opium et de l’alcool. 2. Remddes nouveaux ou peu employds. Digitized by LjOOQle 89 Administration. 1. Traitement en maison particuli&re, traitement en colonie. 2. Les nouveaux Codes, et les projets de loi autrichiens, italiens et anglais. Situation civile des aliönös. t. Mariage. Testaments. 2. Folie et aphaeie. Criminels alidnös. Asiles spdciaux pour les criminels aliänds. Les alidnistes suisses qui voudraient bien se charger de faire un travail sur l’un ou l’autre de ces sujets, sont prids d'en donner avis sans retard ä Mr. le Dr, Gasquet St. George’s-Retreat, Burgess Hill, Sussex. Le congrdB aura lieu du 2 au 9 Aoüt. Je vous serais, trds honord confrdre, fort reconnaissant de bien vouloir insdrer cette communication dans le procbain No. du Correspondenz-Blatt, et vous prie d’agrder l’ex- pression do mes sentiments les plus distinguds. Prdfargier, 12 Jan. Dr. Chdtelain. 8ehwjZ« Ancbylostoma daodenale. Anschliessend an die Mittbeilungen von Dr. Sonderegger und Prof. Bäumler kann ich Ihnen bezüglich Anchylostomum duodenale Fol¬ gendes berichten. Unter den während der letzten Monate in's hiesige Krankenhaus ein¬ tretenden Italienern — Arbeiter der Linie Brunnen-Flüelen — befanden sich 6 Kranke mit mehr oder minder ausgeprägter Anämie; Blässe, Müdigkeit, Kopfschmerz, Schwindel, mehr oder weniger Herzklopfen, Unterleibsschmerz, meist ohne Diarrhoe waren die ge¬ wöhnlichen Symptome — ohne Nachweis eines weitern organischen Leidens. Sie waren deshalb des Besitzes von Anchylostomum duodenale verdächtig und wirklich bestätigte das die weitere Untersuchung bei allen sechs. Bei 1 wurde die Gegenwart dieser Würmer durch die Section constatirt, bei weitern 4 durch den Abgang von solchen nach Anwendung von Anthelminth. und Naohweis der Eier im Stuhle; bei 1 blos durch Letzteres. Täuschung bezüglich der Eier konnte nicht wohl stattfinden; sie hatten bei allen Patienten das gleiche Aussehen und glichen sehr dem im v. Ziemsseri sehen Werke abgebildeten Oxyuris-Ei; viele Eier in Furchung begriffen; Keiner litt an Oxyu- ris vermic. — Bei dem unter den Erscheinungen höchstgradiger Ancemie ohne nachweisbare ander¬ weitige Erkrankung Verstorbenen wurden im Duodenum und Ileum ca. 800 Würmer ge¬ funden , am zahlreichsten im letztem und zwar weit über dessen Mitte hinaus, an der stärkst besetzten Stelle 20 auf 1 Quadratzoll; im untersten Theile desselben waren keine mehr zu finden; etliche lagen im Magen am Pylorus. Sie waren leblos in einen leicht schwärzlichen 8chleim eingebettet; in der blassen Darm wand reichliche blutunterlaufene Stellen von 2—6 mm. Durchmesser. — Also bei Alien, bei denen auf Würmer untersucht wurde, fanden sich welche. Immer¬ hin eine interessante Thatsache, die den Verdacht weckt, dass solche noch beim Einen und Andern mit weniger auffallenden Symptomen zu finden wären und dass die Ver¬ breitung des Uebels unter den fraglichen Arbeitern keine geringe sei. Beifügen will ich noch, dass sämmtliche 6 mehr oder weniger lange Zeit im St. Gotthardtunnel gearbeitet und zwar während 2—12 Monaten. Die Diagnose lässt sich unschwer mittelst Microscop stellen; die abgehenden Eier sind zahlreich und leicht bei löOfacher Vergrösserung zu finden, für Patienten und Arzt ist das unzweifelhaft das Zweckmässigete und sollte wohl jeder Anwendung von Anthelm, vorangehen. — Was schliesslich das therapeutische Resultat betrifft, so ist das leider noch nicht glänzend. Beim Verstorbenen konnten die Anth. keine kräftige Anwendung finden, weil allzu grosse Schwäche und sehr häufiges Erbrechen hinderlich waren ; in den übrigen Fällen wurden sie in grösserer Gabe im Allgemeinen recht gut ertragen. Pulv. filic. mar. bis zu 30,0 mit nachfolgender Jalappe und Santonin, 1 Mal Benzin, 200 Tropfen den Tag über und in 2 Fällen Calomel 0,5 mit Santonin 0,2 3 Mal mit nachfolgendem Ricinusöl, wo nicht Durchfall eintrat — wurden verwendet, worauf jedoch bei ge¬ nauer Untersuchung nur 0—4 Würmer im Stuhle gefunden wurden; der Abgang der Eier und der Zustand der Patienten weist aber unzweifelhaft auf eine grössere Zahl hin. Möge das nun in Function tretende Extr. filic. mar. ®th. anglic. bessern Erfolg auf¬ weisen. — Schwyz, 22. Januar 1881. Dr. Schönbächler . Digitized by LjOOQle W oohenbericht. Schweiz. Aerstestotistik. Während des Jahres 1880 haben folgende Aerste nach ab- gelegter Prüfung das eidg. Diplom erhalten: Dind, Emil, Saint-Cierges, Waadt; Weibel, Emil, Bern; Hertmann , Alois^ Baar, Zug; Pfyffer, Georg , Luzern; Brunner, Hans, Diessenhofen, Thurgau; Sandoz , Paul , DombressQo, Neuenburg ; Adolf , Zürich ; Schullhess , Wilhelm , Mühlethal, Aargau ; Imbach , Jrfrian, Sursee, Luzern; Ravenei, Michel, Neuenburg; Marlin, Henri , Grandeon, Waadt; Pan«, Fritz Emil, Peseux, Neuenburg; Müller, Oct. Albert, Milden, Waadt; Cotön, Lout«, Noirmont, Bern; Dr. Peters, Oswald, Brunsbüttel, Holstein ; ffyman, /ftm«, Beckenried, Unterwalden n./W.; Behrens , W/Ae/m, Chateau d’Oex, Waadt; Dr. 4A6f, Ferdinand , Hermetschwyl, Aarg&u; Bonnard, Alfred ConstarU, Nyon, Waadt; Pffift, Prf. Niklaus , Sarnen, Unterwalden o./W.; Gagnebin, Georg , Neuenburg; Ptiry, Konrad , Reinacb, Basellandschaft; Zeliweger, Otto Hans , Trogen, Appenzell a./Rh.; Schmid, Franz , Hitzkirch, Luzern; Cordey, Carl , Lutry, Waadt; Enzler, Xaver, Altstätten, St. Gallen; Mabus , Ludwig, Herzbausen, Preussen; Roux, Cesat , Ste. Croix, Waadt; Schnyder , vhrfon, Sursee, Luzern; Zehnder, Johann , Birmenstorf, Aargau; Fontana , Justus, Winterthur; Afeyer, Pan«, Nänikon, Zürich; Pffer, Pau/, Bischoffzell, Thur¬ gau; Dr. Forchhammer, Otto , 8t. Antonien, Graubünden; Nanni, Wilhelm , Anzonico, Tessin; For&rf, Louis, Villeneuve, Freiburg; Wys«, Adrian, Kappel, Solothurn; Lambert, Gustav , Orbe; Pachoud, Friedrich, Lutry; P/ot, Chateau d’Oex; Wintzenried , Luden Friedr ., Aigle, Waadt; Krupski, Stanislaus, Kussakow, Galizien; Stöckly, Florian, Lutbern, Luzern; Dtcl, Cör/, Bern; Schmitzberger , Joseph , Handenberg, Oesterreich; Steiner, Johann, Grossaffoltern ; 4mua/, Edmund , Pruntrut, Bern; de WecA, Pan/, Freiburg; Martin , Johannes, Veyrier, Genf; Meuli, Johann , Nufenen; Dorizzi , Prosper , Poschiavo, Graubünden; Vonwiller, Alfred; Bösch , örfo, Wattwyl, St. Gallen; Hahn, Lorenz, Reichenburg, Schwyz; de Mestral, Victor , Lausanne, Waadt; Hauch, Emil; Schwendt, Anton; Reidhaar, Ludwig; Rütimeyer , Leopold, Basel; Studer , Theodor, Wittnau; /mAo/*, Robert, Aarau, Aargau ; P/ocA, Louis, Winterthur, Zürich; Binzegger, Carl , Baar, Zug; o. Muralt, Carl; Caumont, Friedrich; Widmer, Franz , Zürich. Wir haben also in der Waadt 12, Zürich 7, Bern, Luzern und Aargau je 5, Neuen¬ burg und Basel je 4, 8t. Gallen und Graubünden je 3, Zug, Thurgau und Freiburg je 2, Tessin, Solothurn, Genf, Unterwalden ob und nid dem Wald, Baselland, Appenzell a./Rh. und Schwyz je 1 (zusammen 62), sowie vom Auslande aus dem deutschen Reich und Oesterreich je 2, ira Ganzen demnach 66 Aerzte, welche im Jahre 1880 das eidgenöss. Diplom erhalten haben. Wir wiederholen ihnen den letztjährigen Wunsch: .Dir wünsch’ ich Weisheit, wenn der Tod Den Kranken, die dich rufen, droht, Viel Gold, wenn du sie ihm entrissen Und — sterben sie — ein gut Gewissen.“ Glück auf! Ulf 1 itärSAoitätswesexi« Beförderung: Dr. Aug, Fetscherin in Zäziwyl (Bern) zum Major. Ausgeschrieben war die Stelle eines Instructors I. Claas© der Sani¬ tätstruppen mit einer Jahresbesoldung bis auf 4500 Fr. An diese Stelle wurde ernannt Herr Öberlieut. Dr. Victor Bovet von Neuenburg. Luzern. Dr. Joh, Lütolf f. Wir wollen den im 59. Altersjahre gestorbenen Col- legen nicht scheiden lassen, ohne ihm einige Worte liebevoller Anerkennung nachzurufen. Während seiner Studienzeit verlor L . durch einen unglücklichen Zufall ein Auge — er studirte aber mit eiserner Ausdauer weiter, auch dann noch, als er wegen begeisterter Theilnahme an den Freischaarenzügen aus seinem Heimathcantone verbannt wurde. Die mit seinem Collegen J. Hätter damals im Exil herausgegebenen „Politische Gedichte an Luzern“ klangen hell und frisch in allen liberalen Kreisen Helvetiens wieder. In bessern Tagen, nach rühmlichst bestandenem Examen, in seine Heimath zurückgekehrt, wurde L . ein sehr beliebter Arzt, ein selbstloser Helfer in allerlei Noth und ein wackerer Bürger. Ehre seinem Andenken. Digitized by LjOOQle Zürich. Die Professur für pathologische Anatomie wurde durch den Regierungsrath mit der Berufung des ausserordentlichen Professors, Dr. Ziegler , z. Z. in Freiburg i. B., in glücklicher Weise besetzt. Wir sind überzeugt, dass der heimath- liche Boden der neuen Lehrkraft eine Stätte fruchtbarer Arbeit sein wird. Ausland. München» Vorträge zur Actiologie der InfeCttODSklUnkhettoll. Die sehr in¬ teressanten, im ärztlichen Verein zu München im Jahre 1880 gehaltenen Vorträge: Zur Aetiologie der Infectionskrankheiten mit besonderer Berücksichtigung der Piletheorie a sind soeben erschienen. (Bei J. Ant. Finsterlin in München, 202 Seiten. Preis 4 M.) Die ausgegebene erste Hälfte enthält: 1) Ueber die durch Pilze bedingten Pflanzenkrankheiten. Von Prof. Dr. R . Har Hg. 2) Ueber Pilzkrankheiten niederer und höherer Thiere. Von Prof. Dr. 0. Bollinger. 3) Ueber die Wirkungen der Spaltpilze im lebenden Körper. Von Prof. Dr. H. Büchner . 4) Ueber Otomycosis. Von Prof. Dr. Fr. Bezold. 6) Zur Aetiologie des Abdominaltyphus. Von Dr. Port. 6) Ueber die Natur und die Verbreitungsweise der Infectionserreger. Von Prof. Dr. Soyka . 7) Die Pilze der Zahnkrankheiten. Von Dr. Ad. Weil. Die zweite demnächst erscheinende Hälfte wird bringen: 8) Ueber Verbreitungsart der Cholera. Von Oeheimrath Prof. Dr. v. Pettenkofer. 9) Die dinisch wichtigsten Mycosen. Von Prof. Dr. v. Ziemssen. 10) Die neueren For¬ schungen über Wechselfieber, Pest und Gelbfieber. Von Prof. Dr. Soyka. 11) Ueber septische Erkrankungen des Auges. Von Prof. Dr. Aug. v. Rolhmund. 12) Ueber Fleisch¬ vergiftungen und Abdominaltyphus. Von Prof. Dr. Bollinger. 18) Ueber infectiöse Pneu¬ monie. Von Ober-Medicinal-Rath Dr. Kerschensteiner. 14) Ueber Diphtherie. Von Prof. Dr. Oertel. Es bilden diese Vorträge eine sehr erwünschte Rundschau des auf dem Gebiete der mycotischen Krankheitsursachen nunmehr eingenommenen Standpunctes und die Zahl der hervorragenden Mitarbeiter gibt uns eine Gewähr, dass mit Umsicht und ohne Einseitig¬ keit das gesammte heute vorliegende Material in diesen Arbeiten eine kritische Sichtung and Beleuchtung erfahren hat, die recht geeignet ist, die gewonnenen Thatsachen auch weitern Kreisen zugänglich zu machen. Stand der Infectiona-Krankheiten iu Basel» Vom 11. bis 26. Januar 1881. (Die Zahlen in Klammern geben jeweilen die Anzahl der in früheren halben Monaten angemeldeten Fälle an.) Von Varicellen sind 12 neue Fälle angezeigt (19, 25, 16). Scharlach 6 zerstreute Erkrankungen in allen Stadttheilen mit Ausnahme des Birsigthales (4 V 2, 1, 2). Eine plötzliche und auf alle Districte ausgedehnte Zunahme zeigt der Typhus mit 126 neuen Erkrankungen (29, 18, 20, 31), darunter 1 von auswärts importirter Fall; die einheimischen vertheilen sich in den 5 letzten halben Monaten folgendermaassen: 11.-25. Nov. 26. Nov.-lO. Dec. 11.-25. Dec. 26.Dec.-10. Jan. 11.-25. Jan. Nordwestplateau 11 5 6 12 33 Birsigthal 2 3 4 10 28 Südostplateau 6 4 3 2 31 Birsthal 2 — — 1 2 Kleinbasel 8 5 5 5 31 Am zahlreichsten sind im Verhältnis zur Bevölkerung die Erkrankungen auf dem 8üdostplateau. Diphtherie und Croup sind noch immer sehr häufig; angemeldet sind 32 neue Fälle (19, 20, 24) aus allen Districten mit Ausnahme des Birsthales. Pertussis 29 neue Anmeldungen, wovon 14 aus Kleinbasel (20, 33, 14). Erysipelas 12 Fälle (8) vom Nordwestplateau, Birsigthal und aus Kleinbasel. Puerperalfieber 2 Fälle (wovon der eine noch aus der Wirksamkeit der laut letztem Berichte wegen 5 Erkrankungen stillgestellten Hebamme). Digitized by LjOOQle 92 Bibliographisches. 28) Bering , Zur Erklärung der Farbenblindheit aus der Theorie der Gegenfarben. 8ep.- Abdruck. Prag, Verlag von Tempsky. 29) Lesser , Die chirurgischen Hilfsleistungen hei dringender Lebensgefahr (lebensrettende Operationen). 12 Vorlesungen, gehalten an der Universität Leipzig 1878 — 1879. 194 8. Leipzig, F. C. W. Vogel. 30) Hüter, Grundriss der Chirurgie, I. Hälfte, allgem. Theil: Verletzung, Entzündung, Wund- und Eiterfieber, Geschwulstbildung. Operations- und Instrumentenlehre. Verband- und Apparat enlehre. Mit 176 Abbildungen. 511 8. Leipzig, F. C. W. Vogel. 31) Maron , Die Gesellschaft und ihre Geisteskranken. Ein Wort für gebildete Laien und für Aerzte. 45 3. Preis 1 Mark. Leipzig, Böhme. 32) Ebner, Die Praxis des Nahrungsmittel-Chemikers. Anleitung sur Untersuchung von Nahrungsmitteln und Gebrauchsgegenständen, sowie für hygieinische Zwecke. Für Apotheker und Gesundheitsbeamte. Mit 72 Holzschnitten. Preis 4 Mark. 180 8. Leipzig, Voss. 33) Samuel, Compendium der allgem. Pathologie für Studirende und Aerste. 432 S. Stuttgart, Enke. 34) Schüller , Experimentelle und histologische Untersuchungen über die Entstehung und Ursachen der scropbulösen und tuberculösen Gelenkleiden. Nebst Studien über tu- berculöse Infection und therapeutische Versuche. Mit 30 Abbild, im Text. 236 8. Stuttgart, Enke. 35) Biedert, Die Kinderernährung im Säuglingsalter. 392 8. Stuttgart, Enke. 36) Uebermann , Grundzüge der Chemie des Menschen für Aerzte und Studirende. 238 8. Stuttgart, Verlag von Enke. 37) Falk, Lehrbuch der practischen Toxicologie für practische Aerste und Studirende, mit Berücksichtigung der gerichtsärztlichen Seite des Faches bearbeitet 34 8. Stuttgart, Verlag von Enke. 38) Heckei, Compendium der Unterleibsbrüche. 144 S. Stuttgart, Verlag von Enke. 39) Weil, Handbuch und Atlas der topographischen Percussion nebst einer Darstellung der Lehre vom PercussionsschalL 2. vielfach vermehrte und umgearbeitete Auflage. Mit 4 Holzschnitten und 26 Tafeln. Leipzig, Verlag von F. C. W. Vogel. 40) Pflüger , Augenklinik in Bern. Bericht über das Jahr 1879. Bern, bei Dalp. 41) Wartmann , Recherohes sur Tenchondrome, son histoire et sagenöse. Dissert, inaug. Genöve et Bäle, Georg, Editeur. 42) Glatz, L’hydrothörapie aux bains de Champel (pr&s Genöve). Genöve, 1879. Georg, Libraire. 43) Hofmann , Franz , Die Bedeutung von Fleischnahrung und Fleischconserven mit Beäug auf Preisverhältnisse. Beitrag zur rationellen Verpflegung vom sanitären und wirt¬ schaftlichen Standpuncte für Aerzte und Beamte. Gr. 8. 119 S. 3 Mk. Leipzig, F. C. W. Vogel. 44) Michel, Zur Behandlung der Krankheiten der Mundrachenhöhle und des Kehlkopfes. Practische Beiträge. Gr. 8. 120 S. 3 Mk. Leipzig, F. C. W. Vogel. 45) Riqauer , Die Diphtherie und ihre Behandlung durch das kalte Nasenbad. Gr. 8. 98 8.* Mk, 2. 80. Leipzig, F. C. W. Vogel. 46) Kocher , Ueber Schusswunden. Experimentelle Untersuchungen über die Wirkungs¬ weise der modernen Kleingewehr-Geschosse. Gr. 8. 94 8. Mk. 2. 40. Leipzig, F. C. W. Vogel. 47) Baginsky, Practische Beiträge zur Kinderheilkunde. 1. Heft Pneumonie und Pleuritis. 156 S. Tübingen, Verlag von Laupp. 48) Marlin , Lehrbuch der Geburtshülfe für Hebammen. Umgearbeitet in der 4. Auflage herausgegeben. Stuttgart, F. Enke. 49) Encyclopädie des Impfens und seiner Folgen sowie eine Untersuchung des vorgeschla¬ genen Impfens mit Kalbslymphe (aus dem Englischen). Hannover, Hahn’sche Buchhandl. 50) Jessen , Ueber klimatische Curen. 48 8. Berlin, Verlag von Reimer. Digitized by LjOOQle 93 51) Ziemssen , Handbuch der allgem. Therapie. II. Bd. 3. Th. Wintemiiz , Hydrotherapie, mit 15 Holzschn. 310 S. Leipzig, F. C. W. Vogel. Brieikasten. Herrn Prof. Thomas , Freiburg; Dr. C. Nauwerck , Zürich; Dr. Münch, Brestenberg; Dr. Ladame , Dombresson; Dr. Schönbächler, Schwyz; Dr. Bürlimann , Unter-Aegeri; Dr. Schwalbe , Magdeburg: Mit bestem Dank erhalten. — Offene Anfrage. Solothurn. (Einges.) Ist das am 2. October 1879 auf der Fridau gewählte Comitö des Solothurner Aerztevereines eingeschlafen oder das Protocoll verloren gegangen ? M . Die Preise sämmtlicher Chemikalien wie Anfangs Januar 1881 unverändert. St Gallen Ende Januar 1881. C. Ehrenzeller, [H192-Q] _ Apotheker. _ Avis für Aerzte. Wegen Abreise aus Gesundheitsrücksichten ist in einem grossen industriellen Centrum der fran¬ zösischen Schweiz die Stelle eines Arztes sofort neu zu besetzen. Jährliche Einnahmen Fr. 10—12,000. Sich zu adressiren an die Expedition dieses Blattes. Offene Arztsteile . Die Gemeinde Andeer (Kt. Graubünden), Haupt¬ ort des ca. 2000 Einwohner zählenden Kreises Schams und angehender Curort, sucht einen S atentirten Arzt« Informationen und Anmel- ungen wolle man unter Beilage von Zeug¬ nissen und Ausweisen innert Monatsfrist richten an den Gemeindevorstand. Andeer, 12. Januar 1881. Verlag von August Hirscbw&ld in Berlin. Soeben erschienen: Syphilis und Ehe. Vorlesungen von Prof. Dr. Alfr. Fournier. Ins Deutsche übertragen von Dr. P. Micheison. _ 1881. gr. 8. 5 Mark._ ADMINISTRATION : PARIS, 22, boulevard Montmartre. VERDAUUNGS * PASTILLEN , fabriclrt zu Vichy mit dem aus den Quellen ge¬ wonnenen Salze. Sie haben einen sehr angenehmen Geschmach und machen einen gewissen Eindruck gegen Ma¬ gens® u re und schwere Verdauung. SALZ VON VICHT FÜR BjEDER. - Ein Kistchen für ein bad, solchen Personen ~ die nicht nach Vichy kommen kaennen. § UM NACHAHMUNGEN ZU VERMEIDEN. ~ VERLANGT MAN BEI ALLEN ERZEUGNISSEN DU MARKE DER COMPAGNIE ln Basel bei E. Ramsperger. 9 « 0 . 2,00 2,50 * * * * * * 318 * Ventilation. Besondere Vorrichtungen für Ventilation besitzen nur 137 Zimmer. Wandungen. Holztäfel in 970, Mauer und Holztäfel in 440 Zimmern. Fenster. Fensterrichtung. Von 11,548 Fenstern schauen nach Süd 3,488 * Ost 1,955 * West 1,856 * Südost 1,145 * Nord 1,127 Nach Südwest, Nordost, Nordwest je weniger als 1000. Fensterhöhe. Durchschnitt im Canton 163 cm., 150 cm. und weniger in 683 Classen. Glasfläche als Procente der Bodenfläche. Norm 25—28%; sehr gut immerhin noch 20%, je nach der Configuration der Zimmer noch als genügend 15-16%. Unter und bis 10% in 706 Classen. 10— 11 n * 581 „ 11— 12 w „ 279 „ 12— 13* * 273 * 13— 14* * 165 * 14— 15 * * 153 * Die Schüler erhalten das Licht von 1 Seite in 325 Classen. * 2 Seiten Ti 874 Ti Ti ^ Ti Ti 524 Ti einzig von links Ti 98 Ti n » vorn Ti 233 Ti * * rechts Ti 56 Ti * * hinten Ti 30 Ti Digitized by LjOOQle 111 Ofen. Im Canton haben Stein-Ofen 337 Classen. Kachel- „ 239 „ Blech- „ 880 Eisenguss- „ 298 „ Der Durchschnitt der Heizfläche beträgt für den Canton 5,99 □ m. r» das Oberland 5,57 ,, » „ Emmenthal 5,82 „ * „ Mittelland 6,33 „ r> den Oberaargau 7,04 „ r> das Seeland 6,22 n n den Jura 4,95 „ 1 □ m. Heizfläche kommt durchschnittlich im Canton auf 26,9 dP m. Luft. „ Oberaargau * 23,2 „ „ „ Jura „ 33,8 „ „ Unterricht. Schüler in einer Classe. Officiell sind 80 Schüler in einer Classe erlaubt; in Wirklichkeit aber sind Classen von über 60 Schülern vom Uebel. 60 — 70 Schüler zählen im Canton 290 Classen. Längste Schulhaltung nach einander. 5 Stunden und mehr in 83 Classen; davon kommen 2 auf Laufen und 81 aufs Oberland, ln diesen Fällen wird wegen des weiten Schulweges nur einmal täglich Schule gehalten, von 9—1 oder 2 Uhr, oder von 10—2 Uhr. Pausen. Classen ohne Pausen während der Vormittagsschule im Oberland 33. „ Jura 129. „ Canton 203. Classen von 1 Pause Während der Vormittagsschule bis 5 Minuten im Canton 155 • von 6 — 10 „ „ „ 721 „ 10 15 „ v „ 665 „ 16 u. mehr * „ „ 84 Classen ohne Pausen während der Nachmittagsschule im Oberland 115. „ Mittelland 163. „ Jura 170. „ Canton 666. Turnstunden. Keine Turnstunde per Woche im Jura in 167 Classen. „ Mittelland „ 176 „ „ Oberland „ 168 „ „ Canton „ 613 „ Eine Turnstunde per Woche im Canton in 200 Classen. Zwei Turnstunden „ „ » v » 909 „ Drei u. mehr Turnstunden „ „ » » „ 92 „ Anmerkung. Weitere Mittheilungen aus der Statistik sind seither durch eine Reihe von Correspondenzen im „Bund“ in die Oeflentlichkeit gelangt. Mit diesen abrupten Zahlen sich begnügend, um nicht zu ermüden, empfiehlt Digitized by LjOOQle 112 Pflüger angelegentlich (las Stadium der in Bälde zu veröffentlichenden Arbeit, welche des Interessanten die Fülle biete. In der sich anschliessenden Discussion stellt Dr. Kummer aus Aarwangen fol¬ genden Antrag: In Anbetracht, dass es noch geraume Zeit erfordern wird, bis die höchst bedeutsamen Resultate der vorgenommenen hygieinischen Schulstatistik zu einem bezüglichen Schulhausbaureglement verwerthet werden können, in Anbe¬ tracht ferner, dass die Stoffüberbürdung nach einstimmigem Urtheil aller Sachver¬ ständigen den grössten Fehler unserer modernen Schule bildet, beschliesst die Versammlung, in einer Vorstellung an die h. Erziehungsdirection mit allem Nach¬ druck zu verlangen, dass die durch den neuen Stundenplan für die Mittelschulen und Secundarschulen, Progymnasien und Gymnasien gegen früher erwachsene Stoff¬ vermehrung und Zunahme der Stundenzahl so schnell als möglich als eine der grössten Schädigungen der Schule wieder rückgängig gemacht werde. Dr. Fankhauser aus Burgdorf erweitert den Antrag dahin, dass in der Vorstel¬ lung an die h. Erziehungsdirection der Stundenplan für die Primarschulen eine ähnliche Berücksichtigung finde. Dr. Müller aus Sumiswald wünscht ferner, dass der beantragten Eingabe an die h. Erziehungsdirection das weitere Postulat hinzugefügt werde: Es möchte zeitweise eine gehörige Inspection sämmtlicher Schuleq des Cantons auch in hy- gieinischer und sanitarischer Beziehung stattfinden. Entgegen diesen Anträgen beschliesst die Gesellschaft auf Antrag des Präsi¬ diums die weitern Schritte in der Schulhygieine- Angelegenheit dem Comitd zu überlassen. Dagegen wird der weitere Antrag von Dr. Fankhauser erheblich erklärt, den Tit. Directionen der Erziehung und des Innern ihre bisherigen Bemühungen um die Schulhygieine zu verdanken. 6. Dr. Hans Fröhlich spricht über die sogen. Tunnelkrankheit; er unter¬ scheidet 2 Formen derselben. Die erste charakterisirt sich durch bleiches, lym¬ phatisches, aufgedunsenes Aussehen der Leute, blasse Schleimhäute, gelbliche Conjunctiven, Zustand nicht fieberhaft, Puls äusserst schwach und langsam, Milz öfters vergrössert; Urin gewöhnlich ei weisshaltig; Gelegenheit zur Autopsie hat sich bisher nicht dargeboten. Die zweite häufigere Form, welche Fröhlich an einem mitgebrachten Arbeiter demonstrirt, ist der Scorbut. Die Leute beklagen sich im Anfang über starke ziehende Schmerzen namentlich in den Beugemuskeln der un¬ tern, seltener auch der obern Extremitäten. Es treten Blutextravasate unter der Haut auf, die sich später auch auf die Musculatur ausdehnen. Das Bein wird hart; oft sind die Hämorrhagien so stark, dass Fluctuation entsteht. Oefters, aber nicht immer, tritt auch die den Scorbut charakterisirende Ver¬ änderung des Zahnfleisches auf; doch kann dieselbe Vorkommen ohne nachweis¬ liche Hämorrhagien und umgekehrt. Milz hie und da vergrössert, Urin gewöhn¬ lich schwach eiweisshaltig; Fieber ist nicht immer dabei und wenn vorhanden, übersteigt die Temperatur nicht 39°. 7. Dr. Hans Weber hält einen Vortrag über die Behandlung des Favus, der in extenso in Nr. 17 (1880) des Corr.-Bl. erschienen ist. Digitized by LjOOQle 113 8. Prof. Dr. P. Müller bespricht die Behandlung des Carcinoms der weiblichen Genitalien, constatirt die bedeutenden Fortschritte, welche die operative Therapie dieses Leidens in den letzten Jahren gemacht hat, erwähnt der verschiedenen neuern Operationsmethoden, erörtert die Hindernisse, weiche einer noch erfolgreichem Behandlung entgegenstehen und schliesst mit der Aufforderung an die Collegen, durch Verallgemeinerung der gynäcologischen Untersuchung zur frühzeitigen Entdeckung des Leidens und dadurch zur rechtzeitigen operativen Be¬ handlung beizutragen. Während des Mittagessens hielt der Präsident folgende Ansprache: Geehrte Herren Collegen 1 Es ist Ihnen bekannt, dass das gastliche Langnau, welches uns heute bewirthet, nicht nur seit Anfang dieses Jahrhunderts einen Auf¬ schwung genommen hat, der es jetzt zur Metropole des Käsehandels emporgeho¬ ben hat, sondern dass es vor ungefähr 100 Jahren auch eine ungewöhnlich weit¬ reichende medicinische Berühmtheit besass. Noch jetzt können Sie die Burg sehen, auf welcher der Emmenthaler Wunderdoctor hauste und diese „Michelsburg“ ist nicht in Trümmer gefallen, wie so viele andere und doch hat sie keine gewaltigen Zinnen und Mauern aufzuweisen. Hier lebte eben einer, der nicht von seiner Burg herunterstürmte, um den friedlichen Wanderer auszuplündern, nicht Einer, der sich vom Schweisse seiner Unterthanen nährte, sondern der bescheidene Schär er-Micheli, der dem Wohle der Leidenden sein Leben widmete und durch seine scharfsinnigen Diagnosen und seine wunderbaren Curen sich einen Namen machte, der weit über die Grenzen des engern Vaterlandes hinausging. Wenn er aber nach seinem Bio¬ graphen seinen Patienten als unfehlbarer galt als selbst der Papst, so mag es nur zur Erinnerung gesagt sein, dass sein Einfluss nicht nur auf den Erfolgen seiner Praxis, sondern auch auf dem packenden Beispiel beruhte, welches er durch ein glückliches Familienleben, durch unentwegtes Wohlwollen und Wohlthätigkeit und durch eine unerschütterliche Bescheidenheit gab. Möchte uns Allen vergönnt sein, mit denselben Mitteln die oft so hämischen, boshaften und ungerechten Angriffe auf unsern ärztlichen Stand zu pariren. Zu diesen Mitteln, unser Interesse für die bessere Seite unseres Berufes zu demonstriren, gehören die Bestrebungen zur Erweiterung der Krankenpflege. In den Vordergrund gedrängt durch die Verhältnisse ist der Neubau des Cantons- spitals. Aufgefordert vom Präsidium berichten die vom Actionscomitd für die Er¬ weiterung der Krankenpflege anwesenden Mitglieder, die Herren Prof. Ä. Schdrer , Dr. Imobersteg von Kirchlindach, Dr. Felscherin von Zäziwyl und Dr. Müllerlvon Sumiswald über das in der Angelegenheit bis jetzt in ihren Kreisen Geschehene. _ Referate und Kritiken. . lieber Verdunstung und Insolation. Ein Beitrag zur beseern Kenntniss des Hochgebirgsclima's. Von Dr. med. Vollend . Verlag von Schweighauser in Basel. Entstehung und Zweck des vorliegenden kleinen Schriftchens glaubt Herr Verfasser im Eingänge seiner Vorrede damit motiviren zu müssen, dass bis jetzt die Insolation und 8 Digitized by LjOOQle 114 Verdunstung, sowohl im Hoch- wie im Tiefland „noch nicht oder dann nur wenig* berück¬ sichtigt worden, die speciclle Untersuchung jener beiden Factoren jedoch für eine ein¬ gehendere Würdigung beider Climate unbedingt nothwendig sei. Zunächst nun jener ersten Behauptung des Herrn Verfassers, soweit sie wenigstens vorerst die Insolationsfrage betrifft, etwas entgegen zu treten und zwar an Hand eines kleinen zu diesem Zwecke angefertigten Literaturverzeichnisses, hernach aber kurz, auf Grund des in Herrn Dr. Volland & Arbeit — freilich etwas spärlich — niedergelegtcn Be¬ obachtungsmaterials, die erhaltenen Resultate desselben zu discutiren, die merkwürdiger Weise mit allen bis zur heutigen Stunde gemachten Erfahrungstatsachen im directesten Widerspruch stehen, war der einzig leitende Gesichtspunct bei der Abfassung der nach¬ stehenden Zeilen, welche unsere kritischen Bemerkungen zu Herrn Dr. Volland s Schrift- chen bilden sollen. Bereits vor mehr denn zehn Decennien hat der bekannte Naturforscher .Sasusttre*) über die Insolationsfrage eingehende Untersuchungen angestellt, und zwar sowohl im Hoch-, wie im Tiefland, wozu er auf seinen grossartigen Reisen in den Alpen jedenfalls Gelegenheit vollauf besass. Ebenso zahlreiche weitere Beobachtungen bezüglich der directen strahlenden Wir¬ kung der Sonne resp. also der Insolation existiren von Forbes $ Kämtz aus den 30er Jah¬ ren, ausgeführt auf dem Faulhorn und zu Brienz im Berner Oberlande mittels des von F. W. Herschel im Anfänge dieses Jahrhunderts construirten Actinometers. Die von letzteren Forschern gesammelten Thatsachen stimmen mit denen Saussure't vollkommen überein, dass nämlich die directe strahlende Sonnenwirkung stets zunehme mit der Höhenlage des Beobachtungsortes, und zwar für jede beliebige Jahreszeit Eine fernere grosse Zahl von Messungen liegen vor von den Gebrüdern Schlaginweü^ **) die auf ihren an mannigfachen andern Ergebnissen so fruchtbaren Reisen in Indien und Hochasien 1854 — 1855 ebenfalls nicht versäumten, wo immer nur möglich, Insolations- beobachtungen sowohl im Hoch- wie im Tiefland anzustellen, freilich unter Zuziehung eines etwas eigenthümlichen Beobachtungsmodus. Die Ablesungen geschahen jeweils an ungeschwärzten, frei der Sonne ausgesetzten Thermometern. Jedes dieser Instrumente gibt dann natürlich den Betrag der Insolation, d. h. der unmittelbaren erwärmenden Wir¬ kung der Sonnenstrahlen vermindert um den Betrag durch Wärmeausstrahlung (und bei¬ läufig bemerkt, abgesehen auch von den durch das Glasgefäss nicht sofort zur Wirkung kommenden reflectirten Strahlen). Im Verlaufe der Untersuchung stellte sich nun als Hauptergebniss das Resultat heraus, dass die Insolation von der feuchten Seeküste nach dem Innern (d. h. höher gelegenen Plateau) stets abnehme; im weitern die absoluten Insolationsmaxima fortwährend mit Tagen grösster absoluter Feuchtigkeit zusammenfielen; Thatsachen, die sich alle ohne Schwierigkeit erklären lassen, sobald man der Versuche Tyndairs , Frankland s, Buffori s etc. sich erinnert, wonach trockene Luft, die von irgend einer Quelle herrührenden Wärmestrahlen leicht durebiässt, der Wasserdampf für die leuchten¬ den Wärmestrahlen der Sonne sich zwar ebenso verhält, jedoch die von erwärmten nicht leuchtenden Körpern (also hier der Erdoberfläche) ausgehenden sogen, dunkeln Wärme¬ strahlen mehr oder weniger absorbirt, mit andern Worten, dass der Wasserdampfgehalt der Atmosphäre der Erdoberfläche die empfangenen Sonnenstrahlen gleichsam wie eine schützende Decke länger bewahrt, d. h. im Tiefland das unbeschattete frei der Sonne ausgesetzte Thermometer höher steigen lässt. — Noch eine allbekannte Thatsache ge¬ winnt hiedurch eine bessere Erklärung: ***) „Wenn wir uns bei erhöhter Feuchtigkeit der Luft, wie z. B. vor Gewittern etc., den Sonnenstrahlen aussetzen, fühlen wir die „stechende* Hitze der Sonne viel empfindlicher, während das beschattete Thermometer nichts davon weiss. Bisher konnten wir nur eine Art von subjectivem Grund für diese erhöhte Wärmeempfindung angeben, die verminderte Verdunstung an der Hautoberfläche, während wir nun auch einen objectiven Grund hiefür haben , nämlich die verringerte WärmeäuBstrahlung. “ Dies also, jedenfalls aber nicht die erhöhte Insolation, nach Herrn Dr. Volland & An- *) Saussure , Reisen durch die Alpen IV, 109. **) Sitzungsberichte der k. bayr. Academie 1864. ***) Hann: Zeitschrift für Meteorologie, Bd. I, pag. 25. Digitized by LjOOQle 115 sicht,*) wird die eigentliche Ursache sein, warum wir im Tiefland zur Sommerszeit unter der wärmespendenden Kraft der Sonne mehr zu leiden haben, als unter gleichen Um¬ ständen, trotz vergrösserter Insolation in der trockeneren, wasserdampfärmeren Atmo¬ sphäre des Hochgebirge, die stets eine vermehrte Wärmeausstrahlung zulassen wird. Fernere zahlreiche Arbeiten, die noch in die 50er, theils auch in die 60er Jahre fallen und denselben Gegenstand berühren, übergehen wir hier der Kürze halber, um nur noch einige neuern Datums zu nennen. Auf der British Association zu Belfast (1874) legte F. W. Stow derselben eine grös¬ sere Abhandlung vor, in welcher er auf Grund zahlreicher Beobachtungen ebenfalls die lnsolationsfrage eingehend besprach. Seine (sowie auch der frühem hier nicht vollzählig angeführten Beobachter) sofort zu besprechende Beobachtungsweise ist bis heute die einzig richtige, bei allen „exacten“ Untersuchungen die einzig zulässige (und auch überall adoptirte), um auf verhältnissmässig einfachem Wege die directe strahlende Sonnenwirkung zu studiren, falls man sich, beiläufig bemerkt, nicht der von Pouittet , Vioüe etc. construirten, auf calorimetrischen Messungen beruhenden feinen, natürlich noch weit genauere Resultate liefernden Instrumente bedieneu will oder kann. Herr F. W. Stow stellte seine Beobachtungen über Sonnenstrahlung ganz wie Herr Dr. Voüand an einem geschwärzten Thermometer im Vacuum an, jedoch mit dem erheb¬ lichen Unterschiede, dass nicht die directe Ablesung am Insolationsthermometer genom¬ men , sondern dieselbe verglichen wird mit einem (unter den nöthigen Vorsichtsmaass- regeln) im Schatten (also die gewöhnliche Lufttemperatur zeigenden) aufgestellten Thermo¬ meter ; die Differenz in den gleichzeitigen Ständen dieser letztem kann dann als „ziem¬ lich genaues“ Maass der Intensität der directen Sonnenstrahlung an dem betreffenden Punct und für den betreffenden Moment angesehen werden. **) Die Ablesungen am lnsolationsthermometer allein werden natürlich trotz der schützen¬ den Glashülle des letztem und ganz insbesondere, wenn es sich um Maximalablesungen zur Zeit des höchsten Sonnenstandes handelt, von der verschiedenen Temperatur der äussern Glashülse (bezw. also der jeweils herrschenden Lufttemperatur) abhängig sein, da, wenn sich auch Anfangs das Glas (bezw. jene Hülle) adiatherman gegen die dunkeln Wärmestrahlen unseres Erdkörpers verhält, eine Durchstrahlung resp. Erwärmung der innem Kugel, in Folge der letztem Wirkung, nach und nach dennoch eintreten muss. Dieser störende Einfluss kann aber, wie leicht evident dadurch etwas paralysirt resp. eli- minirt werden, indem man eben die herrschende Lufttemperatur in Rechnung bringt. — F. W. Stow , der seine erhaltenen Resultate bezüglich der Insolation ausserdem noch in in¬ nigen Zusammenhang bringt mit dem jeweiligen Wasserdampfgehalt bezw. Feuchtigkeits¬ zustand der Atmosphäre, dem herrschenden Bewölkungsgrad, den verschiedenen Luftströ¬ mungen etc. . . ., kann aus seinen Beobachtungen ebenfalls nur eine Zunahme der Sonnen¬ strahlung mit der Seehöhe des Beobachtungsortes constatiren. Zuletzt endlich sei uns noch erlaubt, der von der pariser Academie preisgekrönten Abhandlung von Vioüe (Sommer 1875) zu gedenken, dessen feine, zwar auf ganz andern Principien beruhenden Messungen über die Intensität der Sonnenstrahlung (— es liegen solche vor vom Montblanc {4810 m.], den Grands-Moulets [3050 m.], Glacier des Bossons [1200 m.] und Grenoble [213 m.] —) ebenfalls wieder die obige Thatsache , bezw. den von Herrn Dr. Voüand angefochtenen Satz (Mohn, pag. 14): Je länger der Weg ist etc... aufs schönste bestätigen. Endlich auch nicht zu vergessen der bekannten Abhandlung von W. Steffen: Ueber die meteorologischen Verhältnisse von Davos etc., sowie dessen in den „Davoser Blättern“ ***) niedergelegten Arbeit, worin er sich ebenfalls über die Insolationsverhältnisse insbesondere des Höhenclima’s, soweit sie sein Interesse berühren, eingehend ausspricht. Zum Schlüsse erlauben wir uns nun noch ganz kurz eine kleine Discussion der von Herrn Verf. Dr. Voüand gewonnenen Erfahrungstatsachen bezüglich der Insolation, indem wir jeweils gemäss der obigen Entwicklung die Differenzen bilden aus den der Curven- # ) Vide pag. 16 dessen Arbeit. **) Eben weil hier, um dies nochmals zu betonen, die eigentliche Wirkung der leuchtenden Wärmestrahlen gleichzeitig comparirt wird mit derjenigen der indirecten sog. dnnkeln Wärmestrahlen, welche vom Erdboden reflectirt die die Thermometer umgebende Lufttemperatur bilden. ***) Nr. 7, 8 und 10 (1877). Digitized by Google 116 tafel II (des Schriftchens) zu entnehmenden Insolationsmaxima und den angegebenen 8chattentemperaturen für 2 h. p. m., wobei wir jedoch bemerken, dass diese gemessenen Lufttemperaturen jedenfalls nicht mit den abgelesenen maximalen Insolationsständen corre- spondiren, da letztere jedenfalls vor 2 h. p, m., gewöhnlich zur Zeit des höchsten ver- ticalen Sonnenstandes eintreten, diese Zeitdifferenz die in Strassburg gemessenen Schatten¬ temperaturen, zwar nicht viel, jedoch unbedingt die Davoser Lufttemperaturen etwas al- teriren wird, die entsprechenden Differenzen fUr Davos also jedenfalls etwas grösser aus- fallen werden, als die unmittelbaren jener Tafel entnommenen. Es ergibt sich uns auf diese Weise als mittlere Insolationswirkung der Sonne pro September 1875 3. IX.— 28. IX. für Strassburg circa 3 6°, für Davos etwa 34°C. f ein Resultat, das also jedenfalls der Wahrheit bedeutend näher rückt, als die von Herrn Verfasser angegebenen und verglichenen rohen Insolationsstände. Fügen wir hiezu nun noch die Bemerkung, welche Harrison •) aus seinen zahlreichen Beobachtungen zieht, dass nämlich eine ganz erhebliche Steigerung der Sonnenstrahlung statthat, wenn die Sonne entweder durch jenen feinen , leichten, von Auge kaum wahrnehmbaren Wolkenschleier hindurchscheint, der das baldige Herannahen des Aequatorialstromes anzeigt, oder dann an den Rändern vereinzelter, massiger, stark reflectirenden Haufenwolken vorüberzieht, end¬ lich die Insolationsgrösse bedeutend moditicirt werden kann durch die herrschende an dem Insolationsthermometer vorbeistreichende mehr oder weniger starke Luftströmung, so dürfte wahrscheiulich unser obiges, natürlich nur approximatives Resultat noch mehr zu unsern Gunsten sich umgestalten. Denn klar ist, dass correspondirende Insolations¬ beobachtungen nach dem eben Angeführten nur dann einen Zweck haben, wenn die Wit¬ terungsverhältnisse an den betreffenden Tagen genau dieselben sind an beiden fraglichen Orten; dass dies nun wirklich der Fall war vom 3.—28. IX. 1875 sowohl in Davos wie in Strassburg hat uns Herr Verfasser nicht überzeugt, da dergleichen detaillirtere, für das Ganze aber jedenfalls sehr nothwendigen Angaben der diesbezüglichen Witterungs¬ verhältnisse (— wenn man sich überhaupt ein vorurteilsfreies Resultat in dieser so subtilen Frage verschaffen willj in des Verfassers Beobachtungsjournal, soweit letzteres in dem Werkchen reproducirt worden, gänzlich fehlen. — Wenn man also bereits in der Wahl der einzelnen Beobachtungstage sehr vorsichtig sein muss, so wird es, dies liegt auf der Hand, ganz zu verwerfen sein, Beobachtungsdaten aus verschiedenen Jahren, wie Herr Verfasser gethau, zusammen zu stellen, um daraus dann vollgültige Schlüsse zu ziehen. Das Letztere an einem einfachen Beispiele zu illustriren, bedarf es ja nur einer Einsicht in die von W.\ Steffen io seiner Abhandlung enthaltenen Originalbeobachtungen bez. der Insolationsfrage, welch’ letztere von F. Redford in dem nur wenige Stunden von Davos-Dörfli entfernten Davos-Platz von September bis März 1876—1877 aufgenommen worden sind und Vergleichung der dort enthaltenen Werthe mit denen Strassburgs pro 1875! Dass natürlich Modificationen bezw. Abweichungen von den zu Grunde liegenden (theoretischen) Elementargesetzen auch hier bei der Insolationsfrage eintreten können und werden, ist an sich klar, weil eben die Abfassung der letztem streng genommen nur für die freie Atmosphäre Gültigkeit hat, in dieser aber directe Beobachtungen anzustellen, aus naheliegenden Gründen, wenn auch nicht unmöglich, so doch gewisse Schwierigkei¬ ten bestehen. Im weitem bildet ja gerade die Untersuchung resp. Aufklärung solcher Anomalien, unter steter Berücksichtigung der jeweils bestehenden Neben Verhältnisse, einen mächtigen Hebel für die fernere Förderung der Wissenschaft. Wir erinnern beispielsweise nur an die bekannte Thatsache der anomalen Tempera- turvertheilung resp. -Umkehrung, die sich beinahe jeden W r inter, wohl auch schon im Herbste in der Höhe geltend macht, eine Thatsache, die sich verhältnissmässig leicht unter Zuziehung und Berücksichtigung der bestehenden Luftdruck- und Feuchtigkeits¬ verhältnisse mit der Theorie in Einklang bringen lässt. — Dass aber, — falls wir auch Zeit und Mühe nicht scheuten, — eine eingehendere Untersuchung bezüglich der subtilen Insolationsfrage, gestützt auf die von Herrn Dr. Vottand gesammelten Beobachtungen uud im Hinblick auf dessen Beobachtungsmodus kaum möglich ist, wird der Herr Verfasser uns wohl selbst zugestehen müssen. *) On the Solar Radiation, Philos. Mag. (4). XXXIX. **) Nach pag. 13, 14. Digitized by LjOOQle 11 ? Jedenfalls behält der von Herrn Dr. Volland angefochtene ^Mohri sehe Satz“ auch künftighin noch vollauf seine unumschränkte Gültigkeit, bis andere Beweise vorliegen. J. M. 1. Das Gesetz der Bevölkerung. Von Anrtie Besant (51 S.). 2. Der Neo-Maithusianismus das Heilmittel des Pauperismus. Von Dr. med. G. Stille (82 3.). Beide Schriften im Verlage Fr. Luckhardt. Berlin, 1880 und 1881. Mit allen Waffen , die Erfahrung und Wissenschaft an die Hand geben , sucht die gegenwärtige Gesellschaft über die Ursachen unserer bedrohlichen socialen Lage und ihre Folgen, aber auch über ihre Besserungs- und Heilmittel sich klar zu werden. Wenn auch im Allgemeinen eine gewisse Uebereinstimmung darin herrscht, dass eine Reihe von Staaten des alten Europa an Uebervölkerung leidet, so gehen die Ansichten um so mehr aus einander, wie diesem vorhandenen Uebelstande abzuhelfen ist. Während die Einen das Heil in der Massenauswanderung suchen, sehen es Andere in der Beschränkung der Ehen. Ich halte es für einen grossen Fortschritt in der Behandlung dieser Frage, dass dieselbe an der Hand „des Gesetzes der Bevölkerung nach Malthus“ untersucht und be¬ arbeitet wird. Es muss nämlich Jedermann einleuchten, dass in dem Hauptsatze desselben ein nicht unbedeutender Kern von Wahrheit steckt, dass die Zunahme der Menschen in einem rascheren Maassstabe erfolgt als das Wachsthum der zum Lebensunterhalte dieser Menschen nothwendigen Mittel. Es wird gewiss nicht mit Unrecht als Beweis für diesen Satz auf Frankreich hin¬ gewiesen, in welchem Lande eben die Zunahme der Bevölkerung eine viel geringere ist, als in der Schweiz, in England, Deutschland, Holland oder Belgien, und wo daher der National Wohlstand nicht nur ein grösserer, sondern vor Allem der Wohlstand ein allge¬ meinerer ist. Es muss die daraus resultirende Folgerung als eine berechtigte anerkannt werden, dass die Gesellschaft dahin arbeiten muss, dass nicht mehr Menschen erzeugt werden, als anständig ernährt werden können. Die zur Erreichung dieses Zweckes vorgeschlagenen Abhülfsmittel, als frühe, aber materiell gesicherte Ehen und nach dem Maasse dieser Sicherheit beschränkte Kinder¬ erzeugung, sind nun Gegenstände, die ganz vorzugsweise in das ärztliche Gebiet einschla- gen und daher von allen Aerzten studirt werden sollten. Sie bedürfen um so mehr des ernstesten Studiums von Seiten der Aerzte, als die vorgeschlagenen Mittel alle einer Besprechung noch sehr bedürftig sind, und .ja nur vor- hergegangene Studien derselben solche Besprechungen fruchtbringend machen können. In diesem Sinne empfehle ich das Studium der beiden Brochuren dem ärztlichen Stande auf’s dringlichste und in der Ueberzeugung, dass gerade diese Seite unserer so¬ cialen Frage die Hauptangriffspuncte bietet, die als Aufgaben den Aerzten bei der Lösung derselben zugänglich sind. L. W. lieber Tuberculose und Schwindsucht. Von Dr. Ernst Ziegler in Freiburg (Sammlung klinischer Vorträge von R. Volkmann ). Das tuberculose Knötchen setzt sich sowohl aus wuchernden Endothelzellen % als aus ausgewanderten farblosen Blutkörperchen zusammen, entsteht also sowohl auf dem Wege der Hyperplasie, als dem der Entzündung. Diese zwei verschiedenen Entstehungsarten sind aber nur im allerersten Uranfange erkennbar; sobald der Bau des Knötchens einige Entwicklung erreicht hat, ist nicht mehr zu unterscheiden, ob es auf diese oder jene Weise entstanden. Der Antbeil der Entzündung nimmt eine inferiore Stellung ein: nicht die 8tärke des Entzündungsreizes veranlasst die Zelle zur Wucherung, eine gewisse In¬ tensität derselben tödtet vielmehr die Zellen ; erst nachdem der Entzündungsreiz längst zu wirken aufgehört hat, erheben sich auch die fixen Zellen zur Thätigkeit und zwar unter dem Einfluss der veränderten Ernährung. — Der histologische Bau des tuberculösen Knötchens unterscheidet sich keineswegs durch specifische Formen seiner zelligen Ele¬ mente (z. B. Riesenzellen) von den Granulationen anderer Processe. Die Eigenartigkeit Digitized by LjOOQle 118 der phthisischen Processe liegt in seiner weitern progressiv destructiven Entwicklung und in der Aetiologie; diese Eigenartigkeit scheint nicht einmal immer an das Vorhanden¬ sein der Knötchenbildung gebunden zu sein. — Die Infection ist zunächst eine locale, die Weiterentwicklung kann zunächst durch locales Umsichgreifen geschehen oder durch Translocirung ; hiezu können die zunächst ofifepen Wege: z. B. mit Schleimhaut bekleidete Gänge gewählt werden, wie die tuberculösen Affectionen d.es Urogenitalsystems und der Bronchien beweisen, oder die Blut- und vor Allem die Lymphbahnen, wodurch wieder localisirte Herde sich bilden können, besonders aber die Generalinfection zu Stande kömmt. In den Lungen hat die Fortpflanzung auf bronchialem Wege das Uebergewicht. Die Ursache der Prädilection der Spitzen liegt in deren geringerer Functionsfähigkeit, welche eine Stagnation des Secretes begünstigt; vielleicht ist eine geringere Blutfülle der Lungenspitzen als begünstigendes Moment heranzuziehen, doch ist solche bei genügender Function nicht erwiesen. Zur Erklärung des progressiv destructiven Charakters, durch welche die phthisischen Processe den übrigen Lungenkrankheiten als eine einheitliche Gruppe sich gegenüberstellen, muss man eine Giftigkeit der Infection annehmen und zwar dürfte der ungleichartige Verlauf durch die Verschiedenheit derselben bedingt sein. Höchst wahrscheinlich bilden den Träger der Infection auch hier Micrococcen, obschon deren Vorhandensein nicht sicher nachgewiesen. Das Tuberkelgift liegt nicht von vornherein im Körper und es wird auch nicht ein specifischer Schwindsuchtskeim vorerbt. Die In¬ fection kömmt von aussen in den Organismus, und zwar kann sie primär als tuberculöses Contagium herantreten, oder, was viel häufiger geschieht , als ein Miasma, welches dann erat im Körper Giftigkeit erlangt durch Umzüchtung der Spaltpilze, wie sie z. B. beim Milzbrand nachgewiesen. — Es kann auch der gesunde Organismus der Contagion verfallen — meist aber ist eine besondere Empfänglichkeit und Anlage erforderlich und darin besteht die Bedeutung der ererbten oder erworbenen Prädisposition wie auch der Scrophulose, welch* letztere sonst mit der Phthise nichts gemein hat. — Die Bekämpfung der Krankheit besteht in der Abhaltung der Infection , id cst in der Athmung reiner Luft, möge sich letztere nun hier oder dort finden, uud in der Beseitigung der phthisi¬ schen Anlage resp. Verbesserung der Constitution. — Dies die Grundzüge des inhalt- und gedankenreichen Vortrages, dessen eigenartige Fundamentalsätze der Verfasser selbst nicht als Dogma hinstellt, sondern Bie theilweise als blosse Perspectiven bezeichnet. M. Ueber die Bedeutung der Pulsuntersuchung. Von Franz Riegel Volkmant i’s Sammlung klinischer Vorträge Nr. 144—145. Die Diagnose der Pericardialverwachsung. Von Franz Riegel. Volkmann’s Sammlung klinischer Vorträge Nr. 177. Leipzig, Breitkopf & HärteL Es sind vorzüglich die sphygmographischen Pulsbilder, durch trefflich ausgeführte Curvenzeichnungen illustrirt, der Besprechung zu Grunde gelegt, und in erschöpfender Weise erläutert Der Pulsus paradoxus wird nicht als untrügliches Zeichen der Media- stinopericarditis gelten gelassen, da schon normaler Weise der Puls inspiratorisch an Grösse ab-, exspiratorisch an Grösse wieder zunimmt. Pulsus bigeminus und alternans sind weder besonders selten, noch haben sie irgend eine andere Bedeutung als andere Unregelmässigkeiten des Pulses; sie gehen häufig direct in einander über. Die systo¬ lische Einziehung der Herzspitzengegend kann nicht als ausschliessliches pathognomoni- sches Zeichen für Pericardialverwachsung betrachtet werden, denn sie kann bei Herz¬ beutelverwachsung fehlen oder durch andere Veränderungen bewirkt sein. Genaueres ist im Original nachzusehen. Seitz. Cantonale Correspondenzen. Basel. Irrsnschutz. Das vergangene Jahr hat uns als Christbescheerung einen Bericht der Commission für Irrenschutz E. E. Gesellschaft des Guten und Gemein¬ nützigen über die Nothwendigkeit der staatlichen und privaten Hülfe zur Verbesserung der hiesigen Irrenverhältnisse gebracht. Es war dieser Bericht nicht eigentlich eine Ueberraschung, da die Mängel unseres staatlichen Irreawesens hier männiglich bekannt Digitized by LjOOQle 119 sind. Es wurde derselbe um so wohlwollender aufgenommen, als die qualitativen und quantitativen Mängel unserer hiesigen Irrenanstalt in ihren Eigenschaften als Heil- und Pflegeanstalt, sowie als klinisches Institut eine ruhig gehaltene und sachgeroässe Schil¬ derung fanden. Es darf derselbe auch deshalb als berechtigt angesehen werden, als beim Beginne des neuen Jahrzehntes unseres Jahrhunderts die übrigen für das laufende Jahr¬ sehnt nöthigen Aufgaben aus allen Gebieten der staatlichen Fürsorge zur öffentlichen Vorlage gelangten. Es dürfte endlich derselbe noch darin seine Berechtigung finden, als die unser Bürgerspital erwartende Aufgabe der Errichtung eines Absonderungs- und Blatternhauses nur allein in der gleichzeitigen Lösung unserer Irrenhausfrage die wahre principielle Lösung finden kann. Der Bericht weist auf die dringende Nothwendigkeit eines baldigen Neubaues einer vereinigten Irrenheil- und Pflegeanstalt in der Nähe der Stadt hin, die zur Aufnahme von 160 — 180 Kranken berechnet ist. Da wir für unsern kleinen Staat beiläufig eine Anzahl von 200—240 Geisteskranken annehmen müssen, so darf diese obige Berechnung um so weniger als eine übertriebene erscheinen, als ohne Zweifel auch die Landschaft gerne ihre acuten, frischen Kranken einer gut eingerichteten basier Anstalt zuweisen wird. Der Bericht wendet sich vertrauensvoll an die Tit. Behörden und Einwohner un¬ seres Staates und erbittet sich in gleicher Weise das Wohlwollen und die Unterstützung seiner Behörden wie die Opferwilligkeit und Wohlthätigkeit seiner privaten Kreise für die Erfüllung seiner Zwecke. Es ist kaum nothwendig, darauf hinzuweisen, dass es auch insbesondere eine Ehrenpflicht der basier Aerzte ist, nach Kräften für die Er¬ reichung dieses Zieles mitzuwirken, um so mehr, als schon im Jahre 1865 die damaligen Mitglieder des ärztlichen Vereines mit so gutem Beispiele in der Form einer lebhaften, aber erfolglosen öffentlichen Anregung dieser Angelegenheit vorgegangen waren. Wir wissen, dass der Materialismus der letzten Jahrzehnte nicht im Stande war, die damalige humane und wissenschaftliche Gesinnung unseres Standes in seinen gegenwär¬ tigen Vertretern auszulöschen oder auch nur zu vermindern. Wir hoffen aber auch in den weitesten Kreisen das Bewusstsein erstarken zu sehen, dass es die Pflicht des Staa¬ tes ist, nach Verfluss von 30 Jahren wieder einmal seine eingeheude und thatkräftige Fürsorge seinem nicht mehr auf der Höhe der Zeit stehenden Irrenwesen zu widmen. Baselland« Freigebung der Ausübung der Heilkunde. Schon längere Zeit wurde im Canton Baselland das Sanitätsgesetz nach allen Seiten hin übertreten, und der gute Wille des Sanitätsrathes, Ordnung zu schaffen, scheiterte an der Indolenz, der pas¬ siven Opposition der competenten Behörden. Der Versuch eines energischen Offensiv- stosses des Sanitätsrathes gegen einige allzu freche Curpfuscher rief einer Agitation, welche mit einem Initiativbegehren auf Abänderung des Sanitätsgesetzes schloss. Das Volk von Baselland hat leider diese Abänderung in seiner Herbstabstimmung beschlossen: zwei Bezirke verwarfen, zwei nahmen an und zwar mit der Mehrheit der gesammten abgegebenen Stimmen. — Der Regierungsrath hat nun ein Gesetzesproject auszuarbeiten und fragte zu diesem Zwecke in Appenzell A. Rh. und Glarus über die bisher gemach¬ ten Erfahrungen an. Appenzell antwortete, man sei mit der Freigebung zufrieden, Glarus dagegen notirte eine Anzahl schwerer Schädigungen. Ohne Zweifel wird das neue Gesetz den Grundsatz der Freigebung der Ausübung der Heilkunde bringen, vielleicht mit der Einschränkung, dass die Ausübung der opera¬ tiven Chirurgie und der Geburtshülfe, sowie hoffentlich die gerichtsärztlichen Functionen nur den patentirten Aerzten gestattet sein sollen. Die Aerzte Basellands hatten sich der undankbaren Aufgabe unterzogen, auch öffent¬ lich die Gefahren der Freigebung klar zu legen; die Folgen sind nicht ausgeblieben: an Verdächtigungen und persönlichen Beschimpfungen hat es nicht gefehlt. Mögen sich unsere Collegen mit dem Bewusstsein trösten, in schwieriger Lage das Richtige gewollt und, unbeirrt durch persönliche Kränkung, auch gethan zu haben. A. Baader . Bern. Freiwilliger &ranken¥erein in Burgdorf. Die beständige Zunahme der Arbeiterbevölkerung hat in Burgdorf je länger je mehr das Bedürfniss fühlbar gemacht, für die armen Kranken besser zu sorgen, als es von Seite der Behörden allein geschieht, besonders da die Arbeitgeber sich der Arbeiter meist nicht in dem Maasse annehmen, wie es an einigen andern Orten der Fall ist. Der Initiative des kürzlich verstorbenen Pfarrers Heuer ist es zu verdanken, dass naph Digitized by Google 120 länger dauernden Vorbereitungen im letzten Herbst endlich der freiwillige Krankenverein sich constituiren und mit Anfang Januar seine Thätigkeit beginnen konnte. Er zählt 275 Mitglieder, welche jährlich Fr. 4 bezahlen. Diese Beiträge würden ihm natürlich nicht genügen, wenn ihm nicht Geschenke zufliessen würden, die vorwiegend in Wäsche, Klei- dungs- und Bettstücken bestehen. Diese werden in einem unter der Aufsicht des C&a- siers stehenden Magazin aufbewahrt. — Die Stadt ist in 6 Bezirke eingetheilt, für die je ein Specialcomitä von einem männlichen und 3-4 weiblichen Mitgliedern sorgt Alle 6 männlichen Mitglieder zusammen bilden mit einem siebenten, dem schon genannten Caa- sier, den Vorstand. Die Hauptthätigkeit fällt den Frauen der Specialcomitds zu; sie sehen nach, wo und in welcher Weise Unterstützung noththut. Dieselbe besteht haupt¬ sächlich io geeigneten Nahrungsmitteln , welche meist direct von Vereinsmitgliedern ge¬ liefert werden, sowie in nothwendigen Kleidungs- und Bettstücken u. s. w., die aus dem oben erwähnten Magazin leih- oder schenk weise bezogen werden. — Der Verein hat eine mit den örtlichen Verhältnissen vertraute Diaconissin, welche sich seit Jahren im hiesigen Krankenhause bewährt hat und in demselben auch fernerhin wohnt, als Stadt¬ pflegerin angestellt. Basel,*) wo vier Diaconissen in dieser Eigenschaft angestellt sind, hat uns als Vorbild gedient. Die Schwester hilft solche Kranke, welche von ihren An¬ gehörigen nicht genügend gepflegt werden können, besorgen und steht ihnen mit Rath und That bei. Die Stelle einer Stadtpflegerin hat sich als ein um so nothwendigeres Institut erwiesen, als bei der seit Neujahr 1880 bestehenden Einrichtung eines Armen¬ arztes — in frühem Jahren waren es jeweilen zwei, zwischen denen die Kranken die Wahl hatten, und ein Stellvertreter — die ärztliche Behandlung nicht immer ausreicht — Möge der neue Verein dem hiesigen Orte und dessen immer wachsender Arbeiterbe¬ völkerung reichen Segen bringen ! Zürich. Med. Dr. Albert Volkart von Zürich, pract. Arzt in Hombrechtikon am Zürichsee, geb. 1834, gestorben December 1880, besuchte die Unterrichtsanstalten in Zürich und zeichnete sich stets durch Fleiss und grosse Fassungskraft aus. Als die Wahl seiner künftigen Lebensstellung an ihn heran trat, hätte er sich lieber für das Bau¬ fach entschieden, wenn nicht seine Eltern auf dem 8tudium der Medicin bestanden hätten, das er dann auch mit vollem Eifer ergriff. In der Mitte seiner Studienjahre machte er einen schweren Abdominaltyphus durch, dem eine langsame Reconvalescenz folgte, und in dieser Zeit äusserte er öfter etwelche Abneigung gegen sein ergriffenes Studium. Lehrer und Freunde munterten ihn wieder auf und nach gemachtem Examen practicirte er in Giesker’ s orthopädischer Anstalt, bei Prof. Homer und Dr. Angst Dann folgte die wissenschaftliche Reise nach Berlin, Prag, Wien und Paris und schliesslich liess er sich als pract. Arzt in Hombrechtikon nieder. Durch die völlige Hingabe, die allein seinem Berufe galt, durch den menschenfreund¬ lichen Verkehr, den er der Bevölkerung voll und ganz widmete, erwarb er sich eine um¬ fangreiche Praxis, die ihm aber viel Anstrengung und Arbeit brachte. Er machte eine acute Polyarthritis und später eine langwierige Infection durch Leichengift durch und namentlich letztere Krankheit beängstigte ihn über ein Jahr lang. So treu er in berufli¬ chen Dingen war, ebenso treu hielt er sich an seine Collegen, und es musste jedenfalls ein gewichtiger Grund vorhanden sein, wenn er an den cantonalen oder seinen engern collegialen Vereinigungen zu fehlen gezwungen wurde. Um’s Jahr 1876/77 wurde der sonst stets heitere College zeitweise ernster gestimmt und stellten sich psychische Stö¬ rungen ein, von denen er nach einjährigem Aufenthalte in Königsfelden sich auffallend erholte, so dass er wieder seiner Praxis obliegen konnte. Aber schon nach einem Jahre kamen Recidive, die seine Aufnahme in’s Burghölzli nöthig machten, wo er unter den Symptomen der progressiven Paralyse fortlebte und am 21. December 1880 von seinen Leiden erlöst wurde. Die Obduction zeigte neben der Entartung der Paralyse noch einen apfelgrossen sarcomatösen Tumor an der fossa Sylvii mit umfangreicher Druckatrophie der umgeben¬ den Hirnmasse. Er ruhe in Frieden, der liebe Studiengenosse, der treue und dienstfertige College, der liebende Gatte und der sorgende Vater. Sigg. *) Wir machen solche Vereine auch auf die sehr nützlichen Krankenmobilienmagazine auftnerksam, wie sie in Zürich, Basel, Winterthur etc. eingerichtet sind. Redaat. Digitized by LjOOQle 121 Zag. An die geehrten Herren Collegen ! Wie wir dem „Grütlianer“ entnehmen, beschäftigen sich die Sectionen des Grütlivereins gegenwärtig mit der Lösung verschie¬ dener Fragen ans dem Gebiete der Hygieine. Das Discussionscomitö genannter Gesell¬ schaft hat den etwas kühnen Entschluss gefasst, den Mitgliedern folgendes Thema zur Bearbeitung vorzulegen: Ist eine gesundheitliche Abnahme im schweizerischen Volke wirklich vorhanden? a) Welches sind die Aufgaben des 8taates und der Einzelnen? b) Welches sind überhaupt die Mittel, um bei unserm Volke mehr Interesse für die Gesundheitspflege zu erwecken? Wenn auch eine Beantwortung dieser Fragen für viele Sectionen grosse Schwierig¬ keiten bieten wird, so verdient doch der Entschluss des Vereinsvorstandes — das In¬ teresse für die Gesundheitspflege unter den Arbeiterclassen zu fördern — die volle An¬ erkennung der Aerzte. Unterstützen wir das Vorgehen des Vereins durch Zusendung von populären Schriften aus dem Gebiete der Hygieine an das D i s cus sio ns co m i 16 in Arbon. Wenn unter den Arbeiterkreisen da und dort gegen den legitimen Arzt eine weniger günstige Stimmung berrsoht, als gegen den Curpfuscher; wenn speciell der Grütliverein in medicinisch-polizeilichen Bestrebungen von den Ansichten der grossen Mehrzahl der Schweizerärzte abweicht, so tragen gerade diese selbst die Schuld an diesen bedauerns- werthen Thatsachen. Treten wir doch diesen Arbeiterkreisen etwas näher I Wenn uns die Zeit nicht mangelt, an politischen Versammlungen Theil zu nehmen, uns in der Presse für alle socialen Fragen zu interessiren , so sollte uns anderseits die Gelegenheit nicht fehlen, zu einem populär-medicinischen Vortrag an einer Arbeiterversammlung , zu einer kleinen Skizze in ein Arbeiterblatt, zur Bekämpfung des Vorurtheiles, das überall unsern Bestrebungen, namentlich in der Handhabung der öffentlichen Gesundheitspflege, entgegen¬ tritt. H .nn. W ochenbericht. Schweiz. Doetor* Dissertationen im Jahre 1880. Basel« 1) Johannes Käser (Waadt), Ueber Carcinoma m am maß. 2) Wilhelm Matzinger (Basel), Leber Colpoperineoplastik. 8) Jules Turin (Valleyres, Waadt), Ueber die Temperaturverhältnisse bei der Menin¬ gitis tuberculosa der Kinder. 4) Alfred Gönner (Basel), Ueber Handgelenkresectionen. 6) Mich. A . Issigonis (Smyrna), Ueber die Theorie des Sehens und die Sinne bei Ari¬ stoteles. 6) Wilhelm vonSpeyr, Ueber alcoholische Geisteskrankheiten (noch nicht gedruckt). Bern. 1) Barbara Tscherbatsche/f (Pultawa, Russland), Wirkung des galvanischen Stromes auf das normale Auge. 2) Marie Ekurina (St. Petersburg), Ueber die Ursache der sauren Reaction der Or¬ gane nach dem Tode. 8) Alexander Schiele (Zürich), Ueber Glycogen in normalen und pathol. Epithelien. 4) Valerie Schiele (Zürich), Ueber die Dicke der Arterien Wandungen. 5) Nadira Sieber (St. Petersburg), Ueber die chemische Zusammensetzung der Schimmelpilze. 6) Carl Sommer (Aarau), Ueber die Körpertemperatur der Neugeborenen. 7) Alice Ker (Deskford, Schottland), Ueber den antagonistischen Einfluss von Haut¬ reizen auf die Sensibilität symmetrischer Körperstellen. 8) Cesar Roux (Ste. Croiz), Beiträge zur Kenntniss der Aftermuskulatur des Menschen. 9) Adolf Lutz (Bern), Ueber die therapeutische Wirkung der Quebrachopräparate. 10) H. Bridges Adams (London), Hesmoglobinausscheidung in der Niere. 11) Ausderau (Thurgau), Die moderne Hernien-Radicaloperation unter antiseptischen Cautelen. Digitized by Google 122 12) Eduard Peiri (Russland), Beitrag zur Lehre vou den Hemmungsapparaten des Herzens. 13) Carl Arnold (Menzingcn, Zug), Beiträge zur vergleichenden Physiologie. 14) Marie Oerlel (Odessa), Beitrag zur Aetiologie der fungösen Gelenkentzündung. 15) Golll. Feurer (8t. Gallen), Ueber Spondylitis. 16) Heinrich Genharl (Sempach), Die Oxydation des Aethylbeuzols im Thierkörper. 17) Adelberl Russi (Solothurn), Die Umschnürung des N. opticus und ihre Folgen für das Auge. Genf. Keine pro 1880. Zürich» 1) Adeline Whilney (Walthann, U. 8.), Pyocephalus. 2) Hans Slahel (Turbenthal, Zürich), Die Hämophilie in Wald. 3) Carl Mallhey (Davenport, U. S.), Temperaturbeobachtungen in der Schwangerschaft. 4) Mary Smith (Westfielt, U. 8.), Beitrag zur Lehre der fostalen Rachitis. 5) Otto Roth (Mühlethal, Aargau), Lymphangioms cysticum retroperitoneale. 6) Karl Ho/sleUer (Entlebuch, Luzern), Zur Casuistik der Ponstumoren. 7) Bohuslava Keck (Prag), Ueber Strumabronchotomien. 8) Wilhelm Rösli (Seen, Zürich), Complicationen im Abdominaltyphus im Zürcher Can- tousspital 1874—1878. 9) Heinrich Pestalozzi (Zürich), Grenzen in der Anwendung der Lithotripsie. 10) Walther Isler (Wohlen, Aargau), Studien über die Abhängigkeit des Strabismus von der Refraction. Neaenbnrg» Die Pocken fahren fort die nöthigen Illustrationen zur Nützlichkeit eines eidgenössischen Seuchengesetzes zu liefern. In Chauxdefonds sind nun vom 10. October 1880 bis 5. Februar 1881, also in 17 Wochen oder nicht ganz 4 Monaten, au den Pocken 59 Personen gestorben = 2,6%o der Bevölkerung. Eine solche Blattern¬ mortalität im tiefsten Frieden, während nicht ganz Europa von einer Epidemie überfluthet ist, setzt schon eine starke Dosis jener libertd individuelle voraus, welche eine vernünf¬ tige Seuchenpolizei illusorisch macht. Bei einem solchen Feuer fehlt es nicht an Funken, und natürlich fliegen diese nicht nur in der Heimath des ständeräthlichen Minoritätsgut¬ achtens herum, sondern sie fallen auch auf das Dach des Nachbars. So hat Biel mehrfache Einschleppungen der Seuche von Chauxdefonds aus zu er¬ leiden gehabt (in der letzten Januarwoche 1 Todesfall); ferner sind am 31. Januar in Bern Blatternfälle entdeckt worden , die ohne Zweifel direct oder indirect ebenfalls ihren Ursprung in Chauxdefonds haben. Am gleichen 31. Januar ist dann in Langen¬ thal ein hannoverscher Handwerksbursche mit Blattern in’s Absonderungshaus ver¬ bracht worden, hat sich aber durch rasche Flucht der nähern Anamnese wieder entzogen, so dass dunkel bleibt, ob auch dieser Fall auf den Canton Neuenburg zurückzuführen ist; der Ausreisser wird inzwischen wohl, durch irgend einen cantonalen Grenzpfahl vor der seuchenpolizeilichen Bärentatze geschützt, sich mit Erfolg der ambulanten Weiterbehand¬ lung seines Exanthems widmen.*) X. Solothurn. Dr. August Kottmann wurde als Arzt des Bürgerspitals in Solothurn von der Gemeinde einstimmig mit Gehaltserhöhung bestätigt Ausland. England. J. R. Wolfe: Transplantation der Cornea. (The Brit. med. Journ. Nr. 1037, 1880.) Wolfe stellte der Section für Augenheilkunde (48. Congr. d. Brit med. A8soc.) einen Fall vor, wo er vor 10 Monaten ein Stück Cornea von einem frisch enu- cleirten menschlichen Auge transplantirt hatte, das Corneastück war vollkommen einge¬ heilt und hatte grössere Durchsichtigkeit, als er erwartet hatte. Der Patient konnte Finger zählen, einen Schilling von einem Sovereign und die Farben sehr gut unter¬ scheiden. Wolfe erklärt die Transplantations versuche durchaus nicht für hoffnungslos; die ganze Cornea könne nicht transplantirt werden , da für das Gelingen die Int&ctheit der unter ihr liegenden Gebilde Bedingung ist. Er nahm ein ovales Stück aus der Mitte oder etwas unter dem horizontalen Meridian mit zwei seitlichen Conjunctivallappen, welche die genaue Anlagerung und die Erhaltung der Vitalität ermöglichen. Der Patient war wegen Narbenbildung mit Staphyloma iridis nach Verbrennung operirt worden und war *) Soeben in St. Urban eingefangen. Red. Digitized by LjOOQle 123 das Resultat um so überraschender, als er bald nach der Einheilung seinem Erwerbe durch Zündholzverkauf in den Strassen wieder nachgegangen war. (Bayr. I.-Bl.) Frankreich« Znr Behandlung des Milzbrandes beim Menschen» Davaine , der berühmte französische Experimentator auf dem Gebiete der Infectionskrankheiten, be¬ richtet der Acadämie de Mädecine in Paris über Fälle von Milzbrand an Menschen, die unter Jodbehandlung günstig verlaufen sind. (Bull, de l’acad. de mdd., 1880, Nr. 30.) Er empfiehlt folgende Lösung: Jod 0,25—0,3; Jodkalium 0,5; Wasser 1000, theils zum Trinken, theils und ganz besonders zu Einspritzungen unter die ödematöse Haut, so viel und so oft als möglich, auch zu Klystieren, ferner Jodpinselungen u. s. w. Für die Behandlung des Milzbrandes muss man nach Davaine unterscheiden: 1) Das Stadium der Pustelbildung durch die erst im Schleiranetz der Haut sich findenden Bac- teridien; 2) die Bildung eines die Pustel mehr oder weniger weit umgebenden Oedems, in welchem nunmehr sich auch Bacteridien finden , die aber in’s Blut noch nicht einge¬ drungen sind; 3) Generalisation der Krankheit durch Eindringen der Bacteridien in’s Blut und die Organe. Im 1. Stadium genügt zur Heilung die Zerstörung der Pustel, im 3. ist jede blos örtliche Behandlung nutzlos. Im 2. Stadium aber war es , dass D . zuerst das Jod prüfte. Wenn er Blut von milzbrandigen Hühnern auf das 1000- oder 10,000fachc verdünnte und es 50—60 Minuten mit eiaer äusserst schwachen Jodlösung in Berührung liess, so blieben Meerschweinchen, denen er von dieser Mischung 1 —4 Tropfen ein¬ spritzte , am Leben, während sie die gleiche Menge nicht jodhaltigen Blutes unfehlbar getödtet hätte. Der Jodgehalt konnte bis auf Yieooo oder Yisooo sinken , ohne dass die Thiere starben; bei grösserer Verdünnung trat der Tod ein. Auch der frisch ausgepresste Nussblättersaft, auf welchen früher schon Nelalon hin¬ gewiesen, vermochte schon nach einstündiger Einwirkung auf Milzbrandblut dieses un¬ wirksam zu machen. (W. M. B.) Oesterreieh. Sonderbarer Schwärmer. Herr Karl Baiajthy , der dieser Tage in Miskolcz gestorben ist, hat dem Orte Balajt sein 40—50,000 fi. betragendes Vermögen zu Zwecken einer daselbst zu errichtenden juridischen und medicinischen Facultät hiutcr- lassen. Wo und was Balajt ist? Balajt ist ein kleines Dorf in der Nähe von Miskolcz. Der sonderbare Schwärmer sah wohl ein, dass man mit der obgenannten Summe keine Universität errichten könne, weshalb er denn auch anordnete, dass dieses Capital so lange verzinst werden soll, bis es 4—5 Millionen betragen wird. — Noch streiten sich Pressburg und Szegedin darum, wo die dritte Universität des Landes errichtet werden soll und sieh’ da, schon ist von einer vierten die Rede. (Ü. M. W.) Wien« Eino Migonrosootion« Billrottis Name wird in den nächsten Tagen wieder einmal besonders häufig genannt werden, denn abermals ist ihm ein grosser Wurf ge¬ lungen: In einem offenen Brief vom 4. Februar beschreibt er (Wien. Med. Wochenschr. Nr. 6) den Verlauf einer am 29. Januar wegen Carcinom des Pylorus von ihm ausge¬ führten Resection des Magens. Diese Operation, nicht etwa als tollkühnes Experiment am Menschen anzusehen, sondern physiologisch und technisch vollkommen vorbereitet, ist schon einmal (von Pean 1879) vorgenommen worden; Pat. starb am 4. Tag; die Wahl der Operationsmethode und besonders des Nähmaterials (Catgut) war keine glückliche gewesen. B. bekam erst vorige Woche einen geeigneten Fall in die Hände, nach welchem er schon längere Zeit gesucht hatte. Eine 43jährige Frau erkrankte im letzten October ziemlich plötzlich mit den Symp¬ tomen des Krebses, vor Allem andauerndem Erbrechen. Die letzten 6 Wochen war saure Milch das Einzige, was sie wenigstens eine Zeit lang bei sich behielt, Pat. fühlte ihr Ende nahe. Da wurde ihr die Operation vorgeschlagen und sie willigte ein. Die Vorbereitung bestand in Gewöhnung an Peptonklystiere und Auswaschung des Magens. Operation: „Querincision über dem Tumor durch die dünnen Bauchdecken, etwa 8 cm. lang. Die Geschwulst war wegen ihrer Grösse schwierig zu entwickeln; sie ergab sich als theils knotiges, theils infiltrirtes Carcinom des Pylorus und mehr als des untern Dritttheils des Magens. Lösung der Verklebungen mit dem Netz und Colon transvers. Vorsichtige Abtrennung des grossen und kleinen Netzes. Abbindung aller Gefässe vor Digitized by i^ooQle 124 ihrer Durchschneidung; äusserst geringer Blutverlust. Vollständige Vorlagerung des Tumors auf die Bauchdecken. Schnitt durch den Magen 1 cm. jenseits des infiltrirten Theiles, zuerst nur rückwärts, dann ebenso durch das Duodenum. Der Versuch, die 8chnittenden an einander zu führen, zeigt die Möglichkeit der Vereinigung. 6 Nähte durch die Wundränder ; die Fäden werden noch nicht geknüpft, sondern nur benützt, die Wundränder in situ zu halten. Weiterer Schnitt durch den Magen schräg von oben und innen nach unten und aussen, entlang und immer 1 cm. entfernt von dem infiltrirten Theil der Magenwandung. — Nun zunächst Vereinigung der schrägen Magenwunde von unten nach oben, bis die Oeffnung nur so gross war, dass sie dem Duodenum angepasst werden konnte. Darauf völlige Ablösung des Tumors vom Duodenum 1 cm. jenseits der Infil¬ tration durch eine dem Magenschnitt parallele (einer Ovalär-Amputation ähnliche) Schnitt¬ führung. Genaue Einfügung des Duodenum in die übrig gelassene Magenöffnung. Im Ganzen einige 50 Nähte mit Czerny ’s carbolis. Seide. Reinigung mit 2°/ 0 Carbollösung. Revision der ganzen Naht; Anlegung einiger Hülfsnähte an schwach erscheinenden Stellen. Reposition in die Bauchhöhle. Schluss der Bauchwunde. Verband.* 1 Operationsdauer incl. Narcose l 1 /, Stunde. Nachbehandlung: Per os in den ersten 24 Stunden nur Eis, von da an saure Milch esslöffelweise, bis zuletzt 1 Liter im Tag (Bouillon mochte die Pat. nicht). Die Pepton- und Pankreasklystiere erzeugen Flatulenz und werden fortgelassen, dagegen sind Injectionen von Wein angenehm. Ausser mässigem Fieber ist in den 6 Tagen bis zur Abfassung des Briefes nicht die geringste Reaction eingetreten, und wenn auch Störungen, wie Abscesse um die Narbe, noch nachträglich sich zeigen können, so ist doch die Durchführbarkeit der Operation vollkommen bewiesen. Am 12. war die Bauchwunde vollkommen geheilt und wurden schon Ende voriger Woche alle Nähte entfernt. Die Patientin geniesst Milch, sowie etwas Wein; ihre einzigen Beschwerden liegen in dem etwas trägen Stuhlgange. Eine detaillirte Beschreibung des Falles behält Bich B . für später vor. Das excidirte Stück beträgt an der grossen Curvatur (horribile dictu!) 14 cm.; durch den Pylorus bringt man mit Mühe einen Federkiel. M— y. Stand der Iufectione-Krankheiten In Basel. Vom 26. Januar bis 10. Februar 1881. (Die Zahlen in Klammern geben jeweilen die Anzahl der in früheren halben Monaten aDgemeldeten Fälle an.) Von Varicellen sind 13 neue Fälle angezeigt zerstreut Über die ganze Stadt (26, 16, 12). Scharlach 3 Erkrankungen in Kleinbasel und auf dem Südostplateau (2, 1, 2, 5). Von Typhus, der im vorigen halben Monat plötzlich eine Zunahme von 31 auf 126 Erkrankungen gezeigt hatte, sind 113 neue Fälle angemeldet worden (darunter 2 von Herrn Dr. Kunz in Liestal, 1 von Herrn Dr. Christen in Olten) (18, 20, 31, 126), welche sich folgendermaassen vertheilen : 26. Nov.-lO. Dec. 11.-25. Dec. 26.Dec.-10. Jan. 11,-25. Jan. 26. Jan.-lO. Feb. Nordwestplateau 5 6 12 33 36 Birsigthal 3 4 10 28 27 8tidostplateau 4 3 2 31 16 Birsthal — — 1 2 3 Kleinbasel 5 5 5 31 31 Die Zahl der neuen Erkrankungen ist also im wesentlichen gleich derjenigen des vorigen Berichtes mit Ausnahme des Südostplateau, das einen merklichen Nachlass auf¬ weist. Es stammt aber überhaupt der grösste Theil der Anzeigen noch aus dem Ja¬ nuar, so dass ein weiterer Rückgang auch in den übrigen Districten in Aussicht steht. Diphtherie und Croup tritt fortwährend verbreitet auf; angemeldet sind 41 neue Fälle (20, 24, 32) aus allen Stadttheilen, die meisten aus Kleinbasel 17 und vom Nord¬ westplateau 13. Pertussis 28 neue Anmeldungen (33, 14, 29), wovon 11 aus Kleinbasel. Erysipelas 14 Fälle (8, 12), die Hälfte vom Nordwestplateau. Kein Puerperalfieber. Digitized by i^ooQle 125 Bibliographisches. 52) Billroth , Handbuch der Erauenkrankh. 3. Abschnitt. Fritsch , Die Lageveränderungen der Gebärmutter. 266 8. Stuttgart, Verlag von F. Enke. 53) Bouchardy Ueber die Methode in der Therapeutik. Uebersetzt . von Grosser. 46 S. Berlin, Eugen Grosser. 54) Pestalozzis Ueber die Grenzen in der Anwendung der Lithotripsie. Inaug.-Dissert., vorgelegt der h. med. Facultät. 93 8. Zürich, Druck von Schabelitz. 55) Clemens , Ueber die Heilwirkungen der Electricität und deren erfolgreiche metho¬ dische Anwendung in verschiedenen Krankheiten. 752 8. Frankfurt, Verlag von Auffarth. 56) Wemich) Dr. A., Grundriss der Desinfectionslehre. 15 Illustr. Wien, 1880. Urban & Schwarzenberg. 258 8. 57) Wille , Prof. Dr. L., Der Spiritismus der Gegenwart. 34 8. Sammlung öffentlicher Vorträge, gehalten in der Schweiz. VI, 3. Basel, Schweighauserische Verlags¬ buchhandlung. 58) Mendel , Dr. F., Die progressive Paralyse der Irren. 12 Tafeln. Berlin, 1880. A. Hirschwald. 352 S. 59) Boursier , Dr. A ., De Intervention chirurgicale dans les tumeurs du corps thyroide. Paris, G. Masson, 1880. 210 S 60) Richarz, Dr. Fr., Ueber Zeugung und Vererbung. Bonn, E. Strauss, 1880. 46 S. 61) Volkmann'% Sammlung klinischer Vorträge. Leipzig, Breitkopf & Härtel. Nr. 171, P. 7. Möbius , Ueber die heredit. Nervenkrankh. Briefkasten. Herrn Dr. Muminger , Olten: Wir geben hiemit an dieser Stelle die Erklärung ab, dass die mit M. Unterzeichnete Anfrage betr. „Solothurner Aerzteverein“ nicht von Ihnen eingesandt ist Freundl. Grüsse. — Herrn Dr. Nauwerk , Zürich: Sie können event. bei der ersten Correctur das Nöthige selbst einschalten. Freundl. Grass. — Herrn Dr. Fankhauser , Burgdorf; Prof. Pflüger , Bern; Dr. C. Arnold, Zug; Dr. Irminger , Küssnaoht; Prof. Osc. Wgss, Zürich; Oberst Ziegler , eidg. Oberfeldarzt, Bern; Dr. Saab : Mit bestem Dank erhalten. — Herrn Verlagsbuchhändler Enke , Stuttgart: Recht gerne, in nächster Nummer. — Herrn Dr. Bühler in A. : Wird per Brief beantwortet; Ihr Freund 9 Crass u be¬ findet sich dermalen in Corsica. TONGA, ‘Nouveau remede special contre les nevralgies (introduit des Ues de Fidji). Voyez: 'Sur la composition chimique: A. W. Gerrard, F. C. S., dans „Pharm. J. & Trans." 1880 p. 849 (Nr. 513). Sur l’origine botanique: E. M. Holmes, F. L. S. dans „Pharm. J. & Trans." 1880 p. 889 (Nr. 515). Sur l’action m6dlcale: Sydney Ringer, M. D. et W. Murrell, M. D., dans le journal „ Lance t“ du 6 Mars 1880, aussi „Laneet“ du 20 Mars et 29 Mai etc. Extralt fluide de Tonga prepare par les Importeurs Allen & Hanburys, pharm. Chemists, Plough Court, Lombard Str. London, en fiacons de fr. 6 et fr. 14 (prix de detail au public). Seal d£p6t ponr la Suisse: JPharmacie Hammerstein (Ed. Sclicer), Zürich. (NB. On est prid de s’adresser a la sus-dite pharmacie pour des bulletins contenant des ddtails ultdrieurs.) Digitized by LjOOQle 126 Besitzern meines Laryngo-Phantoms theile ich mit, dass hiezu auch ein Rhino*Phantom mit Bildern zu beziehen ist, im Preise von 12 Mark. Dr. Isen&chmUl, München . Verlag von Anglist Hirschwald in Berlin. Soeben erschien: Joh. Ludw. Casper’s Handbuch der gerichtlichen Medicin. Neu bearbeitet und vermehrt von Geh. Rath Prof. Dr. & Liman. Siebente Anflage. L Band. Biologischer Theil. 1881. gr. 8. 18 Mark. II. Band. Thanatologisoher Theil ersoheint demnächst. Kantons-Kranken-Anstalt Glarus. 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B. bei Magengeschwüren, in Typhus etc. etc. Ferner in allen Fällen, in welchen eine rasche nnd kräftige Ernährung gewünscht wird, fn Jedem Alter. Das Pepton ist das beste Nahrungsmittel in der Fieberdiät Das Pepton ist das kräftigste Nahrungsmittel, welches zugleich nicht allein leicht ver¬ daulich ist, sondern selbstverständlich gar keiner Verdauung mehr bedarf nnd direkt Tom Blnte anfgenommen wird« Das Pepton ist ausserdem das einzig indizirte Nahrungsmittel in denjenigen Fällen, in welchen Ernährung per Klysma erfordert oder gewünscht wird. Reines Fleischpepton nnd Pepton-Chokolade in l U Kilo-Büchsen k Fr. 3. 50. Brod- Pepton k Fr. 2. 30. Pepton-Syrup nnd Pepton-Essenz in */* Kilo □ Flacons k Fr. 4.60. Anwendung per os et anum. Dr. H. Sanders, Amsterdam, Brouwersgracht Nr. 209. Hauptdepots fOr die Schweiz bei Eidenbenz k StOrmer, Rosengasse, Zürich; Carl Haaf, Droguerle, Bern; Pharmacle Sauter, Genf. Zn beziehen dnrch alle Apotheken. 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V|t —‘i Bogen stark; Hü des Jahrgangs Titel u.Inha\t8ver*eichnias. für schweizer Aerzte. Herausgegeben von Preis des Jahrgangs Fr. 10. — für die Schweiz; der Inserate 35 Cts. die zweisp. Zeile. Die Postbnreanx nehmen Bestellungen entgegen. Praf* Alb. Burekhardt-Merian nnd . in Basel. Dr, A. Baader in Basel. N” 5. XI. Jahrg. 1881. 1. März. Inhalt: 1) Original arbeiten: Dr. F. Schüler: Ueber die sanitarischen Gefahren der Bbiglasnren. — Dr. Wysa: Ein snabmnoös«« Klystier. — 2) Vereinsberichte: Ordentliche Wintenrersammlnng der medicinisch-cbirargischen Gesellschaft dee Cantons Rem. — 3) Referate und Kritiken: Prof. Theodor L. Vf. v+Btschoff: Das Hirngewicbt des Menschen. — Prof. Dr. Jfajr Schüller: Experimentelle nnd histologische Untersuchungen über die Entstehung nnd Ursachen der scrophnlösen nnd tn- berealösen Gelenkleiden. — Btrgmeister; Die Verletzungen des Auges nnd seiner Adnexe. — Dr. Paul Qlatx: L’Hydrothdrapie Mtx i btins de Champel (prbs Geneve). — Prof. S. Samuel: Compendinm der allgemeinen Pathologie. — N. IAeberkühn: Ueber die Keimblätter der Säugethiere. — Dr. Max Bunge: Die aenten Infectionskrankheiten in ätiologischer Beziehung zur Schwanger¬ schaftsunterbrechung. — 4) Can tonale Correspondenzen: Basel, Zürich. — 5) Wochenbericht. — 6) Bibliogra¬ phisches. — 7) Briefkasten. Original-Arbeiten. Ueber die sanitarischen Gefahren der Bleiglasuren. Von Dr. F. Schüler, eidgenössischer Fabrikinspector .in Mollis. Die schweizerische Thonwaarenindustrie hat bekanntlich keine grosse Bedeutung in Vergleichung mit den andern bei uns cultivirten Industrie¬ zweigen. Insbesondere die Zahl derjenigen Etablissemente, welche Glasuren an wenden, ist eine verschwindend kleine, wenn nur die eigentlichen Fabriken in’s Auge gefasst werden; berücksichtigt man aber auch die kleinern Töpfereien, Ofnereien etc. etc., so ergibt sich mindestens eine ziemlich hohe Zahl von Werk¬ stätten , mag auch die der darin beschäftigten Personen eine nicht sehr erheb¬ liche sein. Es ist jedoch zu hoffen, dass in den nächsten Jahren oder Jahrzehnten diesen Industriezweigen ein grösserer Aufschwung bevorsteht. Bereits hat die Heimber¬ ger Majolicafabrikation in kürzester Frist in allen Ländern Absatz und Anerken¬ nung gefunden und scheint auf guten Wegen zu sein, um sich allmälig zu einer lohnenden Kunstindustrie zu gestalten. Unsere Ofenfabrikanten haben sich in den letzten Jahren mit Erfolg bemüht, künstlerisch geschmückte Producte zu liefern, welche den Vergleich mit denen aushalten, welche in frühem Jahrhunderten den Ruf und Glanz der schweizerischen Kunstofnerei begründet. Und so dürfte es unserer Fictilindustrie wohl allmälig gelingen, sich neuer Gebiete zu bemächtigen, auf denen sie sich bisher nicht versucht hat und vor der Concurrenz des Aus¬ landes scheu zurückgewichen ist Unsere gewerblichen Unterrichtsanstalten , die immer mehr den speciellen Bedürfnissen der einzelnen Industrien sich anpassen, werden ohne Zweifel ein wichtiges Förderungsmittel für die Entstehung neuer Unternehmungen auch in dieser Richtung bilden. Aber auch dann, wenn dieser Zweig gewerblicher Thätigkeit keine grössere 9 Digitized by LjOOQle 130 Zahl von Arbeitern beschäftigen sollte, als bis anhin, so ist seine gesundheit¬ liche Bedeutung doch so gross, dass es nicht überflüssig ist, die Aufmerk¬ samkeit der Aerzte und Gesundheitsbeamten auf die Gefährden zu lenken , denen diese wenig zahlreichen Arbeiter bei ihrem Betrieb ausgesetzt sind, und sieb die Frage vorzulegen, wie dieselben beseitigt oder doch gemildert und in engere Grenzen eingeschränkt werden können. Bei diesem Bemühen tritt jedem Beobach¬ ter zuerst der unheilvolle Einfluss vor Augen, welchen die Verwendung des Bleies bei der Herstellung der Glasuren ausübt. Leider stehen mir keine Zahlen zu Gebote, um die Frequenz der hiedurch hcrbeigeüührten Erkrankungen in unserm Lande festzustellen. Trotz mehrfacher Anfragen in schweizerischen Spitälern waren keine nähern Angaben über die Zahl der bleikranken Töpfer zu erhalten. Selbst aus den Fabriken wird man wohl erst dann genauere Angaben bekommen, wenn einmal das Haftpflichtgesetz die Ausdeh¬ nung der Haftbarkeit auch auf die bei industriellen Betrieben erzeugten Bleikrank¬ heiten statuirt haben wird. Wenn also von ausländischen Schriftstellern , z. B. //irf, die relative Häufigkeit der Bleivergiftung unter den Töpfern auf */• aller innerlichen Erkrankungen derselben angegeben worden, so weiss ich nicht, ob dies auch für unser Land gilt Thatsache ist, dass Bleileidcn der Töpfer nicht selten zu meiner Kenntniss gelangten, selbst in Geschäften, wo anfänglich Alle — Ar¬ beiter wie Fabrikant — ganz obenbin die Behauptung aufgestellt, dass dies in ihrem Etablissement nicht vorkomme, wobei sich jedoch ein ganz enormer Unter¬ schied je nach den verschiedenen Etablissementen — auch solchen, welche die gleichen Waaren herstellen — ergab. Diese letztere Wahrnehmung ist es vor Allem aus, die mich veranlasst, die Frage der Bleiglasuren vor meinen ärztlichen Collegen sowohl, als vor den Ge¬ sundheitsbehörden und den interessirten Industriellen und Arbeitern zu einlässlicher Besprechung zu bringen. Die Thonwaaren erhalten zu einem grossen Theil einen glasartigen Ueberzug, theils um ihnen ein besseres Aussehen zu gewähren, theils um sie undurchlässig für Flüssigkeiten zu machen. Die Zusammensetzung der Glasuren ist eine ausser¬ ordentlich verschiedenartige. Bald sind es Alcaliglasuren, wesentlich aus kiesel¬ sauren Alcalien bestehend; bald Alcalierdglasuren, metalloxydfreie, aus Kieselsäure, Thonerde, Kalkerde und Alcalien dargestellte; ferner Bleioxydglasuren, nebst kieselsaurem Bleioxyd, allerlei andere Zusätze, namentlich oft auch Borsäure ent¬ haltend; endlich Emailglasuren, ebenfalls hauptsächlich Kieselsäure, Bleioxyd und Alcali enthaltend, aber durch Zinnoxyd, Knochenasche oder andere Zusätze un¬ durchsichtig gemacht und weiss oder sonstwie gefärbt Je nach der Beschaffenheit des verwendeten Thones und der Art der herzu¬ stellenden Waaren muss sich die Auswahl der Glasur richten. Für plastische Massen, die einen hohen Hitzegrad erfordern oder ertragen, kann eine schwer schmelzbare Glasur verwendet werden, während solche, die kein starkes Feuer ertragen, auch leichtflüssige Glasuren bekommen müssen. Werden letztere gleich¬ zeitig mit dem Brennen der Thonmasse aufgeschmolzen, so sind Flecke, Streifen u. s. f. die Folgen des Abfliessens der leicht schmelzbaren Glasur von einer hohe Digitized by LjOOQle 131 Temperaturen erfordernden Thonwaare. Liefert die plastische Masse an und für sich beim Brennen eine Oberfläche von unschönem Aussehen, so wird ein Ver¬ decken derselben durch Emailglasuren erforderlich, während hinwieder bemalte Gefässe eine durchsichtige Glasur erheischen, deren Schmelzbarkeit eine so leichte sein muss, dass die Farben nicht unter den allzu hohen Hitzegraden leiden. Der Thonwaarenfabrikant sieht somit den Weg genau vorgezeichnet, den er bei der Wahl seiner Glasur einzuschlagen hat, und es ist nicht blosse Willkür desselben, wenn er in unserm Land fast durchgängig zur Anwendung von bleihaltigen Glasuren gelangt ist. In der Schweiz werden in Folge des Mangels an passendem Rohmaterial keine Porzellane, überhaupt wenig feinere Thonwaaren fabricirt. Die Fabrikation von feiner Fayence wird nur in sehr wenigen Etablissementen betrieben; ebenso bat die Herstellung von Majoliken noch keine grosse Ausdehnung erlangt Ebenfalls klein ist die Zahl der Geschäfte, welche sich mit der Verfertigung der bessern Sorten von Kochgeschirren befassen, während die Herstellung der geringen Thon- gefässe zwar eine sehr grosse Zahl kleiner Etablissemente, aber wenig eigentliche Fabriken beschäftigt. Dasselbe gilt für die Fabrikation von Kachelofen, die an einzelnen Orten, namentlich der Ostschweiz, sehr schwunghaft betrieben wird, aber nur in wenigen grossem Geschäften, die sich vorzugsweise mit der Anfertigung feinerer Waare, in neuester Zeit auch von gemalten, selbst mit plastischem Schmuck versehenen Ofen befassen. Immer grössere Ausdehnung hat in den letzten Jabr- zehnden die Fabrikation von glasirten Röhren und Ziegeln, Bodenplatten etc, ge¬ wonnen. Aus diesen Angaben geht hervor, dass unsere Fictilindustrie vorwiegend ge¬ ringe plastische Massen benützt und meist nur Waaren liefert, welche auch billig hergestellt werden müssen. Die verwendeten Thone sind meist nicht sehr feuer¬ beständiger Natur und erfordern demgemäss auch keine schwerflüssigen Glasuren. Ein grosser Theil dieser Waaren wird in Einem Feuer fertig gemacht und es muss auch diesem Umstand in der Application der Glasuren Rechnung getragen werden. Diese Gründe bedingen die Auswahl der Glasuren, die, wie schon erwähnt, fast ohne Ausnahme bleihaltige sind. Zu ihrer Herstellung werden bald nur sehr wenige Rohmaterialien verwendet, z. B. Schwefelbleierz mit feinem Sand, bald die complicirtesten Zusammensetzungen aus Blei und Zinnasche oder Mennig, aus Quarz, Feldspath, Kochsalz, Borax etc. etc. Die meisten werden mehr oder weniger geheim gehalten als werthvolle Re¬ sultate aus den Erfahrungen vieler Decennien und Generationen. Die Bleipräparate sind derjenige Bestandtheil, der eine alles andere weit über¬ wiegende sanitarische Bedeutung für sich in Anspruch nimmt Am häufigsten werden Zinn- und Bleioxyde (Bleiasche) in dem Etablissement selbst dargestellt, namentlich wo es sich um schöne reine Glasur handelt, wie z. B. bei den grossen Platten der Ofenkachelfabrikation. Man ist sicherer, auf diese Weise ein reines Product zu erhalten, d. h. ohne Verunreinigung mit andern Metalloxyden, welche die Reinheit und Gleichmässigkeit der Farbe beeinträchtigen würden. Zu diesem Digitized by Google 132 Behuf wird metallisches Blei in einem besondern Ofen erhitzt und in Oxyd über- geführt, und zwar zum Theil in Ofen mit sehr mangelhaften Einrichtungen, welche den Rückstau von mit Bleidämpfen beladener Ofenluft ermöglichen und beim Ent¬ leeren der Ofen vom Bleioxyd die Verunreinigung der Luft mit bleihaltigem Staub in hohem Maass begünstigen. Hiezu kommt noch das nachfolgende Mahlen und Sieben des Bleioxydes, das nicht immer mit gehöriger Vorsicht und in geschlossenen Apparaten vorgenommen wird. Die verschiedenen Bleipräparate sowie die andern Ingredienzien der Glasur müssen nun sehr innig gemengt werden. Dies geschieht auf Mühlen, wo sie in der Regel unter Wasserzusatz fein gemahlen werden. Nur eine gröbere Mengung findet bei einem Theil der Glasuren statt, deren Bestandtheile schon vor der Application auf die zu glasirenden Gegenstände zusammengeschmolzen werden sollen. Solche „gefrittete“, wie der Kunstausdruck lautet, oder „gekuchte*, d. h. in einen Kuchen zusammengescbmolzene Glasuren, werden erst dann, nachdem sie in eine harte , glasartige Masse übergeführt worden, in kleine Stücke zerschlagen und fein gemahlen, eine Procedur, die selbstverständlich viele Mühe und kräftige Apparate erfordert. Bei diesem Verfahren, das vorzugsweise bei der Fabrikation weisser Glasur, z. B. für Ofenkacheln, und in der Regel bei allen zinnhaltigen Glasuren eingeschlagen wird, ja für diese Fabrikate durchaus erforderlich ist, bilden sich Bleisilicate, in denen das Blei in sehr festgebundenem Zustand vor¬ handen ist. Das Aufträgen der Glasur erfolgt ebenfalls in sehr verschiedener Weise. Wo die Waaren 2 Mal in’s Feuer gelangen, da findet in der Regel nach dem ersten Brennen das Eintauchen in einen dünnen Brei aus Glasur und Wasser statt, oder dieses Gemenge wird zum Begiessen gebraucht. Auf nicht genügend mit dem Ge¬ menge überzogene Stellen wird dasselbe nachträglich noch mit einem Pinsel auf¬ getragen. Zuweilen aber folgt auf das Eintauchen noch ein Aufstauben der Glasur auf das noch feuchte Thonstück, theils um eine noch dickere Glasurschicht zu erzeugen, theils auch um einen schönem Glanz der glasirten Fläche zu erzielen. Wo hingegen die Waare nur Ein Mal gebrannt wird, und das feuchte Thongebilde Gefahr läuft, durch Eintauchen so weich zu werden, dass es seine Form verliert, da findet mit Vorliebe das A uf s t a u b e n oder Aufbeuteln statt, d. h. es wird das Glasurpulver durch einen Strumpf oder ein anderes grobmaschiges Ge¬ webe auf die zu glasirende Fläche aufgesiebt. Es ist dies die gewöhnliche Pro¬ cedur bei den sogen. Geschirrhafnern und kleinen Ofenraacbern. Eine letzte Manipulation, bevor die Glasurmasse in den Ofen gelangt, besteht oft darin, dass die Glasur an einzelnen Stellen, wo sie nicht hin gehört, nament¬ lich am Boden der Gefässe (weil sie sonst an der Unterlage im Ofen ankleben würden) mit einer Bürste wieder entfernt oder sonstwie abgerieben wird; eine Arbeit, durch welche die Luft nicht wenig mit bleihaltigem Staub erfüllt wird. Ist einmal die glasirte Waare im Brennofen angelangt, so fällt für die Ar¬ beiter die Gefahr dahin, beginnt aber, je nach der Beschaffenheit der Glasur, für den Consumenten. Es ist nicht Zweck dieser Zeilen, dieses hundertfach be- Digitized by LjOOQle 133 sprochene Thema auch zu bearbeiten, wohl aber fragt sich nun: Wie kann der Arbeiter in den Glasuren verwendenden Etablissementen vor den Gefahren des Bleies geschützt werden? Es ergibt sich aus der vorstehenden Darstellung, dass dasselbe in der mannig¬ fachsten Weise dazu gelangt, seine giftige Wirkung auf den Organismus des Ar¬ beiters zu entfalten. Es gibt Etablissemente mit so mangelhaften Einrichtungen zur Herstellung der „Bleiasche“, dass die Arbeiter im Hinblick auf die Häufigkeit der vorgekommenen Bleiintoxicationen sich entschieden weigern, die Procedur vor¬ zunehmen und der Principal dies selbst besorgen muss. Die Mischung der Ingredienzien der Glasur erzeugt selbstverständlich mehr oder weniger bleihaltigen Staub, der auf allen möglichen Wegen in den Körper gelangen kann, wenn nicht wohlverschlossene Apparate dessen Verbreitung im Arbeitsraum hindern« Dasselbe gilt für das Mahlen. Werden die Glasuren gefrittet, so vermindert sich die Gefährde beim Mahlen natürlich ungemein, wird auch ganz aufgehoben, je nachdem das Blei mehr oder weniger vollständig in unlösliche Silicate überge¬ führt wird. Auch beim Aufträgen der Glasuren tritt der gleiche grosse Unterschied in der Gefährlichkeit zu Tage. Während bei gut zusammengesetzter gekuchter Glasur die Gefahr auf Null reducirt wird, würde man sich sehr täuschen, wenn man selbst bei nasser Application einer lösliches Blei enthaltenden Glasur mittelst Eintau¬ chen, Begiessen oder Bepinseln jede Gefährde vermieden glauben wollte. Von den mit der Mischung bespritzten Kleidern, von den getrockneten Gefässen staubt allmälig Glasur ab, und wenn dazu die Arbeiter mit gewohnter Sorg¬ losigkeit im bleistaubhaltigen Arbeitsraum oder mit ungewaschenen Händen Speisen geniessen, ist die Gelegenheit zur Bleivergiftung noch reichlich genug geboten. Vor Allem aus ist’s aber das Aufbeuteln der Glasur, das, ohne Vorsichtsmaassregeln betrieben, die Arbeiter in eine ganze bleihaltige Atmosphäre versetzt. Diese Manipulation ist’s, welche gewiss die übergrosse Mehrzahl der Bleileiden bei den Töpfern hervorruft. Dass das Abbürsten oder Abkratzen der eingetrockneten flüssigen Glasur von den Stellen, wo sie ungehörigerweise hin gelangt ist, in die gleiche Reihe betref¬ fend Gefährlichkeit zu stellen ist, versteht sich von selbst. Die Frage, wie diesen Gefahren zu begegnen sei, ist schon unzählige Male aufgeworfen und zu beantworten versucht worden. Die radicalste Hülfe würde sich im Aufgeben sämmtlicher blei¬ haltiger Glasuren finden lassen. Ihr Ersatz durch andere Compositionen ist möglich. Diese Thatsache war schon im Alterthum bekannt. Heutzutage tau¬ chen immer neue Vorschläge für Surrogate der bisherigen Bleiglasuren auf. So empfahl IJardmuth in Wien schon 1842 Glasuren aus Borax, Feldspath und Lehm, Dachauer in Nürnberg viel später das Wasserglas, erzeugt aus Sand, Pottasche und Soda, und Leibi schlug eine Mischung von Wasserglas mit Kalk vor, die keine grössere Hitze erfordern soll, als Bleiglasur. In einzelnen Gegenden Sachsens Digitized by Google 134 wird ein dort verbreiteter, leicht schmelzbarer Töpferthon als Ersatzmittel ge¬ braucht, in Kirchenlamitz in Bayern Hochofenschlacke; Bolzschuher empfiehlt Basalt mit Pottasche und Salpeter u. s. f. (Schloss folgt) Ein submucöses Klystier. Von Dr. Wyss in Benken (Basclland). Frau D., 20 Jahre alt, früher stets gesund, machte den 11. Juli abiiin die erste Geburt normaliter durch, ohne irgend welche Kunsthülfe beanspruchen zu müssen. Den 13. Juli Abends wurde wegen Constipation von der sehr gut instruirten und gewissenhaften Hebamme ein Klystier, bestehend aus Seifenwasser mit Ricinussöl, applicirt Unmittelbar nach Einführung des Spritzenansatzes will Patientin einen äusserst heftigen Schmerz im Rectum verspürt haben, der sie veranlasste, laut auf¬ zuschreien. Sofort stellten sich bedeutende Schwellung des Afters und seiner Um¬ gebung , sowie heftiger Schmerz bei Bewegung ein. Einige Zeit nachher beob¬ achtete die Umgebung der Kranken einen circa 15 Minuten lang dauernden Schüttelfrost und Abgang kleiner mit Blut untermischter Fetzcben. In Folge der vom 13. auf 14. Juli eintretenden Schmerzen in der Tiefe des Unterleibes wurde Referent zu der Puerpera gerufen und constatirte bedeutende Druckempfindlichkeit des Unterleibs und eine braunröthliche Geschwulst in der Aftergegend. Temperatur 38,5. Ordination: kalte Compressen auf Unterleib und After, innerlich Calomel in kleiner Dosis. Den zweitfolgenden Tag haben die Unterleibsschmerzen ordentlich nachgelassen. Temp. 38,5. Gegen die inzwischen aufgetretene starke Diarrhoe wird Acid. mur. c. tr. op. verabreicht. Es entleerte sich reichlich Schleim, mit Gewebsfetzen untermischt Tags darauf eröffnete sich spontan die um den After gelegene Geschwulst und entleerte dünnflüssigen Eiter. Ordination: Cataplasmen. Der Unterleibsschmerz ist gänzlich geschwunden. Dienstag, den 20. Juli wurde im Anus ein gelblicher Eiterpfropf, mit röthlichen Gewebsfetzen umgeben, sicht¬ bar, was der Patientin äusserst heftige Schmerzen verursachte und die Verabrei¬ chung von Morphium indicirte. Gegen Abend zog sich die ganze Masse in’s Rec¬ tum zurück, worauf der Schmerz nachliess. Den folgenden Mittag erschien ein 6 cm. langes, 2‘/ a cm. breites, gangränös aussehendes, darmartiges Gewebsstück. Zug an demselben verursachte der Kranken intensive Schmerzen, weshalb dasselbe scharf am After abgeschnitten wurde. Das restirende Stück zog sich alsbald zurück. Ein zweites, nur 4 cm. langes Stück, von gleichem macroscopischem Aus¬ sehen, konnte Tags darauf durch leichten Zug, ohne auffallende Schmerzen zu ver¬ ursachen, herausgezogen werden. Von diesem Zeitpunct an entleerte sich ab und zu reichlich Eiter per Anum. Zur Verdünnung der Fasces trank Patientin Hunyadi, Morgens nüchtern y a Trink¬ glas voll. Die untere. Rectumpartie wurde täglich mit Carbolöl ausgepinselt Um diese Zeit soll ein Mal durch die in der Nähe des Afters gelegene Abscessöffnung dünnflüssiger Koth ausgetreten sein, per Vaginam etwas Fluor Digitized by LjOOQle 135 albus, nie Faeces, so dass wir jetzt schon eine allfällige Rcctovaginalfistel aus- schliessen zu dürfen glaubten. Das etwas darniederliegende Allgemeinbefinden hob sich zusehends. Patien¬ tin, die das Säugegeschäft nie unterbrochen, bekam ordentlich Appetit und wurde nur durch den zeitweise abfliessenden Eiter belästigt. Die Abscessöffnung ist ge¬ heilt, die Geschwulst gänzlich geschwunden. Vom 26. Juli an erhält die Kranke täglich ein warmes Bad und verlässt ohne Unterstützung das Bett. Marschiren geht recht ordentlich , das Sitzen hingegen verursacht Schmerzen; im Kreuz stets ein Gefühl von Schwäche. Den 9. August werden Carboiwassereinspritzungen verordnet, deren Applica¬ tion jedoch sofort unterbrochen werden musste, indem sich Intoxicationssymptome bemerkbar machten. Nachdem nämlich 2 Glas voll einer 2% Carbolsolution per Irrigator in’s Rec¬ tum eingegossen waren, fühlte Patientin plötzlich heftiges Ohrensausen, Leere im Kopf, Schwarzsehen, in Händen und Füssen Ameisenkriechen, im Hals Carbol- geschmack; Erstickungsgefühl, bei Berührung Zuckungen der Extremitäten. Wäh¬ rend dieses Va Stunde dauernden Anfalls traten an den verschiedensten Stellen des Körpers rothe Flecken auf, die erst im Verlauf von mehreren Stunden er¬ blassten. Nach dem Anfall machte sich ein Gefühl von Schwäche und Schwindel be¬ merkbar. Die beiden darauf folgenden Tage wurde die Kranke durch wiederhol¬ tes Erbrechen belästigt. Um diese Zeit entleerte die Kranke einen kleinen in Eiter eingebetteten Schleimhautfetzen durch den Anus. Ende August klagte Patientin stets über ein Gefühl von Gespannt- und Geschwollensein im Kreuz, was sich namentlich beim Ausschreiten manifestire und beim Liegen allmälig verschwinde; im Mastdarm selbst ein Gefühl von Stauung. Im Verlauf des Monats November abhin befand sich Patientin in Behandlung des Herrn Prof. Bischoff in Basel, woselbst an der hintern Wand des Rectums eine 3 cm. lange, längslaufende narbige Einziehung mit verdickten starren Rändern, welche eine erhebliche Stenose verursachten, und etwas Eiterabgang constatirt wurde. Vom 13. November bis 2. December wurde das Rectum täglich dilatirt und damit erzielt, dass die Fsecalmassen viel voluminöser und schmerzlos passiren. Eiterabgang hat völlig aufgehört. — E p i c r i s e. Die geschützte Lage des Rectums erklärt uns das verhältniss- mässig seltene Vorkommen von Verletzungen desselben. Jede auch noch so un¬ bedeutende Verwundung dieses Organs kann die schlimmsten Folgen nach sich ziehen, da oft die Verunreinigung der Wunde durch Faecalstoffe und bei totaler Perforation des Mastdarms das Eindringen derselben in das lockere, den Mastdarm umgebende Zellgewebe die Kothinfiltration mit jauchiger Eiterung und Gangrän und den bekannten Ausgängen bedingt. Eine ebenfalls höchst gefährliche Compücation ist das Zellgewebsemphysem Digitized by Google 136 in der Umgebung des Mastdarms, welches eine sehr grosse Ausdehnung erlangen kann. Die Verletzungen der vordem Mastdarmwand sind einestheils wegen Recto- vaginalfistel, andererseits aus der Ursache gefährlicher als die der hintern Wand, weil das Peritonaeum dort viel weiter nach abwärts reicht als hier. Eine fernere Gefahr bedingen Blutungen , deren Quelle oft lange unentdeckt bleiben kann. Als Folgezustand grösserer Verletzungen des Afters haben wir noch der Incontinentia alvi zu gedenken. Sehen wir ab von den Schnittwunden, die bei Anlass chirurgischer Operatio¬ nen entstehen können, ferner von Schussverletzungen, sowie von den Zerreissungen bei schweren Entbindungen, so sind es namentlich die Verletzungen, welche durch Einfuhren der Klystierspritze hervorgebracht werden, ein Umstand, den wir in unserem Fall als ursächliches Moment beschuldigen müssen. In der Voraussetzung auf harte Kothmassen zu stossen, wurde offenbar der beinerne Spritzenansatz, der sich zur Zeit seiner Besichtigung durchaus nicht schar¬ tig erwies, mit Anwendung von einiger Gewalt durch die hintere Mastdarmmucosa gestossen, der Spritzeninhalt in das den Darm umgebende Zellgewebe entleert, worauf sofort die Anschwellung in der Umgebung des Afters mit nachfolgender Abscedirung entstand. Die weitere Folge der Verletzung war ausgebreitete Ent¬ zündung und brandige Zerstörung eines grossem Stückes der hintern Mastdarm¬ schleimhaut. Eine Incontinentia alvi ist nicht zurückgeblieben. Eine literarische Rundschau ergibt uns, dass unserem Fall analoge Vorkomm¬ nisse selten sind. Velpeau hat 8 Fälle der Art gesehen, von denen 6 tödtlich en¬ deten , einer beträchtliche Störungen hinterliess und nur einer heilte. Esmarch stellt, genannte 8 Fälle inbegriffen, 22 zusammen, mit zusammen 11 Todesfällen. Zum Schlüsse erlauben wir uns noch einmal auf die materia peccans zurück¬ zukommen. So unendlich viel schon gegen das Folterinstrument, Klystierspritze genannt, geschrieben und gepredigt worden, finden wir dasselbe auf unserer Land¬ praxis noch tagtäglich und zwar nicht allzu selten in höchst defcctem Zustand in der Hand des niedern Heilpersonals sowohl als auch des gänzlich Unwissenden. Darum fort mit diesem Unheil bringenden Instrument und empfehlen wir allüberall den so leicht handlichen und zu so Vielem zu gebrauchenden Irrigator mit Caout- choucspitze und wir können uns mit Recht dem Gedanken hingeben, von manchem unserer Nächsten Unheil fern gehalten zu haben. "V ereinsberichte. Ordentliche Winterversammlung der medicinisch- chirurgischen Gesellschaft des Cantons Bern. Samstag, den 11. December 1880, im Casino in Bern. Präsident: Prof, Dr. Kocher . Secretär: Prof. Dr. Pflüger . • Anwesend 65 Mitglieder. Bericht des Präsidenten. „Geehrte Herren Collegen ! Indem sich das Präsidium vorbehält, im zwei¬ ten Acte das Zustandekommen des für die Aerzte so hochwichtigen Beschlusses Digitized by LjOOQle 137 vom 28. November 1880 betreffs die Erweiterung der Krankenpflege zu beleuchten und den Männern, welche sich in derselben verdient gemacht haben, den Dank der Gesellschaft auszusprechen , scheint es geboten, die Aerzte zu mahnen, bei Zeiten darüber nachzudenken, resp. sich darüber auszusprechen, ob sie nicht ge¬ neigt seien, specielle Wünsche bei der Ausführung des in Rede stehenden Projectes bei den maassgebenden Behörden geltend zu machen. , Gewiss hat die Gesellschaft bei ihren unablässigen Bemühungen um Erreich- ung des jetzt glücklich gewonnenen Erfolges das Wohl der Kranken in erster Linie im Auge gehabt; allein indem das Volk die Mittel zur Ausführung votirte, glaubte es sicher zum Theil, auch den Aerzten einen Dienst zu erweisen. Und nicht mit Unrecht. Unsere Arbeit wird sich uns leichter und erfolgreicher gestalten als bisher, wenn wir eine grosse Zahl gut eingerichteter, wohl ausgerüsteter Spitäler zu unserer Verfügung haben. Es kann deshalb auch nicht fehlen , dass jnan von uns Aerzten in der nächsten Zeit eine Gegenlei¬ stung, eine Mehrleistung verlangt. Dass die Bereitwilligkeit, stets Besseres zu leisten , unter den Aerzten des Cantons vorhanden ist, geht aus den Bestrebungen um Einrichtung der Ferien- c u r s e hervor. Ich glaube mich nicht zu täuschen, wenn ich dieses Bedürfniss im Wesentlichen auf die Einsicht zurückführe, dass mit dem Principe der Antisepsis eine neue Aera nicht nur in der operativen Technik, sondern der Therapie überhaupt eingeleitet ist. Während in einer gewissen Periode der ärzt¬ liche Stand durch den Glauben des Publicums an der Unfehlbarkeit seiner ellen¬ langen Recepte der Mühe überhoben wurde, überhaupt genaue Diagnosen zu ma¬ chen, kam dann die Zeit des Nihilismus, wo der Arzneischatz auf das Morphium reducirt und nun durch die glückliche Einführung des Namens „der exspectativen“ Therapie den Aerzten noch das Monopol gewahrt wurde, den Kranken zu über¬ wachen, um es gemüthlich gehen zu lassen, wie’s Gott gefiel. Wenn ich nun auch nicht der Ansicht eines berühmten Klinikers bin, dass das Ambroise Pare 'sehe „Dieu vous guürira“ abgeschafft sei und sie für eine Variation des beschränkten „Wie wir s so herrlich weit gebracht“ erklären muss, so stimme ich doch bei, dass es mit dem Stillleben der exspectativen Therapie gründlich vorbei ist. Wir dürfen nicht mehr, wie früher, die Fälle sei es mit oder ohne Cataplas- men zur Diagnose heranreifen lassen, bis wir dieselbe mit den Händen greifen können. Mit mehr Recht als wegen einer unglücklich ausgefallenen Operation darf uns der Kranke zur Rechenschaft ziehen, wenn wir eine maligne Neubildung heranwachsen lassen, bis die Drüsen erkrankt oder Metastasen vorhanden sind; wenn wir, statt früh einen käsigen Herd zu entfernen, * mit Salben und Jod¬ anstrichen die Blosse unsicherer Diagnosen verdecken. Meine Herren! Es genügt nicht, wenn die nun bessere Ausrüstung des Can- tonsspitals von den Professoren ad majorem scientiae gloriam ausgenutzt wird, wenn durch Bestellung der Bezirksspitäler einzelne Bevorzugte zu tüchtiger Aus¬ bildung Gelegenheit erhalten. Kunst und Wissen des ganzen ärztlichen Standes im ganzen Canton muss gehoben werden. Es müssen Einrichtungen getroffen Digitized by LjOOQle 138 werden, dass jeder Arzt die Vortheile genauer Beobachtung der Kranken und ra- tioneller Behandlung derselben theilhaftig werden kann. Sollte es nicht zum Beispiel möglich sein, dass unsere Gesellschaftsbibliothek, welche im jetzigen Zustande gar keinen Sinn und Nutzen bat, an passender Stelle im neuen Inselspital untergebracht würde, dass dort für die Versammlungen der Gesellschaft ein Local geschaffen würde, wo andere Präparate, Apparate, neue Einrichtungen aller Art ausgestellt werden könnten ? Sollte nicht, wie in Biel, eine Art gemeinsamen Schausaals geschaffen werden können, wo die Aerzte sich über interessante Fälle, neue Behandlungsmethoden besprechen, gemeinsam belehren können? Stellen wir bei Zeiten grosse Anforderungen an uns selber, so werden wir die Wege und Mittel finden, wie wir zu grösserer und intensiverer Wirksamkeit ge¬ langen und so dem Beschlüsse des Bernervolks vom 28. November 1880 Ehre machen. Damit es aber auch an einem äussern Zeichen dieser Feier nicht gebreche, hat das Comitö beschlossen, Ihnen einen Antrag zu unterbreiten. Laut Beschluss der Gesellschaft in der letzten Sommersitzung wurden die Aerzte nochmals zur Zeichnung für eine Marmorbüste für unsern verstorbenen Präsiden¬ ten Dr. Schneider eingeladen. 52 Aerzte haben das Circular beantwortet und die Summe von Fr. 900 gezeichnet. (Es werden die anwesenden Mitglieder, welche sich noch zu betheiligen wünschen, zur Subscription eingeladen.) Da nun die Büste etwas zu Fr. 2000 kostet, so beantragt das Comitä — in Zustimmung des Finanzministers der Gesellschaft — „es möchte die Gesellschaft einen Beitrag von Fr. 1000 an die Erstellung einer Marmorbüste des verstorbenen Präsidenten der Gesellschaft, Herr Dr. Schneider , beschliessen, zum Andenken an die eminenten Verdienste des Verstorbenen um das Zustandekommen des Beschlusses vom 28. November 1880. Ist es Ihnen ja doch Allen bekannt, dass wir gerade die grund¬ legenden Arbeiten, auf denen die Vorlagen des Herrn Alt-Regierungsrath Boden - heimer und diejenige des Herrn Regierungsrathspräsidenten v. Steiger sich aufgebaut haben, dem unverdrossenen Schaffen Dr. Schneidert auf diesem Gebiete verdanken.“ Der Antrag des Comit6, an die Marmorbüste von Dr. Schneider sei. aus der allgemeinen Vereinscasse einen Beitrag bis auf Fr. 1000 zu leisten, wird zum Be¬ schlüsse erhoben. Während der Sitzung werden von anwesenden Mitgliedern noch weitere Fr. 200 gezeichnet. IL Der Präsident gedenkt der im Laufe des Jahres verstorbenen Mitglieder des Vereines, des bei Allen in gutem Andenken stehenden Dr. Arnold Haller , wel¬ cher auf einer Gletschertour um’s Leben gekommen, und des als Practiker eines guten Rufes sich erfreuenden Dr. Jaggi in Uebeschi. IU. Es wird ein Schreiben des bernischen Hülfsvereins für Geisteskranke an den Herrn Präsidenten der med.-chirurg. Gesellschaft des Cantons Bern verlesen, in welchem die Gesellschaft ersucht wird, an jenem Verein durch Wahl zweier Mitglieder in dessen Centralcomitä activ Theil zu nehmen. Dem Comitä wird der Auftrag, die beiden Mitglieder zu ernennen. Digitized by LjOOQle 139 IV. Zehn eingelangte Schriften werden zur Einsicht aufgelegt. V. Vortrag von Dr. Conrad: „Ueber künstliche Erweiterung der Gebärmutter“; erscheint im Corr.-Bl. Die Discussion wird allein von Dr. Dick benützt. Gleich wie Dr. Conrad nimmt auch Dr. Dick keinen so extremen Standpunct in der Frage ein, die eine sowohl wie die andere Methode ist gut, nur dass sie nicht beide für gleiche Fälle verwendbar sind. Die rapide Dilatation bietet weniger Infectionsgefahr, weil weniger lang ma- nipulirt werden muss; sie ist anzuwenden bei weichem dehnbarem Cervix; cs werden dies meist Fälle sein, wo kurz vorher ein Abortus vorangegangen ist. Ge¬ rade hier ist aber zu bemerken, dass ein Geübter auch ohne vorhergegangene in- strumentelle Dilatation, namentlich mit Zuhülfenahme der Chloroformnarcose, mit dem Finger in den Uterus einzudringen und zu exploriren vermag. Die Discision, die Schröder vornimmt zur Eröffnung des Uterus, mag passen für Spitalbehandlung, in der Privatpraxis wird dieses Verfahren dagegen zu umständlich sein, da nach Vorschrift Schröder' s die Wunde mit der Naht vereinigt werden muss. Auch kommt man mit dieser Methode nach einer von mir gemachten Beobachtung nicht immer zum Ziele. Es handelte sich um die Exstirpation eines fibrösen Polypen, zu wel¬ chem Zwecke der Cervix incidirt wurde; trotzdem aber wurde so wenig Raum geschaffen, dass der Polyp nur zum Theil und mit grosser Mühe entfernt werden konnte; bei einer Wiederholung der Operation, aber nach vorangeschickter ergie¬ biger Quellmitteldilatation, konnte der Polyp vollständig und leicht exstirpirt werden. Der Dilatation mit Quellmitteln werden üble Zufälle, namentlich Infection, häufig nachgeredet; diese Gefahren sind aber so ziemlich zu vermeiden bei Beob¬ achtung strenger antiseptischer Cautelen; so habe ich bei 14 in einem Zeitraum von 2 Jahren gemachten Dilatationen keinen einzigen Erkrankungsfall beobachtet, niemals sogar stieg die Temperatur über 38° C. Die Quellmitteldilatation passt für diejenigen Fälle, wo wir es mit einem Ute¬ rus zu thun haben, dessen Gewebe in Folge chronischer Metritis oder Narbenbil¬ dung starr geworden ist; hier muss man sich die durch die Quellmittel veranlasste seröse Durchtränkung und daherige Auflockerung des Gewebes zu Nutze zu ma¬ chen suchen. VI. Vortrag von Prof. Nencki: „Ueber die physiologische Verbrennung.“ Die alltägliche Erfahrung zeigt, dass die Bestandtheile unserer Nahrung: wie Eiweissstoffe, Fette, Kohlehydrate auch bei der Körpertemperatur dem atmosphä¬ rischen Sauerstoff exponirt, nur sehr langsame und unwesentliche Veränderungen erleiden, falls die Gährung und Fäulniss bewirkenden Organismen abgehalten werden. Nachdem aus verschiedenen Gründen erkannt wurde, dass die einfachen Gase nicht als Atome, sondern als Molecule in freiem Zustande existiren, folglich auch der atmosphärische Sauerstoff nicht 0, sondern O a ist, war die Indifferenz des atmosphärischen Sauerstoffes gegen die oxydirbaren, kohlenstoffhaltigen Ver¬ bindungen erklärt. Nur Sauerstoff als Atom wirkt oxydirend und überall da, wo Oxydationen kohlenstoffhaltiger Substanzen an der Luft geschehen, muss man an¬ nehmen, dass ihnen die Fähigkeit zukommt, das Molecul des indifferenten atmo- Digitized by Google 140 sphärischen Sauerstoffs in seine Atome zu spalten. Den Sauerstoff, dessen wir zur Oxydation unserer Nahrungsstoffe bedürfen, entnehmen wir der Luft. Es muss also auch in unserm Organismus ebenfalls die Spaltung der Sauerstoffmolecule in seine Atome vor sich gehen; und wenn man bedenkt, dass wir täglich 700 — 950 grmm. Sauerstoff durch die Lunge aufnehmen, so leuchtet cs ein, dass diese Spal¬ tung der Sauerstoffmolecule in seine Atome, auf welcher die physiologische Ver¬ brennung beruht, eine sehr umfangreiche ist. Der erste Versuch einer Erklärung, warum der durch die Lunge in das Blut aufgenommene indifferente Sauerstoff im Thierkörper Oxydationen bewirke, rührt von Alex. Schmidt her (Ueber Ozon im Blute. Dorpat, 1862). Schmidt fand zuerst, dass durch die rothen Blutkörperchen Guajactinctur gebläut wird und schloss hier¬ aus auf die Anwesenbeit des Ozons im Blute, welcher Auffassung auch Schönbein zustimmte. (Ueber das Verhalten des Blutes zum Sauerstoff, Sitzungsbericht d. königl. bayr. Acad. d. Wissenscli. in München, 1863, I, 274) Seither wurden un¬ sere Kenntnisse über die Natur des Ozons durch die Untersuchungen Soref s, wel¬ cher fand, dass das Ozonmolecul grösser als 0 2 und wahrscheinlich 0* sein müsse, wesentlich erweitert. Die naheliegende Erklärung, weshalb Ozon stark oxydirend wirke, hat Clausius (Pogg. Ann. 121, 250) gegeben. Alle Vorgänge, sagt er, welche den Sauerstoff ozonisiren, spalten das Molecul in Einzelatome und diese haben natürlich eine ungleich stärkere Tendenz, sich auf oxydirbare Körper zu werfen. In einer gegebenen Quantität Sauerstoff wird immer nur ein kleiner Theil in O 4- O verwandelt. Es bleibt eine Menge von unzerlegten Moleculen O a übrig und an diese fügen sich die Atome O an, um 0 3 zu bilden. Da aber die Anfügung nur mit geringer Kraft stattfindet, so enthält das neu gebildete Molecul O a zwei stark gebundene und ein schwach gebundenes Atom und das letztere kann chemisch beinahe ebenso wirken, wie ein freies Atom. Durch die Publication von Uuizinga (Virchow' s Archiv 42, 359, 1868) und die spätere von Nasse (Pflügers Archiv 3, 205, 1870) wurde die Annahme Alex. Schmidt' s, dass das Blut Ozon enthalte, als unhaltbar erwiesen. Nachdem Huizinga die Un¬ sicherheit der Reaction mit Tinctura guajaci hervorgehoben, spricht Nasse sich dahin aus: „Die sogenannten Ozonreagentien sind Stoffe, welche zunächst das Ozonmolecul in ein Molecul gewöhnlichen Sauerstoffs und ein freies Atom Sauer¬ stoff spalten und von dem Letztem angegriffen werden. So hat man es denn im Grunde nur mit Sauerstoff im Status nascens zu thun, die sogenannten Ozonreac- tionen sind eigentlich nur Reactionen auf Sauerstoff im Status nascens.“ Die Ozou- reactionen im Blute und in den Geweben des Thierkörpers rühren daher nicht von dem Ozon her, sondern von dem activen Sauerstoff = O,. Dass das Molecul Sauerstoff — O a im Thierkörper in seine Atome zerlegt werde, dass die Oxyda¬ tionen im Thierkörper durch die losgerissenen Sauerstoffatome geschehen und alle die Reactionen der Gewebe, wie namentlich Bläuung des Guajacharzes, von diesem als 0 activen Sauerstoff herrühren, hat Binz (Berl. klin. Wochenschr. 1872, Nr. 30) bereits im Jahre 1872 ausgesprochen. Nachdem andrerseits die Arbeiten von Hoppe-Seyler und seinen Schülern (Dyb- howsky in Hoppe-Seyler' s med.-chem. Untersuch. Berlin, 1866—1871, S. 117, Hoppe - Digitized by LjOOQle 141 Seyler das. S. 133), sowie die von Preyer (Ueber die Kohlensäure und den Sauer¬ stoff im Blute, Med. Centralbl. 1866, S. 325) ergeben haben, dass der an das Hä¬ moglobin gebundene Sauerstoff nicht oxydirend wirke und dass das Oxyhämoglo¬ bin sehr wahrscheinlich eine Verbindung von einem Molecul Hämoglobin mit einem Molecul Sauerstoff (Hb + OJ ist; nachdem ferner durch die Versuche Pflüger' s (Pflüger' 8 Archiv 1, 274; 6, 43; 15, 381 u. a m.) und seiner Schüler, Hoppe-Seyler' s, Schützenberger'$ (Bull, de la Soc. chim. 21, 286 und les fermentations S. 108) u. a. m. festgestellt wurde, dass die Oxydationen nur zum geringsten Theile im Blute, hauptsächlich aber in den Geweben geschehen, war das Bild, welches wir uns von der physiologischen Verbrennung machen konnten, ungefähr folgendes: Der durch die Lungen in das Blut aufgenommene atmosphärische Sauerstoff verbindet sich mit dem Hämoglobin zu einer leicht dissociirbaren, nicht oxydirenden Verbindung, dem Oxyhämoglobin = Hb. + O a . In den Capillaren erfolgt die Dissociation des Oxyhämoglobins. Der Sauerstoff als O* geht durch die Capillarwand in das um¬ liegende Gewebe, wird dort activ, d. h. in Atome zerlegt und bewirkt so die Oxy¬ dation der verbrennbaren Bestandtheile der Gewebe. Warum spalten denn aber die thierischen Gewebe, d. h. der Inhalt der Zellen und die Säfte das Sauerstoffmolecul in seine Atome? Auf welche Weise, nach welchem chemischen Modus geschieht diese Spaltung? Die Antwort auf diese Fragen ist erst in der neuesten Zeit durch die Arbeiten Radziszewski' s: Ueber die Phosphorescenz organischer und organisirter Körper gegeben worden. Er hat zu¬ erst mit Sicherheit nachgewiesen, dass während des Leuchtens, sowie überhaupt während sehr langsamer oder stürmischer Oxydation Spaltung der Sauerstoffmo- lecule stattfindet und die Phosphorescenz auf langsamer Oxydation durch den ac- tiven Sauerstoff beruht. Er hat ferner gezeigt, dass die so oft in lebendigen Or¬ ganismen angetroffenen Körper, wie Lecithin, Fette, Protagon, Cholesterin, Sper- macet, Wachs, Gallensäuren, Traubenzucker u. a. m. bei Gegenwart von freiem Alkali den Sauerstoff activ machen. Da aber anorganische Basen, wie Kali, Na¬ tron , Baryt, Magnesia und selbst Kaliumcarbonat in grösserer Menge weder in lebendigen, noch in todten Organismen Vorkommen, so stellte er sich die Aufgabe, solche Basen auszufinden , die entweder stets in den lebendigen Organismen Vor¬ kommen, oder wenigstens in gewissen Fällen darin entstehen können. Er fand, dass Neurin, sowie die Basen von der allgemeinen Formel R 4 —N—OH die oben erwähnten unorganischen Basen vollständig zu ersetzen im Stande sind. Durch die Untersuchungen Radziszewski 's (Ann. Chem Pharm. 203, 305) wissen wir, dass es eine allgemeine Eigenschaft oxydirbarer organischer Verbindungen ist, bei Gegenwart von Alkali das Molecul des indifferenten atmosphärischen Sauer¬ stoffs in seine Atome zu spalten. Damit ist eine breite Grundlage für weitere Forschungen über die physiologische Oxydation gegeben. Es eröffnet sich die Aussicht, dass wir ausserhalb des Organismus die physiologische Oxydation in allen Phasen werden nachahmen können. Nach letzten Mittheilungen von Prof. Radziszewski liefert Benzol, mit Natrium hydroxyd. und Luft geschüttelt, reines Phe¬ nol. Unter den gleichen Bedingungen geben Toluol und Ethylbenzol Benzoesäure, Mesitylen, Mesitylensäure. Die interessanteste Beobachtung betrifft das Campher- Digitized by Google 142 cymol, das mit Natronhydrat oder Tetramethylammoniumoxydbydrat. an der Luft geschüttelt, zu Cuminsäure oxydirt wird. Die Identität der Säure mit der aus Cuminaldehyd erhaltenen wurde durch Analysen der freien Säure, des Bariumsal¬ zes und den Schmelzpunct bestätigt. Die Oxydation aller dieser Kohlenwasser¬ stoffe vollzog sich demnach hier genau so wie im Thierkörper. Unaufgeklärt bleibt noch die Rolle des Alkalis, ohne welche die Phosphores- cenz, d. h. langsame Oxydation und Spaltung der Sauerstoffmolecule in Atome nicht stattfindet. VII. Prof. Kocher demonstrirt ein neues, von ihm und Dr. Schenk modificirtes Nabel-Bruchband für Kinder. Die Pelotte wird durch 2 gegen die Bauch¬ seite convexe Stahlfedern auf die Bruchöffnung angedrückt, so dass ausser dem Nabel und seiner nächsten Umgebung die vordere Bauchseite vollständig frei von jedem Drucke bleibt und dadurch die Respirationsbewegungen* völlig ungehindert bleiben. Das Ganze wird durch einen breiten Heftpflasterstreifen am Rücken in sicherer Lage gehalten. Ein vorgestelltes Kind zeigt, dass diese Bänder sehr gnt ertragen werden. VIII. Prof. Kocher demonstrirt einen Gummischlauch zur Esmarch- schen Umschnürung, der durch Aufbewahrung in einer 5% Carbollösung durch eine Zeit von über ein Jahr seine vollständige Elasticität beibehalten hatte; er empfiehlt diese Aufbewahrungsmethode aufs Beste und bemerkt im Weitern, dass für die künstliche Blutleere von Extremitäten die Bindenumwicklung über¬ flüssig sei und durch eine Elevation von 5 — 15 Minuten ganz gut ersetzt werde. Beim Banket spricht sich das Präsidium folgendermaassen aus: G. H. C. I Mit besonderer Freude habe ich Sie heute zu unserer Wintersitzung willkommen geheissen. Wir dürfen heute das Jubiläum feiern, Jahrzehnd langer Bemühungen und Bestrebungen unserer Gesellschaft. Am 28. November hat das Bernervolk mit überwältigendem Mehr die Vor¬ lage der Regierung gutgeheissen und angenommen, welche eine Erweiterung der Kranken- und Irrenpflege in Aussicht nimmt. Die Wünsche und Hoffnungen, mit denen wir uns getragen haben, sind mehr als erfüllt worden in einzelnen Richtungen. Während noch im Jahr 1867 die Gesellschaft in einem von ihrem damaligen Präsidenten, Dr. Schneider sei., verfassten Berichte erklärte, dass es genügend erscheine, wenn in den Bezirksanstalten je 1 Bett auf 800 Einwohner unterhalten, demgemäss an 350 Betten, welche auf dieselben kommen müssen, 150 Staatsbetten eingerichtet werden, bestimmt der vom Volke genehmigte Beschluss des Grossen Rathes, dass die Zahl der Betten in den Bezirksanstalten auf 175 er¬ höht werden dürfe, daher das Kostgeld per Bett Fr. 2 betragen solle. Die Insel ist mit einem Staatsbeitrage von Fr. 700,000 zum Neubau für 320 Kranke bedacht und es soll hierbei auch durch Einrichtung klinischer Lehrgebäude, eines patho¬ logisch-anatomischen und eines pathologisch-chemischen Institutes den Bedürfnis¬ sen der Hochschule die gebührende Rechnung getragen werden. Endlich zeigt sich durch den Beschluss die Möglichkeit einer allmäligen Rea- lisirung der schon 1866 von Dr. Felscherin im Schoosse der Gesellschaft ausgespro¬ chenen Forderung, dass der Canton Bern wenigstens 1 Platz für Geisteskranke auf Digitized by LjOOQle 143 flu Einwohner vorzusorgen habe, wenn er andern Schweizercantonen auf diesem Gebiete humaner Bestrebungen ebenbürtig werden wolle. Es freut mich aufrichtig, constatiren zu können, dass der schöne Erfolg durch ein gemeinsames, kräftiges Wirken der Aerzte des Cantons wesentlich mit herbeigeführt worden ist. Die Aerzte haben ihre Sonderinteressen ganz in den Hintergrund gestellt, und im Oberland, Mittelland, Seeland und Oberaargau hat die gute Sache ruhige und begeisterte Worte gefunden. Ja selbst im Jura, wo eine gewisse Opposition erwartet werden musste, sind beredte Verfechter aufge¬ treten, um die Opposition zu paralysiren. Im Namen der Gesellschaft spreche ich allen Mitgliedern und Nichtraitgliedern der Vorbereitungsgesellschaft zur Erweiterung der Krankenpflege den warmen Dank unserer Gesellschaft aus für ihre uneigennützige Thätigkeit. Aber vergessen wir nicht der Männer, welche zum Gelingen so wesentlich raitgewirkt haben. Regierungspräsident von Steiger hat das Erbe der Vorarbeiten von Regierungsrath Bodenheimer angetreten und zu einem sehr guten Theil ver¬ danken wir seinem tactvollen, gemässigten und doch so überzeugungsvollen Wir¬ ken die glänzende Majorität, welche die Regierungsvorlage im Grossen Ratbe da¬ vontrug. Er hat es verstanden, durch eine glückliche Verbindung sämmtlicher Interessen, durch möglichste Schonung des äusserst empfindlichen Nervus rerum mit einem Schlage allen Bedürfnissen zum Siege zu verhelfen. Unser Dank gebührt auch in besonderer Weise den Herren Pfarrern des Cantons. In engerem und weiterem Kreise haben dieselben unser Vorhaben unterstützt. Die Cantonssynode hat einstimmig beschlossen, durch Aufruf an die Kirchgemeinden dem Volke die Dringlichkeit der Vorlage zu empfehlen. Als Mit¬ glied von gemeinnützigen Vereinen haben die Pfarrer einen Hauptantheil an der Förderung des Unternehmens genommen. Der Präsident des Hülfsvereins für Geisteskranke, Pfarrer Trechsel , ist der Verfasser eines im ganzen Canton verbrei¬ teten Circulars, welches sehr dazu beitragen musste, dem Volke die Wünschbar- keit des zu bringenden Opfers klarzulegen. Ich erlaube mir daher, Ihrer Genehmi¬ gung eine Dankadresse an die.Cantonssynode zu Händen der Geistlichen des Can¬ tons zu unterbreiten. Welche Bedeutung das Verhalten unserer obersten Volksvertretung und die überwiegende Majorität im Grossen Rathe für das Gelingen gehabt hat, braucht nicht hervorgehoben zu werden. Den Mitgliedern des Grossen Rathes, speciell denjenigen Männern, welche auch nachher noch in öffentlichen Empfehlun¬ gen das Gewicht ihrer Autorität zu unsern Gunsten in die Waagschale legten, sei hiermit öffentlich der wärmste Dank ausgesprochen. Hoffen wir, dass alle Diejenigen, welche das Werk gefordert haben durch Schrift oder Wort, sich einst bei geschehener Ausführung überzeugen, dass ein wirklicher und bleibender Segen für die Volks Wohlfahrt daraus entsprossen ist, und dass das von dem Bernervolk den Händen der Aerzte anvertraute Pfund nicht auf Wucher zu eigenem Nutzen angelegt worden ist, aber auf Kind und Kindes¬ kind reichliche Zinsen getragen hat. Digitized by Google 144 Lassen Sie mich mit Ihnen an9tossen nach alter Väter Sitte auf den biedern, bedächtigen, aber opferfreudigen Sinn unseres Bernervolkes, auf die ächt republi¬ kanische Gesinnung seiner Behörden, welche in wahrer Würdigung ihrer Stellung nicht die Bedürfnisse einer Partei, sondern des ganzen Volkes zu ergründen und befriedigen sucht, auf den Sinn und Geist endlich, in welchem der Beschluss vom 28. November 1880 zu Stande kam , die Devise unserer schweizerischen Republik überhaupt: „Einer für Alle, Alle für Einen I“ Unser Vaterland lebe hoch!“ Die Anerkennung, welche das Präsidium dem Wirken der Regierung und spe- ciell der Thätigkeit unseres Ehrengastes, des Regierungspräsidenten von Steiger , gezollt hat, wird von diesem Letztem verdankt: „Wir haben das Werk nicht eigentlich geschaffen, sondern nur eine Frucht gehoben, die schon lange vorberei¬ tet war; wir haben sie zur rechten Zeit gehoben, da sie noch nicht abgestorben war.“ Regierungspräsident von Steiger gratulirt den Aerzten zum 28. November in doppeltem Sinne, erstens zu dem mit diesem Tage erreichten Ziele der Erweite¬ rung der Krankenanstalten, und zweitens zu dem Zutrauensvotum des Volkes ge¬ genüber den Aerzten, welches in der Abstimmung vom 28. November ausgespro¬ chen liegt. Es habe nicht an Stimmen gefehlt, welche den Inselneubau dem Volke als blosse Liebhaberei der Herren Professoren erklärten und riefen , dafür sei das Bernervolk und sein Geld nicht da, um von diesen Herren mit sich ex- perimentiren zu lassen. Das Volk hat entschieden und damit den ärztlichen Be¬ strebungen sein volles Vertrauen geschenkt. Director Schärer gedenkt anerkennend noch um den Inselneubau verdienter Männer, die zum Theil leider nicht mehr unter den Lebenden weilen, unsers ver¬ storbenen Präsidenten, des lieben Herrn Dr. Schneider , der Herren Professoren Munk sei. und Lücke , ferner der Architecten, welche die oft vagen Ideen der Herren Aerzte in eine concise Form bringen, speciell des anwesenden Herrn Archi¬ tecten Schneider . Dr. Herzog aus Münster sandte uns seine telegraphischen Grüsse zum heutigen Tag, und College Stelller aus Langnau Hess sich entschuldigen, da er einer vom Regierungsstatthalter zusammen berufenen Commission zur Besprechung der Erwei¬ terung der Nothfallstuben beiwohnen müsse. Ein weiteres Zutrauensvotum erhielt die ärztliche Gesellschaft im Verlaufe des Mittagessens durch den Eintritt von 10 neuen Mitgliedern, der Herren Rätz in Corg6mont, Ganguillet in Burgdorf, Dumon f, vonWerdt , von Erlach , Fueler , TVamer, Dick , Steiner und Amuat in Bern. Als Versammlungsort für die nächste Sommersitzung wird Münsingen vorgeschlagen und angenommen. Referate und Kritiken. Das Hirngewicht des Menschen. Eine Studie von Prof. Theodor L. W. v . Bischoff. Bonn, Neusser, 1880. 171 Seiten und 4 Zahlentabellen. Verf. bietet in vorliegender Untersuchung einen höchst werthvollen Beitrag zur An¬ thropologie. Er hat die Gehirne von 559 männlichen und 847 weiblichen Leichen ge¬ wogen, und mit dem Körpergewicht, der Körperlänge und dem Lebensalter verglichen. Digitized by LjOOQle 145 Wir heben einige der wichtigsten Resultate heraus, welche besonders für Gerichtsärzte Interesse haben dürften. Mittleres Hirngewicht der Männer = 1362 grmm. „ „ „ Frauen = 1219 „ Diff. = 143 grmm. 81% der Männer liegen zwischen 12 und 1500 grmm. 86% der Frauen „ „ 11 und 1400 „ Minimum und Maximum der Männer = 1018 resp. 1925 grmm. n n » v Frauen = 820 „ 1505 „ Verf. macht darauf aufmerksam, dass sein Material mehrestheils aus den untern Volksschichten stamme, die mehr Hand- als Hirnarbeit verrichten, dass deshalb seine Hirngewichte wohl ein zu niedriges Mittel angebeD. Er hält die ältere Angabe von Rudolphi , dass das Gehirn eines gewissen Rustan 2222 grmm. schwer gewesen sei, für richtig. Das relative Hirngewicht ^Hirn : Körper) betrug bei 535 M. = 7*6,68, bei 340 F. = Vs5,16* Im Grossen und Ganzen steigt das Hirngew’icht mit dem Körpergewicht und im Einzelfalle kommen eine Menge Factoren zur momentanen Geltung, besonders der Zu- staud des Körpers. Aehnlich verhalten sich Körpergrösse und Hiriigewicht. Im Vergleich von Alter und Hirngewicht macht Verf. einige Angaben Uber Embryo¬ nen , nämlich Knaben von 5 Mon. = 32- 45 grmm., 6—7 Mon. = 120—187 grmm., 8—9 Mon. =: 256—388 grmm. Neugeborene Knaben = 367,0 grmm. (Mittel), Mädchen 396,0 (das Mittel des Körper¬ gewichts der Knaben war auch um 800 grmm. geringer). Von der Geburt an nimmt das Hirngewicht zwar langsamer als das Körpergewicht, im ersten Jahre ca. um das Doppelte , und bis zur Pubertät um weitere 50—70% *u. Bei den Frauen erreicht es mit 20 Jahren sein Maximum, bei den Männern erst zwischen 20 und 30 Jahren; bei jenen beginnt es nach 50, bei diesen nach 60 Jahren zu sinken. Die Differenz von Schädelcapacität und Hirngewicht beträgt nach Verf. 13,5%. Trockene Öchädel werden kleiner. Gehirne verlieren im Weingeist 19—77%, im Mittel 45%. Für die anthropologischen Capitel, die zwar keine erschöpfende Besprechung , aber viele interessante und schlagende Gesichtspuncte bieten, müssen wir auf das Original verweisen. G . BurckhardL Experimentelle und histologische Untersuchungen Uber die Entstehung und Ursachen der scrophulösen und tuberculösen Gelenkleiden. Nebst Studien Über die tuberculöse Infection und therapeutischen Versuchen von Prof. Dr. Max Schüller. 236 S, Stuttgart, Enke, 1880. Da die vorliegende Arbeit nicht nur für die Lehre der Gelenktuberculose, sondern auch der Tuberculöse überhaupt von hervorragender Bedeutung ist, so mag eine etwas ausführlichere Besprechung derselben indicirt sein. Verf. sucht zunächst die Bedingungen der Entstehung der scrophulösen resp. tuber¬ culösen Gelententzündungen durch Versuche festzustellen. Die meisten Thiere (Kanin¬ chen) wurden von den Lungen aus tuberculös inficirt und zwar mit Sputis Tuberculöser, mit Stücken tuberculöser Menschenlunge, mit Synovialgranulationen , mit dem Gewebe sciophulöser Lymphdrüsen und endlich mit Lupusgewebe. Diese Massen wurden gehörig zerkleinert nach vorheriger Tracheotomie in den untersten Trachealabschnitt des Ver- suchsthieres injicirt. Nach der Iojection wurde fast regelmässig am nämlichen Tage das rechte Kniegelenk contundirt. Bei allen diesen Thieren (22 Kaninchen und 1 Hund) ent¬ wickelte sich gewöhnlich schon von der zweiten, zuweilen erst von der dritten, resp. vierten Woche ab eine zunehmende Entzündung des traumatisch afficirten Gelenkes, welche sich beim Tode des Tbieres regelmässig als eine charakteristische pannusartige oder granulirende Entzündung erwies. Daraus schliesst Verf., dass durch die Ein¬ führung theils specifisch tuberculöser Substanzen, theils solcher, welche nach alten und neuen Anschauungen in einer engen Ver¬ wandtschaft zur Tuberculöse stehen, in die Lungen an contundir- ten Gelenken Gelenkentzündungen erzeugt werden können, welche mit den beim Menschen so häufig beobachteten, spontan entstehen- 10 Digitized by i^ooQle 146 den scrophulösen, resp. tuberculösen Gelenkerkrankungen voll¬ kommen identisch sind. Einfache Gelcnktraumcn sind hingegen, selbst wenn sic öfter wiederholt werden, für sich allein nicht im Stande, bei gesunden Thieren scrophu- löse oder tuberculöse Gelenkentzündungen zu erzeugen, wohl aber, wenn die Thiere län¬ gere Zeit im Contact mit tuberculös inficirten Thieren bleiben. Die über die Ursache der charakteristischen Gelenkentzündung bei tuberculös inficir¬ ten Thieren angestellten Versuche sollen zunächst beweisen, dass die Tuberculöse durch tuberculöses Blut überimpibar ist und sodann, dass die inficirenden Substanzen bei den von den Lungen aus tuberculös gemachten Thieren in das Blut übergehen, in demselben enthalten sind. Das Trauma wirkt nun bei inficirten Thieren insofern disponirend für die Gelenkentzündung, als es in den Blutergüssen kleine Herde setzt, an welchen die im Blute kreisenden inficirenden Substanzen localisirt werden. Um die Natur der letztem näher kennen zu lernen, wurden eine Reihe von Versuchen mit Culturen des infectiösen Materiales unternommen und dabei gefunden, dass cs nicht blos, wie zuerst Klebs darge- than , durch Impfung von Culturen aus tuberculösem Lungengewebe gelingt, wiederum Tuberculöse zu erzeugen, sondern dass auch Impfungen mit Culturen aus scrophulösem Drüsengewebe, aus Lupus-Gewebe regelmässig Tuberculöse der Lungen und anderer Or¬ gane zur Folge haben. Weiterhin ergab sich aus diesen Versuchen, dass durch die Mi- crococcenculturen aus tuberculösem Lungengewebe und scrophulösen Drüsen am Menschen, welche den Thieren von den Lungen und andern Organen* resp. vom Blute aus eingeimpft waren, die gleichen Gelenkerkrankungen am coutuudirten Gelenke erzeugt werden können, welche auf demselben Wege durch die betreffenden Gewebsmassen hervorgerufen werden konnten. Es wird daraus der Schluss gezogen , dass die Micrococcen thatsächlich das Bestimmende in der Infectiosität der Rohmaterialien sind. Der microscopische Nachweis der Micrococcen in den Geweben des inficirten Thieres gelang auch wirklich und zwar vor Allem in den Geweben des erkrankten Gelenkes (Synovialis und Knorpel), sodann in Lungen, Leber und Nieren. Zur Controle wurde noch die Einwirkung theils eingeimpfter, theils inbalirter Fäul- nissflüssigkeiten auf Thiere mit contundirtcn Gelenken geprüft und gefunden, dass hiebei die tuberculösen Gelenkentzündungen nicht erzeugt werden können. Ganz analoge Resultate wie bei diesen Infectionsversuchen gewann Verf. nun auch durch Injectionsversuche direct in’s Gelenk : Septische Substanzen sind nicht im Stande, tuberculöse Gelenkaffectionen zu erzeugen, wohl aber die specifisch tuberculösen Sub¬ stanzen, resp. die aus tuberculösen Geweben dargestellten Micrococceu. In ferneren Abschnitten werden behandelt: das Verhalten des Körpergewichtes und des Blutes bei den Thieren mit tuberculösen Gelenkprocessen ; die Verbreitung und Hi¬ stologie der Tuberkel und tuberculösen Gewebsveräuderungen bei den Versuchstieren; es folgte sodann die Charakterisirung der durch Micrococceneinwirkung bedingten tuber¬ culösen Infection, mit einem Rückblicke auf ältere Versuche. Die bei den Thierversuchen gewonnenen Ergebnisse werden auf die gleichen Pro- cesse beim Menschen in der Weise übertragen, dass bezüglich der Gelenkprocesse jede tuberculöse Gelenkentzündung, sei sie nach einem vorausgegangenen Trauma oder ohne ein solches eingetreten, bedingt ist durch eine tuberculöse Localinfection vom Blute des Individuums selber aus, nur durch die Einwirkung der speciell zur tuberculösen Entzün¬ dung führenden inficirenden Micrococcen. Bezüglich Lupus, Scrophulose und Tuberculöse des Menschen wird die „genetische Untrennbarkeit“ dieser Processe betont und alle drei werden als Erscheinungsformen derselben Infectionskrankheit, der tuberculösen Infection aufgefasst. Den Schluss der Arbeit bilden die therapeutischen Versuche bei tuberculösen Ge¬ lenkleiden. Bei von den Lungen aus, sowie von einem Gelenke aus inficirten Thieren wurden zunächst während längerer Zeiträume^ Inhalationen von Natrium benzoicum, Extr. Guajaci, Aq. Kreosoti, Aq. Guajacolis gemacht und hiebei gefunden, dass durch diese sämmtlichen Mittel die Gelenkentzündung bei den von den Lungen aus inficirten Thieren vollständig beseitigt wurde, bei den von dem Gelenk aus iuficirten in einem Falle nahezu vollständig geheilt, in den drei andern wenigstens in eine relativ einfachere Form Über¬ geführt wurde. Weiterhin wird aber auch geschlossen, dass durch die Inhalation der genannten Mittel eine Heilung der tuberculösen Infection im Allgemeinen herbeigeführt Digitized by LjOOQle 147 wird. — Bei Injection von Chlorzink in das inficirte Kniegelenk ergab sich, dass die Einwirkung des Chlorzinks die tuberculösen Micrococcen am primären Infectionsherde entweder tödtete oder doch unfähig machte, sowohl eine tuberculöse Localentzündung wie eine tuberculöse Allgemeinerkrankung zu erzeugen. — Auch nach subcutanen Pilocarpin- injectionen wurde gefunden, dass die tuberculöse Aligemeininfection vollkommen hintan¬ gehalten werden konnte. Eingehend werden die Heilungsvorgänge der tuberculösen Processe bei den behan¬ delten Thieren studirt und zwar zunächst an den innern Organen (Lungen, Leber und Nieren) und sodann an den Gelenken. Bei letzteren scheinen die Tuberkel meist durch theils bröckligen, theils fettigen Zerfall ihrer Elemente unter gleichzeitiger bindegewebi¬ ger Einkapselung unterzugehen, zum Theil verfallen sic einer narbigen Schrumpfung. Indem Verf. diese therapeutischen Ergebnisse auf den Menschen überträgt, verthei- digt er zunächst die locale Behandlung der tuberculösen Gelenkleiden, in den frühen Ent¬ wicklungsstadien werden die percutanen Carbolinjectionen empfohlen, für die späteren die operativen Eingriffe. Allein mit dieser Localbehandlung soll auch eine zweckmässige Allgemeinbehandlung verbunden werden. Für letztere empfiehlt sich vor Allem der inner¬ liche Gebrauch von Natr. benzoicum (täglich 3—ö Mal je Vs —grmm.). Bei etwa vor¬ handenen Lungenaffectionen wären noch consequente Inhalationen von Kreosot- oder Gua- jacolwasser zu machen. Nebstdem müssen noch allgemein diätetische Maassregeln zur Kräftigung des Gesammtorganisraus getroffen werden. Die Schüller ’sehe Arbeit wird nicht verfehlen , ein grosses Interesse zu erwecken; möglich, dass sie für die Zukunft eigentlich epochemachend sein wird, gewiss aber wird sie von Neuem den Forschergeist auf die so ungemein wichtigen tuberculösen Processe leiten und so direct oder indirect das Verständniss der letztem in bedeutsamer Weise fördern. Kaufmann, Die Verletzungen des Auges und seiner Adnexe. Von Bergmeister. Mit besonderer Berücksichtigung auf die Bedürfnisse des Gerichtsarztes. 46 8. (Prof. Schnitzler ’s Wiener Klinik, Jahrg. VI, Heft 1.) Nachdem vor einigen Jahren Altmeister ArU uns mit einer Monographie über die Verletzungen des Auges und deren gerichtsärztliche Würdigung erfreut (vgl. Corr.-Bl. 1876 pag. 327), liegt uns heute von seinem mehrjährigen Assistenten Dr. B . eine neue Publication über denselben Gegenstand vor. Das kleine Buch des durch seine gediegenen Curse an der Wiener Augenklinik auch in weitern Kreisen wohlbekannten Verf. zeichnet sich durch Bündigkeit und Klarheit aus. Er berücksichtigt auch die Verletzungen der Lider, der Thränenorgane und der Orbita, die von Arlt als ins Gebiet der Chirurgie ge¬ hörig weggelassen wurden. Nur darin möchten wir dem Verf. nicht ganz Recht geben , dass er mit der sogen. Refiexamaurose, die man zuweilen nach Verletzungen oder länger dauernder Reizung des Trigeminus (besonders seines R. supra- und infra-orbitalis und dentalis) beobachtet und nach Morphiuminjectionen, Excision von Narben, Extraction cariöser Zähne etc. schwin¬ den sieht, in solch’ radicaler Weise aufräumt und sie als überwundenen Standpunct be¬ zeichnet. Kennt man doch eine ganze Anzahl zuverlässiger Beobachtungen aus den letz¬ ten Jahren, welche zur Annahme einer Reflexamaurose zwingen. Leber gibt in seiner neuesten Publication eine sehr plausible Erklärung für diese Fälle , indem er annimmt, „dass ein anhaltender Reizzustand eines sensibeln Nerven durch sein Bestehen den Ueber- gang einer Erregung des Netzhaut-Sehnervenapparates in eine bewusste Gesichtsempfin¬ dung erschweren oder verhindern kann.“ Hosch . L’Hydrothärapie aux bains de Champel (pres Geneve). Par le Docteur Paul Glatz , Mädecin aux bains de Champel , Prof, libre A Genäve etc. Premiöre partie: l’anämie, le nervosisme, la Syphilis, les affections goutteuses et rhuma- tismales, la maladie de Basedow, l’hydrothdrapie envisagäe comme mädi cation präventive et hygiänique. 187 8. - Den Titel könnte man ebenso passend umändern in „THydrothärapie et son emploi aux bains de Champel“, so sehr prävalirt der allgemeine Theil und ist die Methode im genannten Etablissement nur gelegentlich und nebenbei erwähnt. — Nicht mit Unrecht Digitized by LjOOQle 148 mag der Verfasser gedacht haben, dass es ein unnützes Beginnen wäre, eine specielle ideotherapeutische Ueberlegenheit der einen oder andern Wasserheilanstalt beanspruchen zu wollen und dass er dem unter seiner ärztlichen Leitung stehenden Etablissemente in soliderer Weibe nütze, wenn er einerseits der durch Uebertreibung und Missbrauch theil- weise discreditirten Hydrotherapie wieder allgemeinere Geltung zu verschaffen suche und anderseits an den Tag lege, dass der dirigirende Arzt Meister im Fach. Beides dürfte mit vollstem Erfolge geschehen sein: Die hier mit wissenschaftlicher Giündlichkeit und Klarheit dargelegten Principien der Hydrotherapie (unrichtiger Weise immer nur in Kaltwasserbehandlung übersetzt) dürften leider (ich erlaube mir, so zu sagen, weil ich mich selbst nicht ausnehme) dem grössern Theile der practischen Aerzte keineswegs ge¬ läufig sein und kann man eich durch deren Einprägung in diesem Fache schon so weit orientiren, um keine groben VerstÖsse zu begehen. — Die als Typen für die Anwendung der einzelnen Anwendungsweisen der Hydrotherapie gegebenen Krankheitsbilder sowie der den Schluss bildende Abschnitt der Ernährungsphysiologie dürften für den Mediciner zwar nichts Neues enthalten, sind aber so anziehend geschrieben, dass man nicht versucht wird, diese Partien zu Überschlagen. — Ganz besonders einverstanden möchte ich mich mit zwei Anregungen erklären, welche die Brochure enthält: erstens, es sollte das kalte Wasser in der Erziehung der Jugend und zwar nicht nur der bessern Btände eine all¬ gemeinere Anwendung finden und zweitens, die Balneotherapie möchte auf den Universi¬ täten nicht so sehr vernachlässigt werden, da namentlich Derjenige, dem es vergönnt, seine Praxis in besser situirten Kreisen anzutreten, sofort in diesen Materien Bescheid wissen muss. — Gerne sehe ich der versprochenen Fortsetzung entgegen, welche über Intermittens — Diabetes — verschiedene Affectionen des Rückenmarks, des Magens und der männlichen Genitalorgane handeln soll. Müller . Compendium der allgemeinen Pathologie. Für Studiren'de und Aerzte von Prof. 5. Samuel in Königsberg. Stuttgart, bei F. Enke. 1880. 432 S. Ich hatte vor Kurzem Gelegenheit, das grosse Handbuch der allgem. Pathologie des gleichen Verfassers den Lesern des ärztl. Corr.-BL nach seinem Verdienste zu empfeh¬ len. Ich darf dieses mit dem vorliegenden Compendium um so mehr thun, als es sowohl die Vorzüge des grossen Werkes theilt, als auch noch bei seiner für Viele wünschens- werthen Kürze, die seit dem Erscheinen des Handbuchs erschienene Literatur über alle einschlägigen Gegenstände gewissenhaft benutzt hat. Möge es in dieser handlichen Form recht viele Leser finden, JL W. Ueber die Keimblätter der Säugethiere. Von N. Lieberkühn . Mit 1 Tafel. Marburg. 4 W . 26 8. Eine Gr&tulationsschrift zu der 50jährigen Doctor-Jubelfeier des Prof. Hermann Basse in Marburg. Der Gedanke, dass die erste Entwicklung der Thiere eine unverkennbare Ueberein- stimmung zeigen müsse, nachdem der Ausgangspunct, das Ei, eine Gleichheit seiner we¬ sentlichsten Eigenschaften aufweist, findet durch die Beobachtung eine immer weitere thatsächliche Unterlage. So ist jetzt schon von mehreren Seiten darauf hingewiesen, dass z. B. die ersten Furchungskugeln des Kaninchens verschieden gross und auch in ihrem Verhalten gegen Reagentien verschieden sind, ja dass auch die aus ihnen hervorgegange¬ nen Furchungszellen eine verschiedene Function beim Aufbau der Embryonalanlage über¬ nehmen. Damit ergeben sich Anklänge an die ersten Entwicklungsstadien wirbelloser Thiere und der Hinweis auf ein einheitliches Princip der Gestaltung in den Uranfängen. Sehr bald schon gehen aber dann die Wege auseinander nicht allein nach den verschie¬ denen Classen, nein, bald zeigen sich die Charaktere der Species. Wie weit der Weg gemeinsam durchlaufen wird, das festzustellen, wird für lange Zeit noch eine Aufgabe der Entwicklungsgeschichte bilden, nicht die einzige freilich. Diese Entwicklungs an f än g e sind es, mit denen sich nun die vorliegende Arbeit LieberkührC s beschäftigt. Seit ihrem Erscheinen sind noch andere Beobachtungen Über denselben Gegenstand erschienen, welche die folgenden Angaben unseres Autors be¬ stätigen. Digitized by LjOOQle 149 Bisher war man nämlich der Ansicht, dass die erste Anlage des Säugethierleibes, die sog. Keimscheibe zweiblättrig sei, und dass dieselbe nach vollendeter Furchung des Eies sich sofort durch Vermehrung und Verschiebung der Zeilen gestalte. Jetzt erfahren wir, dass noch zwei vorausgehende Stadien zu berücksichtigen sind, die Folgendes zeigen: 1) Ein primitives Ectoderm, an dessen innerer Fläche in bekannter Weise der Dotter¬ zellenrest liegt. 2) Unter dem primitiven Ectoderm bildet sich ein secundäres Ectoderm und ein ein¬ schichtiges Entoderm. Ist dies geschehen, so entschwindet das primitive Ectoderm und es tritt nun erst die 3) bisher als frühestes Keimblattstadium beschriebene Anordnung auf: eine zwei¬ blättrige Keimscheibe. Mit dem Nachweis eines primitiven Ectoderm bei den Säugethieren ergeben sich Anklänge an die ersten Entwicklungsvorgänge bei niederen Wirbelthieren. Kollmann . Oie acuten Infectionskrankheiten in ätiologischer Beziehung zur Schwangerschafts¬ unterbrechung. Von Dr. Max Runge, Privatdocent in Berlin. Samml. klin. Vortr. von R. Volkmann, Nr. 174. Leipzig, Breitkopf & Härtel. Verfasser gibt uns in Kürze die Ansichten kund Uber den Zusammenhang zwischen den acuten Infectionskrankheiten und der Schwangerschaftsunterbrechung, einem erst in der neueren Zeit genauer studirten und demnach ziemlich lückenhaften Capitel aus der Geburtshülfo. Alle acuten Infectionskrankheiten können die Schwangerschaft unterbrechen, jedoch sind Pocken und Typhus für das kindliche Leben am verderblichsten; dabei kommt aber immer in Betracht der Charakter der zur Zeit bestehenden Epidemien und die Behand¬ lungsweise. Die Ausstossung der Frucht aus dem Uterus findet unter gleichen Verhältnissen statt, wie ein Abortus oder eine Frühgeburt aus andern Gründen; nur bei Aborten werden oft abundante Blutungen beobachtet. Als letzten Impuls zur Ausstossung der Frucht haben wir zwei Momente zu berück¬ sichtigen : 1) das primäre Absterben der Frucht, 2) Anregung von Wehen durch den Krankheitsprocess bedingt, bei Ausstossung einer lebenden Frucht. Ad 1. Der Tod der Frucht erfolgt a. durch Wärmestauung (Hitzschlag); diese ist eine der häufigsten Todesursa¬ chen ; je länger die Temperatursteigerung bei der Mutter anhält und je intensiver sie ist, um so sicherer stirbt die Frucht ab; dabei steigt die Temperatur der Frucht höher als die der Mutter, 40° C. bringen ersterer schon Gefahr; Beobachtungen und Thierver¬ suche erhalten diese Annahmen ; b. durch 3törung der placentären Respiration. Wie bei Herz- und Lungenkrankheiten kann auch bei acuten Infectionskrankheiten durch Herabsetzung des Blutdruckes in Folge Herzschwäche eine Verminderung der Sauerstoffzufuhr der Frucht den Tod bringen. Thierversuche haben unter ähnlichen Umständen ergeben, dass nicht nur kein sauerstoffreiches Blut der Frucht zugeführt wird, sondern sogar noch letztere dem Mutterblute seinen Sauerstoff abgibt; c. durch Uebergang derlnfectionsstoffe auf die Frucht. Bewiesen ist dieser Uebergang des bestimmtesten bei den Pocken; dass aber alle Infectionsträger auf die Frucht übergeheu, ist nicht erwiesen und falls solche die Placenta überschreiten, so sind sie der Frucht nicht immer todtbringend; dies zeigen Beobachtungen, wo Kinder mit Pockennarben lebend geboren wurden; nachgewiesen ist das Uebergreifen auf die Frucht bei Scarlatina, Masern, Malaria und Vaccine, sowie auch für Typhus und Cholera, für Trichinosis hingegen noch nicht; d. durch anatomische Veränderungen in der Placenta. Dieser Zweig ist noch wenig bearbeitet; es ist nur eine einzige Veränderung und zwar in einem Falle Digitized by Google 150 von Cholera beobachtet, nämlich Trübung des Zottenepithels der Placenta. (Ob der Tod der Frucht dadurch bedingt wurde, ist eine andere Frage, da ja bei Cholera andere Mo¬ mente genug mitspielen, die den Tod besser erklären , wie z. B. Wärmestauung, Ci reu - lationsstörung, Asphyxie; dazu wurde im Uterus eine hämorrhagische Endometritis mit partieller Zerstörung und allgemeiner Ablösung der Decidua vorgefunden. Referent.) Ad. 2. Die Störung der Gravidität durch frühzeitigen Eintritt von Wehen bei den acuten Infectionskrankheiten ist bezüglich der denselben verursachenden Momente noch wenig studirt und wenig bekannt; da anatomische Veränderungen am Ei und im Uterus bis dahin noch nicht constatirt werden konnten, so muss man als Ursache der Entstehung der Uteruscontractionen eine grössere Irritabilität der Gebärmutter, veranlasst durch die Temperatursteigerung, die qualitative und quantitative Veränderung des Blutes ansehen ; eine Annahme, die durch Thierversuche gestützt wird. Steigt, wie schon er¬ wähnt, die Temperatur über 40° C., so stirbt die Frucht vor der Ausstossung ab und wir haben es mit dem sub 1 erwähnten Falle zu thun. Für die Therapie erfolgt aus diesen erwähnten ätiologischen Momenten, da die Frucht selten durch Infection, meistens durch die Symptome der Krankheit zum Absterben oder zur frühzeitigen Austreibung gebracht wird , dass wir, abgesehen von den Rücksichten auf die Mutter, hauptsächlich das Fieber und allfällige Herzschwäche berücksichtigen, da diese der Frucht noch früher als der Mutter den Tod bringen können. Dr. Dick. Cantonale Correepondenzen. Basel. Durch verschiedene Umstände*) komme ich erst jetzt dazu, meine auf Ihre Einladung hin übernommene Aufgabe zu lösen. Wohl noch die meisten der verehrten Herren Collegen, die uns im Mai v. J. hier in Basel mit ihrem Besuche erfreuten, werden sich an eine Episode des ersten Acts (im Bernoullianum) erinnern, die leider nicht zu den Glanzpuncten desselben ge- hörte, nämlich an den Schlussvortrag des Herrn Trouve von PariB sammt dem etwas ver¬ fehlten Experiment mit der electrisch durchleuchteten Forelle. Der Vortrag war zu lang und für gar Viele unter uns zu undeutlich und zu schnell gesprochen; und zu allerletzt war noch gar die Forelle so ungeberdig , dass dem sonst so gewandten und für seine Geschicklichkeit berühmten Experimentator der sonst ausserordentlich schöne und sehr überzeugende Versuch leider fast gänzlich misslang. Herr Trouve verdiente aber gewiss ein anderes Resultat; schon der Umstand, dass er extra von Paris nach Basel reiste, um der Versammlung der schweizer Aerzte seine Erfindungen selbst zu präsentiren, gibt ihm einen hohen und berechtigten Anspruch auf unsere Dankbarkeit. Aber nicht nur dieser Umstand bewegt uns zu einem Referat über diese Demonstrationen, sondern in erster Linie der wissenschaftliche Werth der vorge¬ zeigten Instrumente, die verdienen überall bekannt und verbreitet zu werden. Hoffentlich nimmt die Verspätung unserer Correspondenz der Empfehlung nichts von ihrer berechtigten Wärme ; im Gegentheil — jetzt stehen unserem Urtheile auch Er¬ fahrungen, theils fremde, theils eigene, zu Gebote, während wir früher, gleich nach dem Feste, nur theoretische Kenntnisse über diese Instrumente besassen. Herr Trouvi, Chef eines grossen Geschäfts in Paris, das fast ausschliesslich die eige¬ nen Erfindungen verwerthet, steht in grossem Ansehen, nicht nur bei seinen Collegen, sondern auch bei den höchsten Vertretern der verschiedenen Wissenschaften, welche sich der Leistungen der Electricität und des Magnetismus bedienen; dass dies nicht wenige sind und immer mehr werden, das brauchen wir ja nicht besondere zu betonen; Electri¬ cität scheint ja das Losungswort für die Zukunft der Technik zu sein. Wenn auch ge¬ genwärtig erst im Beginn und noch in einem gewissen Chaos, wird die Dienstbarmachung dieser geheimnissvollen, und ebenso wunderbaren als mächtigen Naturkraft sicherlich eine noch ganz ungeahnte und grossartige Bedeutung gewinnen; besitzen wir ja jetzt schon eminente Pioniere auf diesem vielfach noch unerschlossenen Terrain für neue Entdeckun- *) An diesem so sehr verspäteten Abdruck ist einzig Herr Trouvi schuld, der dem Referenten erst nach Verlauf eines halben Jahres und nach zahlreichen Reclamationen die versprochenen Clichös zusandte. Red. Digitized by LjOOQle 151 gen — in Deutschland in erster Linie Siemens — diesem ebenbürtig in Frankreich Trouve, Wir haben noch selten einen Mann kennen gelernt, der so grossartig, so genial und doch zugleich so enorm practisch denkt; die Wahrheit dieses Ausspruchs beweist jeder, auch der kleinste Apparat dieses Erfinders. Stets diese Grossartigkeit neben der allerhöchsten fast lächerlichen Einfachheit, die sich bis in kleine Details erstreckt. Und was dieses Letztere namentlich bedeutet — einfach und doch gut bis in’s Kleinste, wissen Alle zu schätzen, welche viel mit derartigen Apparaten zu arbeiten haben. — Doch kommen wir zur Sache: Herr Trouve machte uns damals namentlich mit 2 Instrumenten bekannt: I. Die el ectrische Kugelsonde und Extractor. Das Princip dieses allerdings nur für den Spitalgebrauch passenden Instruments be¬ ruht darauf, dass die Sonde (Fig. II) sowohl als der Extractor (Fig. III) 2 isolirte Lei¬ tungsdrähte enthält, resp. in seinen Branchen vorstellt, welche durch das Berühren, resp. Fassen des Metalls sich metallisch verbinden und so eine durch sie gebildete galvanische Kette schliessen und dieser Schluss wird durch einen kleinen Läutapparat (Fig. I) ange¬ zeigt. Das eingeschaltete Element (Fig. IV) ist ebenfalls Trouve 's Erfindung und kenn¬ zeichnet durch seine Vortrefflichkeit und zugleich höchste Compendiosität so recht die Fig. i. Fig. III. Fig. II. Fig. IV. Genialität dieses Mannes. Dieses Elementchen (Electricität in der Westentasche!) ist 7 cm. hoch, rund, bei einem Durchmesser von 2 cm.; aus Hartgummi oder aus Eben¬ holz; ein Deckel von ca. V/ 2 cm. lässt sich abschrauben; an diesem Deckel hängt ein runder Zinkstab — auf der Innenfläche des Büchschens ist ein flacher Kohlencylinder an¬ gebracht, einen Theil von dessen Wand bildend. Wenn man nun das Element zu ge¬ brauchen gedenkt, füllt man das Büchschen halb mit etwa 2 Esslöffel Wasser, fügt ca. Digitized by LjOOQle 152 5,0 „Electrisirsalr.“ (Hydrarg. sulfuric. neutr.) hinzu, schüttelt etwas und legt das Büchs- chen horizontal — dann taucht der Zink*tab sararnt dem Kohlencylinder in die Flüssig¬ keit ein — und es bildet sich sofort ein kräftiger Strom, der gut eine halbe Stunde ausreicht, um sowohl seine Dienste für die eben erwähnte Kugelsonde als für den weiter unten noch kurz zu beschreibenden kleinen Inductionsapparat in genügendster Weise zu leiten. Diese halbe Stunde kann man aber dadurch sehr weit ausdehnen, dass man den Strom unterbricht, sobald man seiner nicht mehr bedarf, indem man einfach das Büchs- chen aufstellt und so Zink und Kohle aus dem Bereiche der Quecksilberlösung bringt. Die Construction dieses Elementchens allein würde genügen, um Trouvi berühmt zu machen; kleine Elemente gibt es ja auch sonst — aber keines, das so stark, so lange relativ constant und zugleich so handlich und so billig ist; letzteres ist auch durch den niedrigen Preis des dabei in geringen Mengen gebrauchten Materials bedingt. II. Practisch und wissenschaftlich weit wichtiger noch ist aber das uns von Herrn Trouve demoustrirte PoIygCOp, ein galvanischer Universal-Beleuchtungs- und Cauterisationsapparat. Eine genaue und sehr deutliche Beschreibung dieses Apparates finden wir in Nr. 1 und 2 des Jahrgangs 1880 der vortrefflichen „Illustrirten Vierteljahrsschrift der ärztl. Polytechnik von Dr. Beck (Dalp’sche Buchhandlung in Bern und Leip- zig); wir entnehmen diesem erwähnten Referate wörtlich Folgendes: „Die einzelnen Bestandtheile des Polyscops sind: 1. Das Gehäuse mit den Lei- tuug8drähten und dem Galvanometer. 2. Der Rheostat. 3. Die secundäre Batterie von Gaaton-PlanU in Verbindung mit einer primären aus 4 Trottve-Caltaud’sehen Elementen. 4. Die Beleuchtungsmittel für verschiedene Körperhöhlen 5. Die Galvanocauteren. 1) Das Gehäuse ist ein prismatisches Mahagonikästchen von ca. 70 cm. Höhe und 30 cm. Breite, in dessen Deckel ein Galvanometer eingelassen ist, in welchem die elec- trischen Ströme der Ladungsbatterie und des secundären Elements (s. unten) opponirt sind. Dadurch ist man stets über den Stand der Ladungsbatterie, wie auch über die Grösse der disponibel Ladung genau informirt; da nun die Entladung in vollkommen gleichmässigem Strome geschieht, dieselbe überdies durch die ebenfalls auf der Figur er¬ sichtlichen Rheostaten in fast unmerklicher Progression graduirt werden kann, so vermag man mittelst des Galvanometers ein- für allemal die Stromstärke zu bestimmen, bei wel¬ cher der angewandte Platindraht durchschmilzt, um diese unangenehme Eventualität sicher zu vermeiden. Ist die secundäre Batterie vollständig, so nimmt die Nadel wieder ihre durch die primäre Batterie bedingte Steilung, welche eine constante Abweichung von 40* zeigen soll, ein. Fällt diese Abweichung geringer aus, so wird hiedurch ein mangelhaf¬ ter Bestand der primären Batterie angezeigt, welche, sei es durch neues Hinzufügen von Kupfersulfat, sei es durch Ersetzung der abgenützten Zinke, verbessert werden muss. Im ersten Modell (Fig. V a) war nur ein positiver und ein negativer von der secundären Batterie ablaufender Leitungsdraht und ein einziger Rheostat vorhanden. Im gegenwär¬ tigen (Fig. V b) sind beide genannten Bestandtheile verdoppelt, wodurch der eminente Vortheil erzielt wird, die galvanische Beleuchtung und Cauterisation gleichzeitig bewerk¬ stelligen zu können > indem Beleuchtungsspiegel und Galvanocauter durch die vier Lei¬ tungsdrähte mit ein und der nämlichen Batterie in Verbindung sind. Am Boden des Kästchens bemerkt man die von der Ladungsbatterie zuführenden Poldrähte. Der Deckel ist mit einem zum Transport des Kästchens dienenden Handgriff versehen. 2) Die äusserst compendiös construirten # Rheostaten bestehen aus einer spiralförmi¬ gen Platinfeder, in deren Lichtung ein dieselbe berührender graduirter, aus einem schlecht¬ leitenden Metall gefertigter Stab hinauf- und hinabgeschoben werden kann. Ist der Stab ganz in die Spirale versenkt, so hat der Strom nur den Widerstand der letztem zu über¬ winden; wird dagegen der Stab aus der Spirale herausgezogen, so wächst der Wider¬ stand im Verhältuiss der Anzahl der frei werdenden Windungen der Platinspirale, welche der Strom nun zu passiren hat; um so langsamer wird selbstverständlich der Abfluss der in der secundären Batterie angesammelten Electricität stattfinden. Die Piatinspirale hat 100 Windungen und repräsentirt ungefähr den Widerstand von einem Kilometer Eisen¬ draht von 4 mm. Dicke, wonach sich der Grad des Widerstandes per Windung von selbst ergibt. Zwei verschiebbare Zwingen verbinden die Rheophoren mit den Rheostaten. Vermittelst dieser Vorrichtung kann der Abfluss der Electricität so genau reglirt Digitized by LjOOQle 153 werden, dass man im Stande ist, die nur Y 10 —Yjo mm. dicken Platindrähte der Reflec- toren in einen der Schmelzung nahen glühenden Zustand zu bringen, ohne^eine Zerstö¬ rung derselben befürchten zu müssen. Trotzdem ist die Erwärmung von Seiten der Reflectoren eine so geringe, dass man dieselben mehrere Minuten lang in die nächste Nähe der zu untersuchenden Schleimhäute bringen kann, ohne die Patienten hiedurch zu belästigen. Fig. v ». Fig. Vb. 3) Die secundäre Batterie v von Gaston-PlanU L Dem berühmten Pariser Fabrikanten gebührt das für die Geschichte der Galvanocaustik epochemachende Verdienst, die geniale Erfindung jenes ausgezeichneten Physikers zur Construction seines photogalvanischen und galvanocaustischen Apparats benützt zu haben. Es gründet sich dieselbe auf die Be¬ nützung der Polarisationsströmn der Voltaischen Säule, auf deren Beseitigung bis dahin alle Constructoren galvanocaustischcr Apparate bedacht waren , zur Aufspeicherung der galvanischen Kraft, deren Abfluss, resp. Verwendung ebenso leicht regulirt werden kann, als der Abfluss des Wassers aus einem Gefäss. Ueber die Entstehungsgeschichte dieser Batterie, die ihr zu Grunde liegenden ph^sicalischen Principien und die weittragenden Experimente, welche mit ihr angestellt wurden, findet der Wissbegierige hochinteressante Belehrung in dem neuen, reich illustrirten Werke von Gasion-Plante „Recherches sur l’älec- tricitä“ (Paris, A. Fourneau). Wir beschränken uns hier auf eine kurze Beschreibung, welche einem Artikel der „Wiener raed. Wochenschrift“ über den Trouvä'echen Apparat entnommen ist: „In einem Glascylinder, welcher mit lOfach durch Wasser verdünnter Schwefelsäure angefüllt ist, befinden sich zwei spiralig über einander aufgerollte, nur durch schmale da¬ zwischen liegende Caoutchoucstreifen ieolirte Bleiplatten. Dieselben sind ungefähr 60 cm. lang, 20 cm. breit und 1 mm. dick. Je ein Ende beider Bleiplatten geht in eine schmale bandartige Verlängerung aus, welche mit den Leitungsdrähten zweier Trouve - Callaud 'sehen Elemente einerseits und mit zwei schmalen Kupferplatten anderseits verbunden sind. Die eine von diesen schmalen Kupferplatten liegt unter einer andern Kupferlamelle, deren verlängertes und federndes Ende durch einen Knopf in Verbindung gebracht wer¬ den kann mit einer der Zwingen, welche die Rheophoren mit den Rheostaten verbinden. Die andere Kupferplatte dagegen ist in constanter Verbindung mit der andern dieser letzt- Digitized by LjOOQle erwähnten Zwingen und zwischen die Stifte dieser Zwingen werden die Galvanocauteren etc. sammt ihren Poldrähten eingeschaltet. Setzt man nun zwei primäre Elemente durch die Leitungsdrähte eine Zeit lang mit der die Pole der primären Batterie darstellenden Bleiplatte der secundären Batterie in Ver¬ bindung, so wird vermöge ihrer grossen Oberfläche ein ausserordentlich starker Polari- satiou88trom in der Flüssigkeit der secundären Batterie erregt, ^vermöge dessen sich ein grosses Quantum entgegengesetzter Electricitäten in jenen ansammelt. Wird die Ver¬ bindung dieser Plattenpole durch Herabdrücken des Knopfes hergestellt, so wird ein inten¬ siver Strom im entgegengesetzten Sinne erzeugt, mittelst dessen eine Entladung der secun¬ dären Batterie in stetem und regelmässigem Abfluss stattfindet. Die hiebei vor sich ge¬ hende chemische Wirkung ist allzu bekannt, als dass sie hier näher erörtert zu werden braucht. Bemerkt sei hier nur, dass dieselbe durch wiederholte Ladungen sich erheblich verstärkt, da die zu oxydirenden und zu reducirenden Schichten an den Bleiplatten immer ansehnlicher werden und hiemit auch die Kraft des secundären Elements stetig zunimmt Es wird daher zu einem bedeutenden Electricitätsreservoir, das durch zwei primäre Ele¬ mente (Trouve benützt meist deren vier) genügend gefüllt werden kann, um den zur Be¬ leuchtung oder Caustik dienenden Platindraht eine hinlänglich lange Zeit weissglühend tu erhalten. Brasseur , welcher den Apparat nun schon zwei Jahre in Gebrauch zieht, maflht darauf aufmerksam, dass die secundäre Batterie um so kräftiger und brauchbarer wnd, je länger und öfter man sich derselben bedient. (Schluss folgt) Zürich. Verlust der Geschmacksempfindungen, geheilt durch Anwendung des constanten Stromes. Frau L. in K., 34 Jahre alt, früher gesund, bemerkte im Monat März 1880 eine rasch auftretende Veränderung ihrer Geschmacksempfindungen. Sie konnte in kurzer Zeit weder süss noch salzig, bitter oder sauer unterscheiden. Die Krankheit begann mit dem Geschmacksgefühl von Bitterkeit nach dem Genuss irgend welcher Speise. Dieses Bitterkeitsgefühl ging in ein noch viel unangenehmeres Gefühl von Süss über, welche Geschmacksempfindung Patientin mit derjenigen verglich, wenn frisches Blut genossen wirtf. Auch diese Empfindung von Süss verlor sich, so dass alle Speisen den Eindruck von fad und sandig machten. Salz, Wein, Essig, Zucker, Chinin machten beinahe den¬ selben Eindruck und wurden schliesslich an der Zungenspitze und auf dem Zungenrücken nicht mehr empfunden. Spuren von Geschmacksempfindungen zeigten sich noch bisweilen hinten ira Rachen, beim Verschlucken der Speisen. Salz brachte das Gefühl von Sand im Munde hervor, so dass sämmtliche Speisen für die Patientin ungeuiessbar wurden und dieselbe deshalb bedeutend zu magern anfing. Mit dem 25. März 1880 wurde die Behandlung mit constantem Strom begonnen. Es wurde zu diesem Zwecke eine Zink-Kohlenbatterie benützt, als leitende Flüssig¬ keit eine concentrirte Kochsalzlösung angewendet. Die Sitzungen Wurden mit 5 Elemen¬ ten begonnen und der constante Strom während 5 Minuten zwischen Genick und Zungen¬ spitze in nachfolgender Weise unterhalten. Die Electrode des Zinkpols (negativer Pol bei geschlossener Kette) wurde auf das Genick in der Höhe des 3.—4. Halswirbels, die Electrode am Kohlenpol (positiver Pol) auf die Zungenspitze gesetzt. Die Zunge blieb bei diesem Verfahren im Anfänge ganz unempfindlich, während im Genick heftige, bren¬ nende Schmerzen entstanden. Nachdem circa 3 Wochen, je den zweiten Tag, auf be¬ schriebene Art und Weise vorgegangen worden war, so stellte sich an der Zungenspitze und auf dem Zungenrücken ein deutlich metallisches, säuerliches Geschmacksgefühl mit Brennen ein. Nach und nach wurde zuerst wieder Salz als Salz empfunden und zwar Mitte Juni. In der Meinung, mit allmäliger Verstärkung des Stromes und der Sitzungs¬ dauer schnellere Erfolge zu erzielen, vermehrte ich die Zahl der Elemente auf 7 und die Sitzungsdauer auf 8 Minuten. Damit bezweckte ich aber nach 4 Sitzungen einen der¬ artigen Rückschritt, dass der Zustand meiner Patientin beinahe der gleiche wurde, wie bei Beginn der Cur. Es wurde deshalb mit Beibehaltung von 5 Elementen und 5 Minuten Sitzungsdauer regelmässig alle 2 Tage fortgefahren und mit der Geschmacksempfindung von Salz bis circa Mitte Juli auch diejenige des Bittern (Chinin) erreicht, während erst gegen Ende August Essig, Weinsäure in Form von Wein bemerkbar wurden. Das Gefühl von Süss war noch sehr wenig bemerkbar. Digitized by LjOOQle 155 Id angegebener Weise wurde, wo möglich regelmässig, verfahren mit der Ausnahme, dass im Monat December 1880 und im Januar 1881 die Sitzungsdauer auf 10 Minuten verlängert wurde. An der Zahl der Elemente wurde nichts geändert. Naoh circa 130 Sitzungen haben wir mit Anfang Februar 1881 folgendes Resultat erzielt: Patientin ist wieder im Besitze einer guten Geschmacksempfindung für das Salzige, Bittere und Saure. Nur die Geschmacksempfindung für Süss lässt noch bedeutend zu wünschen übrig, weshalb die Behandlung fortgesetzt wird. An Obiges anknüpfend, glaube ich, dass die Gelegenheit geboten, einiger Versuche an dritten und an meiner Person Erwähnung zu thun. Die hauptsächlichsten Forscher behaupten, dass sich am positiven Pol ein saures, am negativen Pol ein alcalisches Ge- sokteacksgefühl erzeuge, was bei Experimenten an dritten Personen sich oft bestätigt, niokt aber immer sutrifft. Es existirt aber noch eine grosse Differenz in der Stärke des Geschmacks und Gefühls auf der Zunge, je nach dem Auflegen der Electrode des posi¬ tiven oder negativen Poles auf die Zunge. Legt man die negative (Zink) Electrode aufs Genick, die positive (Kohle) auf die Zunge, so wird auf Letzterer ein herber, metalli¬ scher, säuerlicher Geschmack nebst bedeutendem Brennen empfunden, auf dem Genick heftiges Brennen wahrgenommen. Setzt man umgekehrt die positive Electrode aufs Ge¬ nick, die negative an die Zunge, so ist die Geschmacksempfindung sowie das Gefühl von Breimen auf Letzterer bedeutend geringer, im Genick gar keine Empfindung bemerkbar. G&ds ähnlich verhält es sich, wenn man das Experiment zwischen Zunge und einer irgendwelchen Stellung des Gesichtes ausführt. Aus den wenigen Versuchen lässt sich natürlich nicht irgend welcher Schluss fassen, es müssen zuerst verschiedene Fälle be¬ schriebener Krankheit zusammengestellt werden können. Dr. G. Irminger in Küssnacht (Zürich), W ochenbericht. Schweiz. Basel. Prof. Immermann' s Recto r atsrede üb er die Klinik and Ihr leben ist soeben in geschmackvoller Ausstattung bei Benno Schwabe im Druck erschie¬ nen, und wir sind überzeugt, dass dieser geistvolle Vortrag von jüngeren und älteren Collegen mit einem wahren Vergnügen wird gelesen werden. Wenn auch Jahre und Jahrzehnde seit der Zeit, da wir als Studenten die Kliniken besucht haben, verflossen sind, so lassen wir doch gerne wieder uns erzählen von der Klinik und ihrem Leben, zumal von einem Manne, der mit einer seltenen Beherrschung Jes Stoffes, in so mustergül¬ tiger Formvollendung, offen und ehrlich das sagt, was ihm als Arzt, als Lehrer und als Forscher am Herzen liegt. Immermann theilt die Thätigkoit der Klinik in eine heilende, lehrende und forschende and entwickelt, nach einem kurzen und anregenden Rückblick auf die Geschichte (Embryo¬ logie) der Klinik, die leitenden Gesichtspuncte der Aufgaben des Klinikers. Daneben gibt er sein Glaubensbekenntnis über die Vorbildung der Mediciner, Für die Forderung der Vor¬ bildung an einem humanistischen Gymnasium spricht nach /. am wenigsten „der rein äus- serliche Nutzen, den die Kenntniss des Lateinischen und namentlich des Griechischen für da9 Verständnis« der zahllosen medicinischen Kunstausdrücke gewährt,“ als vielmehr die „lediglich ideale Mitgift, welche die also gebildete Seele des Knaben und Jünglings für das kommende Leben durch den Hauch der Antike empfängt, und die auch dem Arzte als Gegen¬ gewicht gegen die Realien seines Berufes wahrlich nicht fehlen soll“; am meisten betont er hiebei mit Recht „die eminent-gymnastische Bedeutung, welche die gründliche gramma¬ tische Schulung in den beiden classischen Sprachen für den Geist des Heranwachsenden besitzt. 4 Er schlägt jedoch vor, die Classenlectüre der antiken Schriftsteller etwas ein¬ zuschränken, dafür aber die Elemente der Differentialrechnung, den Begriff des Integrals und den Wahrscheinlichkeitsbegriff in den Lehrplan aufzunehmen, „um der Mathematik selbst sofort einen viel höheren und bleibenderen Werth für das Leben als Hebel künf¬ tiger Denkarbeit und als Richtschnur practischer Entschliessung zu sichern. 4 Es ist nicht unsere Absicht, hier ein ausführliches Referat über diesen Vortrag hnmermam'ß zusammenzustellen, sondern nur mit kurzen Worten die Collegen eiczuladen, Digitized by LjOOQle 156 dem Genüsse des Lesens dieser ganz ausgezeichneten Rede sich hinzugeben. Es wirkt dieselbe auf jeden Arzt belebend, befruchtend und nach den mannigfaltigsten Richtungen hin neue Impulse auslösend. Bern« Hochschule« Von Seiten der medicinischen Facultät und des Universitäts- Curatoriums von Amsterdam ist Prof. P. Müller einstimmig fUr die erledigte Professur der Geburtshülfe und Gynmcologie vorgeschlagen worden. Die Abneigung der Majorität im Gemeinderath (Amsterdam ist eine städtische Universität) gegen die Berufung von Aus¬ ländern hat diesen Vorschlag, trotzdem auch das Bürgermeisteramt dafür in die Schran¬ ken getreten war, zu Falle gebracht. Wir freuen uns nichtsdestoweniger der Anerken¬ nung, die Prof. P. Müller durch die wissenschaftlichen Vertreter Hollands zu Theil ge¬ worden. Die Berner Hochschule kann sich jedenfalls Glück dazu wünschen, von Neuem der Gefahr, eines ihrer erprobten Mitglieder zu verlieren, entgangen zu sein. — DoctOTJubiläum von Alt-Oberfeldarzt Dr. Lekmann. Der Regie¬ rungsrath hat dem Herrn eidg. Alt-Oberfeldarzt und -Regierungsrath Dr. Lehmann , Prä¬ sident der Iuseldirection, am 17. Februar, als am Tage, an welchem derselbe vor 50 Jahren das bernische Arztpatent erhalten hat, ein Dankschreiben für seine während des abgelaufenen halben Jahrhunderts auf mehrfachen Gebieten dem Wohle der Mitbürger und des Landes gewidmete unermüdliche und rühmliche Thätigkeit zukommen lassen. Wir widmen dem Jubilare bei diesem Anlasse unsere herzlichsten Glückwünsche und hoffen, dass er noch viele Jahre an den philanthropischen Bestrebungen roitarbeiten werde, denen er seit 50 Jahren in uneigennützigster Weise seine Kräfte geweiht hat. Neuenbürg« Hypnotismus« Zur Beruhigung der durch den Magnetiseur Donaio sehr erregten Bevölkerung hält auf Anordnung des Staatsrathes Herr Dr. Ladame , unter¬ stützt von Herrn Slrohl , im ganzeo Canton Neuenburg Vorträge über den thierischen Mag¬ netismus. Das Programm der physiologischen Deductioncn lautet: Hypnotisation de pou- les. — Hypnotisation compldte chez l’homme, avec rdsolution musculaire, provoqude par diffdrents moyens. — Catalepsie artificielle. — Anesthöaie. Insensibilitd 4 la douleiir. — Contractures. Phdnomdnes rdflexes. Transfert. — Hypnotisme unilatdral Aphasie. — Imitation spdeulaire. L’dcho. Le phonographe vivant. — Troubles des Organes des sens. Crampe de l’accomodation de l’aail. Daltonisme. Surditö. Insensibilitd du goüt et de l’odorat. — Hallucinations. — Extase. — Wir denken, die wissenschaftliche Klarlegung der Sachlage werde als kalte Brause auf die Trugbilder der exaltirten Phantasien wirken. — Pocken und Impfung. Veranlasst durch Wünsche, welche durch die Ge- meinderäthe von Chauxdefonds und Locle geäussert wurden, hat sich die neuenburgische Sanitätscommission mit der Frage der Impfung und besonders des Impfstoffs beschäftigt. Das Resultat ist ein von Dr. GuiUaume, dem Vicepräsidenten jener Commission, verfasster Bericht an die Direction des Innern •) Derselbe erörtert die Gefahr der Syphilis, welche besonders dazu beigetragen hat, den Wunsch nach Cowpox und, da solche selten, nach gezüchteter Retrovaccine rege zu erhalten und stellt zusammen, was bisher in Bezug auf animalen Impfstoff in Neuenburg geleistet worden ist. Es folgt dann ein resumirender Bericht über die Erfahrungen der neuenburgischen Impfärzte. Was Schädigungen be¬ trifft, so ist dort Syphilis noch nie beobachtet worden, Erysipel selten, nur 1 Todesfall an Späterysipel wird erwähnt; bei Scrophulose wird auf den oft zweifelhaften Cau- salzusammenhang zwischen der Impfung und den nachfolgenden scrophulösen Symptomen aufmerksam gemacht. Die bisherigen Resultate mit animaler Lymphe waren nicht sehr befriedigend, so dass im Augenblicke einer Epidemie, wo Gefahr im Verzüge, die sicher erfolgreiche Impfung von Arm zu Arm vorzuzieben sei. Ueber die Errichtung eines ani¬ malen Impfinstituts gehen die Meinungen der Impfärzte auseinander. Der Bericht befür¬ wortet in dieser Beziehung, der Staat solle entweder mit einem bestehenden Impfinstitut einen Vertrag schliessen oder, sei es eine Gemeinde, sei es einen Privaten des Cantons behufs Gründung eines solchen Instituts subventioniren, oder, was das beste wäre, selbst ein solches Institut gründen. Der Bericht gibt ausserdem auch Aufschlüsse über die Impfungen und Pockenfälle *) Le vaccln jeundrien et le vaccin animal. Rapport etc. par le docteur GuiUaume . Neu- ch&tel, 1881. Digitized by LjOOQle 157 im Jahre 1880. Die Impfung erscheint am mangelhaftesten durchgeführt im Bezirk Chauxdefonds, wo */ 8 der Geimpften (52 von 407) das gesetzliche Alter von 6 Jahren überschritten haben. Pockenfälle wurden angezeigt 176, davon in Chauxdefonds 152, St. Aubin 12, Cormondr&che 4, Locle und Neuchätel je 3, in Couvet und aux Ponts je 1. Mit Ausnahme von 2 im Mai in Neuenburg beobachteten Fällen „tous 1 es &u- tres ont la Chauxdefonds comme point de döpart“. Was den gegenwärtigen Stand der Krankheit betrifft, so können wir dem Gesagten Folgendes beifügen. Vom 6. bis 19. Februar sind in Chauxdefonds wieder 11 Todes¬ fälle vorgekommen ; Total seit dem 10. October 1880 : 70 = 3,l%o der Bevölkerung (in 19 Wochen!). Die Pocken sollen ferner benschen in Corraondröche, Corcellee, Peseux, Hauts-Geneyeys. Wie schon im letzten Wochenbericht erwähnt, hat der Canton Bern mehrfache Einschleppungen zu erleiden gehabt, so nach Biel (fm Ganzen bisher 3 To - desfälle), St. Imier, Reconvillier und Sonceboz. Dem hätte ein rechtzeitiges Eingreifen in Chauxdefonds zuvorkommen können. Doch wozu Isolirung und ähnliche Plackereien? „Das Leben ist der Güter höchstes nicht. a „II y a un principe supdrieur, celui de la sauvegarde de la dignitd humaine et de la libertö individuelle.“ •) Zürich. Pockenspital. Seit Juli 1880 gelangten im Verlaufe des Februars zum ersten Mal wieder Fälle von Variola zur Aufnahme, von denen der eine ätiologisches Interesse beanspruchen darf. 1) E. H., 47 Jahre, Bahnangestellter, Aussersihl; aufgenommen 3. Februar; in der Jugend geimpft; alte Impfnarben ; keine Revaccination. Erkrankt 30. Januar Morgens; Exanthem 1. Februar. Als einziges ätiolo¬ gisches Moment lässt sich ermitteln, dass Pat. am 9. Januar von seinem Schwager in Chauxdefonds, der an den Pocken damals krank lag, ein Paket bekam, welches einen zum Auf¬ hängen bestimmten, mit einer aus rauher Wolle verfertigten Broderie geschmückten Zeitungshalter enthielt. Das Paket blieb mehrere Tage uneröffnet liegen, leider erinnert sich Pat. des Datums nicht mehr genauer. 2) C. W., 41 Jahre, Hebamme, Töss; aufgenommen 10. Februar; in der Jugend geimpft; alte Impfnarben; keine Revaccination. Erkrankt 3. Februar; Exan¬ them 6. Februar. 3) B. K, 11 Monate, Töss; aufgenommen 10. Februar. Nicht geimpft. Die Mutter des Kindes scheint an Pocken gelitten zu haben; sie starb am 23. Januar, nach¬ dem am 20. eine Frühgeburt vorausgegangen war. — Die unter 2. erwähnte Hebamme besuchte sie zum ersten Mal am 18. Januar, hernach täglich bis zum 22. Januar. — Die Mutter der verstorbenen Frau K. kam 2—3 Wochen vor deren Erkrankung aus Schwyz nach Töss zu ihrer Tochter; sie soll an ersterem Ort mit Pockenkranken in Berührung gekommen sein, blieb aber seihst gesund. 17. Februar. C. Nauwerck. Stand der Infections-Krankheiten in Basel. Vom 11. bis 25. Februar 1881. (Die Zahlen in Klammern geben jeweilen die Anzahl der in früheren halben Monaten angemeldeten Fälle an.) Von Varicellen sind 12 neue Erkrankungen angezeigt zerstreut über die Stadt (16, 12, 13). Ein von Chauxdefonds zugereister Anfangs sehr variolaverdächtiger Handwerksbursche hat sich schliesslich als masern krank erwiesen. Dagegen ist ein hier wohnender Schreinergeselle an Variola erkrankt, ohne dass über die Quelle der Infection sich irgend etwas hätte herausfinden lassen. Da der Kranke vor seiner Isolirung mehrfache Besuche erhielt, so sind weitere Erkrankungen nicht unmöglich. *) Cornau, Rapport de la minoritd etc. pag. 6. Digitized by LjOOQle -r 158 Scharlach kommt etwas häufiger vor; angemeldet sind 8 Über die Stadt zerstreute Fälle (2, 5, 8), ausserdem eine Erkrankung in Kleinhüningen. Beim Typhus hat sich der schon im letzten Berichte angekUndigte Rückgang ein¬ gestellt und zwar in allen Districtcn ; angemeldet sind 48 neue Fälle, darunter 1 aus¬ wärtiger (20, 31, 126, 113); die einheimischen vertheilen sich folgendermaassen: 11.-25. Dec. 26. Dec.-lO. Jan. 11-25. Jan. 26. Jan.-10. Febr. 11.-25. Febr. Nordwestplateau 6 12 33 36 16 Birsigthal 4 10 28 27 12 Südostplateau 3 2 31 16 6 Birsthal — 1 2 3 1 Kleinbasel 5 5 31 31 12 Von Diphtherie und Croup sind 32 neue Fälle gemeldet (21, 32, 41) aus allen Stadttheilen, die Mehrzähl, 17, aus Kleinbasel. Pertussis 15 neue Anmeldungen (14, 29, 28). Erysipelas 10 Fälle ( 8 , 12, 14). Von Puerperalfieber 1 Fall in KleinbaseL Bibliographisches. 62) Müller , F. } Erster Nachtrag zum Catalog der herpetologischen Sammlung des basier Museums. Mit Anmerkungen und 1 Tafel. Basel, Schweighauscrische Buchdruckerei, 1880. 49 S. 63) ZAemssen, Handbuch der allgem. Therapie II. Bd. I. Theil. Weber , Klimatotherapie. Leichlenstcm , Balneotherapie. 454 S. Leipzig, F. C. W. Vogel. 64) Hofmarm, Lehrbuch der gerichtlichen Medicin. Mit gleichmässiger Berücksichtigung der deutschen und österreichischen Gesetzgebung. II. vermehrte und verbesserte Auflage. Mit zahlr. Holzschn. Wien und Leipzig, Urban & Schwarzenberg. 65) Stille, Der Neo-Malthusianismus als Heilmittel des Pauperismus. 82 S. Berlin, Ver¬ lag von Luckbardt. Briefkasten. Herrn Dr. 0. llaab in Z.: Den gewünschten Abstrich nach Instruction besorgt — Herrn Prof. Pflüger: Das Zusenden der ferneren Lieferungen wird besorgt. — Herrn Dr. Ifa^ner inB.: Beruhigen Sie sich, so pressirt die Sache nicht — gelegentlich. Freundl. Grüsse. — Herrn Dr. Fetscherin in St. Urban: Besten Dank! Hoffentlich bleibt es beim Schrecken. Freundl. Gruss! — Herrn Dr. Gtiil- laume , Neuenburg; Dr. Müller , St. Beatenberg; Dr. Schnyder , Nizza: Unsem Dank. — # Herrn Dr. Bil- leler in Z.: Vollkommen einverstanden. Schieben Sie das Betr. ruhig in den Papierkorb. — Herrn Dr. Haltenhoff , Genf; Dr. R. Meyer-Hiini; Dr. Zürcher , Aarau; Dr. Münch, Brestenberg; Dr .Glaser, Münchenbuchsce: Pressirt nicht; mit bestem Dank erhalten. Herrn Dr. B. in A.: Herr Prof. Immermann ist so freundlich, Ihre Anfrage über die Thera¬ pie des Pemphigus, wie folgt, zu beantworten: „Mit der Therapie des Pemphigus chronicus ist es auch heute noch eine sehr missliche Sache und der Ausspruch Hebra’a, „er kenne kein Mittel, wel¬ ches sich gegen diese Affection wirksam erweise“, entspricht leider durchaus auch noch dem gegen¬ wärtigen Stande unseres Wissens. Vor dem Gebrauche des Jodkalium und der Quecksilberpräparate ist entschieden zu warnen, da durch diese Medicamente die gefürchtete Cachexie, die in schweren Fällen nicht auszubleiben pflegt und dann oft den tödtlichen Ausgang bedingt, nur gezeitigt und be¬ schleunigt zu werden scheint Arsenik, souverän gegen Psoriasis, wirksam gegen Lichen ruber und manche andere, schwereDermatonose, ist gegen Pemphigus chronicus absolut unwirksam. — Bei dem Mangel specifischer Heilagentien bleibt demnach lediglich ein symptomatisches Verfahren übrig und zwar dürften wohl am meisten protrahirte lauwarme Bäder (eventuell auch künstliche Schwefel¬ bäder), Einstreuungen der Körperoberfläche mit Streupulver (Amyium subtiUssim. pulverisatum, Lyco- podium) — ferner innerlich Stomachica und Roborantia (Chinadecoct und Chinin , Eisenpräparate, * Leberthran) sich empfehlen. — Die Prognose ist um so übler, je reichlicher die Blasenproruptionen sind, je schneller sie sich wiederholen und je weniger mit zunehmender Dauer der Krankheit sich eine Tendenz zu spontanem Nachlassen des Uebels zeigt; hingegen werden selbst io sehr schweren, schein¬ bar desperaten Fällen mitunter doch noch Heilungen beobachtet, die indessen weniger auf Rechnung einer eingreifenden Therapie, wie vielmehr der Zeit und einer sorgfältigen Pflege der Kranken zuzu¬ messen sind. H . I. Digitized by tjOOQle 159 Kantons-Kranken-Anstalt Glarus. Die Stelle eines Arztes der glarnerischen kantonalen Krankenanstalt ist zu besetzen. — Die jährliche Besoldung beträgt Fr. 3—4000. — Die Besorgung von Privatpraxis ist nicht ausgeschlossen. Ueber die nähern Bedingungen gibt der Unter¬ zeichnete auf Anfrage Aufschlüsse. Anmeldungen unter Beilegung eines Curriculum vitse sind bis spätestens 10. März nächsthin einzugeben an den Präsidenten der Aufsichtskommission: Glarus, den 2. Februar 1881. [H-1220-G1] Grallati- Leube-Rosenthal’sche Fleischsolution, genau nach Vorschrift des Prof. Dr. Leube bereitet von H. Hueffner, Medicinal-Asscssor in Jena. Depot bei C. Fingerhuth, Apotheker am Kreuz¬ platz, NeumUnster-ZUrich. Verlag von August HirschwaW in Berlin. Soeben ist erschienen: Zeitschrift für klinische Medicin. Heraosgegeben von Dr. Fr. Th. Frerichs, und Dr. E. Leyden, Professor der medicin. Klinik Professor der raed.-prop. Klinik in Berlin. II. Band. 3. Heft. gr. 8. Mit 3 Tafeln. Preis eines Sandes 16 M. ADMINISTRATION : PARIS, 22, boulevard Montmartre . VERDAUUNGS-PASTILLEN, fabrlcirt zu Vichy mit dem aus den Quellen ge¬ wonnenen Salze. Sie haben einen sehr angenehmen Geschmach und machen einen gewissen Eindruck gegen Ma¬ gens« uro und schwere Verdauung. SALZ VON VICHT FÜR BjEDER. - Ein Kistchen für ein Bad, solchen Personen — die nicht nach Vichy kommen kemmen. § UM NACHAHMUNGEN ZU VERMEIDEN, £ VERLANGT MAN ~ BEI ALLEN ERZEUGNISSEN DIE MARKS DER COMPAGNIE ln Basel bei E. Ramsperger. Milchproductenfabrik Wattwyl . Lactin von Grob & Kunz, ist eine von den Aerzten lebhaft begrüsste Erfindung. Dasselbe — ein ausschliessliches Milch¬ präparat, welches Kuhmilch in ihrer Zu¬ sammensetzung corrigirt und im Kindermagen fein flockig gerinnen lässt — hat sich als streng naturgemässer Milchzusatz für Neugeborne und schwächliche Kinder aufs Beste bewährt. Preis per Couvert ä 10 Portionen (10Tage ausreichend) Fr. 1. Kindermehl von Grob & Ander Egg, ein leichtverdauliches, zuckerfreies und desshalb den kindlichen Verdauungs¬ organen besonders zuträgliches Prä¬ parat, eignet sich ausgezeichnet — sei cs als Beigabe zu Kuhmilch oder condcnsirter Milch, wie auch, namentlich bei Durchfall bloss mit Wasser zubereitet — für die Ernährung einige Monate alter Kinder • Preis per Büchse oder Paket (je 5 Tage ausreichend) Fr. 1. 30, resp. Fr. 1. 10. Ferner: Mehl-Pr o d u cte von Grob und AnderEgg. Grersten-, Haler- und Heis-JMeh.1, in feinster Qualität, aus ausgewählter, auf’s Beste gereinigter Frucht, von welcher sie alle nahr¬ haften Theile enthalten. Hafermehl in 2 Sorten, von roher oder gerösteter Frucht Sämmtliche 3 Sorten, deren reizmildernde Wirkung auf die Verdauungsorgane bekannt ist, eignen sich vorzüglich zur raschen Bereitung zarter, nahrhafter Schleime (Cremes), sowie namentlich als Zusatz zu Kuhmilch und andern Milcharten. — Ausgezeichnet für Gesunde und Kranke! Preis per Paquet 80 Cts. AUes zu haben in den Apotheken und (wo keine solchen sind) in Spezereihandlungen. Digitized by QjOOQle 160 Preise der annoncirten Chemi¬ kalien unverändert. Sämmtliehe neuern Mittel, soweit nicht vor- räthig, besorge gerne und stehe mit Preismitthei¬ lung gerne zu Diensten. St Sailen, 28. Februar 1881. C. EhrenzeUer, [H-642-Q] Apotheker. | Privat - Irren - Heilanstalt | J Schlössli Hett bei Biel. § 0- Auf 23. April näehsthin ist die sogenannte $ 3 Schloss!i-Besitzung Mett zu verkaufen oder Ö 0 zu verpachten. Seit 50 Jahren Privat- 0 Ö Irren-Anstalt, mit bestem Erfolg betrieben. $ Q Die sehr bevölkerten nächst gelegenen Ort- 0 0 schäften Bözingen, Mett, Madret^ch sichern 0) 3 einem thätigen Arzte lukrative Praxis und 3 3 schöne Existenz. 0 ft Nähere Auskunft ertheilt ft ft Müller-Fi nkbeiner, ft ft Biel. ft 0 ft iV/r Aerzte. Zu verkaufen eine kleine aus ca. 100 Bänden bestehende Bibliothek, die neuern Werke der med. Wissenschaft enthaltend — darunter das Correspondenzblatt für Schweizer Aerzte 1.—10. Jahrgang — zusammen oder einzelne Jahr¬ gänge — oder Werke. Angebote unter Chiffre D. M. 32 übermittelt die Expedition d. Blattes. Ein Mediziner würde einem Arzte bis Ostern assistire n._ Frische Kuhpocken-Lymphe I wird auf rechtzeitige Bestellung fortwährend an die Herren Aerzte abgegeben. In Folge Aenderung I der Behandlungsweise der gewonnenen Lymphe sind seit längerer Zeit sehr günstige Resultate mit derselben erzielt worden, indem oei baldiger Verwendung resultatlose Impfungen nicht Vor¬ kommen. Bestellungen nimmt entgegen das Sekretariat der Sanltfttsdlrektion« Schaffhausen, den 21. Febr. 1881. Erste k. k. konzessionirte und vom hob. Mini¬ sterium subventionierte Kuhpocken-Impfungs-Anstalt unter Kontrole und Aufsicht der Sanitätsbehörde. Wien, Alserstrasse 18. Versendung von täglich frischer Kohlymphe unter Garantie der Haftung. HAY, Spezial-Impfarzt. Verlag von R. Damköhler, Berlin N. Dr. J. 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Schweighauserische Buchdruckerei. — B. Schwabe, Verlagsbuchhandlung in Basel. Digitized by LjOOQle COßRESPONDEN Z-BLATT Am 1. und 15. jedes Monats erscheint eine Nr. 1V*—2 Bogen stark; am Schluss des Jahrgangs Titel u.Inhal tsverzeichniss. für schweizer Aerzte. Herausgegeben von Preis des Jahrgangs Fr. 10. — für die Schweiz; der Inserate 35 Cts. die zweisp. Zeile. Die Postbureaux nehmen Bestellungen entgegen. Prof« Alb. Burekhardt-Merlan und in Basel. Dr. A. Baader in Basel. N? 6. XI. Jahrg. 1881. 15. März. Inhalt: 1) Originalarbeiten: Prof. Dr. Oscar Wyss: Ueber typhöse Erkrankungen durch Fleischgenuss. — Dr. F. Schüler: Ueber die sanitarischen Gefahren der Bb>iglasuren. (Schluss.) — 2) Yereinsb «richte: Gesellschaft der Aerzte in Zürich. — 8) Referate und Kritiken: Dr. Guillaume: L'epid^mie de variole dans le canton de Neuchätel en 1880. — Prof. Dr. Th. Kocher: Ueber Schusswunden. Die Wirkungsweise der modernen Kleingewehr-Geschosse. — 4) Can tonale Corres¬ pondenzen: Basel, Bern. — 5) Feuilleton: Das Lied rom Dünndarm. — 6) Wochenbericht. — 7) Bibliographi¬ sches. — 8) Briefkasten. Original-Arbel ten. Ueber typhöse Erkrankungen durch Fleischgenuss. Vortrag von Prof. Dr. Oscar Wyss. *) Meine Herren! Seit der „Andelfinger Epidemie“, deren Andenken durch die vor 2 Jahren stattgehabte „Klotener Fleisch-Typhusepidemie“ wieder wachgerufen worden ist, hat der Canton Zürich durch diese sowie durch andere durch Kalb¬ fleisch hervorgerufene kleinere Epidemien eine gewisse Berühmtheit erlangt; eine Berühmtheit, die wohl im Stande ist, Zweifel in uns aufkommen zu lassen, ob die von nicht ärztlicher Seite aufgestellte Behauptung, dass man in Zürich das schönste Kalbfleisch finde, auch richtig sei. Und doch ist ein Kalbsbraten bei unzähligen unserer Mitbürger das, was zu Henri IV. Zeiten das „Huhn im Topfe“ war: die ein festliches Mahl bezeichnende Fleischspeise, die bei so Manchem Sonntags den Mittagstisch ziert. Seit der Klotener Epidemie brachte jedes Jahr eine kleine derartige Epidemie; vor einem Jahr in Birmenstorf, dies Jahr in Würenlos und dessen Nachbargemein¬ den , von denen freilich nur ein Theil diesseits der Grenzen des Cantons Zürich liegt, der andere, wie Würenlos selbst, im Aargau. Und wie über die Andelfinger Epidemie die Gelehrten verschiedener Ansicht waren, und namentlich weit ent¬ fernte und erst Decennien später darüber abhandelnde Aerzte eine andere Auf¬ fassung der Epidemie zu begründen suchten, Deutungen, die zum Theil noch heute mit absoluter Sicherheit widerlegt werden konnten, wie die Liebermeister'sehe Behaup¬ tung, es hätte sich um Trichinose gehandelt, so ist es, wie Sie wissen, auch mit der Klotener Epidemie ergangen und nicht in Zürich, sondern in München und in *) Gehalten den 22. October 1880 in der Sitzung der Gesellschaft der Aerzte Zürichs und seiner Umgebung am Vorabend der Versammlung des schweizerischen ärztlichen Central Vereins in Zürich im Herbst 1880. 11 Digitized by LjOOQle 162 Leipzig haben Botaniker und Aerzte behauptet, es habe sieb in diesen Epidemien nicht um Typhus, sondern um eine andere Krankheit, um Milzbrand oder etwas anderes gehandelt. Diese Behauptungen, die von Seite von Aerzten aufgestellt wurden, die diese Erkrankungen nicht gesehen haben, müssen uns um so mehr frappiren, als über beide grossen Epidemien, diejenige von Andelfingen sowie die von Kloten, sehr genaue Beschreibungen vorhanden sind, aus denen klar hervor¬ geht, dass diese beiden Sängerfestepidemien in Bezug auf Symptomatologie, Dauer, Verlauf, Mortalität, anatomische Befunde , Secundärinfectionen und höchst wahr¬ scheinlich auch mit Rücksicht auf die Aetiologie einander ganz congruent sind. Und was in diesen grossem Epidemien zehn- und zwanzigfach constatirt wor¬ den ist, hat sich auch in den kleinen analogen Kalbfleischepidemien wiederholt. Obwohl auch die neueste Epidemie dioser Art, diejenige in Würenlos und Um¬ gebung, das früher Erlebte nur bestätigt, hielt ich es doch für meine Pflicht, als ich von dieser, im Wirkungskreise meines Vaters aufgetauchten Epidemie Kunde erhielt, so weit es mir möglich war, auch diese Seuche mit zu sehen und mir na¬ mentlich nochmals, wie ich es seiner Zeit auch bei der Klotener Epidemie gethan batte, die Frage vorzulegen: sind die Erkrankungen in der That als Typhus ab¬ dominalis zu bezeichnen oder nicht? Es schien mir eine solche kleinere Epidemie manchen werthvollen Beitrag für Entscheidung einzelner Fragen geben zu können, die bei grossen Epidemien, die auf festliche Anlässe eintraten, nicht so bestimmt entschieden werden konnten. So z. B. die Frage: welchen Antheil wohl das Fest an und für sich, d. h. die dabei unvermeidliche — und auch vermeidliche — Irregularität der Lebensweise, die Ueberladung des Magens mit Speise und Getränk, an dem Krankheitsbilde der ersten Tage nahm. In der von uns zu erwähnenden Epidemie haben alle Patien¬ ten die krankmachende Speise in ihrer eigenen Familie und bei ihrer ganz ge¬ wohnten Diät genossen und sind doch gerade so krank geworden, wie jene nach dem Klotener Sängerfest. Es kann somit der mögliche Vorwurf, die blos in Form von Brechdurchfall aufgetretenen Erkrankungen seien nicht auf das giftige Fleisch, sondern auf festliche Diätfehler zurückzuführen, mit grösserer Bestimmtheit zurück¬ gewiesen werden, als dies bei Massenerkrankungen nach einem grossen Feste mög¬ lich ist; und die initiale grosse Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Hinfälligkeit wird mit Bestimmtheit als ein Symptom der Intoxication resp. Infection und nicht auf die ungewohnte Lebensweise am Tage des Festes zurückgeführt werden können. Die Epidemie in Würenlos u. d. E. entwickelte sich in der ersten Woche des Mo¬ nats Juli v. J., ich erfuhr davon am 8. Juli und ging den ersten Tag, an dem ich mich frei machen konnte, nämlich den 13. Juli, nach Otelfingen, dem Wohnort meines Vaters, um einen Tag mit ihm in seiner Praxis herumzureisen und speciell die in Frage stehen¬ den Kranken selbst zu sehen, soweit sie wenigstens in seiner Behandlung sich befanden. Eine Anzahl Erkrankter war freilich schon wieder genesen: die, die nur rasch vorüber¬ gehende Störungen in der Verdauung (Erbrechen, Durchfall) oder eine ganz rasch ver¬ laufende fieberhafte Erkrankung durchgemacht hatten. Drei der Erkrankten waren schon gestorben; es waren drei Kinder einer und derselben Familie; trotz telegraphischer An¬ strengungen am 8. Juli meinerseits war es mir nicht möglich geworden, bei der Obduc- tion derselben anwesend zu sein. Es waren das nämlich Patienten, die nicht von meinem Vater behandelt worden waren, und die auch nicht von ihm obducirt worden sind. ln Otelfingen, einem wohlhabenden Bauerndorfe mit 570 Einwohnern, am 8üdabhang Digitized by LjOOQle 163 der Lägern, einem Ausläufer des Jura in den Ct. Zürich, in gesunder Lage, 450 M. ü. M., war am Tage meines Besuches nur eine einzige Kranke der zu besprechenden Epidemie, die 35jährige Frau Pfarrer N. Dieselbe hatte am 27. und 28. Juni zwei vom Metzger Sch. in Würenlos bezogene Diegenwürste, am 27. Juni Mittags und Abends und am 28. Juni zum Znüni (zweites Frühstück) genossen. Bei einem etwa einstündigen Gang am 30. fiel ihr grosse Müdigkeit, die sie zwang, öfters auf dem Wege abzusitzen, auf ; und dieselbe Erscheinung machte sich auch am 1. und 2. Juli bemerkbar. In der Nacht vom 2. zum 3. Juli wurde sie von heftigem Kopfschmerz , der sie zwang , kalte Umschläge auf den Kopf zu machen, geplagt; derselbe wiederholte sich in der folgenden Nacht, in der sich noch Durchfall hinzugesellte. Die Diarrhoe hielt am 4. und 5. Juli an, war am 4. mit Tenesmus verbunden; und als am 6. sich. Erbrechen galliger Massen einstellte, schickte sie zum Arzte. Die Diarrhoe dauerte bis zum 10. Juli an, das Erbrechen hörte auf, doch persistirte noch am 13. Uebelkeit. Am 11. stellte sich etwas Husten ein. Da¬ neben massiges continuirliches Fieber. •) Pat. bot am 13. Juli das gewöhnliche Bild eines entwickelten mittelschweren Typhus abdominalis dar: Grosse Hinfälligkeit und Schwäche; starke (nicht medicamentöse) Baryekoia; wenig feuchte , dick belegte, vorn rothe Zunge. Puls 100. R. wenig be¬ schleunigt ; auf Brust und Bauch zahlreiche Roseoise, einzelne auch noch auf den Armen. Wenig Bronchialcatarrh objectiv f nachweisbar. Kaum nennenswerther Meteorismus ab- dominis. Kein Gurren, keine Druckempfindlichkeit am Abdomen. Die Milz unterm RB. fühlbar, 7 cm. lang, 5 cm. breit. Momentan keine DiarrhoB mehr. Rhinorhagie nie vor¬ handen gewesen. Im Urin etwas Blut — eine Beimischung, die schon vor der jetzigen Erkrankung öfter constatirt worden war. Die Körpertemperatur war bisher continuirlich hoch , erreichte im Maximum fast 40° C. und im weitern Verlauf sowie von bisherigen Temperaturen sind folgonde notirt worden: (Leider wurden anfänglich nicht alle, nament¬ lich die ziemlich hohen Abendtemperaturen nicht notirt.) Am 6. Juli Morgens 38,9 Puls 100 Abends 39,8 Puls 110 Erbrechen, DiarrhoB. » 7. * Ti 39,5 Ti 110 Ti 39,5 Ti 110 V 8. Ti Ti 39,0 Ti 90 n ? n 92 Erbrechen. n 9. Ti Ti 39.0 Ti 92 Ti ? Obstipation. [Urin. n 10. Ti Ti 37,8 Ti 92 Mittags 38,2 Abends 38 Blut u. viel Eiweiss im i> 11. Ti Ti 37,0 Ti 90 Ti 38 Ti 38 Auftreten der Roseola. n 12. n Ti 38,2 Ti 92 Ti 38,7 V 38,8 (9?) 39,5. Ti 13. V Ti 38,4 ü 92 Ti 38,3 Ti 38,4 Reichl. Roseola. Husten. » 14. Ti Ti 38,2 ü 90 Ti 37,4 Ti 38,6 [Rhonchi. V 15 Ti n 38,2 n 90 Ti 38,6 Ti 38,6 Ti 16. Ti Ti 38,8 Ti 92 Ti 39,3 Ti 40,0 n 17. Ti n 39,2 Ti 92 Ti 39,2 Ti 39,3 Ti 18. n Ti 38,4 38,6 Ti 88 Ti Ti 39,2 r> 19. Ti Ti n 88 Ti 38,8 Ti 39,4 n 20. Ti Ti 37,8 Ti 88 Ti 37,2 Ti 37,2 Ti 21. Ti Ti 37 Ti 84 Ti 36,8 Ti 37,3 n 22. Ti V 36,6 Ti 84 Ti 37 V n 23. Ti Ti 36,6 Ti 76 Ti 37 Ti 36,8 Ti 24. Ti Ti 36,4 V 74 n 36 Ti 36,4 n 25. Ti Ti 36,4 Ti 74 Ti 36,4 Ti 37 Ti 26. Ti Ti 36,5 Ti 74 Ti 37 Ti 36,6 n 27. Ti Ti 36,8 Ti 72 V 36,6 Ti 36,8 Ti 28. Ti Ti 36,4 Ti 76 Ti 36,4 Ti Ti 29. Ti Ti Ti 76 Ti 36,4 Ti 30. V Ti 36,4 Ti 76 Ti 36,6 Ti 31. 1» Ti 36,4 Ti 76 Am 31. Juli war Frau Pfr. N. wieder so weit genesen, dass sie aufstehen konnte. *) Es sei ausdrücklich erwähnt, dass vor dem Ausbruche dieser Epidemie in keiner der in Frage kommenden Ortschaften Typhuserkrankungen vorgekommen sind; dass nirgends von einer Ein¬ schleppung die Rede sein konnte. Digitized by LjOOQle 164 Ausser der Frau Pfarrer hatten im Pfarrhaus O. auch ihre 3 Kinder, 2 Pensionäre und die Magd am 27. von den nämlichen Würsten gegessen. Ein Pensionär, der eine ganze Wurst verzehrt hatte, bekam am 28. sehr profuse Diarrhrn und heftiges Kopfweh. Als diese Erscheinungen am 30. etwas nachgelassen hatten, reiste er scheinbar wohl in seine Heimath ab (Ct. Waadt), erkrankte aber dort bald darauf ernstlich mit heftigem Fieber, und sein behandelnder Arzt bezeiohnete die Krankheit als fiävre nerveuse. Ein anderer Pensionär von 16 Jahren bekam nur Erbrechen und Durchfall am Tage nach dem Genuss der Wurst. Die 20jährige Magd im Pfarrhofe ass nur ganz wenig Wurst, hatte am Tage nach dem Wurstgenuss Erbrechen und Durchfall und war während der Krankheit der Frau Pfarrer noch leidend, wurde aber nicht bettlägerig. Dagegen aesen die drei Kinder von 10, 77) und 4 f /s Jahren mehr Wurst. Alle hatten die folgende Nacht und den folgen* den Tag Erbrechen und Durchfall; die zwei Mädchen waren bald wieder gesund, wäh¬ rend ihr 7jähriger Bruder seit dieser Zeit 8 Tage lang oft Uber Bauchschmerzen und Uebelsein klagte, blass und elend aussah, oft im Laufe des Tages sich in's Bett legte. Am 18. Juli war er wieder ziemlich munter, nur sah er noch auffallend blass aus. Von derselben Partie Diegenwürste von demselben Metzger waren in einem nahen Gasthause zum N. von Mann, Frau und zwei Kindern gegessen worden. Der 26jährige Mann litt darauf erst am 7. Juli an Eckel, Obstipation; auf ein ordinirtes Laxans rasche Genesung. Die 2öjährige Frau und die beiden Kinder hatten auch Durchfall gehabt, und die Frau erkrankte am 7. Juli an einem papulösen Erythem des rechten Unterschenkels und des rechten Vorderarmes, das sich auf Essig- und W'asserumschläge bis zum fol¬ genden Tage verlor. Am 11. noch stellte sich plötzlich bei der Frau rasch vorüber¬ gehender Durchfall mit Tenesraus ein. Ob letzteres in Folge Genusses jener Wurst, ist natürlich gänzlich zweifelhaft. ln dem V 4 Stunde von O. entfernten kleinen Dörfchen Oetlikon (Einwohnerzahl 110; Elevation ü. M. 430 M.) besuchten wir sodann in einer Haushaltung drei Kranke: die einzigen Kranken im Orte. Der bereits wieder reconvalesceute Vater M., 44 Jahre alt, war ausser Bett. Er hatte den 27. Juni, Vormittags und Nachts, vom Metzger Sch. in W. bezogene Kutteln ohne weitere Präparation, nur mit Salz gegessen und jeweilen Va Maass „alten guten Wein“ dazu getrunken. An der Speise hatte er gar nichts Ab¬ normes entdeckt, sie war im Gegentheil sehr schön wciss und appetitlich. Am 29. stell¬ ten sich Bauchschmerzen, am 30. schmerzlose Diarrhoe ein, die den Pat. so erleichterte, dass er sich 4—5 Stunden später wieder ganz wohl fühlte. In der Nacht vom 2. Juli stellte sich ein Frost ein, auf den bis Morgens Schweiss folgte. Ara 8. persistirte das Unwohlsein; Pat. war noch abgeschlagen und müde, musste sich gegen Abend zu Bette legen, weil grosse Schwäche und heftige Kopfschmerzen sich geltend machten. Auf ein gereichtes Laxans verloren sich diese Symptome und schon drei Tage später konnte Pat. wieder ausgehen. Von denselben Kutteln hatten am 27. Juni auch die Frau und die Tochter des H. M. gegessen; beide genossen viel weniger davon, assen sie aber gleichfalls unabgekocht, kalt, nur mit etwas Salz und die Tochter hatte nur wenig Wein „Znüni“ dazu genommen. Gleich¬ wohl erkrankten beide, die Tochter recht schwer. Diese, die 18jährige Anna M., die früher nie krank gewesen war, litt schon am 30. Juni an Bauchschmerzen, erkrankte intensiver erst am 3. Juli. Sie hatte Uebelkeit, aber kein Erbrechen, keine Diarrhoß; die letzten 6 Tage gar keinen Stuhl. Sie war nicht schwerhörig; delirirte nie; träumte sehr lebhaft; war anfangs von Kopfschmerzen, die jetzt nachgelassen haben, arg geplagt; dafür hat sich in den letzten Tagen etwas Husten eingestellt. Am 10. ein Frost, am 12. öfters Frösteln. In allen Gliedmassen Schmerzen mit starkem Wechsel der Localisation derselben. Die Menses haben sich eben, zur richtigen Zeit, sparsam eingestellt. Nasenbluten war nie vorhanden. Die Temperaturen waren hoch, 40° und darüber. P. lag fast immer gleichgültig, soporös da. Auch jetzt, bei unserem Besuche, machte die P. den Eindruck einer Sch werkranken. Temp. in ax. 39,5°, Puls 100, weich. Alle Bewegungen sind der Pat. schmerzhaft. Zunge etwas trocken. Apathisches Verhalten. Ziemlich reichliche Roseol» auf Brust und Bauch ; sparsame auf den Extremitäten. Digitized by LjOOQle 165 Auf der Brust ergibt die physicaliscbe Untersuchung am Herzen nichts Abnormes, auf der Lunge nur diffuse trockene Rhonchi (diffuse Bronchitis). Das Abdomen ziemlich me- teoristisch aufgetrieben ; in der Ccecalgegend und der symmetrischen Stelle links auf Druck empfindlich. Die vergrösserte Milz ist unterm RB. fühlbar, ihre Länge beträgt 14 cm. und ihre Breite 7 cm. Dieses Bild schwerer Erkrankung dauerte bis zum 19. Juli an ; Pat. erholte sich aber in der Folge ziemlich rasch, so dass sie den 27. Juli zum ersten Male ausser Bett getroffen wurde und die weitere Reconvalescenz nicht viel über 14 Tage betrug. Die Mutter der eben geschilderten Patientin war die 38jährige Frau M. Sie erkrankte den 3. Juli mit Kopfschmerzen, die den ganzen Tag anhielten, Ohrensausen, Störung des Appetites; konnte bis zum 8. Juli noch arbeiten, wurde an diesem Tage Nachmittags bettlägerig. Menses traten den 9. zur richtigen Zeit ein, verschwanden aber am 11. wie¬ der vollständig. Noch vorher 2 Mal Diarrhöe, kein Erbrechen. Puls 90—100. Temp. 38,3 (gestern Abend 38,5). Einige Roseolse auf Brust und Bauch, 2 am einen Ober¬ schenkel. Kein Bronchialcatarrh. Nie Nasenbluten, Meteoiismus; Hängebauch. Milz 8 resp. 6 cm. gross. Am 27. Juli war Pat. wieder in Genesung. In demselben Hause (wie in der ganzen Gemeinde) hatte sonst Niemand Kutteln ge¬ gessen ; erkrankte auch Niemand unter ähnlichen Symptomen, wie die geschilderten. Die übrigen Familienglieder hatten Rindfleisch, das von demselben Thiere abstammte, wie die Kutteln, gegessen. Niemand erkrankte. Der Sohn des M. in Oe., der die Kutteln und das Rindfleisch beim Metzger Sch. in W. geholt hatte, berichtete : er habe das Fleisch in der Hauptmetzg in der Gemeinde W. geholt; die Kutteln dagegen in der kleinen Privatmetzg, der sog. Wurstmetzg des Metz¬ gers Sch. In letzterer war die Kutteln in einem Kupfergefäss aufbewahrt gewesen und über der Kutteln habe „Brät“, d. h. zu Würsten bestimmtes, gehacktes Kalbfleisch ge¬ legen, das also in ganz directe Berührung mit den Kutteln gekommen ist. Die dritte Ortschaft, in der wir sodann Patienten aufsuchten, war das 793 Einwoh¬ ner zählende Dorf Würenlos, 425 M. ü. M. Hier betraf der erste Besuch den 62jährigen Steinhaucr J. M., der schon seit langer Zeit bald schwerere, bald weniger bedeutende Erkrankungen, besonders der Brustorgane, durchgemacht hatte. Obwohl wir diesen Pat. ausser Bett trafen, war die Erkrankung sichtlich eine schwere und der fernere Verlauf doch ein ungünstiger, indem Pat. den 13. August starb. Abgesehen von den äusserst ärmlichen Verhältnissen und dem Alter dürften auch die frühem vielfachen Lungenerkrankungen des Pat. mit zu einem Grunde dieses infausten Ausganges geworden sein. Am 28. Juni hatte Pat. sich selbst bei Metzger Sch. Kutteln geholt, die ein schönes weisses Aussehen, aber doch keinen guten Geschmack gehabt habe. Pat. ass dieselbe, ohne dass sie nochmals gekocht worden wäre. Schon am 29. Juni fiel ihm auf, dass er sich schwach und hinfällig fühlte ; er arbeitete noch etwas trotz merklicher Körperhitze. In der folgenden Nacht stellten sich Kopfweh, heftige Leibschmerzen und Durchfall ein, die bis heute in mässigem Grade anhielten. Die Stühle bestanden Anfangs aus sehr harten Scybala neben flüssigen Stoffen, zuletzt waren sie ganz dünn. Am 1. Juli wurde Pat. bettlägerig. Auch jetzt den 13. Juli machte Pat. den Eindruck eines schwer Kranken. P. 100, weich. Terap. in axill. 39,5°. Grosse Schwäche, heisse trockene Haut, stark weiss be¬ legte Zunge, trockene Lippen. Pupillen ungleich (altes Augenleiden einerseits), eher eng als weit zu nennen; die 1. weiter als die r. Kopfschmerz besteht nur noch zeitweise; die Diarrhoe immer noch und sei sehr foBtid; 8chmerzen im Hypogastrium. Ziemlich viel quälender Husten. Die Untersuchung ergab: Ausgesprochener MeteorismuB abdominis; Bauch weich, auf Druck empfindlich. Spar¬ same Roseola auf Brust und Bauch. Milz fühlbar , Milzdämpfung 10 cm. hoch, 10 cm. lang, intensiv. Auf den Lungen massiger diffuser Catarrh; ziemlich starke Lungenblä¬ hung, Tiefstand des Zwerchfells und des Herzens. Reine Herztöne. Mein Vater notirte über diesen Pat,: Vom 7.—16, Juli schwankte der Puls zwischen 116 und 120 Schl, in der Min., die Temp. zwischen 39,5 und 39,8°. Am 16. blutige Sputa, heftigerer Husten, Opression. Zwischen dem 18. und* 28. Puls 112, Temp. 39,5 bis 39,2; am 28. heftigere DyspncB, reichlichere braunrothe Sputa, Zwischen dem 1. und Digitized by Google 166 10. August Temp. 38,5 — 38,7°. P. 96. Am 5. rasch zunehmende Abmagerung, Verfall der Kräfte, kein Appetit mehr und foetide Sputa. Tod am 13. August Die Section wurde von dem Assistenten des pathologischen Institutes in Zürich, Hrn. Dr. Stahl, ausgeführt Mein Vater, der dabei anwesend war, notirte nach dem Dictat des Obducirenden Folgendes. (Die Section ergab: Leiche sehr mager, Muskeln blass ; rechte Lunge total, linke durch bandförmige Adhäsionen verwachsen ; im linken Pleurasacke ca. 120 — 130 Cub.-cm. schmutzig-braunrothe, mit Qasblasen durchmischte Flüssigkeit; im Herzbeutel etwa 2 Löffel voll braunrothe Flüssigkeit, Herz gross, schlaff, Herzfleisch weich, gelbrothbraun, Endocard bleich, imbibirt; Tricuspidalis frei, ebenso Mitralis und Aortaklappen, doch mit einigen Verdickungen der schliessenden Ränder. An der linken Lunge die Spitze narbig eingezogen, die Pleura mit ablösbaren, 1 mm. dicken, gerippelten Leisteben bedeckt, am zungenförmigen Lappen die Membran dicker, ablösbar, der untere Lappen hyperämisch, die Membran an der Hinterfläche ohne Zerreissung nicht lösbar; die Bronchialdrüsen nicht vergrössert; unter der Spitze schiefrige Indurationen, eine wallnussgrosse Partie im hin¬ tern Theile der Spitze zeigt auf der Schnittfläche nicht scharf abgegrenzte graugelblich- weisse Einlagerungen; die Mucosa der Bronchien erscheint blass, aus den feinem Bron¬ chien entleert sich eine braunröthliche Flüssigkeit, die mittlern und feinem Bronchien zeigen cylindrische Ectasie; im untern Lappen findet sich eine wohl faustgrosse, mit stinkender Flüssigkeit gefüllte, ziemlich glattwandige, abgegrenzte, mit einem Bronchus communicirende Höhle , die angrenzende Partie ist nicht hyperämisch , aber lufthaltend, ödematös. Die rechte Lunge ist mit einer straff verwachsenen, unten dicken, oben dünnen Membran belegt, die Bronchialdrüsen nicht vergrössert; die Mucosa blass, die feinem Bronchien ectatisch, die Lumina mit Schleimpfröpfen verstopft, besonders im obera Lappen schieferige Indurationen, im untern Theile Luftgehalt und Oedem und ebenfalls alte Schleimpfröpfe. — Die Leber ist in allen Durchmessern verkleinert, anämisch, Paren¬ chym hell, braunroth, morsch, Zeichnung undeutlich (atrophische Fettleber). Die Milz ist auf etwa das Doppelte vergrössert, die Kapsel zeigt einige kleine Einziehungen, die Pulpa ist missfarbig, zerfliessend, schmutzig-schwarzbraun. Der Magen ist sehr erweitert, ent¬ hält viele mit Brocken untermischte Flüssigkeit (Eier, Suppe), die Falten sind verstrichen, die Mucosa atrophisch und schiefrig verfärbt mit capillaren Hämorrhagien. Der Dünn¬ darm ist mässig aufgetrieben , eine Schlinge ist links mit der Bauchwand verwachsen, einige Schlingen sind durch Retraction des (atrophischen) Netzes einander zu sehr ge¬ nähert und verwachsen, zugleich ist eine kreuzweise Verschlingung und spirale Verdre¬ hung von Dünndarmschlingen durch eine Oeffnung im Mesenterium durchgestülpt und mit der linken Bauchwand, einige auch in der fossa iliaca dextra verwachsen. Iro Duodenum finden sich dieselben Stoffe, wie im Magen. Die Schleimhaut des Dünndarms ist atro¬ phisch, theils mit kleinen hämorrhagischen Puncten und Streifen, theils schiefrig verfärbt, gelblich, die Faltenhildung vermehrt; ca. 2 1 /, Meter unterhalb des Duodenums ein linsen¬ grosses, von wallartigen Rändern begrenztes, reines, in Vernarbung begriffenes Geschwür, die solitären und die Peyer' sehen Drüsen nicht geschwellt. Unterhalb der IleocoBcalklappe schiefrig verfärbte Strecken mit 4 länglichen, fast verheilten Geschwürchen. Das Colon meteoristisch, die Mucosa stellenweise schiefrig verfärbt, die Falten verstrichen, die so¬ litären kaum sichtbar, nicht geschwellt, die Mucosa durchweg atrophisch. Das Mesen¬ terium etwas verdickt, stellenweise strahlig, die Mesenterialdrüsen mässig geschwellt; die Inguinaldrüsen nicht vergrössert; retroperitoneale Lymphdrüsen atrophisch; Aorta frei. Linke Niere vergrössert, Kapsel löslich, Parenchym blassviolett, Mucosa des Nierenbeckens schieferig gefärbt; rechte Niere ebenfalls vergrössert, Kapsel nur mit Substanzverlust lös¬ lich, im übrigen wie die linke. Harnblase von röthlichera , fast klarem Urin halbgefüllt, Blase intact. — Der Typhusprocess war also abgelaufen, Pat ist in Folge der Lungen¬ gangrän gestorben.) Der folgende Besuch (13. Juni) brachte uns wieder unter eine grössere Zahl Kranker in einer und derselben Familie; nämlich zu dem Metzger, der die betr. Fleischspeisen verkauft hatte und dessen Familie, besonders ein Sohn und zwei Töchter schwer erkrankt waren. Der Sohn, Bernhard Sch., ein 19jähriger, sehr kräftig gebauter Mann, hatte mit den andern Familiengliedern vo^ einem von ihm selbst am 23. Juni getödteten Kalbe am 25. Juni Braten gegessen und wahrscheinlich am 26. Juni noch vom gleichen Fleische Digitized by LjOOQle 167 Voressen (Ragoüt). Bei ihm stellten sich die ersten Erkrankuugssyruptome den 27. Juni ein. Sie bestanden in Müdigkeit gegen Abend , Kopfweh, das sich in der Nacht sehr bedeutend steigerte. Es folgte Fieber, gestörter Schlaf y Appetitlosigkeit, Durst; viel Schweiss Jetzt vor 8 Tagen heftigere Bauchschmerzen. Nie Diarrhoe, Stuhl nur auf ein Laxans. Kein Husten. Seit drei Tagen fühlte sich Pat. wohler; wir trafen ihn ausser Bett auf einer Bank beim Ofen liegend, und wir constatirten noch Roseolae in mässiger Zahl. Milzschwellung leichtern Grades (7—8 cm. hoch), kaum mehr Meteoris- mus abdominis. Puls nicht mehr beschleunigt. Am 14. stieg der Thermometer nur noch auf 37,5, am 16. blos noch auf 36,5° und Pat. erholte sich in der Folge allmälig. Seine Schwester Anna Sch., 23 Jahre alt, hatte am 26. oder 27. Juni Voressen (s. oben) gegessen, niemals Kutteln. Sie erkrankte wie die Uebrigen und litt seit 14 Tagen namentlich an heftiger DiarrboB, die erst gestern und heute etwas milder wurde. Nie Erbrechen. Anfangs Bauchschmerzen. Kein Husten. Am 13. Juli war Pat. noch bettlägerig, nicht mehr schwer krank, hatte 84 Pulse, 38,0 Temp. Roseolae vorhanden. Kein Meteorismus des Bauches. Milzschwellung un¬ zweifelhaft: 6 resp. 9 cm. Durchmesser der abnorm intensiven Dämpfung, ln der Folge rasche Reconvalescenz. Die dritte und schwerste Kranke dieser Familie war die 13 3 / 4 Jahre alte Bertha Sch. Obwohl ihr Aussehen und psychisches Verhalten noch ein recht krankhaftes war, grosse Schwäche und Hinfälligkeit bestand, hatte sie nur eine Temp. von 38,3, P. 104. Wir constatirten ferner ziemlich reichliche Roseola; Meteorismus des Bauches, Druck¬ empfindlichkeit des Unterleibs, Milzturaor von 9 cm. Länge, 7 cm. Höhe. Patientin hatte am 27. Juni Nachmittags 3 Uhr Kutteln mit Salz gegessen; nichts dazu getrunken. Die ersten Zeichen von Unwohlsein traten bei ihr am 30. Juni ein, nämlich heftiges Kopfweh. Am 1. Juli blieb Pat. wegen dieser Kopfschmerzen, zu denen eich auch noch Bauchweh gesellte, im Bett. Dies hielt einige Tage an; dann verschwand der Kopfschmerz, es stellte sich heftigeres Fieber ein, die Temperatur stieg auf 40° und erhielt sich mehrere Tage nach dem 4. Juli über dieser Höhe. Nasenbluten bestand nie. Die ersten 8 Tage bestand kein Stuhl; dann wurde ein Laxans gereicht, auf das Diar¬ rhoe eintrat, die bis jetzt an dauerte. Der Stuhl war dünn , angeblich schleimig, foetid, stark gelb. An einem Tage delirirte Pat. Die Genesung erfolgte, wohl in Folge des langen und intensiven Fiebers, das mit der starken Diarrhoe verbunden war, etwas langsam, Pat. verliess das Bett zum ersten Mal am 3. August. Am 27. Juni Abends hatte die Kleine verschiedene ihrer Gespielen, kleinere und grössere Kiuder , mit Kutteln bewirthet und bei dieser Veranlassung selbst das oben¬ erwähnte Gericht verzehrt. Es assen mit ihr an genanntem Tage: 1) Drei Kinder M. aus dem Gasthof zum R.: alle drei erkrankten sehr schwer und starben. *) Da mein Vater diese Kinder nicht behandelt hat, sondern Herr Dr. Steifen in Regenstorf, so hatte letzterer die Güte, mir Über deren Erkrankung ein paar Notizen mitzutheilen. Die Kinder assen zu Hause noch einmal von denselben Kutteln und Voressen von de nselben Kalbfleisch, von dem die Metzgersfamilie ass. Die Kinder erkrankten am 4. Tage darauf an Kopfschmerzen, Müdigkeit, Brechreiz; am 5. und 6. Tag stellte sich bei allen dreien ziemlich starke Diarrhoe ein, die von hefti¬ gen Bauchschmerzen begleitet war. Das älteste Kind erbrach sich mehrere Male. Am 7. Tage nach dem erstmaligen Kuttelngenuss Bericht an den Arzt, der bei allen drei Kindern ziemlich starkes Fie¬ ber, beim zweiten Kind (8Va Jahr alt) 39,8 U , trockene heisse Haut, stark belegte Zunge, Kopfweh, Schwindel, Gliederschmerzen, Appetitmangel, Diarrhoe und Bauchschmerzen constatirte. Roseoise und Milztumor fehlten Es wurden kalte Einwicklungen, Calomel in drastischer Dosis, Natr. salicyl. in 5%iger Lösung ordinirt Am 8. Tage mehrere Calomelstühle, Fieber etwas geringer. Am 9. Tage wieder heftigeres Fieber als am 7., die Morgentemperatur etwas niedriger als die Abendtemperatur, bei dem 87sjährigen Kinde vereinzelte Roseol® auch auf dem Rücken; kein Bicher nachweisbarer Milztumor , bei dem 4jährigen Knaben furibunde Delirien; in der Nacht auch bei dem SVgjäbrigen Mädchen. Am Tage Sensorium etwas benommen. Fortdauer der Diarrhm, die Stühle nicht mehr grün durch Calomel. Am 10. Tage bei beiden Jüngern Kindern Temp. 36,3 resp. 36,7. Sensorium benommen; schlechter kleiner Puls: Collaps. Reizmittel. Um 9 Uhr starb der 4jährige Knabe, nach¬ dem convulsiviBche Verzerrung des Gesichtes, Krämpfe der Extremitäten, Opisthotonus mit sehr wei¬ ter Pupille sich Stunde vor dem Tode noch eingestellt hatten. Drei Stunden später starb unter Digitized by LjOOQle 168 2) Ein 13jähriges Mädchen Lina E.: auch dieses wurde krank und war am 13. Juli noch krank. Genas. 3) Ein 11 jähriges Mädchen Catharina N.: erkrankte unter der Form eines acuten Magendarmcatarrhs und war am 13. Juli wieder gesund. Diese Kinder aasen zusammen ca. V 4 ff Kutteln. Des letztem Töchterchens Mutter erkrankte leicht an Magendarmcatarrh, nachdem sie am 28. Juni eine vom Metzger Sch. bezogene Wurst verspeist hatte. Von denselben Kutteln, von denen diese Kinder sowie die Familie M. in Oetlikon gegessen hatten, waren 3 ff in den Gasthof zum R. verkauft worden, 2 ff an eine Familie M. In letzterer Familie aas von dieser Kutteln: 1) ein 13 — 14 Jahre alter Knabe M. von der frisch zerschnittenen und nicht noch¬ mals abgekochten Speise ganz wenig : erkrankte, aber genas bald wieder; 2) Frau M., aes frische und abgekochte Kutteln; erkrankte leicht; 3) aasen und blieben gesund zwei Kinder, von denen das eine viel verzehrt hatte. In der Familie des Metzgers Sch. erkrankte ausserdem noch er selber, ein 56jähri- ger, kräftiger Mann. Seine Beschwerden verhinderten ihn jedoch nicht, seiner gewohn¬ ten Beschäftigung nachzugehen Seine Frau und die 21jährige Tochter Barbara blieben gesund, obwohl letztere von allen Speisen mitgegessen hatte. In Würenlos besuchten wir noch die 49 Jahre alte Johanna E. Dieselbe hatte am 27. Juni abgekochte Kutteln in geringer Menge gegessen, aber daneben auch etliche Stücke kalter, unabgekochter; sie präparirte das Gericht nämlich selbst und genoss hie¬ von gelegentlich etwas. Die von ihr präparirte Portion nochmals abgekochter Kutteln (2 ff) wurde von 6 Personen verzehrt, ohne dass Jemand davon erkrankt wäre. Pat. erkrankte am 29. Juni mit Erbrechen und Durchfall. Das Erbrechen befiel Pat. sehr heftig, sogar auf der Strasse, und hielt auch am 30. noch an. Die Diarrhoe war schon am 29. Juni so heftig, dass Pat. alle Augenblicke zu Stuhle gehen musste. Dieser Durchfall dauerte fast 14 Tage an; erst in den letzten Tagen ist er seltener geworden. Auch diese Kranke fanden wir sehr collabirt, constatirten 72 Pulse, keine deutliche Roseola, Milztumor und — miserabelste äussere Verhältnisse. Gleichwohl rasche Genesung; letzte ärztliche Verordnung am 10. Juli. Die 4. Gruppe der Kranken befand sich in Oetweil, jenseits des Altberges im Lim- matthal, dessen Einwohnerzahl = 26Ö ; Lage über Meer 415 M., wo wir in zwei Häu¬ sern Kranke fanden. Im ersten nur eine einzige, im zweiten fünf. Jene war die 19jährige Jungfrau Sch. Sie hatte am 28. Juni mit ihren Eltern von Metzger Sch. in W. bezogene Kutteln gegessen und Milch dazu getrunken. Während den gleichen Erscheinungen das 8 l /tj&hrige, jetzt mit Roseolaflecken dicht übersäete Mädchen. Bei dem Knaben war das Exanthem nicht in gleichem Maasse vorhanden. Das älteste, 10 l «jährige Mädchen wurde am 10. Tage gleichfalls somnolent, delirirte in der fol¬ genden Nacht heftig; das Fieber (39—39,4) wurde durch salicylsaures Natron und kalte Umschläge nicht stark alterirt; Roaeol© und geringer Milztumor waren vorhanden. Starker Durst Puls 130 bis 140. Am 11. Tage immer Deliriren; massiges Fieber. Gegen Abend etwas ruhiger Schlaf. Dann Erwachen mit blutigen Diarrhoeen, und nach 2 Stunden Exitus letalis unter denselben Erscheinungen wie bei den beiden andern Geschwistern. Die bezirksärztüch (ohne Beisein und ohne Mitwissen des behandelnden Arztes) gemachte Sec- tion soll bei allen drei Geschwistern schweren Bronchialcatarrh , Schwellung der Milz, Anämie der Darmschleimhaut, Schwellung der solitären Drüsen und der Peyer’schen Platten und der Gekrös- drüsen ergeben haben. Bei dem zuletzt Gestorbenen bereits Geschwürshildung und bedeutende Darm¬ blutung. Ein kleines Stück des kranken Darmes gelangte in Besitz unseres Freundes und Collegen Prof. Huguenin. Wir sahen dasselbe bei ihm; es war nicht gut conservirt. Man konnte sich aber noch von der Schwellung der solitären und Pet/er’schen Drüsen überzeugen, auch fanden sich im Dickdarm einige rundliche bis 2 cm. Durchmesser zeigende scharfrandige Geschwüre ohne Veränderung der um¬ liegenden Schleimhaut. Wir konnten die Veränderungen nicht mehr als „typisch typhös“ anerkennen; aber durch den Spiritus u. a. m. war die Schleimhaut bedeutend verändert worden. Vater und Grossvater dieser drei Geschwister und die Magd des Hauses hatten auch von den gleichen Kutteln und Voressen gegessen. Sie wurden etwa 6 Tage (?) darauf von Kopfschmerzen , hie und da Bauchgrimmen, schlechtem Appetit, belegter Zunge, geringem Fieber befallen. Auf einige Calomel- dosen baldige Besserung; nur die Magd war am 8. Juli noch merklich leidend, doch ausser Bett. Alle drei genasen. Digitized by kjOOQle 169 die Mutter am 2. und 3. Tag darauf Leibschmerzen und Durchfall bekam, die zwei Tage anhielten und dann wieder ohne weitere Residuen verschwanden , der Vater dagegen nicht in gleicher Weise aificirt wurde, sondern sich nur über grosse Mattigkeit, Uebel- keit beklagte und beide am 13. Juli wieder ganz wohl waren, erkrankte die Tochter am 3. Juli mit Kopfschmerz, Mattigkeit; am 5. gesellte sich mässig starke DiarrhcB, 6—7 Stühle in 24 Stunden hinzu. Der Durchfall dauerte bis zum 10. Juli an ; die Stühle waren stark übelriechend, mit etwas Tenesmus verbunden. Am 4. erfolgte auch Erbrechen und ebenso in den folgenden Tagen noch öfter. Der Appetit fehlte, der Schlaf war gestört Die Temperatur war erhöht; in den Tagen vor dem 13. Juli war 39,5, 39,3, 39,2° C.; am 12. 38,5’ C. gemessen worden. Am 13. Juli fanden wir nur noch 38° bei 100 Puls¬ schlägen. Keine Roseola, kein Milztumor, kein Meteorismus; auf der Brust keine Rhonchi. Pat. behauptet, heute ein wenig Blut ausgehustet zu haben: eine Angabe, die wir nicht bestätigen konnten. Rasche Genesung; am 22. Juli letzte Ordination. Puls 80, Tem¬ peratur 37°. Auch die zweite Familie, in der in Oetweil Erkrankungen auftraten, hatte am 27. Juli Kutteln gegessen, die Metzger Sch. in W. gebracht hatte. Dieselbe wurde zum Theil unabgekocht genossen. Es wurde ca. , / 2 8* von 5 Gliedern der Familie gegessen und alle diese erkrankten. Der Vater, Jacob B., 56 Jahre alt, erkrankte am 29. Juni an Durchfall ohne Er¬ brechen. Grosse Hinfälligkeit veranlasste Pat. bald sich zu Bette zu legen; doch stand er ab und zu wieder auf und Hess erst am 2. Juli den Arzt rufen. Die Diarrhoe per- sistirte ; noch um den 13. Juli wurden in 24 Stunden jeweilen 2—3 foetide Stühle ent¬ leert Diese Diarrhoe war von heftigem Fieber begleitet, doch hatte Pat. trotz hoher Temperatur (zwischen 39 und 40°) meist nur niedrigen Puls: 76 und ähnlich; Delirien. Auch am 13. Juli war das Sensorium noch benommen, es bestand bedeutende Schwer¬ hörigkeit, der Puls war 90 in der Min., klein, etwas irregulär. Respiration = 30 in der Minute. Die Zunge war sehr trocken, braun, rissig und borkig. Apathie. Sehr massen¬ hafte Roseola über den ganzen Körper verbreitet, doch hauptsächlich am Truncus. Die einzelnen Roseolen sind ziemlich prominent, von livider Färbung, jedoch nicht petechial. Starker Meteorismus. Geringe Druckempfindlichkeit. Wegen des Meteorismus lässt sich die Milz nicht mit Sicherheit als vergrössert nach weisen. Herztöne schwach. Auf den Lungen wenig Catarrh. Trotz dieses schweren „typhösen“ Krankheitsbildes trat die Genesung des Pat. ziem¬ lich rasch ein; denn schon am 31. Juli stieg der Thermometer nur noch auf 37° und Pat. versuchte zeitweise das Bett zu verlassen und 14 Tage später arbeitete er schon wieder in seiner Schmiede, von Zeit zu Zeit allerdings die Bemerkung machend, „der Hammer sei ihm noch etwas schwer“. Neben diesem Kranken fanden wir seine Frau B., 55 Jahre alt, die am 27. Juni nur ein fingergrosses Stück der unabgekochten Kutteln mit einem Glas Wein zum „Znüüi“ genommen haben will. Sie erkrankte am 3. Juli mit Kopfweh, Müdigkeit, Uebelkeit; ohne Erbrechen, ohne Diarrhoe. Niemals Nasenbluten. Sie schleppte sich noch bis am 8., an welchem Tage sie dann ganz bettlägerig wurde. Seither besteht heftigea Fieber; die Körpertemperatur war beständig 39° C und darüber. Am 13. Juli fanden wir diese letztere nur 38,3°, den Puls 80. Sparsame und undeutliche Roseola auf Brust und Bauch. Geringerer Kopfschmerz als im Anfang. Wenig Schlaf. Kein Meteorismus des Bauches; etwas Schmerz in der Ccecalgegend bei Druck. Milztumor. Ueber den Lungen nirgends Dämpfung; hinten überall etwas feuchtes Rasseln, rechts hinten unten feinblasi¬ ges Rasseln. Patientin klagte auch ziemlich viel über Husten. Während der ganzen Krankheit hatte Pat. nie Diarrhoe, sondern nur (auf Medicamente) breiige Entleerungen. Der Urin war normal. In der folgenden Woche verschwand allmälig das Fieber, der Appetit kehrte zurück. Letzte ärztliche Ordination den 27. Juli. Am 25. Juli steckte sie schon wieder in ihrer Thätigkeit in der Küche. Die Tochter dieses Ehepaars, Jungfer B., 21 Jahre alt, die früher nie krank gewesen war, erkrankte am 1. Juli. Wegen Zahnschmerzen hatte # sie vorher von sich aus sich ein Vesicans hinter das eine Ohr gesetzt und von dieser Wunde aus hatte sich ein Ery- sipelas auf das Gesicht sowie auf die Schleimhaut des Mundes und des Rachens (Angina) ausgebreitet. Die Schwellung und Röthung verschwand jedoch bald, ohne dass das Fie- Digitized by Google 170 ber aufhörte. Wir fanden am 13. Juli nichts mehr von dem Erysipel vor, wohl, aber Pat. sonst recht schwer krank : Pat. klagte über Schwere im Kopf, litt an bedeutender Schwerhörigkeit, beständigem Rauscheu in den Ohren, Husten, Puls 108, schnellend, weich, Terop. 39,6. Zunge roth, feucht. Stühle breiig und während der ganzen Krank¬ heit nur auf Medicamente erfolgend. Kein Meteorismus des Abdomens. Roseola im Verschwinden. Milztumor vorhanden und von gewohnter Grösse. llcocoBcalgegend schmerzhaft. Obwohl im ganzen Verlauf dieser Fall eine der schwersten Erkrankungen der Epi¬ demie darstellte, war doch am 31. Juli die Temperatur auf 37,3 gesunken, und schon am 3. August verliess die unruhige Patientin das Bett und war 14 Tage spater wieder arbeitsfähig. Ihr Bruder Heinrich, 26 Jahre alt, dagegen war viel leichter krank. Bei ihm stell¬ ten sich die Krankheitssymptome am 30. Juni ein: Erbrechen und Würgen, ohne dass viel entleert wurde. Kopfweh, Müdigkeit, Fieber. Anfangs Obstipation, auf ein Laxans (inf. rhei mit Magnesia), Durchfall, der in den Tagen vor unserem Besuche am 13. Juli ohne bekannte Ursache wieder etw’aa zugenommen hatte. Die Nächte verbrachte Pat. stets schlaflos, am Tage, besonders Vormittags, schlief er öfter. Profuser Schweiss ; an¬ dauernde bedeutende Schwerhörigkeit. Nie Nasenbluten ; ab und zu Husten. Objectiv fanden wir am 13. Juli: Puls 76, Temp. 37,5°. Blasses Aussehen. Gurren im Abdomen, das in massigem Grade raeteoristisch erschien; starker Tumor lienis. Mas¬ sig reichliche Roseola. Auf den Lungen zerstreute Rasselgeräusche (diffuser Bronchial- catarrh). Auch dieser Pat. hatte am 21. Juli die letzte ärztliche Ordination nöthig und war Bchon Ende August wieder bei seiner gewohnten Arbeit. Die fünfte Kranke in der Familie endlich war eine 67jährige Nähterin, die an Diar- rhoö und einige Tage hindurch an Fieber gelitten hatte. Bei unserem Besuche war sie fieberfrei, doch noch bettlägerig. Roseola konnten wir nicht entdecken; der colossale Pauniculus adiposus liess uns auch im Zweifel, ob die Milz vergrössert sei oder nicht. Doch trat die Reconvalescenz nicht so schnell ein, wie zu erwarten stand : Pat. musste noch am 23. Juli nach dem Arzte schicken. In dieser Familie ereignete sich Bpäter ein secundärcr Fall: der einzige, der in dieser Epidemie beobachtet worden ist. Die junge Hausfrau, 22 '/^ Jahre alt, wartete den schwer Kranken jeweilen Nachts ab, legte sich auch zuweilen neben die kranke Jungfer B. in’s Bett und erkrankte am 24. Juli mit leichtem allgemeinem Unwohlsein; legte sich aber erst den 26. Juli definitiv zu Bette. Sie hatte am Abend des 26. eine Temp. von 39,5 ; delirirte in der Nacht darauf. Am 31. stellten sich die Menses in sehr profuser Weise (oder vielleicht ein Abortus in der 6.—7. Woche?) ein ; zudem reichli¬ ches Nasenbluten. Bis zum 5. August blieb der Puls auf 112, die Temp. 39,5. Es be¬ stand Obstipation. -Vom 7.—9. war der Puls 100, Temp. 39, reichliche Roseola. Den 11. August Puls 96, Temp. 38,0. Den 13. Puls 88, Temp. 37,3 und am 18. August Ver¬ liese Pat. zum ersten Male ihr Bett wieder. Die letzten Kranken endlich, die wir am 13. Juni aufsuchten, waren in Hüttikon, resp. auf dem Hüttikoner Berg (516 M. über Meer) : in einem einsam stehenden Hause auf dem ziemlich flachen, ca. 5 Minuten breiten Bergrücken des aus Molasse bestehenden, mit reichlichem Humus und zahlreichen erratischen Blöcken bedeckten, zwischen Limmat- und Regenstorferthal sich erhebenden Altberg. Hier waren zwei Erkrankte, Mutter und Sohn; beide hatten den 27, Juni, erstere wenig, letzterer viel, d. h. etwa */a 8 Kutteln mit viel W'ein genossen; sein Vater ass einen übrig gebliebenen Rest der Kutteln und trank Wein dazu und blieb ganz gesund. Der 38jährige Jacob B. erkrankte den 29. Juni Vormittags 10 Uhr ganz plötzlich; er musste von der Arbeit weg gehen und sich zu Bette legen. Zwar stand er später nochmals auf, ehe er sich definitiv legte; aber nur für kürze Zeit. Am 3. Juli hatte er Durchfall, wenig Erbrechen. Pat. hatte die gewöhnlichen Symptome, nur auffallend heftig, geboten; hohe Temperaturen und besonders vom 6,-10. Juli heftiges Fieber mit starken Delirien. Das Maximum der Delirien bestand am 6. und 7. Juli; Pat. sprang im Hemde in den Stall und in den Keller. Am 13. Juli bestand nicht mehr Diarrhoe , eher ange¬ haltener Stuhl. Der Urin, der einige Male unbewusst in’s Bett gelassen worden war, Digitized by LjOOQle 171 wurde wieder willkürlich entleert. Seit drei Tagen bestand blutiger Auswurf: wir fanden ein streifig blutiges, schleimig-eitriges Sputum. Der Husten erfolgte öfter und ziemlich heftig. Pat. war theilnahmslos, schwerhörig. Zunge feucht. Puls 104, Temp. 38,9° C. Respiration frequent und sichtlich erschwert. Geringer Meteorismus abdominis ; Ileoccecal- schmerz. Tumor lienis vorhanden. Die Percussion der Lungen ergab beiderseits , doch mehr und ausgesprochener links, Abschwächung des Percussionsschalls, resp. links hinten unten völlige Dämpfung und beiderseits verbreitetes feinblasiges Rasseln, links hinten unten Knistern (diffuser Bronchialcatarrh; links hinten unten Pneumonie). — Die Er¬ krankung machte also auch noch am 13. Juli einen sehr schweren Eindruck; die Pro¬ gnose erschien noch sehr zweifelhaft. Doch genas Pat. noch im Laufe des Juli so weit, dass er wieder auf’s Feld hinaus gehen konnte. Die Mutter des oben erwähnten Kranken, die 60jährige Frau B., hatte schon früher viel an Cardialgie und an Schwindel gelitten. Sie erkrankte am 28. Juni mit so heftiger Müdigkeit, dass sie sich legen musste, wie sie sagte, nicht mehr stehen und gehen konnte. Zugleich stellte sich erst weniger heftig, dann intensiverer Durchfall ein, der späterhin schwächer wurde. Es erfolgten täglich 6 — 8 Stühle. Am 2. und 3. Juli hef¬ tige Bauchschmerzen, Erbrechen. Pat. hatte Fieber in massigem Grade, die Temperatur stieg bis auf 39*. Auch am 13. Juli klagte Pat. noch über Leibweh, heftigen Schwin¬ del, Ohrensausen. Die Respiration war erschwert, frequent; selten Husten. Puls 92. Abdomen auf Druck empfindlich; keine Roseola, kein Milztumor. Etwas Bronchialcatarrh, besonders rechts hinten unten zahlreichere Rasselgeräusche. Keine Dämpfung des Per¬ cussionsschalls Über den Lungen. Auch diese Patientin genas noch innerhalb des Monats Juli. (Fortsetzung folgt.) Ueber die sanitarischen Gefahren der Bleiglasuren. Von Dr. F. Schiller, eidgenössischer Fabrikinspector in Mollis. (Schluss.) Manche Compositionen, welche an die Stelle der Bleiglasuren zu treten be¬ stimmt sind, werden geheim gehalten. So soll in noch nicht bekannter Weise Lindhorst blei- und zinnfreie Glasuren auf Kacheln machen, welche den besten mit Zinnglasur hergestellten an Güte nichts nachgeben und überdies billiger sind und auch Frey einet in seinem bekannten „Traitd d’assainissement“ theilt mit, wie Detloye - Masson in Brüssel nach einem leider geheim gebliebenen Verfahren Röhren in bester Qualität und ohne höhere Kosten mit bleifreier Glasur herstellen. Sowohl das beständige Auftauchen neuer Vorschläge, als die Thatsache, dass sich, keine dieser Herstellungsweisen auch nur einigermaassen in weitem Umkreis Geltung verschafft hat, beweisen die Schwierigkeit, für jedes Material und jede Art von Fabrikat eine passende bleifreie Glasurmasse ausfindig zu machen. Eine Mischung , die sich in einer Gegend oder für einen Artikel vollständig bewährt hat, kann durch die andere Zusammensetzung des Thons, durch andere Anforde¬ rungen in Bezug auf das Ertragen von Temperaturwechseln, auf Farbe und Glanz der Glasur etc. in anderer Gegend und in einer andern Fabrik sich vollständig unbrauchbar erweisen. Und kann es auch grossen Etablissementen, die unter wissenschaftlich gebil¬ deter Leitung stehen und über grosse Hülfsmittel verfügen, gelingen, durch zahl¬ reiche Experimente eine ihren Bedürfnissen entsprechende Composition ausfindig zu machen, so fällt es dem Empiriker im kleinen Geschäfte mehr als nur schwer, ja es ist ihm unmöglich, dasselbe zu thun und seinen längst erprobten, von Ur- Digitized by LjOOQle 172 väterzeit ererbten Recepten zu entsagen. Zieht man überdies in Betracht, dass die Bleiglasuren durch ihre leichte Schmelzbarkeit, ihre grosse Widerstandsfähigkeit gegen raschen Temperatur Wechsel, ihren Glanz am vollkommensten den verschie¬ denartigen Anforderungen der Fabrikation entgegenkommen, so gelangt man zum Schluss, dass an eine Untersagung der Bleiverwendung für Gla¬ suren heute noch unter keinen Umständen zu denken ist Wohl aber ist es der Sanitätspolizei möglich, das Bestreben nach Aus¬ schliessung des Bleies dadurch zu fordern, dass genaue Controle über die Gesundheitsschädlichkeit der mit Blei hergestellten Fabrikate geübt, dass solche, welche besonders grosse Gefährde darbieten, gänzlich untersagt, ja dass für ge¬ wisse Zwecke gar keine bleihaltigen Glasuren zugelassen werden. Manches ist in dieser Richtung schon geschehen. Für die französische Marine wurde 1871 die Verwendung aller Gelasse mit Bleiglasuren untersagt. In Oesterreich sind längst die grünlich-goldschillernden Glasuren gewisser Essgeschirre und Kinderspiel- waaren verboten, die nur aus leicht abreibbarer Bleiglätte bestehen. Die Unter¬ suchung der verschiedenartigsten Ess- und Kochgeschirre auf den Inhalt ihrer Glasuren an löslichen Bleiverbindungen ist in manchen Staaten vorgeschrie¬ ben — leider aber zu selten und wohl auch mangelhaft geübt. Am wünschbarsten wäre diese Prüfung in Bezug auf die immer allgemeinere Verbreitung erlangenden emaillirten Kochgeschirre. Während durch alle derartigen Untersuchungen mehr nur der Consument der Waaren geschützt, aber nur sehr indirecte und in bescheidenstem Maass die Ge¬ fährdung der Töpfereiarbeiten vermindert wird, fände sich ein directerer Weg hiezu in der Förderung der Verwendung getrifteter, keine Blei¬ verbindung mehr in Lösung abgebender Glasuren. Das Schweiz. Fabrikinspectorat sah sich letztes Jahr veranlasst, einige Proben solcher Präparate dem Laboratorium des Polytechnicums zur Untersuchung zu übergeben und zwar sowohl braune als weisse. Dieselben wurden in verschiede¬ nen Temperaturen der Einwirkung verschiedener Stoffe ausgesetzt und bei der Wahl derselben vorzugsweise die Möglichkeiten berücksichtigt, wie die in den menschlichen Körper in fein vertheilter Form eingeführten Massen zur Einwirkung gelangen könnten. Es ergab sich, dass von den grob zerstossenen Glasuren weder in verdünnter Salz- noch Essigsäure sich etwas löste, wurden sie aber fein ge¬ pulvert, und der Einwirkung von 1. destillirtem Wasser, 2. Brunnenwasser, 3. koh¬ lensäurereichem Wasser, 4. verdünnter Salzsäure von 0,30%, 5 verdünnter Essig¬ säure von 5% * 6. Natronlauge von 7a % ausgesetzt, so lösten sich in 50 Cubik- centimeter Flüssigkeit, der je 1 grmm. fein geriebenes Glasurpulver zugesetzt worden, in 24 Stunden an Blei 1-3456 weisse und braune Glasur bei 15° Cels. nichts 0,0012 0,0019 nichts. „ „ „ 50-55° „ * 0,0012 0,0023 0,0003. „ » n 50—55° „ „ 0,0925 U,0035 nichts. Aus diesen Zahlen ergibt sich, dass eine schädliche Einwirkung des Bleies auf die Arbeiter nach dem Fritten kaum mehr denkbar ist. Digitized by LjOOQle 173 Nun ist freilich nicht jede Glasur eo glücklich componirt, wie die untersuchten Sorten, aber so viel sieht fest, dass gekuchte Glasuren am meisten Garantie für die innige Verbindung des Bleies mit der Kieselsäure bieten und vor Allem aus für das Fehlen von gänzlich unverbundenem Bleioxyd. Ebenso ist kaum zu bezweifeln, dass die Mischungen, welche auch in gefrittetem Zustand noch ziemlich viel Blei abgeben, durch angemessene Modificationen ohne Schädi¬ gung der Fabrikation unschädlich gemacht werden könnten. Wie kommt es dann aber, dass die Industriellen nicht von selbst darauf ge¬ kommen sind, wo es irgend angeht, alle Glasuren zu fritten und damit ihrer In¬ dustrie einen grossen Theil der bisherigen Gesundheitsgefährlichkeit zu benehmen ? Die Zürcher Firmen, welche nicht nur für die weissen Kacheln, welche dies durch¬ aus erfordern, sondern auch für geringe braune, gelbe, grüne, die Glasuren kuchen, finden, dass die Mehrarbeit, resp. Mehrkosten weit überwogen werden durch die Verminderung der Gefahr. Die Herstellung gekuchter Glasuren wird nämlich nur durch die darauf verwendete Arbeit theurer , nicht aber durch grossem Brenn¬ materialgebrauch , denn man kann die Glasur durch die unbenützte Hitze des Brennofens fritten. Am meisten Mühe macht das Pulverisiren der harten Masse, besonders ganz kleinen Geschäften, welche dies in Ermangelung genügender Ein¬ richtungen nur mit grosser Mühe bewerkstelligen und deshalb nicht selten ihre Glasuren aus grossem Etablissementen fertig beziehen — oder vielmehr bezogen. Denn das Präpariren von Glasuren ist eine sehr unbeliebte Arbeit, die immer sel¬ tener von einem Geschäft übernommen wird. So kommt es, dass kleine Etablisse- mente immer häufiger zum Verzicht auf das Fritten veranlasst werden, um so mehr, als sie dadurch eine kleine Ersparniss machen, und es zeigt sich auch bei diesem Industriezweig, wie vom sanitarischen Standpunct aus das Entstehen grös¬ serer, mit allen Hülfs- und Schutzmitteln der Technik ausgerüsteter Fabriken be- grüsst werden muss. Doppelt wünschbar aber wäre, dass derartige Anstalten aufs Neue sich ent¬ schlössen , dem kleinen Producenten eine Procedur abzunehmen , die bei ihm so grosse Gefahren bedingt, bei genügenden Einrichtungen aber von eigentlichen Fa¬ briken ohne allen Risiko besorgt werden kann. Bei der Begehung unserer schweizerischen Fabriketablissemente für Thon¬ industrie stellt sich freilich heraus, dass auch da diese Hinlänglichkeit der Ein¬ richtungen vielfach vermisst wird. So ist selbst für genügenden Zug der Ofen zur Bereitung der Bleiasche nicht überall gesorgt, wie ein bereits mitgetheilter Fall beweist. Noch öfter findet man die Möglichkeit nicht gegeben, das dargestellte Blei¬ oxyd ohne starkes Verstäuben aus dem Ofen zu befördern. Für das Mischen der Glasurbestandtheile und das Sieben oder Beuteln der gemahlenen Glasur finden sich in der Regel, doch nicht überall, geschlossene Fässer oder Kasten, aus denen aber nicht selten doch Staub entweicht, so dass die Verbindung eines kleinen Ventilators mit der Umhüllung des Siebes sehr zweckmässig erscheint. Zu dem vorhergehenden Abwägen* werden nicht immer, sondern nur hie und Digitized by LjOOQle 174 da Tücher vorgebunden, die aber besser durch einen Bäschliri sehen Respirator er¬ setzt würden. Das Mahlen selbst geschieht durchweg nass und bietet somit bei einiger Rein¬ lichkeit von Seiten des Arbeiters keine Gefahr. Mit allem Nachdruck ist aber darauf hinzuwirken, dass das Aufstauben der Glasuren entweder ganz verschwinde, oder zum Mindesten mit den gehörigen Cautelen umgeben werde. Es ist bereits angeführt, dass diese Methode in den kleinsten Etablissementen allgemein verbreitet sei. Vor Allem aus ist dies der Fall bei der Fabrikation der sogenannten patronten Kacheln, aber auch bei der Herstellung des ordinären Küchengeschirrs ist sie sehr im Gebrauch, währenddem die bessern derartigen VVaaren meist 2 Mal in’s Feuer kommen, deshalb eingetaucht und begossen wer¬ den können. Doch kommt auch bei der Verfertigung der Schweizermajolika das Aufstauben gleichzeitig mit dem Eintauchen vor. Es braucht nicht erst gesagt zu werden, dass diese Manipulation, in bisheri¬ ger Weise durchgeführt, zu zahllosen Bleileiden führen muss, wie überall, wo sie geübt wird, und zwar um so mehr, je ausgedehnter die Anwendung der ungefrit- teten Glasuren ist. Allerdings trösten die Fabrikanten sich und Andere damit, dass diese Intoxicationen sehr oft so unbedeutend seien, dass sie gar keine Ar¬ beitsunfähigkeit herbeiführen, und es wird gänzlich ausser Acht gelassen, wie diese oft wiederholten kleinen Affectionen schliesslich doch zu den schwersten Erkran¬ kungen führen können. In der Mehrzahl dieser Fälle könnte auf das Aufstauben wohl gänzlich ver¬ zichtet werden — allerdings nicht ohne pecuniäre Einbusse , indem ein Brennen des geformten Thons dem Eintauchen in die flüssige Glasurmischung vorangehen müsste. Für den kleinen Rest derjenigen Betriebe, wo das Aufstauben durchaus nicht vermieden werden kann, sollten wenigstens diejenigen Vorsichtsmaassregeln in Betracht gezogen werden, die auch anderwärts mit Vortheil angewendet werden. Dabin gehören für’s erste die verschiedenen Systeme der Respiratoren. Ha¬ ben die Arbeiter ihren Standort nicht zu verlassen, so würde sich ein Versuch mit einem der verschiedenen Apparate lohnen, welche die benöthigte Athmungs- luft unter schwachem Druck dem Arbeiter fortwährend durch einen elastischen Schlauch zuleiten, resp. zublasen, ohne im geringsten das Ausathmen zu hemmen. Recht guten Schutz gewähren auch die „Lungenschützer“ der internationalen Ver- bandstofffabrik in Schaffhausen , solide, bequeme, wenig entstellende und wenig kostende, kleine Apparate. In anderer Weise haben französische Fabrikanten die Aufgabe zu lösen ver¬ sucht. Sie brachten eine Luftabsaugungsvorrichtung an, indem sie z. B. die Tisch¬ platte durchbrochen herstellten und unter derselben die weite Mündung eines ab¬ saugenden Luftrohres anbrachten oder indem sie wenigstens einen horizontal über den Arbeitstisch hin vom Arbeiter sich entfernenden Luftstrom bewirkten. Es bedarf keiner besondern Erwähnung, dass alle diese Vorrichtungen die gleichen Dienste leisten, wo die aufgetragene Glasur abgebürstet oder abgerieben werden soll. Digitized by LjOOQle 175 In wie weit der beabsichtigte Schutz auf dem angeführten Wege erreicht wird, hängt sehr von der Strenge ab, mit welcher der nur zu sehr zum Leicht¬ sinn geneigte Arbeiter zur Benutzung der Schutzmittel angehalten wird, — und ebenso sehr von dem Maass der Sorgfalt, die er auch sonst in Vermeidung der professionellen Gefährden anwendet. Es ist bekannt, dass diese Gefahren bei jeder Industrie von Denjenigen unter¬ schätzt, gutentheils auch gar nicht gekannt werden, welche alltäglich denselben ausgesetzt sind, und es ist sehr zu begrüssen, wenn die Fabrikinhaber selbst dar¬ auf in besondern Anweisungen aufmerksam machen und bestimmte Vorschriften erlassen. Dies ist in mehreren Etablissementen wenigstens theilweise geschehen. Diese Regiemente betreffen theils die Reinhaltung der Räume, die z. B. da nur gewaschen, nicht gewischt werden dürfen, wo bleihaltiger Staub sich ansammelt, theils die persönliche Reinlichkeitspflege. Es wird unter Anderm verlangt, dass das Arbeitskleid im Arbeitsraum bleiben muss; ebenso wird Reini¬ gen der Hände mittelst Seife oder Bürste (besonders auch unter den Nägeln) vor jedem Verlassen des Arbeitsraums bei Busse verlangt, und hiezu nicht nur das nöthige Material geliefert, sondern auch je 5—10 Minuten für die Reinigung frei¬ gegeben, die in die Arbeitszeit eingerechnet werden. Weit seltener findet sich das Baden vorgeschrieben. Dies geschieht z. B. in der Ziegler’schen Thonwaarenfabrik in Schaffhausen, wo die Bäder während der Arbeitszeit und gratis genommen werden können, ja jede Woche mindestens Ein Mal benutzt werden müssen, worüber die Arbeiter sich durch Abgabe von Control¬ marken auszuweisen haben. Die Ziegler’sche Fabrik hat vorzüglich durch diese Bestimmung eine erhebliche Verminderung der Fälle von Bleikolik erfahren. Häufiger trifft man die Vorschrift, dass weder Speisen noch Ge¬ tränke im Arbeitsraum genossen werden dürfen, bei Androhung strenger Strafe. Die bereits erwähnte Ziegler’sche Fabrik hat überdies die vortreffliche Ein¬ richtung , dass den Arbeitern , wie dies in manchen Bleiweissfabriken üblich ist, täglich 2 Mal Milch verabreicht wird. Es kann überhaupt nie genug betont werden , wie sehr den Bleikrankheiten durch eine genügende zweckmässige Ernährung entgegen gewirkt werden kann, und wie sehr z. B. der öftere und reichliche Genuss von Nahrungsmitteln , deren Säuren sich leicht mit dem eingedrungenen Bleistaub zu leicht löslichen Salzen verbinden (Essig, saure Früchte), die Möglichkeit der Intoxication vermehrt. Mögen die oben angeführten Vorkehrungen zur Sicherung des Arbeiters auch nicht gar selten sich vorfinden, so muss doch zugestanden werden, dass in der weit überwiegenden Mehrzahl der mit Glasuren arbeitenden Geschäfte nichts ge¬ schieht, und zwar insbesondere in den kleinen Betrieben, die dem Fabrikgesetz nicht unterstellt sind. Das Fabrikgesetz mit seiner Aufsicht und seinen Vorschrif¬ ten kann nur in wenigen Fällen eingreifen und auch die Durchführung des hier Verlangten wird hie und da, wo der gute Wille und die Einsicht von Seite der Arbeitgeber wie ihrer Arbeiter fehlt, nur mit Mühe bewirkt werden können, so Digitized by LjOOQle 176 lange nicht die Haftpflicht für alle Fälle gewerblicher Vergiftungen Ausgespro¬ chen ist. Noch schwerer wird der Arbeiterschutz in den kleinen Etablissements sich verwirklichen lassen. Ein grosser Schritt in dieser Richtung wäre gethan, wenn die Cantone sich zum Erlass von Gewerbegesetzen entschliessen könnten, die, das Fabrikgesetz ergänzend, analog demselben die Gewerbsunternehmer zu allen Maass¬ regeln verpflichten, welche zur Sicherung von Leben und Gesundheit der Arbeiter geeignet sind, auch hier bei gefährlichen Betrieben den Polizeiorganen ein Auf¬ sichtsrecht zugestehen und zudem die Bestimmungen des eidg. Haftpflichtgesetzes hier ebenfalls zur Anwendung bringen würden. Inzwischen wird es Sache der Sanitätsbehörden, besonders der localen Ge¬ sundheitsbeamten sein, mit Benutzung der vorhandenen gesetzlichen Vorschriften das Möglichste zu leisten. Ihnen und den Aerzten insbesondere wird es zukom¬ men; sich mit den aus den betreffenden Betrieben hervorgehenden Gefahren und den Vorbeugungsmitteln vertraut zu machen und auf dem Wege der Belehrung und der Ermahnung das zu erzielen , was auf gesetzlichem Wege zu verlangen noch nicht möglich ist. Auf die vorhandenen Uebelstände und Gefährden aufmerksam zu machen, die so gewöhnlich unbeachtet vom gesammten Publicum ihre verderbliche Wirkung entfalten und durch Mittheilung der Erfahrungen aus der Praxis deren Abstellung zu fordern und zu erleichtern, das ist der Hauptzweck dieser Zeilen. V ereinsberichte. Gesellschaft der Aerzte in Zürich. 7. Sitzung, den 21. Februar 1880. Hötel zum Hecht. 1) Vortrag von Dr. Bleuler über Endocarditis ulcerosa. Der Vortra¬ gende schildert zunächst einen eigenen Fall mit Sectionsbefund, demonstrirt das betreffende Herz und gibt dann eine Uebersicht über die Casuistik und an Hand derselben eine Besprechung der Symptomatologie und Therapie. Er trennt die Fälle in solche primärer und solche secundärer Erkrankung und schildert dann speciell den pathologischen Befund, sich stützend auf die ganze Literatur der Krankheit. 2) Dr. tiaab trägt vor über ein neues Antisepticum, das Re so rein, eng verwandt mit dem Carbol, isomer mit Brenzcatechin und Hydrochinon. Er schil¬ dert und demonstrirt den Körper, erwähnt, dass derselbe in Tagesdosen von 5,0 nicht giftig wirke, wie Vortr. an sich selbst geprüft, dass Lösungen von 5% fast gar nicht reizen, selbst die Cornea nicht. Sodann weist er durch Demonstration von Culturapparaten und Fäulnissversuchen die antiseptische Kraft des Resorcin nach, welche nach eben diesen zahlreichen Versuchen derjenigen des Phenol gleich steht. Der Vortragende empfiehlt das Resorcin für alle jene Fälle, wo das Phenol reize (wie z. B. am Auge), oder wo es in Folge erheblicher Resorption giftig wirke. Digitized by Google 177 8. Sitzung, den 6. März 1880. Hötel zum Hecht. 1) Prof. Huguenin trägt vor über Pons-Erkrankungen. Im Anschluss an 2 Fälle, deren Krankengeschichte und Sectionsbefund in extenso mitgetheilt wird, schildert Vortr. die Affectionen des Pons Varoli und deren Symptomatologie. Im ersten der beobachteten Fälle Hess die rasch auf einander folgende Reihe der Symptome : Parese des r. facialis (Logophthalmus), Kopfweh, Schwindel, Sprach¬ störung, dann Parese des r. Acusticus, des r. Trigeminus, Stauungspapille eine Affection des Pons mit aller Sicherheit diagnosticiren. Es folgte dann Lähmung des 1. Glossophar. und motor. Lähmungen auf der 1. Körperhälfte. War einerseits das Ergriffenwerden des Facialis, Acusticus, Trigeminus für Läsion des Pons cha¬ rakteristisch, wo eben jene Nerven nahe bei einander, so war es anderseits nicht weniger das rasche Uebergreifen der Störungen auf die andere Seite. Die Section bestätigte die Diagnose vollauf. — Im zweiten Falle war das Bild schon viel com- plicirter und Hess die Sichtung der mannigfaltigen Symptome vier Herde erkennen, von denen ebenfalls einer in den Pons zu verlegen war. Auch hier waren Facia¬ lis, Acusticus und Trigeminus afficirt. Es fand sich bei der Section auch wirklich ein Herd im Pons und die andern 3 Herde fehlten ebenfalls nicht. 2) Dr. Kaufmann demonstrirt das ßrMna'sche Carboistreupulver, schildert dessen Zusammensetzung und Anwendung und empfiehlt dasselbe. In der Rundfrage äussert Haab den Wunsch, man möchte sich bezüglich der massenhaften Diarrhceen, die jetzt Vorkommen, über die Erfolge, welche das C o t o i n gezeigt habe, aussprechen. — Huguenin erwähnt, dass er gar keine be¬ friedigenden Resultate damit erzielt habe. Ebenso Egli, der es schliesslich in recht grossen Dosen gab (3 Mal 0,25 p. d.), gleichfalls ohne Erfolg. — Bezüglich der herrschenden Typhus- und Diarrhoe-Epidemie glaubt Huguenin , dass das Trink¬ wasser unschuldig sei. Er vermuthet, dass das Gift aus dem Boden komme und zwar in Folge des ungemein niedrigen Grundwasserstandes. Es kommen jetzt Bodenschichten an die Luft, wo Typhuskeime schon seit Jahren Hegen. Die nö- thige Tenacität des Typhusgiftes vorausgesetzt, leiste diese Hypothese der Er¬ klärung der derzeitigen Epidemie Genüge. — //. Müller erwähnt, dass er in der letzten Zeit in der Poliklinik 90 Fälle von Diarrhoe gehabt habe, darunter auch Cholera nostras. Auch er weist den Zusammenhang mit dem Trinkwasser zurück und glaubt, dass die Diarrhoeen mit dem Typhus nahe verwandt seien, resp. häufig leichte Typhen repräsentiren. — Giesher fiel es ebenfalls auf, dass Typhus und Diarrhoeen so oft neben einander im selben Hause Vorkommen. — Zehnder betont, dass diesmal ausnahmsweise die Stadt so viele Typhen aufweise. Nach seinen Beobachtungen traten die Typhen unmittelbar nach dem Aufthauen auf. — Meyer - Hofmeister gibt als Vertreter der städtischen Gesundheitscommission Auskunft über die vorgenommenen Untersuchungen des Trink- resp. Brauchwassers. Diese er¬ gaben keine Verunreinigung des Wassers, sondern normalen Befund, so dass in der Tbat das Wasser nicht als Ursache des jetzigen schlechten Gesundheitszustan¬ des angeschuldigt werden könne. Er erwähnt, dass im Monat Februar in der Stadt 45 Fälle von Typhus angezeigt worden seien. — Goll ist der Ueberzeugung, 12 Digitized by LjOOQle 178 dass die Verpestung der Luft, bedingt durch das rasche Aufthauen all* des seit langer Zeit durch die Kälte conservirten Unrathes, sehr zu berücksichtigen sei bei der Erklärung der Typhen und Diarrhceen, welcher Ansicht Rahn-Meyer beipflich¬ tet. — 0. Wyss hat auch Dysenterie beobachtet. Dr. 0. Baab . Referate und Kritiken, L’6pid6mie de variole dans le canton de Neuchätel en 1880. Rapport de la Commission de santä präsentä 4 la direction de l’intdrieur par le doctenr Guillaume , vice-präsident de la Commission de santä. Neuchätel, 1881. Der thätige Verf., dessen Bericht über „le vaccin jennärien et le vaccin animal“ das „Corr.-Blatt“ kürzlich (pag. 156) erwähnt hat, gibt in der vorliegenden Schrift eine sehr lesenswerthe Schilderung der Pockenepidemie im Canton Neuenburg. Eine Wiedergabe aller prägnanten Einzelheiten würde den Rahmen eines Referates weit überschreiten; der Leser möge das im Originale suchen, dessen Verf. nicht selbst spricht, sondern die Thatsachen ihre unerbittliche Sprache führen lässt. Da hat man denn — zum lOOlten Male — Gelegenheit, sich darüber klar zu werden, wie man es machen muss, um die Gefahr einer Pockenepidemie im Keime zu ersticken, wie anders, um sich eine nette Epidemie heranzuzüchten. Die erstere vernünftige Methode, gut durchgeführte Isolirung etc., haben die meisten durch einzelne eingeschleppte Fälle bedrohten Gemeinden befolgt; für die Heranzüchtung einer Epidemie dagegen gibt La Chauxdefonds ein classisches Beispiel. Am 11. August wurde dort die Erkrankung eines vor wenigen Tagen von Paris zugereisten Mannes an Blattern bekannt; der Kranke wurde anfänglich zu Hause verpflegt, angeblich unter allen nöthigen Vorsichtsmaassregeln; erst nach dem 20. August wurde er in den Spital verbracht. In der Sitzung vom 11. September erfuhr die Sani¬ tätscommission, dass am 7. September ein Neffe des Erkrankten, ein ungeimpftes Kind, an Blattern gestorben und beerdigt worden sei (ohne Anzeige des behandelnden Arztes!). Das Kind hatte täglich seine Grosseltern besucht, wo sich der Kranke befand, und war dabei selbst in das Zimmer gekommen, wo derselbe angeblich abgesondert war. (Beiläufig bemerkt, liess auch im Spitale die Absonderung zu wünschen übrig; die Eltern besuchten den Kranken und nahmen dessen schmutzige Wäsche mit nach Hause!) Die Eltern des genannten Kindes mit gesetzwidrig verheimlichter Erkrankung betrie¬ ben eine Cafäwirthschaft. „Dans une chambre attenant et communiquant avec la salle du cafä“ lag das kranke Kind verpflegt von derselben Mutter, welche als Wirthin fortfuhr, ihre harmlosen Kunden zu bedienen! „Tous les varioleux des semaines suivantes, dit dans son rapport un mädecin de la localitä, avaient contractö la maladie en frdquentant le dit cafö.“ Ausserdem erkrankte der Träger der Leiche des Kindes und theilte die Ansteckung seinen Familiengliedern mit. Das ist die Entstehung der Blatternepidemie in Chauxdefonds, welche bis zum Februar 1881 über 70 Menschen das Leben gekostet hat. Wir begnügen uns mit dieser Probe und verweisen auch für die Vorschläge über An¬ zeigen, Isolirung, Desinfection etc., welche der Bericht behufs Ausführung der bestehen¬ den gesetzlichen Vorschriften macht, auf das Original Klar und unverhohlen sagt am Schlüsse der Verf.: „Jamais nous n’avons autant senti le besoin urgent d’une loi föderale et m§me internationale sur la matiöre, que depuis l’öpi- dämie actuellement rägnante; jamais, il est vrai, les ordres donnäs par les commissions de salubritä n’ont ätö mäconnus d’une fngon aussi patente.“ Guillaume constatirt, dass der Entwurf des eidgenössischen Seuchengesetzes dieselben Vorschriften enthalte, wie das cantonale Reglement und erwartet von einem eidgenössi¬ schen Gesetze, dass es die Ausführung der verlangten Maassregeln sichere und den can- tonalen Sanitätscommissionen die nicht durchweg vorhandene Autorität verleibe. Wir haben nie glauben können, dass der im ständeräthlichen Minoritätsberichte ab» gedruckte ärztliche Brief, dass der Beifall, welcher einem das Seuchengesetz karikirenden Artikel des Journal de Genäve von hervorragender Seite zu Theil wurde — dass solche Aeusserungen der adäquate Ausdruck der sanitätspolizeilichen Kenntnisse unserer welschen Collegen seien. Wir begrüssen nun in den sachgemässen Darlegungen des Guillaume sehen Digitized by LjOOQle 119 Berichtes eine competente Stimme za Gunsten des Seuchengesetzes und wünschen ihr zahlreiche unbefangene Hörer. Lotz . Ueber Schusswunden. Die Wirkungsweise der modernen Kleingewehr-Geschosse. Von Prof. Dr. Th. Kocher , Director der Chirurg. Klinik in Bern. Leipzig, Verlag von F. C. W. Vogel, 1880. 94 8. In dieser, dem Chef des eidg. Militärdepartements, Herrn Bundesrath Oberst Herten - stein, und dem Oberfeldärzte der eidg. Armee, Herrn Oberst Dr. Ad. Ziegler, gewidmeten 8chrift fasst Prof. Kocher die Resultate seiner zahlreichen, den Lesern dieses Blattes aus früheren Publicationen (Corresp.-Bl. Jahrg. 1875 und 1879) bereits theilweise bekannten, seither aber noch bedeutend erweiterten Schiess versuche zusammen. Cap. I bespricht *die Anordnung der Versuche und die Schilderung des benützten Geschossmateriales. — Zur Erzielung verschiedener Geschossgeschwindigkeit von 150 bis 435 m. bei gleichbleibender Schiessdistanz wurde die Ladung von 1,0—3,7 grm. variirt. Durch Versuche mit Blei-, Kupfer-, Eisen-, Zinn- und Aluminium-Geschossen, an wel¬ chen, sowie an der vielfach benützten, leicht schmelzenden (65°) Rose 'sehen Legirung, sich auch der Einfluss des Schmelzens erkennen liess, wurde der Antheil der Masse resp. des speciflschen Gewichtes an der Schusswirkung zu eruiren gesucht. Aufgefangen wurden die Geschosse durch Wergsäcke. Der, wie es sich ergab, unbedeutende Einfluss der Rotation des Geschosses auf die Schusswirkung wurde bei einzelnen Versuchsreihen durch Anwendung von glatten Rohren und Rundkugeln ausgeschlossen. Das Cap. n behandelt die Bedeutung der Erhitzung und Schmelzung der Geschosse im menschlichen Körper. Zur Lösung dieser Frage wiederholte K. die Experimente von Busch (Zerschlagen erwärmter Geschosse mittelst einer aus bestimmter Höhe fallenden Eisenbirne) in exacterer Weise. Es ergab sich ein Wachsen der Difformirung mit zu¬ nehmender Temperatur des Geschosses. Ein Zerfahren des letztem in Spritzpartikel wurde aber erst bei Erwärmung bis zum Schmelzpunct und über diesen hinaus beobach¬ tet. Schussversuche bewiesen, dass im menschlichen Körper nur beim Auftreffen des Geschosses auf Knochen Schmelzung an der Spitze des Projectiles auftritt, nie bei Weich- theilschüssen, selbst bei Anwendung von Rose ’s Metall. Die Schmelzung hat daher bei den üblichen Geschossen und Geschwindigkeiten keine grosse Bedeutung. Sie bewirkt eine Vermehrung der Seiten Wirkung, aber auch eine Verminderung der Durchschlagskraft. Die nicht bis zur Schmelzung gehende Erhitzung ist nur für die Difformirung des Ge¬ schosses von Bedeutung. Viel bedeutender als die Erhitzung ist zur Erklärung der explosionsartigen Wirkun¬ gen der Nahschüsse moderner Gewehre die hydrostatische Druckwirkung in Flüssigkeit haltenden Geweben (Cap. III). Zur Untersuchung dieses Factors dienten Schüsse in grössere Quantitäten Wasser (Badkasten). Es ergibt sich aus diesen Versuchen, dass auch blosse Flüssigkeiten die Bleigeschosse aufhalten und difformiren und dass diese Dif¬ formirung eine rein mechanische Wirkung ist, dass die Durchschlagskraft der Geschwin¬ digkeit und dem speciflschen Gewichte des Geschosses proportional, dem Querdurchmesser desselben, resp. der stärkeren Difformirung umgekehrt proportional ist. An wassergefüll¬ ten Blechbüchsen zeigt sich die Abhängigkeit des hydrostatischen Druckes von der Ge¬ schwindigkeit des Geschosses, da derselbe erst von 250 m. an deutlich wird, die Unab¬ hängigkeit dieser Druckwirkung von der Rotation und dem speciflschen Gewichte und die Verstärkung der hydraulischen Pressung bei Vermehrung des Querdurchmessers des Geschosses. Wie bei Flüssigkeiten, so kommt auch in den feuchten Geweben eine hoch¬ gradige, sich als Sprengung fester Hüllen und ausgedehnte Zerreissung von Weichtheilen kundgebende hydrostatische Druckwirkung zu Stande, unabhängig von Rotation und Schmelzung des Geschosses. Ueber das Verhalten fester Gewebe zu der hochgradigen Vermehrung der lebendigen Kraft bei den modernen Gewehren (Cap. IV) gaben 8chüsse auf Glasscheiben, kiesel¬ gefüllte Blechgefässe, Sandstein-, Eisen- und Bleiplatten Auskunft. Auch hier zeigt sich analog der hydraulischen Pressung eine vermehrte Seitenwirkung bei zunehmender Ge¬ schwindigkeit. Die Durchschlagskraft erweist sich als abhängig vom speciflschen Ge¬ wichte und der Geschwindigkeit des Geschosses , während die Difformirung des letztem sie vermindert, dafür aber die Seitenwirkung erhöht (Eisen- und Bleiplatten). Digitized by Google 180 Die Ursache der Sprengwirkung bei den Knochen und Weichtheilen des mensch¬ lichen Körpers (Cap. V) muss, wie eine Reihe von Schüssen auf trockene und feuchte Knochen und ganze Extremitäten darthun, hauptsächlich in dem in Flüssigkeit haltenden Geweben entstehenden hydraulischen Drucke gesucht werden, welcher sich bei Geschoss- geBchwindigkeiten von 250 m. an geltend macht. In diesem Capitel sind auch die von K . aus Rücksicht auf die im Stabio-Processe zu Tage getretenen Meinungsdifferenzen vorgenommenen Larynxschüsse erwähnt, welche bekanntlich zu einem den Behauptungen Albertim 's ganz entgegengesetzten Resultate geführt haben. Cap. VI ist der Betrachtung der theoretischen Ergebnisse der Versuche gewidmet Besonders beachtenswerth und von der humanen Gesinnung des Verf. zeugend sind die im letzten Capitel (VII) enthaltenen practischen Schlussfolgerungen. Dieselben lauten kurz gefasst folgendermaassen : * Bei der unter civilisirten Nationen gebräuchlichen Art humaner Kriegführung kann man von dem Kleingewehr-Schuss nur verlangen, dass durch denselben ein Gegner mo¬ mentan kampfunfähig gemacht wird. Ein cylindro-conisches Geschoss von 150 m. Ge¬ schwindigkeit schlägt noch durch die meisten Gewebe des Körpers durch, vermag selbst noch Knochen zu brechen und zu splittern. Da nun die Geschwindigkeit der moderneu Kleingewehrgeschosse auf jede Distanz, auf welche überhaupt noch ein wirksames Ge¬ wehrfeuer möglich ist, nicht unter 150 m. hinuntergeht, so liegt kein Grund vor, durch Nebenwirkungen des Geschosses die Verwundung zu erschweren. Es sollten also, da wir die Sicherheit haben, auf jede Distanz hinreichende Verwundungen zu erzielen, alle diejenigen Factoren ausgemerzt werden, welche unnützerweise die Schwere der Verwun¬ dung steigern. Diese wird aber um so mehr gesteigert, je mehr die lebendige Kraft des Geschosses sich statt in Durchschlagskraft auch in Sprengkraft umsetzt. Für den mensch¬ lichen Körper kommt die Sprengwirkung in Betracht bei einer Geschossgeschwindigkeit von 250 m. an. Die bei grosser Geschwindigkeit des Geschosses erfolgenden ausgedehnten Zerreis- sungen der Weichtheile und Zermalmungen der Knochen verschlechtern trotz des wttn- schenswerthen primären antiseptischen Occlusivverbandes die Prognose doch in hohem Grade. Sepsis verbreitet sich in derart verletzten Geweben äusserst leicht. Die Thera¬ pie hat daher im Interesse der Indicationen für conservative und radicale Behandlung zu unterscheiden zwischen Nahschüssen und Fernschüssen. Nahschüsse sind alle diejenigen, welche mit über 260 m. Geschwindigkeit auftreffen, beim Vetterligewehr also alle unter 400 m. Distanz abgegebenen Schüsse. Nur ausnahmsweise genügt bei diesen selbst eine strenge Antisepsis, um der eintretenden, durch die meist grossen Haut¬ wunden begünstigten, Zersetzung Einhalt zu thun. Die Amputation hat daher hier eine ausgiebige Anwendung. Die gegenwärtig erreichte Geschwindigkeit der modernen Geschosse gibt also alle Garantie , auf jede Distanz den Gegner kampfunfähig zu machen. Bei einer weiteren Vermehrung derselben darf man verlangen, dass Correctionen angebracht werden, welp)ie die Umsetzung der lebendigen Kraft in Sprengkraft beschränken. Das höhere specifische Gewicht des Geschosses beeinflusst die Durchschlagjel^|t erheblich, die Sprengkraft fast nicht. Um also erstere ohne letztere zu erhöhen, b0ltB vortheilhaft, zu den Projectilen möglichst schwere Metalle, am besten Blei, zu wählet Wichtig ist ferner das Volum des Geschosses, speciell die Form des QuerschnlBB. Rundkugeln haben ceteris paribus stärkere Seitenwirkung als cylindro-conische'llft- schosse. Es ist also wünschenswerth, Projectile von möglichst kleinem Querschnitten wählen. K. wünscht als Maximum des zulässigen Querdurchmessers 12 mm. (VetterBfä* 3 10 mm.). Auch die Consistenz kann nicht gleichgültig sein. Die Difformirung, welche weietfifee Metalle beim Aufschlagen erleiden, sowie die bis zur Schmelzung gehende Erhitzun^aa der Knochencorticalis vermehren den Querdurchmesser und die Sprengkraft, während die Durchschlagskraft abnimmt. Difformirung und Schmelzung steigern also die Gefahr der Verwundung unnötigerweise. In nachahmenswerter Weise findet daher bei der Schweiz. Armee in neuester Zeit Hartblei (99,5% Blei, 0,5 M / 0 Antimon) Verwendung, welches er¬ heblich geringere Difformirung erleidet. Ganz diesem Zwecke entsprechen würde das Kupfer, das niemals Schmelzung und fast keine Difformirung erfährt. Digitized by i^ooQle Aufgabe der modernen Gewehrtechnik wäre also die Construction von gezogenen Rohren mit cylindro-conischen Geschossen von folgenden Eigenschaften: 1) Möglichst geringem Querdurchmesser (bis 10 mm.) bei beliebiger Länge. 2) Bedeutenderer, dem Kupfer gleichkommeuder Härte des Bleies. 3) Höherem Schmelzpuncte als das meist übliche Blei. Ferner sollte die Geschwindigkeit der Geschosse nicht unnöthiger Weise über die jetzt erreichte Höhe vermehrt resp. die Ladung in der Weise modificirt werden, dass bei Nahgefechten mit Geschossen von geringerer Geschwindigkeit gefeuert würde. Münch. Cantonale Coirespondenzen. Basel« (Schluss.) 4) Die Beleuchtungsmittel verschiedener Körperhöhlen. Nicht weniger als die Hand¬ lichkeit der Batterie mit ihrer so äusserst leicht regulirbaren Stromstärke verdient der in der Fachpresse bereits von vielen Seiten hervorgehobene Vorzug der Beleuchtungsmittel Beachtung, welcher darin besteht, dass vermöge der Feinheit des glühenden Drahtes eine Abkühlungsvorrichtung wenigstens für die Dauer der in den meisten Fällen nöthigen Be¬ obachtungszeit nicht nöthig ist Dass dieser Umstand allein schon hinreicht, alle bisheri¬ gen, auch die neuesten in Wien mit so grosser Beredtsamkeit eingeführten electrischen Beleuchtungsapparate überflüssig zu machen, ist von allen Berichterstattern des inter¬ nationalen Congresses in Amsterdam, wo das Polyscop vom Erfinder den Anwesenden ad oculos demonstrirt wurde, übereinstimmend anerkannt worden. Sämmtlicbe hier folgend abgebildete,* zum Apparat gehörende Beleuchtungsspiegel Digitized by i^ooQle 182 lung zur Axe des Griffs und der Leitungsdrähte. B ist Überall ein Drücker, durch wel¬ chen, wie in den seit Mitleldorpf gebräuchlichen Instrumenten , die Leitung nach Willkür hergeBtellt und unterbrochen werden kann. In den obenstehenden Figuren (IX und X) sehen wir die neuestens construirten An¬ wendungen des Polyscops zur Endoscopie, nach deren Einsicht man kaum bezweifeln kann, dass der 7Voar^’sche Apparat zu solchen Zwecken ganz besonders geeignet ist und allen bisherigen dahin zielenden Constructionen den Rang ablaufen wird. Beide Instrumente bestehen aus einer Röhre T von geeigneter Länge, welche die beleuchtenden Conductoren und das zur Inspection in Winkelrichtung nöthige optische System enthält. Das letztere besteht auH einer sog. prismatischen Lupe mit totaler Re¬ flexion bb , durch welche das beleuchtete Object zwei- bis dreimal vergrössert wird, am untern Ende der Röhre und bei Fig. 8 aus einer aus zwei mit der Grundfläche aneinan¬ der gelegten Prismen bestehenden sog. Camera clara aa ', deren Zweok und Wirkungs¬ weise aus der Figur leicht verständlich ist. Ueber der prismatischen Lupe ist der be¬ leuchtende Platindraht f eingestellt. Die Röhre T wird in eine Bohlsonde oder CanÜle S eingeschoben, welche aus einem die Wärme gut isolirenden Stoffe gefertigt ist und mit¬ telst eines die Oeffnung der Bonde verstopfenden geknöpften Mandrins eingeführt wird. Nach Zurückziehung des Mandrins UBd Einführung der Röhre wird die secundäre Batterie wie in allen übrigen Fällen manipulirt. Durch Drehung der Röhre T erhält der Beob¬ achter a successive die Bilder des ganzen Beleuchtungskreises, resp, des grössten Theils des zu untersuchenden Eingeweides, der Beobachter a* dagegen muss dieser Drehung folgen, wenn er sich die nämliche Ansicht verschaffen will. Es erübrigt uns nur nooh anzugeben, dass Fig. IX für die Endoscopie des MagenB,' Fig. X für die Endoscopie der Harnröhre und der Blase bestimmt ist. Die Bonde muss natürlich bei beiden in gerader Richtung geführt und gehalten wer¬ den. Brasseur erwähnt noch, dass sich Prof. Colin an der Veterinär sch ule in Alfort dieses Instruments bedient hat, um auf dem Wege einer Magenflstel den Magen eines Wieder¬ käuers auf ausgezeichnete Weise zu beleuchten und dessen Beschaffenheit und Functionen seinen Zuhörern ad oculos zu demonstriren. 6) Die Galvanocauteren. Fig. XL Fig. XU. Fig. XIII. Fig. XIV. Digitized by LjOOQle Fig. XI. Ein äusscrst feiner Galvanocauter , welcher zur Cauterisation der Zahn¬ wurzelcanäle der obern Kinnlade, sowie auch zur Epilation und zur Operation kleiner erec- tiler Geschwülste dient. Fig. XII. Ein ähnlicher, aber geknieter, für die untere Kinnlade. Fig. XIII. Messerartiger Galvanocauter zur Ausführung kleiner Operationen, wie Abtragung kleiner Geschwülste, Cauterisation und Abtragung des Zahnfleisches, Absccsa- eröffnung etc. Fig. XIV dient zur Anlegung kleiner Moxen, sowie zur Cauterisation von Tumoren am Zahnfleische der untern Kinnlade. Eine ähnliche Form dürfte wohl auch zur An¬ legung von Trommelhöhlenfisteln geeignet sein. Als weitere Beilagen finden sich noch Galvanocauteren verschiedener Form, u. A. auch galvanische Schlingen etc. Es braucht wohl kaum darauf hingewiesen zu werden, dass der galvanocaustische Werth des Apparats in vorliegender Form, abgesehen von seiner zahnärztlichen Anwen¬ dung , sich nur für die feinem caustischen Operationen der Otiatren und Laryngoiatren oder für gewisse gynäcologische Fälle eignet. Indessen wüssten wir keinen Grund, der die Anwendung der Gaston-Plante’Qchen Batterie auch für grössere Galvanocauteren und Schlingen ausschlösse. Immerhin genügt der vorliegende Apparat sozusagen für alle gal- vanocaustischen Indicationen der täglichen Praxis. Das Gewicht des ganzen am Deckelgriff leicht transportabeln Apparats beträgt nur 3 Kilos. Es dürfte sich daher auch in dieser Hinsicht kein anderer galvanocaustischer Apparat mit ihm messen können. Schliesslich ist auch anzuführen, dass der Preis, be¬ sonders in Berücksichtigung der Vereinigung mehrfacher practischer Zwecke, ein so mäs- siger ist, dass er sich in Frankreich bereits überall eingebürgert hat und auch in Deutsch¬ land schon viele von seiner practischen Brauchbarkeit entzückte Besitzer zählt. Der mit einfachem Rheostat ausgerüstete Apparat mit Inbegriff aller einfachen Reflectoren kostet 160 Fr., mit Doppelrheostat (womit gleichzeitig beleuchtet und cauterisirt werden kann) 200 Fr. Dem bereits im Jahr 1870 in seiner hauptsächlichen Anlage concipirten Appa¬ rat hatte der Erfinder vorzugsweise die goldenen Medaillen zu verdanken, mit welchen er von den Jurys der seitherigen Ausstellungen bedacht wurde. Insbesondere hat der Apparat indessen am letzten internationalen med. Congress zu Amsterdam die allseitigste Anerkennung der zahlreich anwesenden ärztlichen Autoritäten gefunden, weshalb ihm auch die höchste Ehrenerwähnung von Seite des Comitd zu Theil wurde. Nachdem ich über die Demonstration des Herrn Trouve im Bernoullianum kurz refe- rirt, liegt es mir nach dem Wunsche der Tit. Rcdaction noch ob, mit einigen Worten der Ausstellung zu erwähnen, welche neben dem Bankettsaal in der Kunsthalle statthatte. Auch hier treffen wir in erster Linie auf Herrn Trouve , der die Freundlichkeit hatte, einige seiner wichtigsten electrotherapeutischeu Instrumente (alles eigene Erfindung) in der Aus¬ stellung des Herrn Carl Walter-Biondetti zu deponiren. Von diesen Apparaten, unter denen es sehr hübsche und gute hatte (namentlich einen sehr practischen und netten transpor¬ tabeln constanten Strom), will ich nur einen einzigen genauer erwähnen, der es wirklich verdient, recht allgemein be¬ kannt und empfohlen zu werden. Es ist dies der kleine Induc- tionsapparat, der, so viel ich weiss, schon in mehreren Exem¬ plaren in Basel existirt und so weit mir eigene Erfahrung lehrt, ganz ausgezeichnete Dienste lei¬ stet. Ich kann denselben wirk¬ lich mit bestem Gewissen allen Herren Collegen zur Anschaffung empfehlen. Die Anschaffung ist sehr billig (35 Fr.), der Unter¬ halt kostet fast nichts ; der Ap¬ parat ist sehr klein, in der Rocktasche mitzuführen, äus- Digitized by Google 184 gerat solide und einfach, und sauber, und dazu ausserordentlich kräftig, vollständig ge¬ nügend für jede Faradisation. Mein betr. Apparat wird seit einem halben Jahr sehr viel gebraucht und functionirt heute noch wie am Anfang. Dieser Trouvfache kleine Inductionsapparat (Fig. XV) besteht in einer Mahagoniholz- Schachtel von 16 cm. Länge, 9 cm. Breite und 4 cm. Höhe. Der Deckel hat einen einfachen Federverschluss und lässt sich ganz zurücklegen. Die untere Hälfte ist in 4 Abteilungen geteilt — in der ersten (von links nach rechts) liegt das kleine Element, das ich weiter oben beschrieben; daneben ein kleines Glas mit dem Vorrath von Electrisirsalz. Von 2 Metallknöpfen des Elements aus geht eine Contactverbindung, die nachher im Holz ver¬ schwindet, zum letzten Fach (also nach rechts das äusserste), das die Drahtspiralen mit Eisenkern und sehr einfachem Näf schein Hammer enthält. Der Eisenkern lässt sich mehr oder weniger mit einer verschiebbaren Hülse bedecken und dadurch hat man Gelegenheit, den Strom beliebig zu reguliren. Durch Einstecken der Drahtenden in verschiedene Lö¬ cher erhält man entweder den primären oder den secundären Strom. Durch eine ausser¬ ordentlich einfache und geniale Einrichtung kann man noch die Zahl der Hammerschläge per Minute genau reguliren (von 11 — 6) und kann sogar diese 8chläge deutlich zählbar machen durch Verlängerung des Hammerendes mittelst zweier eingesteckter Metaltröhr- chen von zusammen lö cm. Länge. Die beiden mittlere Fächer bieten reichlich B&am für die Nebenutensilien des Apparats: 2 kleine Electroden mit abschraubbaren rundlichen, garnirten Plättchen (2 1 / % cm. Durchmesser); dann ein an die Handgriffe fügbarer, oliven¬ förmiger, bis auf die Olive selbst isolirter Scheiden- resp. Mastdarmansatz und schliess¬ lich noch ein sehr guter, in Bezug auf die Grösse der Fläche regulirbarer Metallpinsel; dazu noch die isolirten Schnüre von 150 cm. Länge. — Die andern Herren Aussteller mögen uns entschuldigen, wenn wir kürzer über ihre betr. Ausstellungen hinweggehen; die Neuheit und die wirklich grosse practische Wich¬ tigkeit dieser Trouve’achen Erfindungen machten es uns zur unabweisbaren Pflicht, weit¬ läufiger darüber zu referiren. Nur mit blosser Aufzählung erwähnen wir daher noch der Ausstellungen der Herren: 1) Apotheker Huber , neuere und comprimirte Arzneimittel; 2) N. de H. Bemoully Sohn , Droguengeschäft (Virginia-Vaseline und bezügliche Prä¬ parate , Gelatinekapseln mit verschiedensten Füllungen, Wickersheimer Flüssigkeit mit Präparaten, Alcaloide, Pflaster etc.); 3) Carl Walter-Biondetli, Instrumente und Prothese; 4) Eichenberger , chirurgische Instrumente; 5) R. Angst , Verbandmaterial und Prothese; 6) Internationale Verbandstofffabrik in Schaff hausen, Filiale Basel. Allen diesen Herren danken wir im Namen der Aerzte, die ihre betreffenden Aus¬ stellungen mit grossem Interesse besichtigt haben. Sury-Bienz. Bern. Dr. Strasser in Interlaken f. Necrologe verschiedener Tagesblätter haben zum Theil in sehr eingehender Weise die Verdienste hervorgehoben, welche sich unser am 4. Februar in Interlaken verstorbener College Strasser nicht nur als bewährter Arzt, sondern auch als einer der eifrigsten Förderer gemeinnütziger Fragen und Bestrebungen in seinem Wirkungskreise erworben. — Wenn ich in dem Gefühle, dass ihm auch in unserem Correspondenzblatte die Verdiente Gedächtnisstafel nicht fehlen darf, mit einem Nachrufe einer gewandteren Feder älterer Freunde oder Studiengenossen des Verstorbe¬ nen vielleicht vorgreife, so geschieht dies nicht etwa im unbescheidenen Glauben, dazu besonders befähigt oder berechtigt zu sein, sondern ich fühle mich dazu aufgefordert durch die Erwägung, dass ich gegenwärtig wohl weniger, als die meisten meiner Col- legen durch überhäufte Arbeit gezwungen bin, die Erfüllung dieser Pflicht noch zu ver¬ tagen. Joh. Jacob Strasser wurde am 22. December 1821 zu Wangen an der Aare, wo sein Vater als Amtsnotar und Beamter wohnte, geboren. Im Jahre 1830 verlor er beide El¬ tern und kam nach Suraiswald zu einem Oheim, Marä } wo er bis 1836 die neugegründete Secundarschule besuchte. Die hervorragende Begabung des Knaben veranlasste seine liebevollen Pflegeeltern, ihn in seinem 14. Altersjahre der berühmten Erziehungsanstalt „Der Salon“ in Ludwigsburg zu übergeben, wo er einige Jahre verblieb und auch con- firmirt wurde. . Ursprünglich zum Reallehrer bestimmt, genoss er einen sorgfältigen Un- Digitized by LjOOQle 185 terricht namentlich in der Mathematik und in der Naturwissenschaft, für welche Fächer er eine besondere Vorliebe und Befähigung zeigte. Während 3 Semestern 1840 und 1841 studirte er in Tübingen und erhielt während des dortigen Aufenthaltes auch von seiner Vormundschaft die Einwilligung , seiner Nei¬ gung zum Studium der Medicin Folge zu geben. Im Jahre 1841 bezog er die Universi¬ tät Bern, wo er seine eigentlichen Studien absolvirte. Nach rühmlichst bestandenem Staatsexamen bekleidete er noch während 2 ( / 3 Jahren die Stelle eines Assistenzarztes am Inselspital in Bern und etablirte sich dann *1848 als practischer Arzt in Interlaken. Er beklagte es stets, dass ihm seine öconomischen Verhältnisse den Besuch fremder Uni¬ versitäten nach seiner Patentirung uicht erlaubten. Um so mehr suchte er durch fortge¬ setztes Selbststudium mit den Fortschritten der Wissenschaft Schritt zu halten: So ver¬ säumte er es, wenigstens in früheren Jahren, selten, wenn er nach Bern kam, die Klini¬ ken zu besuchen; ich selbst sah ihn dort zum ersten Male und dann noch oft, während ich Btudirte, Bald nach seiner Niederlassung in lnterlaken verheirathete er sich: sein Familien¬ leben, aus welchem ihm als einziges Kind eine Tochter erwuchs, war überaus glücklich. Die immer zunehmende Entwicklung Interlakens als Touristenplatz und climatischer Curort besserte die Praxis der dortigen Aerzte, vor allen die Strasser *s bedeutend auf und Mancher hätte sich dieselbe wohl zur eigentlichen Praxis aurea gestaltet. Gewiss hätte sie Str . bei der verhältnissmässig geringen Concurrenz weit mehr in gewinnsüchtiger Weise ausbeuten können, als er es gethan. Am allerwenigsten aber war dies gegenüber den Landesbewohnern der Fall, wo er auch in der Geldfrage sich stets auf den humanen Standpunct stellte. — Str. acclimatisirte sich denn auch sehr rasch und vollständig an Interlaken: Schon wenige Jahre nach seiner Niederlassung wurde er in den Gemeinderath gewählt, dem er bis gegen das Ende seines Lebens angehörte und dabei sein redliches Theil an der mit der Würde verknüpften Bürde auf sich lud. Mit regem Eifer und grossem Aufwand von Zeit und Kräften war er namentlich im Schulwesen thätig; eine ganz be¬ sondere Aufmerksamkeit widmete er auch der Entwicklung der Holzschnitzerei, für welche er stets neue Aussichtspuncte zu gewinnen suchte, wohl erkennend, dass der Fremden¬ verkehr nicht die Bedeutung einer durchgängigen Erwerbsquelle habe, und dass bei den m Ganzen spärlichen Bodenerträgnissen des Oberlandes gerade die Pflege der Hausindu¬ strie dringend geboten. Obschon Str . sich unverhohlen einer bestimmten politischen Richtung augeschlossen batte und namentlich zu Zeiten hochgehenden Parteilebens von den Leuten seiner Farbe jeden Augenblick auf den Schild erhoben worden wäre, so wich er doch der Annahme eines politischen Mandats aus, wohl in der richtigen Erkenntnis, dass die Pflichten eines solchen sich mit denjenigen des ärztlichen Berufes, namentlich für den nicht am gouver- nemontalen Centrum wohnenden Practiker schlecht vertragen. *) Im Sonderbundsieldzug stand Str . als noch nicht eingetheilter Militärarzt einem Feld¬ spital in Willisau und dann in Hutwyl vor. — Später machte er als bei Officieren und Mannschaft sehr beliebter Bataillonsarzt die Grenzbesetzungen in Tessin, Genf und so auch genau 10 Jahre vor seinem Tode in Neuenburg mit. Er war auch Mitglied der Commission für den Inselneubau. In medicinischen Dingen stiess man bei Str . stets auf eine geläuterte, mit den Fort¬ schritten der Wissenschaft im Einklang stehende Anschauungsweise; vor einem kritik¬ losen Medicamentenenthusiasmus dadurch bewahrt, verfiel er doch nicht einer skeptischen Unthfitigkeit, sondern bewahrte sich auch in der internen Medicin das sicher gehende Handeln, an welchem man noch jetzt die Jünger der Forschen Schule erkennt. Noch mehr war dies der Fall auf dem chirurgischen und geburtshülflichen Gebiete , in welch’ letzterem namentlich er ein grosses Vertrauen genoss. Ob eine organische Disposition zu dem seine Lebensdauer kürzenden Leiden ur¬ sprünglich vorhanden war, ist mir nicht genugsam bekannt; die occasionelle Grundlage dazu wurde mit aller Wahrscheinlichkeit im Jahre 1874 durch eine heftige Pneumonie gelegt. Nach der dadurch verursachten schweren Störung setzte sich der kleine Kreis¬ lauf nicht mehr in’s Gleichgewicht: wenn nicht schon vorher etwas an der Herzthätigkeit *) Wir stimmen nicht bei. Red. Digitized by Google 186 auszusetzen war, so wurde sie jetzt ungünstig influenzirt: während des auch in Inter¬ laken mit aller Strenge auftretenden Winters 1879/80 stellte sich zuerst mit, dann auch ohne Capillarbronchitis ein quälendes, in immer häufigeren Paroxismen auftretendes Asthma ein, welches den Patienten zur Sistirung seiner Praxis nöthigte. Auch traten bereits die ersten hydropischeu Erscheinungen auf. Ein Frühlingsaufenthalt am Genfersee und dann ganz besonders ein Sommeraufenthalt auf St. Beatenberg hatten eine solche symptomatische Besserung zur Folge, dass Str . die anfänglich selbst pessimistisch gefärbte Prognose wieder in günstigerem Lichte zu betrachten begann und im Ernst an die Wie¬ deraufnahme seiner Praxis dachte. Allein schon auf St Beatenberg erschütterten einige rauhe Herbsttage diese Hoffnung. Iu Interlaken, wohin Str. hinunterstieg, wurde die Sache noch schlimmer — und wie die meisten Kranken sich nach dem Orte zurückseh¬ nen, wo sie zum letzten Male Linderung ihrer Leiden verspürt, zogen die schönen Tage des Spätherbstes den Patienten wieder nach St. Beatenberg zurück, wo er, nun schon stark hydropisch, Anfangs November 1880 wieder anlangte. Eine wahrscheinlich mehr der erstmaligen Anwendung der Digitalis zuzuschreibende überraschende Besserung war von kurzer Dauer, und es nahm dann das Uebel unaufhaltsam den gewohnten Verlauf. — Strasser sah nun die Hoffnungslosigkeit seines Zustandes wohl ein und alle von ihm ge¬ troffenen Vorkehren, namentlich auch die Abschiedsbriefe an entfernte Verwandte und Freunde bewiesen, dass er dem Tode mit männlicher Charakterstärke in’s Auge blickte, ln Momenten palliativer Erleichterung freilich bückte auch er sich wieder nach jenen Rosen, welche wir nicht mit roher Hand ausreissen sollen und am allerwenigsten, wenn sie noch am leidensvollen Wege eines auskämpfenden Collegen erblühen. — Sie sollten aber noch vor Sonnenuntergang vollständig verwelken: Zwischen Weihnachten und Neu¬ jahr Verliese Dr. Strasser St. Beatenberg mit dem traurigen Gefühl, das Tau vom letzten Hoffnungsanker losreissen zu sehen und sein Heim zur letzten Ruhestätte wieder aufzu¬ suchen. — Selbst seine Angehörigen mussten es begrUssen, dass ein ziemlich rasch zu¬ nehmender Collapsus den Leiden des Patienten rascher ein Ende machten, als es in vielen analogen Fällen sonst geschieht. Wenn es aber vor Allem die sympathischen Gestalten sind, die uns eine Ortschaft lieb machen, so fühlt man lange die Lücke, wenn wieder eine derselben dahin geschwunden ist und so wird Jeden , der ihn kannte, immer eia weh- müthiges Gefühl überkommen, wenn er Interlaken betritt und Collega Strasser nicht mehr zu finden weiss. M. Feuilleton. Das Lied vom Dünndarm. Vorgetragen am Bankett des Vereins der Aerzte von Zürich zu Ehren seines scheidenden Präsidenten Herrn Professor Eberlh , von Dr. C. Veraguth. 1. In des Dünndarms entzündetem Schl&nche Auf geschwelltem Peyer’schen Plaque In einem typhösen Bauche, Da sitzt das Baccillenpack. 2. Durch die markigen Zellenhaufen Spazieren sie aus und ein, Und ihre Kinder, die sprossen Bis in die Serosa hinein. 3. Im Schatten eines Follikels, Da halten sie Sitzung jetz Und berathen dem Sonderegger Ein neues Seuchengesetz. 4. Da spricht eiue alte Baccille: „Mit dem bleibt mir zu Haus! Es kommt bei der ganzen Berathung Doch wieder nichts heraus. 5. Ich will euch lieber erzählen, Welch’ Wunder mir ist arrivirt, Ala ich jüngst durch die Peristaltik In die Aussenwelt wurde spedirt. 6. Ueber Berge und duftende Triften Der laue Wind mich trieb, Bis ich zwischen einigen Schriften Von ungefähr hangen blieb. 7. Ihr kennt ja mein reges Interesse Für die neueste Literatur, Drum begreift, dass mein Auge mit Eifer Ueber alle die Blätter fuhr. 8. Und wie ich so mich vertiefe Im Studium, was ist gescheh’n? Ich hab’ im Virchou ?sehen Archive Mein eigenes Bildniss geseh’n! 9. Dazu schreibt der Eberth aus Zürich Mit Logik und vieler Geduld: Wir seien — ihr Schwestern und Brüder — Wir seien am Typhus schuld! 10. Nun schlägt das Herz mir höher In meiner Baccilien brüst, Denn dass wir dafür auf Erden, Ich hab’ es selbst nicht gewusst! Digitized by LjOOQle 187 11. Was sind wir für wichtige Fresser In diesem DUnndarmgewind! An uns hat der weise Professer Sich seine „Pilzsporen* verdient 12. Er hat auB der braunen Sauce An’s Licht der Welt uns gebracht Und aus nichtsnutzigen Piken Berühmte Leute gemacht 13. Drum, meine verehrten Collegen, Der Eberth ist unser Mann, Lang lebe er noch in Zürich, So lange er leben kann!* 14. Nachdem die Baccille gesprochen, Setzt sie sich auf ihren Steiss, Die Andern kneipen vor Freude Die Lymphe schoppenweis 15. Und rufen: „Wir h&ben’s bewiesen: Zuweilen, mit Glück und mit List, Kann Einer in Zürich ’was werden, Auch wenn er kein Zürcher ist* 16. Doch plötzlich verstummet die Freude Und tönet der Jubel nicht mehr, Denn es rudert aus dem Jejunum Ein Anchylostoma einher. 17. Auf schmutziger Aepfelschale Fährt es zum Follikel hin, Und in’s Ohr der erschreckten Baccillen Ruft hohl das Maul von Chitin: 18. „Ihr problematischen Kinder! Tn 8ehmerz eure Lust sich verkehr’, Denn der Eberth, euer Erfinder, Ist kein Pathologe mehr! 19. Entzündung und Brand und Myoosen, Die lässt er fortan jetzt sein Und paukt dafür preussische Hosen Auf’s Propmdeuticum ein. 20. Das pathologische Zürich Ist ihm geworden zu schwul, Drum setzt er sich lieber in Halle Auf einen „normalen* Stuhl. 21. Nicht plagt ihn im deutschen Norden Der Züricher Democrat — Statt dessen winken ihm Orden Und der Titel „Jeheimerath*. 22. Drum sag’ ich: Ihr kleinen Geschöpfe, Lasst lieber den Jubel sein, Und hüllt eure Zellenleiber In Schmerz und in Trauer ein.* 23. Das Anchylostom hat’s gesprochen, Das Anchylostom hat’s gesagt, Drauf wurd’ es von einem Flatus In’s Colon hinübergejagt. 24. Doch an der RauAMirschen Klappe Da wird es vom Schrecken erfasst: „Jetzt hab’ ich verdammter Lappe Das Duodenum verpasst!* 25. Nachdem die Baccillen vernommen, Die traurige Neuigkeit, Sind alle fortgeschwommen In stummem Herzeleid. 20. Sie weinen ihrem Schöpfer Eine riesige Thräne nach Und stürzen sich dann verzweifelt In den nächsten Lymphenbach. 27. Nur einige kleine Coccen, Die rufen in frohem Quartett: „Jetzt lässt er uns endlich in Ruhe Mit seinem Methyl violett! “ 28. Das bindegewebige Stratum Vereinsamt steht und öd’, Und durch die verlass’nen Fibrillen Ein leises Klagelied geht: 29. „Weh uns, wir armen Fasern! Was wohl mit uns noch geschieht? Von aller Welt verlassen Sind wir des Lebens müd’. Der Eberth mit seinem Talente Kaltlächelnd nach Halle flieht, Der Euguenin auf seinem Patente Im Triumphe durch Frankreich zieht, Und Rote im nächsten Momente Im prenssi sehen Garten erblüht: Weh uns! Es ist leider kein Zweifel, Die Structur ist nicht mehr solid, Remplern — es geht Alles zum Teufel — So werden wir amyloid!“ — Wochenberielit. Schweiz. Freiburg. Le traitemeiit »tiseptique des abseta rttro-pharyngiens. ln der Jahresversammlung der Socidtä mddicale de la Suisse romande am 21. October 1880 berichtete Dr. P. Bodehat von Freiburg über einen Fall von grossem Retropharyngeal- abscess ohne nachweisbare Knocheaaffection, der sich bei einer 44jährigen, exquisit scro- phulösen Frau im Verlauf von 2 Jahren entwickelt hatte. Nach dem Vorgang von J. Ckiene entschied »ich B. für die Eröffnung des Abscesses von der Aussengeite des Halses aus, um unter dem Schutze des antiseptischen Verbandes eine rasche Heilung zu erzielen. — Durch eine am hintern Rande des r. Kopfnickers verlaufende 8 cm. lange Incision wurde der auf der Vorderfläche der obern Halswirbel liegende, mit dünnem Eiter gefüllte Abscess eröffnet; eine Unterbindung; Drainage; Naht der Hautwunde; Lister's Verband. — Nach der Entfernung des Drains am 5. Tage erfolgte ohne Fieber vollständige Hei¬ lung fast ganz per primam bis zum 21. Tage. An Stelle des Abscesses blieb eine Ver¬ dickung der hintern Pharynxwand. B. empfiehlt diese neue, die Anwendung des antiseptiseben Verbandes gestattende BehandTungsweise für alle chronischen Retropharyngealabscesse, namentlich für diejenigen cariösen Ursprunges, deren Incision vom Pharynx aus oft von tödtlicher Infection gefolgt Digitized by Google 188 ist, während er für acute Abscesse bei der rasch zur Heilung führenden Eröffnung vom Munde aus bleiben will. Im Anschluss an diese Mittheilung gibt B. eine kurze Beschreibung der anatomischen Verhältnisse des Operationsfeldes und betont besonders, dass man sich wenigstens 1 cm. vom äusserlich sichtbaren hintern Rande des Kopfnickers entfernt halten müsse, um nicht in dessen Fasern zu gerathen. Der Lister ’sehe Verband soll den Kopf möglichst immobi- lisiren. (Bull, de la Soc. möd.) Münch. — La couleor des yeux* des che?eux et de la peau chez les enlants des icolea du cantOU de Fribourg. Ueber diese im Canton Freiburg von der eantonalen Section der naturforschenden Gesellschaft durchgeführten Untersuchungen erstattete Dr. Boeehat in der Sitzung dieser Gesellschaft vom 18. März 1880 einen eingehenden, durch zahlreiche Tabellen illustrirten Bericht. Im Ganzen wurden 15,194 Kinder untersucht Es ergab sich, dass allgemein die hellen Farben in den Augen, Haaren und im Teint die dunkeln überwiegeit, mit geringen Differenzen in den einzelnen Bezirken. Ein Einfluss des Ge¬ schlechtes liess sich nicht erkennen. Aus den erhaltenen Zahlen will B. keinerlei Schlüsse über die Herkunft der Vor¬ fahren der Bevölkerung ziehen. Diese letztere ist im Ganzen eine fast homogene und weist wegen des grossen Ueberwiegens der hellen Farben auf einen nördlichen Ursprung hin. Münch. Graubünden. .Vor einigen Wochen behandelte ich einen hiesigen Ein¬ wohner an einer leichten Keratitis (durch Fremdkörper); auf dem gleichen Auge hatte er ein nasales Pterygium, das an der Peripherie der Cornea breit und scharf absetzte; der corneale Theil desselben wurde vor einigen Jahren von dem Patienten selbst mit einem kleinen gut geschliffenen Taschenmesser ganz vorzüglich abgetragen; er operirte vor dem Spiegel. Die Cornea zeigt kaum Spuren des Dagewesenen. Das Pterygiom hatte den Mann stark genirt. An Energie fehlt es dem Volke hier nicht. Wir hatten in unserer Nähe eine kleine Scharlaoh-EpidODlte. Mehrere Fälle botea nephritische Erscheinungen, einige ziemlich hochgradig. Ich kam auf den Gedanken, an Stelle von Selterswasser die Quelle von Fideris in diesen Fällen zu versuchen und hatte Gelegenheit, einige günstige Erfolge davon zu sehen. Das Wasser erfüllt ja auch durch seinen Gehalt an Kohlensäure und Eisen mehrere Indicationen und wird von den Kindern gerne getrunken. Sollte es bisher bei Scharlach-Nephritis sonst noch nicht versucht worden sein, so möchte ich mit diesen Zeilen zu Versuchen anregen. Die Diurese wurde in meinen Fällen merklich befördert, Appetit angeregt, das Eiweiss verschwand sehr bald aus dem Urin, und die Kinder erholten sich sehr rasch und vollständig. Zürich« Vergangenen 26. Februar gab der Verein der Aerzte von Zürich seinem Präsidenten, Herrn Prof. Dr. Eberth , ein Abschiedsbankett, das sehr zahlreich be¬ sucht war und am besten bewies, welche grosse Theilnahme der Gefeierte während sei¬ nem Wirken an hiesiger Universität dem ärztlichen Vereinsleben geschenkt. Stand der IuFectlons-Krankhelten in Basel« Vom 26. Februar bis 10. März 1881. (Die Zahlen in Klammern geben je weilen die Anzahl der in früheren halben Monaten an gemeldeten Fälle an.) Von Varicellen sind 7 zerstreute Fälle angemeldet (12, 13, 12). Der ursprünglich blättern verdächtige, schliesslich masernkranke Handwerksbursche hat secundär im Absonderungshause von dem v a r i o 1 a kranken Schreinergesellen aus eine leichte, bereits abgeheilte Blatterninfection zu erleiden gehabt. Weitere Ansteckungen sind nicht aufgetreten. Masernfälle sind 7 angezeigt (1), davon 6 in Kleinbasel, 5 in evidentem Zusam¬ menhänge mit dem oben genannten Masernkranken. Von Rötheln sind 2 vereinzelte Fälle beobachtet. Von Scharlach sind 7 neue Erkrankungen angemeldet, zerstreut über die Stadt (6, 3, 8). Beim Typhus ist an die Stelle des im letzten Berichte constatirten Rückganges wieder eine neue über alle Stadttheile verbreitete Steigerung getreten. Angemeldet sind 100 neue Fälle (31, 126, 113, 48), die sich folgendermaassen.vertheilen: Digitized by Google 189 26. Dec.-lO. Jan. 11.-25. Jan . 26. Jan.-10.Feb. 11.-25. Feb. 26.Feb.-10.März. Nordwestplateau 12 . 33 36 16 32 Birsigthal 10 28 27 12 18 Südostplateau 2 31 16 6 21 Birsthal 1 2 3 1 1 Kleiobasel 5 31 31 12 28 Werden die Fälle auf den Beginn der Erkrankung verrechnet, so collidiren die Schwankungen in eigentümlicher Weise mit der Regenmenge, so dass den feuchten Wochen Abnahme, den trockenen Zunahme der Erkrankungen entspricht. Von Diphtherie und Croup sind 28 neue Erkrankungen gemeldet (32, 41, 32), der stärkste Bruchtheil, 11, vom Nordwestplateau. PertusBiß 12 neue Anmeldungen (29, 28, 15). Ery sipelas 7 Fälle (12, 14, 10). Kein Puerperalfieber. Bibliographisches. 66) Annie Besanl , Das Gesetz der Bevölkerung. In's Deutsche übersetzt von Stille, 51 S. Berlin, Verlag von Luckhardt 67) Hülfs- und Schreibkalender für Hebammen 1881. Vierter Jahrgang. Im Aufträge des „Deutschen Aerztevereinsbundes“ von dem Medicinalrath Dr. C. Pfeiffer herausge¬ geben. Weimar, Verlag von Hermann Böhlau. 68) Dr. Grosser , Therapeutische Notizen der deutschen Medicinalzeitung für 1880. Ein Anhang für jeden Medicinalkalender. 82 3. 69) Dr. C. Schwalbe, Magdeburg, Die Ursachen und die geographische Verbreitung des Kropfes. Sep.-Abz. 46 3. 1880. 70) Pansch , Grundriss der Anatomie des Menschen. II. Schlussabth. (Splanchnologie, Angiologie, Neurologie, Aesthesiologie). Mit 144 Holzschn. Berlin, 1881, Verlag von Oppenheim. 71) Crüwell , Die Diphtheritis ist keine Pilzkrankheit, sondern eine Ernährungsstörung. 2. verm. Aufl. 32 8. Danzig, 1881, Verlag von Axt. 72) Kocher , Die Hernien im Kindesalter. Sep.-Abd. d. Handb. f. Kinderkrankheiten. VI. 2. Abth. Tübingen, Verlag von Laup. 73) BiUroth f Lücke, Deutsche Chirurgie. Stuttgart, Verlag von Enke. Liefg. 51, Grünfeld , Die Endoscopie der Harnröhre und Blase. Mit 22 Holzschn., 3 F arbendrucktaf ein. Liefg. 64, Vogt , Die Chirurg. Krankh. der obern Extremitäten. Mit 116 Holzschn. und 2 Farbendrucktafeln. Briefkasten. Herrn Dr. Wyttenbach: Mit Dank retour erhalten. — Herrn Dr. Kaufmann in Z.; Dr. Nager , Luzern; Dr. Lotz, Basel; Dr. Niederhauser , Klosters; Dr. Ladame , Dombresson: Besten Dank. Refe¬ rat später. Die Neuenburger Vorschriften gegen Trichinose sind gut und zeitgemäss. Herzl. Grass. — Herrn Dr. Kappeier , Münsterlingen; Wir freuen uns von ganzem Herzen, dass Sie glücklich per tot aspera attamen ad astral Möge Ihnen am Lac leman die alte Kraft, die alte Lust wiederkommen. Unsere herzlichsten Wünsche und Grüsse! — Herrn Dr. Schnyder, Genf: Ihre Corresp. musste leider abermals verschoben werden. Später kommt’s schöner! — Herrn Prof. Quincke , Kiel: Besten Dank. Ct. Zürich. MMsksmmi. Ct. ZUrich. ' W asser*b.eilanstalt. Eröffnet den 15. März. Das älteste Etablissement dieser Art in der Schweiz, Wasserkuren, Gymnastik, Electrotherapie, klimatischer Aufenthaltsort. Post und Telegraph Hausen a. A. Nächste Bahnstation: Mettmenstetten, Linie Zürich-Luzern. 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Les mädecins patentäs depuis plus d'une annäe ne sont pas admis au concours. Lausanne le 7 Mars 1881. [H-742-L] Bureau des Seconrs pnblics. Pilul ferri cum magnesia. Die kleine Pillenform und der confitürenähn- liche Geschmack haben dieselben zu dem belieb¬ testen Eisenmittel gemacht. 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Digitized by LjOOQle COßRESPONDENZ-BLATT Am 1. und 15. jedes Monats erscheint eine Nr. l l /%—2 Bogen stark; am Schluss des Jahrgangs Titelu.Inhaltsverzeichniss. für schweizer Aerzte. Herausgegeben von Preis des Jahrgangs Fr. 10. — für die Schweiz; der Inserate 35 Cts. die zweisp. Zeile. Die Postbareanx nehmen Bestellungen entgegen. Prof» Alb« Barekhardt-Merlan und in Basel. Dr« A. Baader in Basel. N“ 7. XI. Jahrg. 1881. 1. April. Imhftlt: 1) Originalarbeiten: A. Weibel: Zur Diagnose der epileptischen Aequivalente. — Prof. Dr. Oscar Wyss: Ueber typhöse Erkrankungen durch Fleischgenuss. (Fortsetzung.) — 2) Yereinsberichte: Aus dem Protocoll der Jahree- ▼ersammlung der ärztl. Gesellschaft der Centralschweiz. — 3) Referate und Kritiken: Dr. Carl Michel: Zur Behandlung der Krankheiten der Mundrachenhöhle und des Kehlkopfes. — Dr. Carl Mordhorst: Zur Entstehung der Scrophulose und der Lnngenschwindsucht. — Prof. L. Wille und H. Widmer: Aerztlicher Bericht über die Irrenabtheilung des Bürgerspitals in Basel Tom Jahre 1879. — Prof. Dr. Isidor Neumann: Lehrbuch der Hautkrankheiten. — Dr. phil. H. Maron: Die Gesellschaft und ihre Geisteskranken. — Dr. v. Corval: Beitrag zur Beurtheilung der Hydro- und Pneumotherapie. — 4) Can tonale Corres¬ pondenzen: Basel, Zürich. — Reiseplaudereien I. — 5) Wochenbericht. — 6) Bibliographisches. — 7) Briefkasten. Opiginal-^4jrl>eiteii. Zur Diagnose der epileptischen Aequivalente. Nach einem in der aargauischen medicinischen Gesellschaft gehaltenen Vortrag von A. Weibel, Secundararzt an der Heil- und Pflegeanstalt Königsfelden. Während das Vorkommen von psychischen Störungen bei Epilepsie eine von Alters her gekannte Thatsache ist, hat bekanntlich zuerst J. Falrel in seiner Schrift: „De P6tat mental des 4pileptiques“ die specifische Natur des epileptischen Irreseins nachgewiesen. An Stelle der bis dahin mit dem generalisirenden Ausdrucke „Mania epilep- tica“ bezeichneten Formen unterschied Falret klinisch ein grand mal und ein petit mal intellectuel, wobei er zunächst zwei graduell verschiedene postepileptische Psychosen, im weitern Sinne aber auch solche periodisch wiederkehrende psy¬ chische Störungen der Epileptiker verstanden wissen wollte , welche als Ersatz der tonisch-clonischen Krämpfe, d. h. als Aequivalente der letztem aufzufassen sind. Lange Zeit blieb die Auflassung Faireis die allgemein gültige, und wenn auch vereinzelte Beobachtungen die Grenzen der Epilepsie damit nicht als feststehende gelten Hessen, so ist es doch erst der neuesten Zeit Vorbehalten geblieben, das Gebiet der epileptischen Irreseinsformen so zu erweitern, dass es heute als eines der bestentwickelten der Psychopathologie dasteht. Nachdem nämlich schon Morel , Falrel , Trousseau , Hammond und Andere einzelne transitorische Fälle von Geistesstörung als epileptische bezeichnet hatten, bei denen jedes äusserlich sichtbare spasmodische Element fehlt und wo die blosse Bewusstseinsstörung mit Stupor, Schwindel, traumartigen oder impulsiven Hand¬ lungen die Hauptsache im Krankheitsbilde darstellt (larvirte Epilepsie nach Morel), nachdem auch noch Griesinger in einem Vortrage (Archiv f. Psychiatrie L 1868) einzelne Schwindel- und Traumzustände, plötzliche Angatanfälle (mit Convulsionten 13 Digitized by LjOOQle 194 in der Jugend oder Trauma als Antecedentien) als epileptische beschrieben hatte, ist sodann im Jahre 1875 von Samt (Archiv f. Psych. V, 2 und VI, 1) eine Anzahl von 40 Fällen zusammengestellt worden, durch deren Kritik er zu der Aufstellung von 12 Kategorien, unter denen die Epilepsie auftreten kann, gelangte. Als wesentlichstes Resultat der Samf’schen Untersuchungen betrachte ich die Aufstellung einer Reihe von Irreseinsformen als specifisch epileptischer, wobei die Art der Entwicklung und des Verlaufs, sowie die Combination der Symptome als pathognomonisch erscheint. Stupor, impulsive Handlungen, verschiedenartige De¬ lirien, Verworrenheit und Erinnerungsdefcct bilden die Hauptsymptome des epi¬ leptischen Irreseins und nach der Art der Entwicklung und des Verlaufs werden die Samt' sehen Formen in postepileptische Psychosen und psychisch-epileptische Aequivalente geschieden, bei welch’ letztem motorisch-epileptische Antecedentien nicht nur fehlen können, sondern in der Mehrzahl der Fälle thatsächlich fehlen, und die uns um so mehr interessiren, als sie verhältnissmässig selten und foren¬ sisch wichtig sind. Im gleichen Jahre (1875) erschien sodann in Ziemsseris Handbuch die werth¬ volle Arbeit Nothnagel' s über Epilepsie, worin namentlich die pathologisch-anato¬ mische Seite dieser Krankheit gründlich gewürdigt, aber auch den epileptischen Irreseinsformen klinisch die sorgfältigste Beachtung geschenkt wird. Nothnagel scheidet zunächst die sccundären Formen (sympathische Epilepsie, Reflox-Epilef* sie, excentrische Convulsionen Reynolds) von der primären oder genuinen Epilep¬ sie. Dann gruppirt er die epileptischen Anfalle als Epilepsia gravior, mitior und Uebergangsformen, unregelmässige Form der Anfälle und epileptoide Anfälle, um dann in einer Schilderung der interparoxysmellen Symptome ein Bild derjenigen Zustände der Epileptiker zu geben, welche diesen namentlich das Gepräge der „epileptischen Veränderung“ aufdrücken, für die Diagnose der Krankheit aber nicht unerlässlich sind. Im Jahre 1876 publicirte sodann Kraffl-Ebing (Allgem. Zeitschr. f. Psychiatrie, XXXIII, 2) drei Fälle von epileptoiden Dämmer- und Traumzuständen, wobei er erbliche Anlage, Convulsionen in der Jugend, nervöses Temperament und zur Zeit der Pubertät Anfälle von Bewusstlosigkeit mit Aura, Denkstörungen und schreck¬ hafte Hallucinationen bei nur summarischer Erinnerung constatirte. Dass auch Schweiss-Paroxysmen und gewisse mit Aura und nachheriger Am¬ nesie verbundene Schlafzustände als Aequivalente epileptischer Anfälle auftreten können, haben Emminghaus , Westphal und Fischer (Archiv f. Psych.) nachzuweisen versucht Endlich hat Weiss (Leidesdorf, psychiatrische Studien 1877) unter dem Namen „psychische Epilepsie“ 4 Fälle publicirt, aus denen er für die Diagnose dieser Epilepsieformen folgende Symptome als charakteristisch ableitet: unvermittelter oder nur von kurzdauernden Prodromen eingeleiteter Ausbruch psychischer Stö¬ rung, die sofort oder nach wenigen Stunden ihren Höhepunct erreicht; ebenso un¬ vermitteltes Abfallen aller Symptome und vollkommene psychische Restitution; periodische Wiederkehr der Störungen in derselben Form und von demselben In¬ halte ; keine auffällige psychische Abschwächung selbst nach langer Dauer. Digitized by 195 Schüle (Handbuch der Geisteskrankheiten 1878) glaubt dieser Erweiterung des klinischen Begriffs der Epilepsie seine Bedenken entgegenstellen zu müssen und spricht sich für die vorläufige Trennung der ohne wirkliche Insulte auftretenden Aequivalente von den zweifellos epileptischen aus. Den letztem möchte er die erstem als blos „epileptoide“ gegenüberstellen und verwahrt sich namentlich da¬ gegen, dass gewisse Formen seiner „neuralgischen Transformation“ mit epilepti¬ schem Irresein identificirt werden. Kraffl-Ebing dagegen (Lehrbuch d. Psych. H, 1879) anerkennt von vornherein die Bedeutung der psychischen Insulte oder der sog. Aequivalente als gleichwer- thiger Zeichen epileptischer Neurose und vermuthet sogar, dass die bis jetzt auf¬ gestellten klinischen Bilder den Begriff der Epilepsie noch gar nicht erschöpfen, sondern dass das Grenzgebiet dieser Krankheit noch mehr erweiterungsfähig sei, indem nicht nur verschiedene Aequivalente bei demselben Individuum abwechselnd, sondern auch in einem Anfalle combinirt auftreten können. Diese Vermuthung ist bei mir zur Gewissheit geworden, seitdem ich Gelegen¬ heit habe, derartige Fälle zu beobachten. Ich erlaube mir im Nachfolgenden den interessantesten derselben mitzutheilen. Elise Sch. von Z., Näherin, geboren 1860, ist hereditär belastet. Der Vater war Potator, zwei Geschwister desselben sind geisteskrank, ebenso eine Schwester der Mutter unserer Kranken. Diese war seit frühester Jugend Waise, von schwächlicher Constitu¬ tion, litt häufig an Kopfweh, ohne je ernstlich krank gewesen zu sein. Im 15. Alters¬ jahr soll sie von einem (nicht tollen) Hunde zwei Bisse am linken Oberschenkel erhalten und ein Jahr später eine Nähnadel verschluckt haben, deren Wiederentfernung aus dem SOrper nicht constatirt werden konnte. Im Mai 1877 sei ihr auf der Strasse ein Ziegel- sttck auf den Kopf gefallen, in Folge dessen sie eine Zeit lang bewusstlos liegen ge¬ blieben und nachher mit häufigem Kopfweh behaftet gewesen sei. Zu gleicher Zeit stellte sich die erste Menstruation ein, welche profus und langdauerod gewesen sein soll. Am 9. Juli 1877 sass E. Sch. wie gewöhnlich bei ihrer Arbeit. Plötzlich warf sie die Arbeit weg, jammerte über heftigen Kopfschmerz und schrie beständig: „Sie schla¬ gen mich“, wobei sie mit beiden Händen ihreh Kopf umklammerte. Von da an war sie 3 Tage lang ganz verwirrt, sprach nur wenige unzusammenhängende 'Worte und nahm gar keine Nahrung zu sich. Am 12. Juli wurde E. Sch. in die Irrenanstalt gebracht. Sie war damals 17 Jahre alt, gross und gut gewachsen, aber körperlich wenig entwickelt Sie zeigte bei voll¬ kommener Benommenheit einen etwas hyperämischen Kopf mit starrem Blick und herab- hangendem Unterkiefer. Die Haut war vollständig anästhetisch, die Pupillen weit, wenig reactionsfähig, die Reflexerregbarkeit im Allgemeinen herabgesetzt; Puls und Temperatur normal. Die Kranke Hess sich schieben und stossen, verharrte in vollkommener Bewe¬ gungslosigkeit , ass aber, wenn man sie zu Tische setzte und ihr den Löffel in die Hand gab. Am folgenden Tage trat die Menstruation ein und alle Zeichen der Krankheit waren wie weggewischt Die Kranke benahm sich vollkommen normal, klagte blos über leich¬ tes Kopfweh. Von ihrer Verbringung in die Irrenanstalt wusste sie nichts , von allen seit dem 9. des Monats vorgekommenen Ereignissen hatte sie keine Erinnerung, es herrschte darüber complete Amnesie, E. Sch. zeigte eine für ihr Alter gut entwickelte Intelligenz, normale Stimmung und keinerlei motorische oder sensible Störungen. In gleicher Weiee wiederholten sich nun die Anfälle unabhängig von den Menses bis zum Neujahr 1878, und zwar in Intervallen von 2—20 Tagen, während welcher die Kranke nur von zeitweisen kurzdauernden Angstanwandlungen mit Herzklopfen bei voll¬ ständig erhaltenem Bewusstsein heimgesucht wurde. Den Anfällen ging meistens eine kurze Aura, charakterisirt durch Prmcordialangst Digitized by LjOOQle 196 und Herzklopfen, Hyperämie des Kopfes und Schwindel voraus. Eine fast plötzlich ein¬ tretende Remission mit completer Amnesie und leichtem Kopfschmerz folgte nach. Die Anfälle selbst dauerten von 1 Stunde bis zu 3 Tagen und verliefen als Paroxysmen von Stupor mit intercurrenten Reactionserscheinungen, Hallucinationen, ängstlichen Delirien, Verfolgungswahn und mehr oder weniger completer Anästhesie der Haut. Meistens delirirte die Kranke den Umgang mit Verstorbenen. Ihre daherigen Aeusse- rungen waren sehr monoton und erschienen meistens als Antworten auf Gehörshallucina- tionen. Der constante Inhalt der Wahnvorstellungen geht am besten aus einem Briefe hervor, den die Kranke während eines Paroxysmus am 2. September 1877 an ihren ver¬ storbenen Onkel geschrieben hat und welcher also lautet: „Lieber Onkel! Warum kannst du mich nicht allein holen? Meine Kraft erlaubt mir kaum, dir die an mich gerichtete Frage zu beantworten. Aus wessen Gründen willst du mich verfolgen, sogar misshandeln? hast mich doch erzogen viele Jahre in Gottesfurcht, und ich habe dir nichts zu Leide gethan, ich habe dich geehrt und geliebt, und jetzt ver¬ folgst du mich. Ist’s Ursache meines Lesens? oder dass ich in der Schule die Schweizer¬ geschichte unterlassen habe ? Ich verspreche Dir, Ersteres zu unterlassen und Letzteres zu wiederholen. Ich komme bald, recht bald zu dir und zur Mutter, auch in’s Wasser. Lass mich nun und weiche von mir! — Deine Elise,“ Am 9. Januar 1878 trat zum ersten Mal ein Anfall mit anderm Charakter auf. An¬ statt der vorwiegend psychischen Symptome erschienen nun einzelne Andeutungen yon motorischen Störungen, bestehend in leichten Zuckungen der Gesichtsmuskulatur und ein¬ zelner Finger, wobei das Bewusstsein ebenfalls aufgehoben war. Dieser Anfall war nur ganz kurz dauernd und von nachberiger Amnesie gefolgt Am 12. Januar traf ich die Kranke in etwas gereizter Stimmung. Sie war allein in einem Zimmer und beklagte sich über Schmerzen in einer Narbe, die von dem früheren Hundebiss herrührte. Ich untersuchte die Stelle und fand eine gut aussehende, ca. Ein- frankenstückgrosse, rundliche Hautnarbe, 15 cm. über dem Knie an der Innenseite des linken Oberschenkels, welche auf starken Druck schmerzhaft war. Gleichzeitig zeigte sie mir eine ähnliche, etwas grössere Narbe unmittelbar hinter dem linken Trochanter, welche aber viel weniger empfindlich, ja beim stärksten Drucke nicht schmerzhaft er¬ schien. Kaum hatte ich mich entfernt, als ich wieder herbeigerufen wurde, um Zeuge einer höchst interessanten Scene zu werden , die sich in der Folge noch oft wiederholte. Die Kranke wälzte sich auf dem Boden, warf sich hin und her und suchte mit einer wahren Wuth sich und Andere zu beissen, wobei sie wie ein junger Hund winselte, schäumte und schrie. Dieses Verhalten, wobei das Gesicht intensiv geröthet war, dauerte ca. Va Minute, dann folgte eine doppelt so lange Pause der Ruhe mit sichtbarem Herz¬ klopfen, frequenter Respiration, blassem Gesicht, Erschlaffung der Glieder und completer Anästhesie, worauf wieder die wuthartigen Beissversuche mit Jactation eintraten. Die ganze Scene charakterisirte sich als ein Paroxysmus mit cumulirten Anfällen von 1—3 Stunden Dauer, wobei das Bewusstsein gänzlich aufgehoben war. Nach dem Anfalle erschien die Kranke etwas ermattet, delirirte, klagte über leichten Kopfschmerz und Schwindel, fühlte sich aber im Allgemeinen nicht unwohl und negirte des Bestimmtesten jede Erinnerung an das Vorgefallene. In ganz gleicher Weise wiederholten sich nun diese Anfälle in Zwischenräumen von 8—14 Tagen während mehrerer Monate. Spielten sich dieselben im Freien ab, wie dies im Sommer oft vorkam, so geschah es auch, dass die Kranke während des Intervalls plötzlich davonrannte und so lange lief, bis sie zusammenstürzte und wieder in motorische Action verfiel. Die Anfälle traten ganz spontan auf, wenn nicht zufällig ein psychischer Reflexreiz als veranlassende Ursache des Paroxysmus gewirkt hatte. So z. B. bekam die Kranke, wie es schien, einige Mal ihre Anfälle unter dem Einflüsse einer sachbezüg- lichen Unterredung mit dem Arzte, ein ander Mal unmittelbar nach der Versagung eines Wunsches. Vom Sommer 1878 bis zum Neujahr 1879 gestalteten sich die Anfälle, anscheinend unter dem Einflüsse grosser Gaben Bromkalium, nach Quantität und Qualität günstiger. Die Paroxysmen traten seltener auf und äusserten sich als leichte motorische Reflexacte mit dem Charakter intendirter Bewegungen, gefolgt von completer oder theilweiser Amnesie. Digitized by LjOOQle 197 Vom Neujahr 1879 an trat kein Anfall mit motorischen Symptomen mehr auf; viel¬ mehr gestalteten sich die Paroxysmen als vorübergehende ein- bis mehrstündige Anfälle von Schwindel mit Prscordialangst, hallucinatorischen Delirien und leichter Benommenheit mit nachfolgender Amnesie oder blos summarischer Erinnerung. In den Sommermonaten blieben die Anfälle ganz aus; die Kranke verhielt sich in jeder Beziehung normal und zeigte sich so leistungsfähig, dass wir sie vom October an als Wärterin einer morphium- süchtigen hysterischen Dame verwendeten. In dieser Eigenschaft machte sich unsere Reconvalescentin anfänglich ganz gut, fühlte sich wohl und besorgte die Dame zur gröss¬ ten Zufriedenheit Bald aber verschlimmerte sich ihr Zustand wieder und nachdem sie einige Zeit über allgemeines Unbehagen, über Schlaflosigkeit, Angst und Herzklopfen ge¬ klagt hatte, stellte sich plötzlich Ende November wieder ein Anfall ein, welcher ganz in der Weise der früheren mit heftiger Jactation, Beissversuchen, Schäumen, Schreien, An¬ ästhesie und Erinnerungsdefect verlief. Solche Anfälle wiederholten sich nun wieder öfter, gewöhnlich in Zwischenräumen von 4—5 Wochen, aber ohne Rücksicht auf die Zeit der Menstruation, und hatten eine durchschnittliche Dauer von */« Stunden. Dazwi¬ schen oder am Platze derselben erschienen aber auch wieder leichte Paroxysmen von transitorischem 1—12 Stunden dauerndem Schwindel, Herzklopfen, Depression, Angst, Umherlaufen, zuweilen auch Anfälle von tagelangem Stupor mit Mutacismus und erschwer¬ ter Apperception, oder hallucinatorisch-persecutorische Delirien mit heftigen psychomoto¬ rischen Entladungen in Form von Selbstmordversuchen, Gewaltthätigkeiten und Zerstö¬ rungstrieben. Gleichzeitig waren aber auch im Charakter der Kranken Veränderungen eingetreten, die sich namentlich in den anfallsfreien Zeiten zeigten und sich durch extreme Lust- und Unlustgefühle, Reizbarkeit, Launenhaftigkeit, Idiosyncrasien, Antipathien und Sympathien und häufige Buicidiumsneigung äusserten. Im Sommer 1880 trat, wie im vorhergehenden Jahre, wiederum eine Intermission ein. Nachdem seit 1. Juni keine Anfälle mehr vorgekommen, verschwanden nach und nach auch die intervallären Krankheitssymptome vollständig, so dass E. S. am 16. Scpt. versuchsweise nach Hause entlassen werden konnte. Leider erschien aber schon am 25. October wieder ein Anfall, der den abermaligen Eintritt in die Anstalt veranlasste. Seither ist der Zustand der Kranken wieder ganz derselbe, wie vor Neujahr 1880 und es erscheinen in unregelmässigen Zwischenräumen die Anfälle in derselben Mannigfaltig¬ keit und mit denselben IntenBitätsschwankungen wie früher, ohne dass die intervallären hysterischen Symptome sich wieder eingestellt hätten. Während die leichten Dämmerzustände eine summarische Erinnerung zurücklassen, besteht für die ganze Dauer der heftigen psychomotorischen Paroxysmen completer Er¬ innerungsdefect Der Beginn der Anfälle ist meistens ein plötzlicher, unvorbereiteter; seltener gehen ihnen auraartige Symptome in Form von Schwindel, Kopfweh, vermehrter Herzaction, Hyperämie des Gesichts und Angstzustände voraus. Niemals erscheint die Aura von einer peripheren Erregung hervorgerufen. Berührung oder Compression der Narben ist nicht im Stande, den Eintritt des Anfalls zu beschleunigen. Die Temperatur scheint während der heftigen Anfälle erhöht zu sein, die Controle durch das Thermometer war aber bis jetzt nie möglich, da die Bewegungen der Kranken die Application nicht erlaubten. Die Lösung der Anfälle erfolgt gewöhnlich innert einiger Minuten; ein leicht stuporöser Zustand führt in denjenigen der vollkommenen Lucidität über. In diesem ver¬ hält sich die Kranke normal; nur klagt sie hie und da über Schwindel und Kopfschmer¬ zen und ist zu leichter psychischer Depression geneigt. — Ein classischer , klonisch¬ tonischer Krampfanfall wurde n i e beobachtet. — Körperlich hat sich die Kranke wäh¬ rend der letzten 2 Jahre gut und kräftig entwickelt und ist auch geistig nicht zurück¬ geblieben. Analysiren wir den Fall in Bezug auf Anamnese, Symptome und Ver¬ lauf, so gelangen wir zu folgenden Erörterungen: E. Sch., väterlicherseits hereditär belastet, bis zu ihrer Pubertät gesund, er¬ krankt in ihrem 17. Lebensjahre plötzlich an einer 4 Tage dauernden psychischen Störung, welche sich durch Kopfschmerz, Delirien, Hallucinationen, Anaesthesie und Erinnerungsdefect cbarakterisirt. Getrennt durch Intervalle von 2—20 Tagen, Digitized by Google 198 in denen sich die Kranke vollständig normal befindet, wiederholen sich die Paroxys- men in ähnlicher Weise etwa ein halbes Jahr lang mit kurzer Aura, Stupor, me¬ lancholischen Hallucinationen, Delirien, Ansesthesie, traumartigen Handlungen und Erinnerungsdefect und führen zur Diagnose: epileptische Geistesstö¬ rung. Es lag natürlich nahe, an einen causalen Zusammenhang mit der in der Anamnese erwähnten Kopfverletzung zu denken, welche einige Wochen vor dem Eintritt stattgefunden haben sollte. Der Mangel irgend einer sichtbaren Wunde oder Narbe am Kopfe, sowie das unmittelbare Ineinandergreifen von Anfall und Menstruation erweckten aber die Vermuthung, es möchte sich damals (im Mai 1877) ebenfalls um einen, und zwar den ersten epileptiformen Anfall gehandelt haben, welche Vermuthung sich bald darauf zur Gewissheit steigerte, als ich durch nach¬ trägliche Erkundigungen erfuhr, die Kranke sei zwischen zwei Ortschaften auf der offenen Landstrasse, also an einer Stelle, wo kein Ziegelstück herabfallen konnte, von jenem Anfalle überrascht worden. Damit ist die traumatische Natur der Krankheit wenigstens nach dieser Richtung widerlegt und es kann sich nur noch um den ätiologischen Einfluss der angeblich verschluckten Nadel oder des consta- tirten Hundebisses handeln. In ersterer Beziehung ist zunächst zu erinnern, dass die Angabe nicht beglau¬ bigt ist; sodann muss ich gestehen, dass mir ein causaler Zusammenhang, voraus¬ gesetzt, die Nadel sei stecken geblieben, nur dann plausibel erscheint, wenn durch die Lagerung des Fremdkörpers die mechanische Reizung eines Nerven zustande gekommen wäre. Dafür sind in unserm Falle aber durchaus keine Anhaltspuncte vorhanden und es muss bei dem gänzlichen Mangel an solchen die Sache nur in sofern im Auge behalten werden, als darüber meines Wissens noch nichts in der Literatur bekannt ist. Anders gestaltet sich die Sachlage mit Beziehung auf den zweiten Punct. Beim Eintritt von cumulirten Anfällen mit Jactation, Beissversuchen und andern motorischen Symptomen, indem der 2 Jahre vorausgegangene Biss eines Hundes und die Art des Auftretens dieser Anfälle zunächst an eine Reflexneurose denken lassen. Den Zusammenhang könnte man sich nach dem Sitze der Narben ganz wohl so construiren, dass durch den Biss an der Innenseite des Oberschenkels der Nerv, cutan. fern, int., an dem Trochanter der Nerv, cutan. fern. anfc. extern, ver¬ letzt worden sei, oder dass sich durch die Narbenbildung eine dauernde Zerrung dieser sensiblen Nervenäste und dadurch ein Irritationszustand des Nerven gebil¬ det habe. Ist es doch bekannt, dass solche periphere Nervenverletzungen, sei es durch Etablirung eines permanenten Reizzustandes im Nerven oder durch centri- petales Fortkriechen eines Entzündungsprocesses (vide Hitzig , Untersuchg. über d• Gehirn p. 192) hie und da zu centralen motorischen Reizerscheinungen , ja sogar secundär zu wahrer Epilepsie führen, bei der dann aber eine gleichförmige, meist von der lädirten Stelle ausgehende Aura, die Möglichkeit der Production von An¬ fällen durch Druck auf die Narbe und die Gleichförmigkeit der Paroxysmen als charakteristisch erscheint. In unserm Falle vermissen wir im weitern Verlaufe sowohl die Constanz der Aura, als die Gleichförmigkeit der Anfälle, wir sind auch nicht im Stande, Pa- Digitized by LjOOQle 199 roxysmen künstlich zu erzeugen, wir finden im Gegentheil eine grosse Mannigfal¬ tigkeit der Insulte, so dass die Vermuthung einer peripheren Nervenverletzung ätiologisch nicht gerechtfertigt ist. Ebenso verhält es sich auch mit dem Einflüsse der Menstruation und etwaiger Erkrankungen des Genitalapparates, indem die ein¬ zelnen Anfalle mit der periodischen Ovulation nicht oder nur zufällig coincidiren und auch die diagnostisch und therapeutisch angewendete Ovarialcompression ohne positives Resultat geblieben ist. Alles was wir in dieser Beziehung vermuthen können, ist die Einwirkung menstrualer oder psychischer Erregungszustände als occasioneller Ursachen zur Production der Krankheitsparoxysmen. Der Krankheitsverlauf zeigt eine deutliche Modification der Anfälle. Diese werden nicht nur seltener, sondern verändern auch ihren Charakter, indem sie zuerst als leichte motorische Reflexacte in der Form'von impulsiven Handlungen, dann als Paroxysmen ohne motorische Störungen, als rein psychische auftreten, um dann 3 Monate lang ganz zu sistiren. Vorbereitet durch Prodrome tritt nach Verfluss dieser Zeit wieder ein heftiger Beissanfall ein. Diese Anfälle wiederholen sich in genau derselben Weise, werden aber zeitweise substituirt durch leichte Dämmerzustände oder heftige psychomotorische Paroxysmen mit impulsiven Hand¬ lungen. Dadurch erscheint der Fall als ein ebenso complicirter als interessanter, und wird es noch mehr durch die in den letzten Monaten hinzugekommenen interval- lären Symptome, welche einen ausgesprochen hysterischen Charakter zeigen. Dass es sich hierbei nicht um die Transformation in eine Hystero-Epilepsie im Charcot - sehen Sinne handelt, wobei hysterische und epileptische Krämpfe in demselben Anfall gemischt Vorkommen (Hysterie ä crises combinües), geht schon aus der einfachen Betrachtung unseres Falles hervor. Vielmehr erscheint die Krankheit nach wie vor als eine rein epileptische, wobei die später hinzugekommenen inter- vallären Symptome nur die Bedeutung einer Complication beanspruchen können, deren hysterischer Charakter allerdings sehr auffällig ist. Bedenken wir aber, dass die Kranke längere Zeit unter dem Einflüsse einer hysterischen Umgebung stand und vergegenwärtigen wir uns die leichte Empfänglichkeit neurotisch angelegter Personen für hysterische Affectionen (imitatorische Ansteckung), so können wir dieser Erscheinung um so mehr die Bedeutung einer Complication vindiciren, als dieselbe nur vorübergehend auftrat und seit Monaten wieder gänzlich verschwun¬ den ist. Ich finde für diese Verlaufsart in der mir zugänglichen Literatur kein Ana¬ logon. Nach den Auseinandersetzungen von Scholz (Arch. f. Psych. 1879, IX, 3) gibt es allerdings Fälle, wo die Krankheit als echte Epilepsie beginnt und sich später Hysterie hinzugesellt; allein dann werden auch die Anfälle hysterisch und es kommt zu jener Form, für die Landouzy den Namen Hystärie k crises distinctes eingeführt hat ln unserm Falle aber fehlen die hysterischen Paroxysmen gänzlich und die 'Anfälle behalten den ursprünglichen Charakter, nachdem sich intervalläre hysterische Symptome zugesellt haben. Differentialdiagnostisch können überhaupt nur zwei Möglichkeiten in Betracht kommen: Epilepsie oder Hysterie. Gegen die letztere spricht das Auftreten der Digitized by LjOOQle 200 Krankheit vor vollendeter Geschlechtsreife, der Mangel an hysterischen Sympto¬ men vor dem Auftreten des ersten Anfalls, sodann aber auch das Fehlen einer constanten hysterischen Veränderung (des hysterischen Charakters) überhaupt, und nicht zum Mindesten die Art der Anfälle , welche trotz ihrer Mannigfaltigkeit im Einzelnen doch eine gewisse Stereotypie zeigen, wie sie nur der Epilepsie eigen ist. Vor Allem aber ist die epileptische Natur der Krankheit charakterisirt durch dio fast ausnahmslos den Paroxysmen folgende complete Amnesie, durch das Auf¬ treten der Anfälle in Serien (cumulirte Anfälle) und die während der Pause zwi¬ schen den cumulirten Anfällen herrschende Trübung des Bewusstseins, was nach Scholz (1. c.) bei Hysterie nicht Vorkommen soll, während nach ihm entgegen der ältern Anschauung auch die hysterischen Krämpfe durch Aequivalente ersetzt werden können, so dass dieses Verhalten für die Differentialdiagnose nicht zu ver- werthen ist. Dagegen darf als unterstützend für die Diagnose auf Epilepsie an¬ geführt werden: die Heredität, der Begino der Krankheit zur Zeit der Pubertäts¬ entwicklung, das Auftreten der Anfälle ohne nachweisbare Veranlassung (nament¬ lich ohne Beeinflussung durch die Sexualorgane), die Gleichartigkeit der Aura, das Vorkommen von häufigen Kopfschmerzen, Neigung zu Schwindel und leichter psychischer Depression als intervallärer Symptome. Dass die Intelligenz nach jahrelanger Dauer nicht beeinträchtigt erscheint, kann nach den Erfahrungen aller vorurteilslosen Beobachter nicht auffallen, um so weniger, als für die Verlaufsweise der Epilepsie unter der Form von psychi¬ schen Aequivalenten die Integrität der geistigen Fähigkeiten zur Regel gehört. Königsfelden, im December 1880. Ueber typhöse Erkrankungen durch Fleischgenuss. Vortrag von Prof. Dr. Oscar Wyss. (Fortsetzung.) Ausser den von uns selbst gesehenen und den nach den gütigen Mitteilungen des Herrn Dr. Steffen in Regenstorf und unseres Vaters geschilderten Erkrankungen kamen in W. noch einige weitere solche vor, die unter demselben Bilde einsetzten und dieselben Entwicklungsphasen durchmachten. Die leichtest Erkrankten hatten nur Erbrechen und Diarrhoe, zum Theil mit Leibweh verbunden, zu erleiden und genasen binnen 1—2 oder 3 Tagen; wenige waren blos matt und abgeschlagen. Das Gesammtkrankheitsbild ist uns von un¬ serem Vater, der weitaus die meisten Kranken behandelte, folgendermaassen skiz- zirt worden: „So viel ich in Erfahrung bringen konnte, sind es 29 Erkrankte gewesen, welche ärztliche Hülfe in Anspruch genommen haben. Davon sind 5 Fälle sehr leicht und innert 8—10 Tagen abgelaufen, auch wohl kaum 2 oder 3 Tage (meh¬ rere gar nie) bettlägerig gewesen, so dass sie wohl als blosse Darmcatarrhe an¬ gesehen werden dürften, wenn nicht Ursache und Zeit mit den übrigen Erkran¬ kungen zusammengefallen wären. 14 Fälle erwiesen sich als schwerer und be¬ durften 3—4 Wochen; am zweiten oder dritten Tage nach dem Fleischgenuss trat bei den meisten Durchfall, selbst mit Tenesmus, und bis 20 in 24 Stunden, bei Digitized by LjOOQle 201 einigen Erbrechen auf, was 1—2 Tage dauerte; dann folgten Kopfweh, Schläfrig¬ keit ohne guten Schlaf, Müdigkeit und oft Schmerzhaftigkeit der Glieder und des Rückens, meist leichter Frost, darauf grössere Hitze, Schweisse, Durst neben völlig fehlender Esslust, Schmerzhaftigkeit des leeren oder wenig aufgetriebenen Bauches bei Stuhlverstopfung. Der Harn war bräunlich bis braun, fast nie sedimentös, schwach sauer, enthielt stets vielen Farbstoff und ausnahmsweise wenig Eiweiss. Sensorium gedrückt, getrübt, aber Delirien nur ausnahmsweise; Puls 90—100, Tem¬ peratur 38,5—39,5°. Um den 7.—9. Tag erschienen zahlreiche Roseoise, von Brust und Bauch sich über Rücken und Extremitäten verbreitend. Dieser Zustand dauerte 10—14 Tage mit geringen Abwechslungen an, dann folgte die Wieder¬ genesung ziemlich rasch. — 10 Fälle müssen als eigentlich schwere taxirt werden; wenn auch einige mit 4 Wochen abgelaufen waren, so bedurften die meisten 5 Wochen und einer endigte erst in der siebenten. Das Fieber wurde heftiger, Puls bis 120, klein, dicrotisch, Temperatur bis 40,5° (einmal 40,8° beobachtet), die Schweisse profus, Delirien häufig, noch mehr Torpor mit sehr decomponirtem Ge¬ sicht, Schwerhörigkeit, Schwerbeweglichkeit der trockenen Zunge, unbewusstem Harnabgang, röchelndem Athem, zuweilen blutigem Auswurf. Dreimal kamen Darmblutungen vor, einmal lange dauernde Hämaturie, einmal profuse Menses mit gleichzeitig abundantem Nasenbluten; in einem Falle erreichte die psychische Er¬ regung Charakter und Grad eines vollständigen Delirium potatoris mit gleichzeitig schwerem Bronchialcatarrh (resp. Pneumonie). Von den 29 schwerer, für längere Zeit als nur 1—3 Tage Erkrankten sind 4 gestorben; 3 Kinder von 4, 8% und 10% Jahren in einem und demselben Hause (cf. letzte Nummer). Die Erkrankten vertheilen sich: auf Würenlos 15 Personen Oetlikon 3 n Oetweil 7 V Hüttikon 2 Ji Otelfingen 2 r> 29 Personen, Männlichen Geschlechtes sind 10 Weiblichen „ „19 Summa 29. Dem Alter nach: unter 5 Jahren 1, gestorben 1 über 5—10 „ 1, 1) i „ 10-15 „ 6, n i „ 15—20 „ 3, n 0 n 20 30 „ 5, n 0 „ 30-40 „ 5, n 0 „ 40—50 „ 3, n 0 „ 50 - 60 „ 3, 7i 0 „ 60—70 „ 2, n 1 Erkrankt 29, gestorben 4. Digitized by LjOOQle 202 Dass die Würenloser Epidemie durchaus identisch mit der Klotener und mit der Andelfinger Epidemie, kann nach dem Mitgetheilten und dem über letztere Epidemien allgemein Bekannten keinem Zweifel unterliegen. Der Beginn, die Symptome, der Verlauf, die Krankheitsdauer, das Auftreten einzelner secundärer Fälle und auch die Aetiologie sind diesen frühem Epidemien vollkommen entspre¬ chend. Nach einer Zusammenstellung unseres Vaters haben von den 29 schwerer Erkrankten, die in ärztliche Behandlung kamen: a) 10 Sonntags den 27. Juni Znüni Kutteln so gegessen, wie sie vom Metz¬ ger kam; b) 10 ausser den Kutteln am 27. schon am 25. oder 26. Kalbfleischvoressen von einem am 23. getödteten sehr jungen und kranken Kälbchen gegessen; c) 3 assen am 28. und 29. Kutteln, die nicht mehr frisch aussahen und deshalb nochmals abgekocht wurden; d) 3 verspiesen blos Wurst; e) 1 will nur Voressen gegessen haben; f) 1 will gar nichts von diesen Dingen genossen haben. Hervorgehoben muss werden, dass eine Anzahl Personen (angeblich 13) von den aufgezählten Dingen assen, ohne irgendwie krankhaft davon afficirt zu werden. Von dem ursprünglichen Besitzer des fraglichen Kalbes und seiner Familie sind nicht nur Lunge, Leber, Herz, sondern sogar der Magen und die Gedärme, Milt und Gehirn dieses Thieres ohne irgend einen Nachtheil verspiesen worden. Das geschah, wie der Genuss des Kalbsbratens, am Tage als das Kalb geschlachtet worden war oder am darauf folgenden Tage, nämlich am 23. und 24. Juni, also zu einer Zeit, als das Kalbfleisch noch vollkommen frisch war. Niemand, weder in Würenlos noch in einer der andern Gemeinden, ist unter gleichen oder ähnlichen Erscheinungen erkrankt, der nicht von der fraglichen Fleischspeise gegessen hatte (einer einzigen entschieden zweifelhaften Ausnahme ist eben erwähnt worden). Nach dieser Zusammenstellung scheint evident die Kutteln diejenige Speise gewesen zu sein, die am meisten Unheil angerichtet hatte. Und doch stammte die Kutteln von einem gesunden jungen Ochsen her, der Samstag den 26. Juni Vormittags in der öffentlichen Metzg zu W. von Metzger Sch. geschlachtet worden war, der in durchaus regelmässiger Weise gemästet war, und völlig gesund so¬ wohl vor als auch nach dem Tode befunden wurde. Das Fleisch etc. wurde in dem öffentlichen Metzglocal verkauft und Niemand erkrankte vom Genuss der in dieser Gemeindemetzg gekauften Fleischspeisen. Die Kutteln (Magen) des Thieres hatte Metzger Sch., wie gewohnt, mit in sein ca. 5 Minuten entferntes Haus genommen. Hier wurden sie in üblicher Weise < präparirt: gereinigt, etwa 3 Stunden lang anhaltend gekocht, wieder geputzt und alsdann zum Verkauf auf bewahrt. Dieses Kochen fand am 26. Juni um die Mit¬ tagszeit statt; Nachmittags 3 Uhr war sie bereits soweit präparirt, dass sie von Angehörigen des Metzgers und Gespielinnen des jüngsten Töchterchens desselben gegessen wurde. Die Reinigung und Präparation fand in der kleinen Privatmetzg des Metzgers Sch., einem sog. „Wurstmetzgli“, statt, wo nicht die grösste Rein- 203 lichkeit stattfand. Hier war am 23. Juni Vormittags ein wegen Nabelentzündung (das Dach Angabe des Sohnes des Metzgers Sch. auch geschwollene Beine gehabt haben soll) noch vor dessen erwartetem spontanem Tode getödtetes, 3 Tage altes Kälbchen ausgeweidet und zubereitet worden; ein Theil des Fleisches hievon wurde als Braten und als Voressen besonders vom Metzger Schmidt und seiner Familie (incl. Arbeitsleuten, die er zum Heuen hatte und die von dem Braten ohne jeden Nach¬ theil assen) verzehrt. Ein anderer Theil wurde verkauft und z. B. im Oasthaus zum R. consumirt, wo so zahlreiche Familienglieder erkrankten und drei Kinder starben. Uebrig bleibende Reste wurden in jener Wurstmetzg am 26. Juni Mit¬ tags wahrscheinlich gehackt und das gehackte Fleisch sofort oder am folgenden Tag zu Würsten verarbeitet Das gehackte Fleisch wurde im gleichen Gefäss aufbewahrt, wo die Kutteln; letztere lag unten, ersteres darauf. Unzweifelhaft kam auf diese Weise die frische gesottene Kutteln des gesunden Thieres mit dem bereits 4 Tage alten Kalbfleisch in Berührung. Ob die Kutteln mit dem gehackten Kalbfleisch auch noch auf andere Weise in Berührung kam, liess sich nicht bestimmt nachweisen, ist aber bei der sorglosen Behandlung, die allgemein das Wurstfleisch trifft, sehr wohl möglich. Dass vielfach für beide Gegenstände, Kalbfleisch und Kutteln, die gleichen Instrumente und Geräthe zur Aufbewahrung etc. benutzt wurden, ist theils sehr wahrscheinlich, theils sicher, und es unterliegt, auch nach der festen Ueberzeugung unseres Vaters, keinem Zweifel, dass die grosse Giftigkeit der vom 26.—29. Juni von Metzger Sch. bezogenen Kutteln daher rührt, dass diese, an und für sich normal, auf irgend eine Weise mit dem bereits 3 —4 Tage alten, in Zer¬ setzung begriffenen, von einem sehr jungen und kranken Kalbe h e r s t a m m e n d c n Hackfleisch in directe Berührung kam, res p. dadurch verunreinigt wurde und durch diese Ver¬ unreinigung seine Giftigkeit erlangte. (Fortsetzung folgt.) V ei*einsl>eiriolite. Aus dem Protocoll der Jahresversammlung der ärztl. Gesellschaft der Centralschweiz den 4. December 1880 im Hotel du Lac in Luzern. Präsident: J. Äöa/i, Actuar: G . Nager . Anwesend 33 Mitglieder. Eröffnung der Verhandlungen: 11 Uhr. Der Präsident gedenkt des im letzten Jahre hingeschiedenen verdienten Mit¬ gliedes H. Glanzmann. Zu Ehren seines Andenkens erhebt sich die Versammlung von ihren Sitzen. An Sectionsberichten sind nur diejenigen von Luzern und Sursee eingegangen. Es wird beschlossen, von deren Verlesung diesmal Umgang zu nehmen. Herr L. Suidler berichtet über die Thätigkeit der von der letzten ausserordent- Digitized by LjOOQle 204 liehen Versammlung bestellten sog. Blättern-Commission, die, durch den kürzlich gefassten Beschluss des Gr. Käthes, behufs Bereithaltung eines Pocken- spitales in Rathhausen das nöthige Inventar von der Stadt Luzern zu erwerben, ihre Aufgabe als gelöst betrachtet. An Stelle des schwerkranken Quästors legt der Actuar die Jahresrechnung ab. Dieselbe wird genehmigt und zugleich auf den Vorstandsantrag ein Geldbei¬ trag von Fr. 200 an die Rettungsanstalt Sonnenberg bewilligt. Es werden gewählt für 1881 als Präsident: J. Rösli, Quästor: Z. Fassbind, Actuar: G. Nager ; ferner als ärztliches Mitglied in* die Commission des cant. Irren- hülfsvereins: L, Studier , als Rechnungsrevisor: A. Steiger . Herr Z. Fassbind von Gersau bringt als die Frucht einer nahezu dreissigjähri- gen Beobachtung klimatologische Mittheilungen vom Vierwald¬ stättersee, die er durch zahlreiche meteorologische Tafeln veranschaulicht. Er stützt sich in erster Linie auf die Angaben der meteorologischen Station Gers¬ au, hält aber die klimatischen Verhältnisse am ganzen Südabhang des Rigi, also auch von Vitznau und Weggis, für wenig davon abweichende. Eine Vergleichung der Temperaturverhältnisse zwischen Montreux und Gersau ergibt nicht nur für den Frühling und Herbst, sondern auch für die Wintermonate fast identische Zahlen. Auch in Bezug auf Feuchtigkeitsgehalt der Luft und Ge- schütztheit gegen die Nordwinde entspricht das Ufer am Südabhang des Rigi allen Anforderungen an einen klimatischen Curort. Dagegen hat es ebenfalls wie Montreux den Nachtheil häufiger Nebel in den Monaten November, December und Januar, so dass es nur zu Frühlings- und Herbstcuren empfohlen werden darf. Der Vortragende weist schliesslich noch auf die klimatischen Vorzüge des durch die Gotthardbahn ebenfalls dem Vierwaldstättersee, zugleich aber auch Ita¬ lien näher gebrachten Ursern-Thales hin, das ab Höhencurort ein zweites Davos werden dürfte und sich auch in der That durch günstige Mortali¬ tätsverhältnisse auszeichne. Dr. A- Steiger bemerkt im Anschluss an den Vortrag, dass nach seinen Erfah¬ rungen das Höhenklima (Davos) weniger für die sog. erregbare Form der Phtbisis passe und dass gerade für diese letztem der Aufenthalt in Gersau, Vitznau, Weg¬ gis oder in den wenigstens 300 Fuss über dem See gelegenen Pensio¬ nen um Luzern ihm nicht weniger passend scheine, als der in Montreux. Er glaube ebenfalls an die Möglichkeit, im Ursernthale einen allen Anforderungen entsprechenden Wintercvirort zu schaffen. — Stellt den Antrag, es solle zum wei¬ tern Studium der Frage eine Specialcommission niedergesetzt werden, die der Vor¬ stand zu bestellen habe. Herr Apotheker Otto Suidter , zur Zeit Präsident der luzerner naturforschenden Gesellschaft weist auf die seit Kurzem hier errichtete meteorologische Station hin, deren Bestand noch finanziell fester begründet werden sollte; er empfiehlt dieselbe zur Unterstützung. Beschlüsse: a) Nach Steiger' s Antrag wird der Vorstand beauftragt, eine klimatologische Commission zu bezeichnen. Digitized by LjOOQle 205 b) Es sei vorläufig für drei Jahre ein jährlicher Beitrag von Fr. 50 an die hiesige meteorologische Station zu geben. Herr Siegfried Stöcker von Luzern hält einen Vortrag über die häufigem Lageveränderungen der Gebärmutter. Er bespricht zuerst die nor¬ male Lage derselben, dann die diagnostischen Hülfsmittel und behandelt eingehen¬ der in Bezug auf Diagnose und Therapie den Prolapsus uteri und die Versionen. Herr J. Heller spricht bei Prolapsus der operativen Behandlung das Wort ge¬ genüber derjenigen mit Pessarien und warnt besonders vor dem Gebrauch der intrauterinen. Herr A. Steiger ist ebenfalls gegen die Stäbchenbehandlung, glaubt aber andere Pessarien für einzelne Fälle passend. Mit Rücksicht auf die vorgerückte Zeit wird auf den Vorschlag von Herrn C . Näf dessen angekündeter Vortrag verschoben und Herr Apotheker Otto Suidter weist der Versammlung noch Proben einer Anzahl neuerer Arzneimittel vor, wobei er über deren Herkunft, Darstellung und pharmacodynamisehe Eigenschaften in¬ teressante Mittheilungen macht. Es wurden besprochen : Cort. Quebraccho, Jabo- randi mit Pilocarpin, Tinctura Gelsemii, die Cortex Coto, das Goapulver mit der Chrysophansäure, das Resorcin und die Piperacee Cava-Cava. Schluss: 2 Uhr. — Nachher gemüthliches Mittagessen. Referate und Kritiken. Zur Behandlung der Krankkeiten der Mundrachenhöhle und des Kehlkopfes. Practische Beiträge von Dr. Carl Michel in Cöln. 1880. 120 Seiten. Leipzig, F. C, W. Vogel. Der durch mehrere Specialarbeiten, unter Anderm auch durch eine 1876 erschienene Monographie der Krankheiten der Nasenhöhle rühmlichst bekannte Verfasser will in der vorliegenden Schrift „nur von denjenigen krankhaften Processen auf dem bezeichneten Gebiete handeln, worüber er im Laufe einer elfjährigen specialärztlichen Thätigkeit mit- theilenswerthe und den gewöhnlichen Anschauungen nicht ganz entsprechende Erfahrun¬ gen gesammelt hat“ und wünscht, dass das Werkchen „möglichst weit Uber den Kreis der Specialisten hinaus bei den practischen Aerzten Verbreitung finde“. Auch Ref. glaubt, dass die wirklich practischen Beiträge für jeden Arzt werthvolle diagnostische und therapeutische Winke enthalten. Diese sind um so leichter zu ver¬ wenden, als sie sich zum guten Theile auf Krankheiten beziehen, bei denen weder com- plicirte Untersuchungs- noch besondere theure Heilvorrichtungen nöthig sind. Zudem darf wohl bei den meisten jüngern Aerzten vorausgesetzt werden , dass sie mit dem Kehlkopfspiegel so gut wie mit dem Augen- und Ohrenspiegel vertraut seien, und auch die galvanocausti8chen Apparate, die hier mit besonderem Vortheile zur Verwendung kommen, werden jetzt so bequem und billig hergestellt, dass wenigstens für einen in einer grössern Ortschaft wohnenden Practiker, vor Allem aber auch für kleinere Kranken¬ häuser sich die Ausgabe wohl rechtfertigt. — Bemerkenswerth in dieser Beziehung ist noch und würde gewiss von jedem unbefangenen Collegen unterschrieben, was der Verf., der doch im Besitze einer Kalklichtlampe ist, bekennt: dass nur zu oft künstliche Be¬ leuchtung eine hyperämische Schleimhautfärbung vortäuscht und dass darum das Sonnenlicht, das ja allen Uutersuchern in gleicher Weise zur Verfügung steht, durch nichts zu ersetzen ist. Dass es Bich übrigens in der vorliegenden Arbeit keineswegs etwa um seltene Krankheiten handelt, wird am einfachsten aus der Aufzählung einzelner Capitelüberschrif- ten klar. So werden darin besprochen die Schlingbeschwerden, die Hypertrophie der Digitized by LjOOQle 206 Gaumenmandeln, der chrouische Rachen- und der chronische Kehlkopfcatarrh, Kehlkopf¬ geschwüre, die Lähmung des Gaumensegels u. s. w. In therapeutischer Beziehung möchten wir nachfolgende zwei Anwendungsweisen der Galvanocaustik besonders hervorheben, die noch weniger allgemein bekannt sind und von den auch Ref. aus vielfacher eigener Erfahrung rühmen kann, dass sie den classischen drei Anforderungen cito, tuto und jucunde ziemlich vollkommen entsprechen. Da diesel¬ ben zudem in anschaulichster Weise geschildert sind, so ist jeder Inhaber der betreffen¬ den Instrumente in den Stand gesetzt, sich sofort von der Richtigkeit des Folgenden selbst zu überzeugen. Gegen diejenige hier zu Lande recht häufig vorkommende und bisher wegen ihrer Hartnäckigkeit berüchtigte Form des chronischen Rachencatarrhes, welche als die hyper¬ trophische oder granulöse bezeichnet wird, hat Verf. schon 1872 die galvano- caustische Aetzung aller hypertrophischen Stellen als die bequemste und erfolgreichste Behandlung empfohlen und ist in der vorliegenden Schrift im Falle, sein früheres Urtheil durch zahlreiche Beobachtungen Anderer erhärten zu können. Der Gedanke, die vergrösserte Gaumenmandel mit dem Galv&nocauter zu zerschneiden, stammt von Voltolini her; die seither schon viele hundert Male wieder¬ holte und vom Verf. zur Methode ausgebildete Operation scheint auch nach des Ref. Er¬ fahrungen, gegenüber der Entfernung mittelst schneidender Instrumente ausser dem gros¬ sen Vortheile der Gefahrlosigkeit bei unruhigen Kranken noch besser gegen Recidive zu schützen. — Man muss es freilich selbst gesehen haben, wie wenig Empfindlichkeit Über den anscheinend so energischen Eingriff von den an den Mandeln oder der hintern Ra¬ chenwand — nicht aber an den Gaumenbögen! — Operirten geäussert wird, um den Werth der kleinen Operation richtig zu beurtheilen. Da letztere natürlich unblutig ver¬ läuft, so kann zur weitern Beruhigung von gar ängstlichen Kindern oder — Eltern aus¬ nahmsweise selbst noch chloroformirt werden! Einen dritten neuen therapeutischen Gedanken , den wir für sehr fruchtbar halten, entwickelt Verf. in seinen „Sprechübungen“. Er hebt da ausführlich die Nothwendigkeit hervor, alle Hülfs-apparate der Sprache, die Lippen, Zähne, Zunge, den wei¬ chen Gaumen und die Athemmuskeln „zu erhöhter vollkommenster Func¬ tion heranzuziehen und dadurch die im gewöhnlichen Leben meistens über Gebühr an¬ gestrengten Stimmbänder nachhaltig zu entlasten“. Ueberhaupt zeichnet sich die vorliegende Arbeit in günstiger Weise vor andern „practischen Beiträgen“ durch das Streben aus, überall, sowohl bei der Analysirung der Krankheitsbilder als auch beim Heilplane, sich an das durch die Physiologie bereits Fest¬ gestellte anzulehnen und weiss auch wirklich der als „Rachenputzerei“ oft genug ver¬ lachten Praxis neue interessante Beziehungen abzugewinnen. Einzig das letzte grössere Capitel Uber Kehlkopfpolypen wird kaum auf allge¬ meines Interesse zählen können. Immerhin erhellt zur Genüge aus den angeführten Krankengeschichten, dass Verf. ein ebenso glücklicher als kühner Operateur ist. Es bleibt schliesslich noch übrig anzudeuten, wo Verf. nach unserm Dafürhalten „den gewöhnlichen Erfahrungen nicht ganz (oder zu wenig?) Entsprechendes“ mittheilt. Dass zum Beispiel der Herpes pharyngis eine selten auftretende und sehr schmerzhafte Krankheit sei (pag. 2), ist in dieser Allgemeinheit ausgesprochen kaum richtig. Schon Stromeyer in seiner trefflichen Zeichnung der auch hier zu Lande nicht so sel¬ tenen und dann gewöhnlich als „leichte Diphtheritis“, zuweilen auch erst post festum diagnosticirten Krankheit rechnet, dass sie unter seinen Hospitalfällen etwa ein Viertel aller Mandelentzündungen ausmache. Aehnliches berichtet Prof. Wagner auf Grund seiner Leipziger poliklinischen Erfahrung und damit stimmt auch, was Ref. zur Zeit eines Auf¬ enthaltes in Paris theils in den Ambulatorien selbst sah, theils von einzelnen dortigen Spitalärzten versichern hörte. — Auch die pag. 7 und 9 empfohlene „abhärtende“ Nasen- douche mit kaltem reinem Wasser (bei Ozeena und chronischem Nasencatarrh) kommt uns etwas gefährlich vor und dürfte wohl nur für Ausnahmsfälle passen! — p. 63 bemerkt Verf., dass er bei schmerzhaften Geschwüren des Kehldeckels und der hintern Kehlkopfwand Lungenleidender den Angehörigen zeige, wie sie „den Pinsel handhaben sollen, um in die Kehle zu gelangen“, und dass diese dann vor dem Essen Digitized by LjOOQle 207 und Schlafengehen des Pat dieses Verfahren (mit starker Morphiumlosung) zu wieder¬ holen haben. Ohne Spiegelcontrole wird kein geübter Laryngos copiker Geschwüre pinseln, die sich zudem noch so häufig mit starker ödematöser Schwellung der Umge¬ bung vergesellschaften, wie die der Phthisiker: werden Laien hier wohl geschickter oder schonender Vorgehen ? Endlich glauben wir, dass auch andere Collegen sich an der folgenden Stelle stossen werden. Pag. 39: Patienten, die sich kehlkopfleidend glauben, die aber im Grunde „immer chronischen Bronchialcatarrh oder Bronchiectasis oder ein anderes tieferes Lungen- leiden a haben, „rathe ich noch als ein sehr abhärtendes, die Widerstandsfähig¬ keit des Körpers beförderndes Mittel an, jeden Morgen, sei das Wetter wie es wolle, ’/a —1 8tunde spazieren zu gehen — vor dem Frühstück; nüchtern ist man am empfindlichsten gegen Wind und Wetter.“ Ergo?! Die Arbeit ist in einer leichten, mehr skizzenhaften Spraehe abgefasst; Verf. liebt offenbar aphorismenartige Capitelschlusssätze. ' Im Bestreben, recht lebendig und über¬ zeugend zu sein, kommt es ihm an einigen Stellen vor, dass er „das Ding zu schroff hinstellt“, so z. B. die Gefahren der Tonsillotomie nach altem Ritus. Sonst ist auch die Form wie der Inhalt — practisch. Nager. Zur Entstehung der Scrophulose und der Lungenschwindsucht. Von Dr. Carl Mordhorst in Flensburg. Den Einfluss verdorbener Luft und des Mangels an Sonnenlicht als ätiologische Grund¬ ursache genannter Krankheitsconstitution lässt Verf. als allgemein angenommen gelten und sucht hauptsächlich die Wirkung des Lichtmangels zu erklären. Er glaubt, die Ursache sei weniger in der directen Einwirkung des Sonnenlichts auf den menschlichen Körper zu suchen, wie Moleschott annimmt, als in dessen lufreinigenden Eigenschaften: In ver¬ dorbener sonnenloser Luft oberflächliche Athmung, geringer Anreiz zur musculären Thä- tigkeit, daher Anhäufung der Kohlensäure im Blut, welche ein weiteres Moment zur Ver- lapgsamung und Oberflächlichkeit der Athmung liefert, daher geringe Aspirationswirkung auf die Fortbewegung des Venenblutes — geringer arterieller — hoher venöser Druck, daher passive Stauung im Venen- und Lymphgefässsystem — Randstellung der farblosen Blutkörperchen in den Gefässen — Auswanderung — Anhäufung derselben in den Gewe¬ ben, besonders den Lymphdrüsen (scrophulöse Drüsenschwellung) , Eintrocknung, Ver¬ käsung — Fortschwemmung und Ablagerung durch den kleinen Kreislauf in den Lungen- capillaren, wo sie neuerdings Stauung der Auswanderung farbloser Blutkörperchen, damit Phthise und Tuberculose veranlassen. — Ferner beweist er, dass ein Zurücktreten der inspiratorischen Athmungsleistung gegenüber der exspiratorischen Stauung im Gebiete des kleinen Kreislaufes und daherige Lungenhyperämie erzeuge — daher die Prädilection der Lungenspitzen für chronische Entzündung, weil in diesen die inspiratorischen Excursionen geringer, als in den übrigen Lungenpartien. — Das Rösumä der Abhandlung lautet, nach des Verfassers eigenen Worten: „Der träge Stoffwechsel ist die Ursache der Entstehung der Scrophulose und der Lungenschwindsucht.“ — Er verlangt daher, um der Prophylaxe zu dienen, Steigerung desselben: viel körperliche Bewegung — viel essen — Aufenthalt in CO a -armer Luft, viele Sinnesreize (Zerstreuungen), namentlich Sonnenlicht, Entziehung von Körperwärme durch leichte Kleidung, kalte Bäder, Abwaschungen, Douchen — Auf¬ nahme von viel kalter Flüssigkeit (Bier). M. Aerztlicher Bericht Uber die Irrenabtheilung des BUrgerspitals in Basel vom Jahre 1879. Verfasst von Prof. L. Wille und H. Widmer y Assistenzarzt. Basel, Riehm. 36 8eiten und 18 Tabellen. Es wurden im Ganzen 99 Männer und 71 Frauen behandelt, wovon 75 M. und 4t F. frisch aufgenommen waren; 68 M. und 43 F. wurden entlassen, so dass das Berichtsjahr mit 31 M. und 28 F. abschloss, einer bis jetzt noch nicht erreichten Zahl. Die Ueber- füllung macht sich, trotzdem, was möglich, abgeschoben wird, auch hier geltend, und verlangt dringend nach Abhülfe. Der Bericht der „Commission für Irrenschutz“ an die E. E. Gesellschaft des Guten und Gemeinnützigen (Basel, Schweighauser, 1880) schlägt auch einen Neubau für 160—180 Patienten vor, was der Bevölkerungszunahme Digitized by LjOOQle 208 Basels entsprechen wQrde. Als Platz ist eine dem Spitale gehörende Liegenschaft auf dem Nordwestplateau in Aussicht genommen. Trotz der ungünstigen baulichen und hygieinischen Verhältnisse konnten 70% der ' Aufgenommenen geheilt oder gebessert entlassen werden, wovon allerdings eine ziemliche Zahl Alcoholiker und Epileptiker sind. In den Tabellen wurde der Erblichkeit, als wichtigstem prädisponirendem Elemente, eine besondere Berücksichtigung geschenkt 60% der aufgenommenen Männer und 08% der Frauen waren erblich belastet, und es genasen von diesen auch mehr als von den nicht erblichen Fällen. Dem Anstaltsberichte folgt eine Abhandlung über No-restraint, welche die persönlichen Erfahrungen von Prof. Wille in beachtenswerter Weise gibt. Mit Recht sucht derselbe den Kern des No-restraint darin, dass das ärztliche Denken und Handeln an die 8telle von Zwangsmaassregeln zu treten habe. Wenn auch der No-restraint überall durchführ¬ bar sei, so bedürfe es doch, um ihn nutzbringend zu machen , gewisser Bedingungen, nämlich gutes Wartpersonal, genügend Raum, und besonders Wach- und Beobachtungs¬ stationen, welche frisch und activ werdende ältere Fälle der speciellen ärztlichen Behand¬ lung zugängig machen. G. Burckhardt . Lehrbuch der Hautkrankheiten. Von Dr. Isidor Neumann , a. ö. Prof. etc. V. Auflage. 108 Holzschn. und 1 lithogr. Tafel Wien, 1880, W. Braumüller. 667 8. Es kann nicht meine Sache sein, eine eingehende Kritik dieses Lehrbuches, das in kaum 10 Jahren fünf Auflagen erlebte, zu schreiben. Doch darf ich mit gutem Gewissen sagen, dass der practische Arzt und der reifere Student in ihm eine kritische, eingehende, objective und sehr anschauliche Schilderung der Lehre des heutigen Standpunctes der Hautkrankheiten findet. Dabei sind die Aetiologie, die Anatomie und namentlich auch die Therapie in klarer und erschöpfender Weise berücksichtigt. Ich habe den Band, der sich bewältigen lässt, nie ohne Befriedigung aus der Hand gelegt. Die Ausstattung ist sehr schön: Papier, Druck und namentlich die Holzschnitte sind vorzüglich. A. Baader . Die Gesellschaft und ihre Geisteskranken. Ein Wort für gebildete Laien und für Aerzte von H. Maron, Dr. phil. Leipzig, bei Böhme, 1881. . Der Verfasser hat in dem 54 Seiten fassenden Schriftchen die einzelnen Aufsätze, die er früher . über diesen Gegenstand im Berliner Tageblatte hatte erscheinen lassen, gemeinsam veröffentlicht. Er behandelt darin in geistreicher Weise und frischer Schreib¬ art alle diejenigen Verhältnisse der Geisteskranken, die dem Laien zu wissen nöthig sind, um sich unter Umständen selbst in passender Weise helfen, oder Andern einen richtigen Rath ertheilen zu können. Eine sehr practische Beigabe ist die Anführung der civilrechtlichen gesetzlichen Be¬ stimmungen , wie sie in einem grossen Theile PreuSsens Geisteskranken gegenüber in Anwendung kommen. Das Schriftchen enthält so viel Brauchbares, dass es nicht nur den Laien, sondern auch den practischen Aerzten mit gutem Gewissen zum Lesen empfohlen werden darf, wenn auch mancher der in ihm ausgesprochenen Gedanken seine Abstammung von einem Laien, wenn auch einem sehr gebildeten, nicht verkennen lässt. L. W. Beitrag zur Beurtheilung der Hydro- und Pneumotherapie. Von Dr. v. Corval f dirig. Arzt der Curanstalt Bchöneck am Vierwaldstättersee. Aus der Sammlung klin. Vorträge von R . Volkmann . In Wirklichkeit ein Bericht über die Saison 1879 in Schöneck ; 196 registrirte Krank¬ heitsfälle, 53 Heilungen, 117 Besserungen, 26 ohne Erfolg. M. 7 Digitized by LjOOQle 209 Cantonale Coirespondenzen. Basel« Ishalationsapparal Excelslor von Zembsth. Mit Nachstehen¬ dem erlaubt sich der Unterzeichnete die ärztlichen Collegfen auf einen neuen In¬ halationsapparat (richtiger: Exhalations- apparat; vergl. nebenstehende Abbildung) für Asthmatiker (zur Ausathmung in verdünnte Luft) aufmerksam zu ma¬ chen , der aus der Fabrik und perma¬ nenten Maschinenausstellung von A. Zembsch zu Worms a. Rh. stammt und von daher für den Preis von 40 Mark erhältlich ist. Die relative Einfachheit desselben empfiehlt denselben für den Practiker, so oft cs sich um die erwähnte therapeutische Indication handelt. Dieser Apparat ist in einem EiBengestell montirt, welch’ letzteres aus 4 Traversen, die in Eisenringe angeschraubt, besteht. Am vordem Theilo ist an einer Traverse eine Scala mit angeschlagenen Zahlen von 10 — 40 versehen. Das Herablassen und Aufziehen des Apparats wird durch eine Aufwindevorrichtung bewirkt, so dass der Apparat ohne Mühe aufgezogen werden kann und ist die Handhabung sehr be¬ quem. Der Apparat aus feinem präpa- rirtem Leder hergestellt, schliesst herme¬ tisch, so dasB derselbe bei einer Belastung von 100 U um keinen Millimeter fällt. An dem obern Theil desselben befindet sich eine Messingkapsel, in der eine äussere Verbindung, an welche der Gummischlauch angebracht, ebenfalls hermetisch schliesst; das Mundstück besteht aus Blech, ist zum hermetischen Anschlüssen an den Mund mit Gummi überzogen. An dem untern Theil des Apparats befinden sich die Gewichtsplatten, welche im Anfang des Gebrauches mit leichten und später mit schweren Platten versehen werden, um einen schnellem Fall des Apparats zu erzielen. Für den Gebrauch empfiehlt sich natürlich, dass der Patient jedes Mal zuvor tief inspirirt, nachdem anfänglich der Apparat vermittelst Kurbel aufgewunden, und der Ein- schnapper am Schalträdchen nach rückwärts gelegt ist. Ferner muss sofort nach jeder Ausathmung mit dem Finger der Gummischlauch in der Nähe des Mundstückes fest zu¬ sammengedrückt werden. Der Apparat befindet sich seit einiger Zeit in dem Besitze der Klinik des Unter¬ zeichneten und hat derselbe den Erwartungen, die sich an seine Construction knüpfen, durchaus entsprochen. Basel, März 1881. H. Immermann, Professor. Zürich« Wenn unser politischer Thermometer die Ruhe vor dem kommenden Sturm — Maiwahlen — signalieirt, so ist dagegen in der medicinischen Welt Zürichs zur Zeit eine aussergewöhnliche Regsamkeit zu beobachten. Unsere medicinische F a c u 11 ä t verliert zwei hervorragende Repräsentanten und wollen Sie einem Schüler der Herren Prof. Rose und Eberlh , von denen der Erstere einem Ruf an’s Krankenhaus Bethanien in Berlin, der Letztere einer Berufung nach Halle Folge leistet, es gestatten, in Ihrem geschätzten Blatte den Scheidenden den Dank und die Anerkennung ihrer ehe¬ maligen Schüler auszusprechen und die besten Wünsche für den neuen Wirkungskreis darzubringen. Als Nachfolger obiger Herren sind designirt Herr Prof. Krönlein in Berlin für den chirurgischen, Herr Prof. Ziegler in Freiburg i. B. für den pathologisch-anatomi¬ schen Lehrstuhl. Mögen sie einer gesegneten Wirksamkeit entgegengehen Ist auch die Wissenschaft universell, so dürfen wir uns doch darüber freuen, dass beide Neugewählte 14 Digitized by i^ooQle 210 Landsleute sind, und damit neuerdings der Beweis erbracht ist, dass es uns auch am nöthigen wissenschaftlichen Holz nicht fehlt, sobald der Papa Staat ernstlich gewillt ist, das eigene Gewächs ebenso hoch zu schätzen, wie er sonst nur das fremde zu schätzen geneigt war. * Die medicinische Facultät hatte in letzter Zeit wiederholt ihr Gutachten darüber abzugeben, ob es mit den Interessen der medicinischen Lehranstalt vereinbar sei, dass das Gemeindespital in Winterthur zu einer cantonalen Öpitalanstalt erhoben werde. Ueber die ergangenen Voten verlautet nichts Positives. Nach gefälliger Mittheilung des Spitalarztes Herr Dr. Ziegler in Winterthur wurden im dortigen Einwohnerspital im Jahre 1880 im Ganzen 744 Patienten mit 17,080 Pflege¬ tagen behandelt Es scheint zur Zeit keine Tendenz zur Uebernahme dieser schönen Spitalanstalt durch den Staat vorzuwalten. Etwas anders dürfte sich dieses Project ge¬ stalten, wenn dereinst die Frage der Weiterentwicklung der staatlichen Krankenpflege zur positiven Lösung kommt In dieser Angelegenheit wurden in letzter Zeit von der Arbeiterpartei und von der gemeinnützigen Gesellschaft des Cantons Zürich Schritte gethan, welche nach vorherigen separaten Berathungen zu gemeinschaft¬ lichen Commissionssitzungen führten, in welchen Männer der verschiedensten politischen Richtungen und ebenso verschiedener socialer Stellung ganz friedlich beriethen. Nach mehrfachen Sitzungen und Pourparlers wurde von Dr. Rohrer in Neumünster folgende Discussionsvorlage gemacht: „Vorschläge zur Verwirklichung staatlicher Krankenpflege. Fundamentalsatz. Die Einführung unentgeltlicher Krankenpflege für alle Bedürftigen, bezw. die sie beanspruchen, ist principiell richtig und durch¬ führbar. Anträge zur Ausführung dieses Grundsatzes: 1) Die Spitalanstalten sind zu decentralisiren. a) Soweit das Bedürfniss vorhanden, sind vom Staate „Bezirksspitäler* zu errichten. b) Unter Mitwirkung von Staat, Gemeinden und Privaten sind wo immer nöthig für einzelne Gemeinden oder für mehrere zusammen „Gemeindekrankenasyle 0 oder sogen. „ Nothfallstuben 0 einzurichten. c) Unter Mitwirkung von 8taat und Gemeinden sollen überall, wo die örtlichen Ver¬ hältnisse es wünschbar erscheinen lassen, Polikliniken — unentgeltliche öffentliche Ordinationsinstitute; public Dispensarys — eingerichtet werden, welche Jedermann un¬ entgeltlich ärztlichen Rath ertheilen und da, wo es nöthig ist, bezw. beansprucht wird, auch die Medicamente unentgeltlich verabfolgen. d) Mit den unter a, b und c genannten Einrichtungen sollen zweckentsprechende „Krankenmobilien-Magazine 0 verbunden sein — Utensilien zur Krankenpflege. Wo dies wünschenswerth erscheint „Eisdepots 0 . e) Der Staat errichtet beförderlichst ein „Asyl für unheilbare Kranke 8 — Krebsleidende u. s. w. und sorgt durch vollkommen genügende Neubaute in „Rheinau 0 dafür, dass der cantonalen Irrenanstalt Burghölzli der Character einer Heilanstalt gewahrt bleibe, indem er die Aufnahme acuter Geisteskranker — frische Erkrankungen — in dieselbe erleichtert und den nöthigen Raum hiefür durch Unterbringung der Unheilbaren in den erweiterten Räumlichkeiten von Rheinau schafft. 2) Es ist in den entsprechenden höhern Schulabtheilungen ein all¬ gemein fasslicher Unterricht im Fache der Gesundheitslehre — „Hygieine 0 — einzuführen, und sind die Mädchen der entsprechenden Altersstufe zudem in den elementaren Grundsätzen der Krankenpflege zu unter¬ richten. 3) Das Krankencassenwesen ist staatlich zu organisiren. a) Einheitliche Statuten. Solidarität und Freizügigkeit aller Theilnehmer. b) Materielle Bethätigung von 8taat, Gemeinden und Privaten. c) Obligatorium des Beitrittes, soweit es wünschbar und thunlich. d) Vertragliche Regulirung des gegenseitigen Verhältnisses zwischen Krankencassen und Aerzten durch Vermittlung des Staates. 4) Uebernahme der B e g r ä b n i s sk os t e n durch die Gemeinden. Digitized by Google 211 Thätigkeit der Polikliniken in Zürich, Winterthur und Rieebach. Kranke Consultationen Medicamente Med. Poliklinik der Universität Zürich 1880 4230 Über 12,000 7761 unentgeltlich. „ in Winterthur*) 1879 382 846 502 „ * * Riesbach 1880 670 _ 1517 _ 302 „ Total 5182 14,363 8555 unentgeltlich. Ein schöner Anfang unentgeltlicher staatlicher Krankenpflege. Bei allem Respect vor den humanen Absichten einer unentgeltlichen staatlichen Krankenpflege müssen wir mit grossem Bedauern die wahrhaft penible „Stellung der Aerzte zum Staate Zürich" anführen. Noch immer stehen die Aerzte rechtlich unter dem Wortlaut des Gesetzes vom Jahre 1847, das den Aerzten mit dem Danaer¬ geschenk eines illusorischen Patentschutzes und einer in ihren Consequen- zen und Clauseln werthlosen Priorität ärztlicher Forderungen in Concursfällen, nicht unerhebliche Pflichten auferlegt. Wir nennen hier den Z w a n g zur ärztlichen Hülfe, den Zwang einer armenärztlichen Taxe, welche stellen¬ weise auf dem Niveau der „Packträgertarife" sich bewegt, den Zwang einer in Rechts¬ fällen verbindlichen allgemeinen Taxe für die Aerzte, die gänzlich antiquirt ist. So muss es denn auch nicht Wunder nehmen, wenn die Redactionscommission zum Entwurf eines neuen Gewerbegesetzes bei Formulirung der Paragraphen über obligatorische Kranken- casseo folgenden § 16 zuwege brachte: § 16. Wenn die Verwaltung der Krankencasse die Bezahlung garantirt, so dür¬ fen die Aerzte nur die Armen taxe für ihre Arbeit verrechnen. Das war denn doch den Herren Collegen der Bezirke Winterthur und Andelfingen . zu starker Tabak. Sie discutirten die Sachen in den ärztlichen BezirkBvereinen und be¬ riefen eine Delegirtenversammlung von Aerzten aus allen Bezir¬ ken nach Zürich, welche beschloss, einen ausserordentlichen Aerztetag von sich aus zu veranstalten, um gegen solche Vergewaltigung des ärztlichen Standes zu Händen des Cantonsrathes wirksamen Protest zu erheben und zugleich die Frage einer Revision der Taxordnung zur Besprechung zu bringen. Die ärztliche Gesellschaft von Zürich und Umgebung beschloss dagegen letzter Tage, der Einladung zu diesem Aerztetage keine Folge zu geben, indem die ganze Sache vor die cantonale ärztliche Gesellschaft gehöre und die eingeleitete energische Stellungnahme zur Wahrung des Interesses des ärztlichen Standes nicht so pressire. Wir bedauern aufrichtig, dass die ärztliche Gesellschaft unserer Residenz wegen einer E tikettenfrage ihre Mitwirkung bei einer Action versagt, wo es sich um die moralische Vertheidigung der angetasteten bürgerlichen Rechte des Arztes handelt. Auch dürfte ein rasches Auftreten nicht überflüssig sein, da das Gewerbegesetz schon in der nächsten Sitzung des Cantonsrathes zur Berathung kommt, — also im März oder April. Aequara. servare memento rebus in arduis mentem. Ein freundlicheres Bild gewähren die Bestrebungen für Gründung einer „confes- sionslosen Bildungsanstalt für Krankenpflegerinnen". Die Samm¬ lung für Gründung derselben ist nach geil. Mittheilungen von Herrn Pfr. Bion in Zürich im besten Gange. Stadt und Canton Zürich, Thurgau, St Gallen, überhaupt die Ost¬ schweiz, haben ihre Theilnahme an dem schönen Werk bereits durch namhafte Beiträge documentirt, und steht zu hoffen, dass die nöthigen Mittel, um das Werk in Angriff zu nehmen, in einigen Monaten zusammen kommen. Anerbietungen für ein passendes Ge¬ bäude liegen bereits vor. Möchte durch Revision unseres wirklich antiquirten Sanitätsgesetzes gelingen, den Interessen des Staates , der Bürger, und auch der Aerzte mehr als bisher gerecht zu werden. Möchten auch Aerzte und ärztliche Gesellschaften unter Vermeidung aller pri¬ vaten Nebenrücksichten sich in dem Bestreben zusammenfinden, und einmüthig dafür einstehen, dass dem Arzte und dem ärztlichen Stande jene Stellung im bürgerlichen Leben gewahrt bleibe, die ihm von Rechtens wegen gebührt. Fiat. *) 1880 etwas mehr, Bericht noch nicht erschienen. Digitized by LjOOQle Relaeplanderelen. I. Fünf Winter in Italien zugebracht zu haben, ohne je in Rom und Neapel gewesen zu sein, gebt eigentlich „über’s Bohnenlied“ und könnte ja fast als Geringschätzung des Schönen und Classischen gedeutet werden. Auch habe ich mich endlich für diesen Win¬ ter frei und ledig, ohne jegliche curärztliche Verpflichtung gehalten, um einmal den lange gehegten Plan , jene beiden Städte, die Sehnsucht des Nordländers, zu besuchen, zur Ausführung bringen zu können. Bekanntlich führen alle Wege nach Rom und so fuhr ich denn in erster Linie nach Davos, dem Mekka so vieler Brustkranken, das ich auch noch nie gesehen hatte , was vom Standpunkte des Specialisten aus eine noch viel grössere Unterlassungssünde war, als der Nichtbesuch der „Eterna“. Dr. Baader erzählt in seinem Briefe aus Klosters — Corr.-Bl. X. Jahrg. Nr. 21 —, es sei möglich, in einem Tage von Basel nach Davos zu kommen. Mir selbst gelang dieses Kunststück nicht einmal von Zürich aus. Als ich Anfangs October, dem Eisenbahnbüchlein vertrauend, gegen 2 Uhr Nachmittags in Land¬ quart eintraf, um mit dem um 2 Uhr von dort abfahrenden Postwagen das Prättigan hinauf weiter zu reisen, musste ich zu meinem grössten Verdrusse vernehmen, dass, ganz im Stillen und gegen alle Verabredung mit dem Cursbuche, schon seit ca. 14 Tagen die Nachmittagspost nicht mehr „gehe“. Ich fuhr also nach Chur und von da aus den fol¬ genden Morgen die steile Bergstrasse hinan gegen Churwaiden, den im Sommer vielbe¬ suchten Luftcurort Nun, luftig war’s da droben ; ein starker Wind blies dichte Staub¬ wolken das Thal hinan , was indessen nicht hinderte, die zur Aufnahme von Curgästen hergerichteten schmucken Gasthäuser und Pensionen, sowie einige Promenadenanlagen in's Auge zu fassen. Drüben über dem Bergsattel und auf der Lenzerhaide ward es ruhiger» Ein herrliches Landschaftsbild entrollt sich da auf der Fahrt nach den an stei¬ ler Halde, hoch über dem engen Thalgrunde liegenden Dörfchen Schmitten und Wiesen. Von Wiesen führt die wohlgebaute Strasse in einigen kühnen Kehren hinab zum Land¬ wasser und diesem entgegen, durch wilde Schluchten, den „Zügen“, hinauf in die Land¬ schaft Davos. Davos-Platz hat sich in erstaunlich kurzer Zeit vom bescheidenen Bergdorfe zu einer schmucken Villa- und Hötelstadt entwickelt Alles was Gsell-Fels und jüngst noch Baader über die guten Einrichtungen der dortigen Hötels und Pensionen gesagt haben, kann ich, soweit ich sie gesehen, nur bestätigen. Schade nur, dass viele dieser vorzüg¬ lichen Einrichtungen nicht „Selfactors“ sind. Ich habe in einigen Räumen trotz aller Lüftungsvorrichtungen sehr durch die Heizluft gelitten , nur weil die Klapp- und Dreh¬ fenster den Verstand nicht hatten, im richtigen Augenblick in Function zu treten, viel¬ mehr eigensinnig geschlossen blieben, weil Niemand zugegen war, der die entsprechenden Anordnungen getroffen hätte. GewisBermaassen überrascht war ich auch davon, dass in einigen Hötels die Hauptmahlzeit auf den Abend verlegt worden war. Vorgeblich ist es der „jour mädicai“, dieser „dümmste Begriff, welchen noch Prasoccupation und Schablone erfunden haben“ — Rohden , Beiträge zur rationellen Phthiseotherapie in Briefen an Dr. P . Dettweiler —, der auch in Davos wie an der Riviera diese Verkehrtheit zu Stande gebracht haben soll, ln Wirklichkeit aber wird wohl die weltbekannte Condescendenz gegen eng¬ lische Gewohnheiten beschuldigt werden müssen. Da Davos seit einiger Zeit auch zum Stelldichein billigen Wintersport suchender Engländer geworden zu sein scheint, so durfte es ja gar nicht fehlen, dass das Diner auf den Abend verlegt werden musste. So sind die Kranken, die wirklichen Curanden gezwungen, zur Zeit ihrer höchsten Eigentempera¬ tur in grosser Gesellschaft und in geschlossenen, durch Ofen und Gasliohter geheizten Speisesäälen ihre Hauptmahlzeit einzunehmen. Ist das wirklich rationell und wiegen die daraus den Kranken für den ganzen Abend und die Nacht erwachsenden Nachtheile nicht zehnfach den Vortheil auf, welchen ein über Mittag vielleicht eine Viertelstunde längeres Verweilen im Freien bringen kann? Sitzen denn in Davos die Curanden nach dem Lunch nicht auch zum Kaffeeskat oder zur, für jegliche äussere Einwirkung unempfindlich ma¬ chenden Schachpartie zusammen, oder gehen sie nicht auch iu’s Zimmer , um von den Anstrengungen des Vormittags sich etwas auszuruhen? Dort wie überall wird eben die Mittagszeit im Leben des Curgastes eine Zeit der Ruhe bedeuten, und werden die An¬ strengungen ganz vergebens sein , mittelst Verschrumpfung des Mittagessens zu einem Digitized by Google 213 mehr oder weniger magern Lunch, denselben um so eher wieder in’s Freie treiben zu wollen. Freilich, wenn es sich um Engländer handelt, vermögen bei Gastwirthen solche Motive und Erwägungen schwer durchzudringen oder Stand zu halten, kommt es doch genugsam vor, dass in Curhötels der Riviera an Sonntagen auch dann erst um 1 Uhr — statt um 12 Uhr — zum Gabelfrühstück geläutet wird, wenn auch kein einziges eng¬ lisches Bein im Hause wohnt. Es geschieht den Engländern zu Liebe, welche ja mög¬ licherweise hätten da logiren und um 11 Uhr zur Kirche hätten gegangen sein können, denn Kirchenhocker — rigid Sunday church goers — sind sie ja alle. Es ist übrigens zu bezweifeln, dass das englische Element mitsammt den „Wilden“ — Curanden auf eigene Faust — anderer Nationen dem Curorte auf die Dauer von wirklichem Nutzen sein werden. Wohl nur dieser flottanten Curbevölkerung zu Gefallen, gibt es „Frühstücksalons“ und wird in Allerneuester Zeit auch an Errichtung eines Tingel¬ tangel gearbeitet. Baader hatte offenbar nicht Unrecht, als er schrieb — 1. c. —: „Der Curand muss wissen, was er will; sonst geht er trotz der trefflichen Einrichtungen der Hötels und der grossen Auswahl an Aerzten unter.“ Davos mag sich im Interesse seiner Curerfolge davor hüten, ein Hochgebirgs-Nizza zu werden. Die Hausbesitzer, Wirthe und Krämer werden freilich nicht meiner Meinung sein; desto mehr fühle ich mich in Uebereinstimmung mit den dortigen Collegen. Der liebenswürdigen Gastfreundschaft eines gemeinsamen Patienten verdanke ich es, in Gesellschaft mehrerer derselben einen sehr angenehmen Nachmittag verlebt zu haben. Was haben sich Curärzte nicht alles zu erzählen ?! Man hat den Davoser Aerzten schon oft und viel den Vorwurf gemacht, es bis anhin unterlassen zu haben, Über ihre Curerfolge Rechenschaft abzulegen. Man möchte endlich einmal vernehmen, „was eigentlich dran sei“. Dass „etwas dran“ ist, an diesen Wintercuren im sonnigen Hochthale, das muss sich wohl ein Jeder gestehen, der Davos besucht und von der von Jahr zu Jahr steigenden Frequenz des Curortes Kenntniss nimmt. Es ist doch kaum denkbar, dass alljährlich Hunderte von Patienten einer blossen Theorie zu lieb sich in Schnee und Eis gegen die ganze übrige Welt ab¬ kapseln würden, wären nicht positive Erfolge da, welche dazu aufmuntern könnten. Sollten aber mit den gewünschten Aufschlüssen statistische Nachweise gemeint sein, wie wir solche ab und zu aus Curanstalten und Bädern zu Gesichte bekommen, so dürfte eine derartige Bearbeitung der Davoser Curresultate ihre grossen , ja unüberwindlichen Schwierigkeiten haben. Einmal ist das Beobachtungsmaterial in den Händen Mehrerer zerstreut und das Zusammenfassen und die einheitliche Bearbeitung desselben bei dem leider etwas losen Zusammenhang unter den in Davos practicirenden Aerzten eine Sache quasi der Unmöglichkeit Man braucht sich z. B. nur zu fragen, wessen Maassstab bei Beurtheilung der einzelnen Erfolge, resp. Misserfolge in Anwendung zu kommen hätte. Dann müsste doch wohl, wenigstens in Saisonberichten, die Rubrik „geheilt“ für eine zukünftige, epikritiscbe Eintragung offen gelassen werden, denn welcher gewissenhafte und erfahrene Arzt möchte sich vermessen, nach einer blos nach Wochen oder Monaten zählenden Beobachtungszeit diese Colonne mit Phthisisfällen aufputzen zu wollen ?! Sta¬ tistische Tabellen aber, welche vernünftigerweise nur die Rubriken „gestorben“, „ver¬ schlimmert“, „ohne Erfolg“ und „gebessert“ oder „angeheilt“ enthalten könnten, und wäre die Zahl der auf die letztere Rubrik Fallenden auch noch so ansehnlich, würden bei dem grossen Publicum — und dieses hat in solchen Dingen auch seine Bedeutung — kaum grossen Beifall Anden und schwerlich zum Besuche des Curortes aufmunternd wir¬ ken. Das grosse Publicum ist heutzutage auf allen Gebieten an rasche Erfolge gewöhnt — man denke z. B. an den grossartigen Aufschwung, welchen die Innsbrucker Bacterien- massenmorde, resp. Schnellcuren der Phthise den Handel mit Natr. benzoic. nehmen Hessen — und ist mit seinem abfälligen Urtheile bald fertig, wenn es auf die Zukunft vertröstet wird. Und doch ist man ja gerade in unserm Falle den zunächst dabei be¬ theiligten Kranken gegenüber auf Vertröstungen angewiesen. Wenigstens kenne ich kaum etwas für den gebesserten oder „angeheilten“ Phthisiker Nachtheiligeres, als wenn ihm zu bald der Glaube an eine erlangte definitive Heilung beigebracht wird. Denn auch der geheilte Phthisicus ist und bleibt ein Invalide, ein Invalide, „der ausser 8tand ist, die Missstände des heutigen Lebens, zeitweise Ueberanstrengung am Schreibtische, im Comptoir und im Salon, Ueberfütterung und Uebertrinken, überhaupt jedes Uebermaass, Digitized by LjOOQle 214 wie es das moderne sociale Getriebe von seinen Menschen zeitweise verlangt, schadlos auszuhalten.“ In diesem Sinne entlässt der erfahrene Rohden seine Gebesserten und An¬ geheilten und wenn sie in diesem Sinne handeln, so kommen sie ihm nach Jahren als wirklich Geheilte wieder, sonst nicht. Es stimmt dieses vollständig mit meinen Er¬ fahrungen. Auch suche ich, nicht nur den etwaigen Enthusiasmus meiner Phthisiker Ober eine glücklich verlaufene Weissenburgcur im Allgemeinen möglichst zu dämpfen — nicht selten eine recht undankbare Aufgabe —, sondern bemühe mich auch ganz speciell, den¬ selben aufs nachdrücklichste klarzulegen, dass eine nur nach wenigen Wochen zählende Cur, und sei dieselbe noch so erfolgreich, unmöglich eine , sofortige definitive Heilung herbeizuführen im Stande ist Vielmehr könne es sich auch im glücklichsten Falle mehr nur um eine, allerdings oft entscheidende Anregung des Heilungsprocesses, eine „An¬ heilung“ handeln , welche in eine wirkliche Heilung überzuführen eine stete 8orge des Curanden selbst bleiben müsse, und dass eben sehr viel davon abhange, ob nach erhaltenem Anstosse dem Fortgange des Heilungsprocesses durch ein richtiges Verhalten die Wege geebnet würden oder nicht. Ich glaube damit im doppelten Interesse sowohl des Kranken als des Curortes selbst zu handeln. Wie oft geschieht es nicht, dass bei gegentheiligem Verfahren die „Geheilten“ jämmerlich Schiffbruch leiden und damit auch die betreffenden Curmethodcn verdient und unverdient der Lächerlichkeit preisgegeben werden? Geheilte dieser Art habe ich zur Genüge in spätem Perioden ihres Daseins angetroffen. Der erste Fall, den ich im Beginne meiner special&rztlichen Wanderungen sah, betraf einen durch die atmiatrische Methode auf anstrengenden Gebirgstouren im Tyrol von Lungenblutungen angeblich definitiv geheilten jungen Gelehrten, der aber we¬ nige Monate nach seiner urbi et orbi verkündeten „Heilung“ in Pisa wieder ganz bedeu¬ tende Blutungen bekommen hatte und dann rasch zu Grunde ging. Solch 9 „Geheilte“ glauben eben oft als „Aushängeschilder“ der betreffenden Curorte oder Curmethoden mehr leisten zu sollen, als einem ganz Gesunden vernünftigerweise zu leisten einfallen könnte. Am wenigsten Anlass zu irrthümlichen statistischen Eintragungen würde die Rubrik der Gestorbenen geben. Aber was würde uns diese, gerade in Beziehung auf Davos, wohl Besonderes lehren? Doch nur, dass ein Phthisiker auch in dem immunen Hoch- gebirgsthale sterben kann. Der neue Kirchhof von Davos ist recht hübsch und in sonni¬ ger Lage angelegt, ist auch schon mit einer gewissen Anzahl zierlicher Leiohensteine besetzt Zweifelsohne sind dieselben aber weniger den speciellen Einwirkungen des Höhenclima’s aufs Kerbholz zu bringen, als dem groben Unverstände, der Kranke auch dann noch nach dem Hochthale schickt oder treibt, wenn deren Zustand bereite ein ver¬ zweifelter ist. Davos theilt hierin wahrscheinlich das Schicksal auch der südlichen Gur¬ orte, nur dass dann im Süden die Leichensteine und was dran und drum hängt etwas theurer zu stehen kommen. Das Ableben eines Gastes ist im schönen Süden vielerorts eine Art glücklicher Zufall, „une bonne fortune“, für den betreffenden Wirth. Sämmt- liche Bettstücke, der Bodenteppich, die Neubepolsterung der Stühle, oft auch die Neu¬ beziehung der Zimmerwände mit Tapete, Alles, saramt Miethe für das während längerer Zeit unbewohnt zu lassende Sterbegemach wird von gewinnsüchtiger Hand den Angehö¬ rigen des Reiseopfers in Rechnung gebracht, obschon acht Tage nachher ein Anderer in demselben Zeuge wohnt und schläft. Lange bevor man in ärztlichen Kreisen wieder an die Contagiosität der Phthise zu glauben anfing, haben diese Leute aus dem alten Volks¬ glauben ihren schönen Nutzen zu ziehen verstanden. „Stirbt man auch in Weissenburg?“ frug mich einmal in seiner Herzensangst ein in der literarischen Welt geschätzt gewesener Haemoptoikar, als derselbe, kaum angekommen und wohl nur in Folge der Reiseanstrengungen wieder Blut zu spucken anfing. Trotz des Ernstes der Lage zwang ich demselben ein Lächeln ab, als ich ihn darauf aufmerk¬ sam machte, wie lebensgefährlich der Kampf um den Zugang zu Weissenburg sich wohl gestalten müsste, wenn dessen Umfriedung eine sichere Schutzmauer gegen den Tod wäre. Immerhin ist die Zahl von nur sechs Todesfällen binnen fünf Saisons bei der be¬ deutenden Frequenz und einer Anzahl von über 3000 möglichst genau untersuchten und controlirten, vielfach sehr schwerkranken Curanden keine sehr drückende. Sie ist es um so weniger, wenn die Fälle nicht nur gezählt, sondern auch gewogen werden: 3 Todes¬ fälle bei Curanden auf eigene Faust, die sich der ärztlichen Beobachtung von vornherein ganz entzogen hatten, die 3 andern bei quasi sterbend Hergebrachten. Aber es wäre Digitized by LjOOQle 215 ebenso thöricht, die Berechtigung Weissenburgs im Heilapparate der Phthise auf die Geringfügigkeit einer Mortalitätsziffer stützen zu wollen, als es sinnlos wäre, wollte man behaupten, Davos und Mentone seien zu meiden, weil dort verhäitnissmässig mehr Gräber sich öffnen. Doch wobin gerathe ich? So geht’s, wenn man im Geiste mit Collegen zusammen¬ sitzt und in’s Plaudern kommt Mit dem Wetter hatte ich es in Davos schlecht getroffen. Ein laulichter, drückender Föhn wehte ziemlich heftig durch's Thal und gab Gelegenheit, die Berechtigung der Staubspritze anzuerkennen, bis schliesslich der Himmel sich ihrer, d. h. der Spritze, er¬ barmte und eine solche Regenfülle heruntergoss, wie man sie im 8üden kaum dichter fallen sieht. Man müsste eigentlich das Hochthal in meinem Winterkleide sehen, fest im Schnee liegend, von Sonne übergossen. Etwas über zwei Tage war ich in Davos geblieben. Dann ging's südwärts, die Züge hinab, wieder hinauf nach Wiesen, dann tief hinunter nach Bad Alveneu, und wei¬ ter nach Tiefenkasten und die prachtvolle Sohynsfrasse abwärts bis nach Thusis, auch einem Luftcurorte. Erst folgenden Tags war es möglich weiter zu kommen, die Via mala hinan nach Splügen und Hinterrhein und die vielen Strassenwindungen hinauf auf den Bemhardin. Der kleine See auf der Passhöhe umspühlt ein Inseichen, das einen kleinen Pavillon trägt; ein schmucker Kahn ladet zur Fahrt ein. Im Sommer sollen die Curgäste von Bernardino fleissig heraufkommen und sich hier ergötzen. San Bernardino liegt hart am steilen Südabhange des Passes auf einer weit nach Süden vorspringenden, leicht muldenförmigen Hochgebirgsterrasse, von prächtigen Waldungen und Wiesen umgeben und besitzt einen gypshaltigen Eisensäuerling. Kommt man so frisch von Davos her, so däucht einem San Bernardino wie dazu gemacht, einst auch ein Winterhöhencurort zu werden. Es liegt noch etwas höher als Davos, ist nach Süden weit geöffnet, gegen Norden wohl geschützt und wird von der Gotthardbahnstation Beilenz aus durch’s Misox immer leicht zu erreichen, resp. zu verproviantiren sein. Die vorhandenen Gasthöfe sind in Mauerwerk erstellt, haben zum Theil schöne Gesellsohafts- räurolichkeiten und wären für den Winter leicht einzurichten. Schliesslich würde die Flucht vor der gefürchteten 8chneeschmelze zur gefahrlosen Vergnügungsfahrt durch Ka¬ stanienwälder und Weingelände. Die Frühlingscurorte Locarno, Pallanza und Lugano sind ja von San Bernardino aus in weniger als einem Tage zu erreichen. Lugano liegt in einer der schönsten und lieblichsten Gegenden, die ich je besucht habe. Man muss es des Morgens von den Höhen über Gassarate aus sehen, Mittags von der Nord westflanke des San Salvatore und Nachmittags von der hoohliegenden Kirche von Breganzona aus, um einen gehörigen Einblick in all’ das Schöne und Entzückende zu bekommen, welches dieses herrliche Gelände birgt. Das Klima ist das mildeste und gleichmässigste, das wir in der Schweiz kennen und Nebel soll es auf dem Cerisio gar keine geben. So braucht man nicht gerade Pro¬ phet zu sein, um Lugano eine bedeutende Zukunft als Frühlings- und Herbststation Vor¬ hersagen zu können. Wenn einmal die Gotthardbahn eröffnet sein wird und die Loco- motive durch den Monte Cenere pfeift, und ihrerseits die Luganesen für gute und billige Unterkunft und Verpflegung gesorgt haben werden — denn in dieser Beziehung bleibt in Lugano noch recht viel zu thun übrig —, so wird den Gurorten am Genfer- und Vier¬ waldstättersee in Lugano ein gewaltiger Rivale entstehen. Die Leichtigkeit, mit der man bei ein tretendem Winter von da aus die wärmern Gurorte der Riviera erreichen kann, dürfte ein Grund mehr sein, im Herbste vornehmlich Lugano, oder überhaupt die Stationen an den italienischen Seen aufzusuchen. Nizza, den 20. Januar 1881. Schnyder. W ochenbericht. Schweiz. Basel. Irrenhaus Auf Antrag von Hrn. Grossrath Dr. med. Barth hat der Grosse Rath beschlossen, die Regierung zu beauftragen, über den Ankauf eines passenden Bau¬ platzes für ein Irrenhaus in Unterhandlung zu treten. Das wäre der erste Schritt: Vivant et crescant sequentes! Digitized by LjOOQle 216 — Keuchhiutea. Da zur Zeit der Keuchhusten in der Schweiz verbreitet herrscht, wollen wir nicht unterlassen, den Collegen zu sagen, dass sich die (im Corr.-Bl. Nr. 1) von Prof. Hagenbach besprochene Therapie sehr bewährt hat. Es kommt aber Alles auf die Ausführung an. Das Einblasen muss sehr exact ausgeführt werden und zwar mit e^iem passenden Instrumente (Glas- oder Hartgummirohr von ca. 10 cm. Länge mit ge¬ krümmter Spitze und hinten mit ca. 50 cm. Caoutchoucschlauch, damit der Arzt freie Bewegung behält). Die Zungenwurzel muss tief niedergedrückt werden und bei kleinern Kindern das Einblasen während einer Inspiration , bei grössern während eines laut ge¬ sprochenen a geschehen. Larynx und Pharynx sollen besprengt sein. Man bläst am besten täglich einmal pro dosi ein: Chin. sulf. 0,05, Gummi arab. pulv. 0,1, Na, bic. 0,2, gut verrieben, wodurch ein feineres und besser haftendes Chininpulver entsteht. Die ge¬ bogene Scbnabelspitze muss im Moment des Einblasens die Zungenwurzel passirt haben. Ein gutes Chin. tann. innerlich wirkt ebenfalls exoellcnt: man lässt etwas Alcohol (am besten als Malaga) nachtrinken, da dadurch die Resorption befördert wird. Das Pulver kann auch in der Milch verabreicht wferdec. Bei sehr frequenten Anfällen hilft Bromkali mit Chloral wohl noch am besten. Gehelmmittclonwesen* Unter den Geheimmitteln, die in den letzten Wochen in unsern Blättern durch breitspurige. Annoncen sich vordrängen, sind es vor Allem drei, die immer und immer wieder unter unsere Augen treten. Es sind das die hei Catarrhen untrüglichen Voss 'sehen Catarrhpillen, das Shaker-Extract gegen eine „alarmirende Krankheit, mit welcher vielzähiige Völkerclassen behaftet sind* (diese Krankheit heisst „Leberleiden und dieses einzige und sicherste Mittel trifft die Grundlage der Krankheit und vertreibt dieselbe gänzlich durch das ganze System*) und drittens die Schweizer-Pillen. „Es ist statistisch festgestellt“, sagt die Reclame der letztem, „dass in Folge der heutigen Lebensweise Vs aller Menschen an gestörter Verdauung leiden, ohne es zu wissen und nur zu oft durch eigenes Verschulden, durch Unkenntniss, Ver¬ nachlässigung, durch Anwendung ungeeigneter oder gar schädlicher Mittel schwere Leiden über sich hereinbrechen lassen, wie Hypochondrie, Melancholie, Hysterie, Gicht und Rheu¬ matismus, Abmagerung etc. In ganz hervorragender Weise haben sich die stets mit dem grössten Erfolg angewandten Schweizerpillen bewährt.* Zur grössern Beruhigung des Käufers trägt jede 8chachtel eine rothe Etiquette mit dem Schweizerkreuz. (1) Mit einem wahren Vergnügen lesen wir nun in der letzten Nummer der deutschen Mcdicinalzeitung: „Der Apothekerverein des Kreises Elberfeld-Barmen hat auf den Antrag des Herrn Kauert beschlossen, in den gelesensten Tagesblättern des Kreises eine Annonce folgenden Inhalts zu erlassen: „In neuerer Zeit werden in den öffentlichen Blättern häufig Arznei¬ mittel gegen verschiedene Leiden der Menschheit angepriesen und dabei Erfolge verspro¬ chen, welche an das Wunderbare grenzen. Zugleich werden in den Iuseraten einzelne Apotheken der Nachbarstädte bezeichnet, in denen diese Arzneimittel zu kaufen sind. Es muss den Lesern der Zeitungen auffallen, dass diese Wundermittel nur in sehr wenigen Apotheken zu haben sind. Die Erklärung hierfür ist einfach die, dass die meisten Apo¬ theker dies Reclamewesen mit der Würde ihres Standes nicht vereinbaren können und sich nie dazu verstehen werden, Mittel wie Shakerextract, Schweizerpillen, Voss’sehe Catarrhpillen etc., die alle möglichen Krankheiten curiren sollen, zu führen. Deutscher Apothekerverein. Kreis Eiberfeld-Barmen.* Ein so offenes ehrliches Vorgehen der Apotheker selbst gegen die Zumuthung, Ge¬ heimmittel feil zu halten, deren Reclame den Stempel frivolen Schwindels an der Stirne trägt, muss über kurz oder lang auch bei uns sich Bahn brechen, und mit diesem Wunsche sprechen wir den Apothekern von Elberfeld-Barmen unsere volle Anerkennung aus für ihren wackern Beschluss. Oraabündeil« Dr. med. J. G. Brügger f. Am 28. Januar verstarb in Samaden in Folge eines unglücklichen Sturzes der allgemein beliebte Dr. med. J. G. Brügger. Im Jahre 1819 in Churwaiden geboren, war der Verstorbene anfänglich für den Militärdienst bestimmt, und als ganz junger Mann stand er als Recrut in Bologna beim päpstlichen Schweizerregiment von Salis-Zizers. Allein das Garnisonsleben sagte ihm nicht zu, und obschon eine rasche militärische Carriöre für den stattlichen, gut empfohlenen jungen Digitized by LjOOQle 217 Mann durchaus im Bereiche der Wahrscheinlichkeit lag, wandte sich Brügger sehr bald der Heimath zu. Vor Allem zog ihn dahin ein edler Wissensdrang: er wollte Studien machen und Arzt werden. Nach tüchtigen Vorstudien am Seminar in Chur bezog Brügger das Josephinum in Wien und folgte mit Begeisterung den Vorlesungen der Koryphäen an der medicinischen Facultät daselbst, Hebra , Scoda, Rokitansky , Jäger sen. u. a. m. Er doctorirte sodann in Bern und schuf sich gegen das Ende der vierziger Jahre seinen ärztlichen Wirkungskreis in unserm Oberengadinerthale, im Sommer als beliebter Curarzt in 8t. Moritz. B . hat ein wesentliches, bleibendes Verdienst an der rationellen und gut gelungenen Neufassung der St. Moritzer Mineralquellen, und es wird eine nicht leicht zu lösende Aufgabe der Curdirection sein, unsern geschiedenen Collegen in würdiger Weise zu ersetzen. Was der Verblichene seiner tieftrauernden Familie gewesen, das entzieht sich un¬ serer Erörterung; allein das Andenken an den tüchtigen, scharfblickenden, menschen¬ freundlichen Arzt, an den theilnehmenden, zuverlässigen Freund , an den geistreichen, heiteren Gesellschafter wird lange, lange fortieben in unsern Dörfern; die allgemeine Sympathie und die Dankbarkeit Vieler folgen ihm in die Gruft nach! Ruhe im Frieden! — Krankenhaus. Der Vorstand der evangelischen Curgemeinde in Davos hat seit einer längem Reihe von Jahren die Sorge für Verpflegung schwerkranker Cur- gäste ohne Unterschied der Confession und Nationalität als eine seiner wichtigsten Auf¬ gaben betrachtet. Die Erfahrung hat ihm nämlich gezeigt, dass das Dienstpersonal der Hötels durch seine regelmässige Arbeit zu sehr in Anspruch genommen ist, als dass ihm fQr die Fälle schwerer Erkrankung, wo der Curgast bei Tag und Nacht sorgfältiger Pflege bedarf , Zeit und Kraft übrig bliebe, ganz abgesehen davon , dass ihm die zur Krankenpflege erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten fehlen. Um diesem Missstande abzuhelfen , hat sich der Vorstand der Curgemeinde mit der Diaconissenanstalt in Carlsruhe in Verbindung gesetzt, und diese Anstalt hat demselben seit Jahren immer eine Anzahl von Diaconissen zum Zwecke der Krankenpflege in dan- kenswerthester Weise zur Verfügung gestellt. Bei dem raschen Wachsthum des Cur- ortes wird es aber den Diaconissen immer schwerer, den Ansprüchen, welche die Kranken¬ pflege an sie stellt, zu genügen. So hat denn der Vorstand der Curgemeinde darauf denken müssen, auf andere Weise Hülfe zu schaffen. Nach reiflicher Ueberlegung glaubt er das beste Mittel hiefür im Bau eines Diaconissenhauses gefunden zu haben, in welchem eine grössere Anzahl Schwerkranker Aufnahme finden könnten. Ueberdies werden in einem solchen Hause die Kranken viel leichter als in einem Hötel die ihnen bei Tag und Nacht nothwendige Ruhe finden, und endlich wird für den Fall, dass am Curorte einmal eine epidemische Krankheit ausbrechen sollte, die Bekämpfung derselben bedeutend er¬ leichtert, wenn die von der Krankheit Befallenen unverzüglich aus dem Hötel in’s Kranken¬ haus gebracht werden können. Das Project des Diaconissenhauses hat in weiten Kreisen Beifall gefunden; durch Curgäste und Freunde der Sache ist für den Bau die Summe von etwa 50,000 Fr. ge¬ sammelt worden. Obwohl dieselbe noch bei Weitem nicht hinreicht, um die Kosten eines Baues , der allen an ein Krankenhaus zu stellenden Anforderungen genügte, zu decken, hofft der Vorstand der Curgemeinde doch, im nächsten Sommer den Grundstein zum Diaconissenhaus legen zu können, indem er darauf rechnet, dass das Davoser Cur- publicum auch fernerhin ihm mit seiner oft bewährten Opferwilligkeit zur Seite stehen werde. (Davoser Bl.) Zürich. Animale Impfung. In Nr. 5 der „Blätter für Gesundheitspflege“ re- forirt Dr. H. v. Wyss über die im Sommer 1880 in der städtischen Impfanstalt vorge- uommenen Farrenimpfungen. „Es wurden von mir persönlich vom Mai bis November 1880 zu wiederholten Malen geimpft: 68 Kinder mit Farrenlymphe frisch vom Thier entnommen. Von diesen Im¬ pfungen hatten vollständigen Erfolg 58, unvollständigen Erfolg 4, keinen Erfolg 6, Summa 68. Die Resultate der gleichzeitig von andern Aerzten gemachten Impfungen sind mir leider* unbekannt geblieben, die letztem sind aber im Ganzen bedeutend weniger zahlreich als die meinigen. Eine vollständige Ausnutzung der Impfstoffe, wie ihn die Thiere gaben, hat nur Digitized by Google 218 selten stattgefunden. Was die Ausführung der Impfung selbst betrifft, so ist sie etwas schwieriger mit frischer animaler Lymphe, da dieselbe niemals reichlich aus den Pusteln flieset und fast sofort fest gerinnt. Die Uebertragung hat also sehr sorgfältig zu ge¬ schehen und stört Blutung beim zu Impfenden, sowie baldiges Abwischen etc. den Erfolg nach unserer Erfahrung leichter als bei der humanisirten Lymphe. Was nun die Erfolge mit aufbewahrter Lymphe betrifft, so waren dieselben nach drei Tagen beim Thiere etwa bis in die dritte Generation erfolgreich , von da an aber blieben sie wirkungslos, und es musste zum Impfen der Thiere wieder Menschenlymphe genommen werden. Nachdem ich einige Male animale Lymphe gesammelt und abgegeben hatte, und mir, ob schon die Impfungen schon nach 2—3 Tagen vorgenommen wurden, Misserfolge be¬ richtet wurden, gelangte ich durch eigene Prüfung zu folgendem Resultat: Eine Partie tadellosen animalen Impfstoffs aus frisch angeschnittenen Pusteln wurde frei von den Gerinnseln mit Aq. dest. und Glycerin ää zu gleichen Theilen ge¬ mischt in Röhrchen gesammelt Die Lymphe war ganz klar, kaum hellgelblich. Genau 24 Stunden später (November) impfte ich damit 16 Kinder. Von diesen hatten nur 2 auf jeden Schnitt eine Pustel, 5 auf 6 Schnitte je eine oder zwei kleine Pusteln, die übrigen 9 gar keinen Erfolg. Diese letztem bekamen, mit gewöhnlicher Menschenlymphe geimpft, alle die schönsten Blattern, während eine Impfung der 5 unvollständigen mit derselben Menschenlymphe erfolglos blieb. Sollte ich danach meine, wie gesagt, noch geringen Erfahrungen resumiren, so würde dies etwa so lauten: 1) Impfung mit direct dem Thier entnommener unvermischter animaler Lymphe haftet ebenso sicher, wie diejenige mit humanisirter Lymphe. Die etwas schwierigere Ausfüh¬ rung der Impfung erfordert etwas grössere Sorgfalt, und daher sind einzelne Misserfolge leicht erklärlich. 2) Impfung mit selbst nur 24 8tunden aufbewahrter animaler Lymphe ist ganz un¬ sicher in den Erfolgen. Theils fehlt ein solcher ganz, theils ist er unvollständig. 3) Selbst bei unvollständigem Erfolg einer Impfung mit animaler Lymphe bleibt eine nachherige Impfung mit humanisirter wirkungslos. Sollte es schon gestattet sein, einen practischen Schluss aus diesen Beobachtungen zu ziehen, so wäre es der, die Errichtung centraler Impfanstalten zur Versorgung grös¬ serer Gebiete mit animaler Lymphe nicht zu befürworten, sondern darauf hinzustreben, dass periodische Impfungen von Farren in den einzelnen Gemeinden etwa durch die Thierärzte vorgenommen werden behufs Impfung der Kinder mit frischem Stoff direct vom Thier. Es bleibt noch nachzutragen, dass ich übermässige Reaction bei Impfungen mit un¬ verdünnter, reiner animaler Lymphe nie gesehen habe. tf Da die Farrenimpfung etwas umständlich ist, bemerken wir, dass sich in Wien (Impfanstalt von Dr. Hay) und in Weimar und seiner Umgebung die Impfung der Kälber vollkommen eingebürgert und bewährt hat. Bei rationeller Fütterung leidet das Thier nicht darunter. Herr Director Siegmund , welcher die Impfungen der Farren im basier Schlachthaus besorgt, schreibt uns, dass er es für einen Fehler betrachte, „alle Lymphgerinnse) zu entfernen, um die Lymphe möglichst rein und klar in die Capillaren einfüllen zu können. In den Lymphgerinnseln haften mechanisch festgehalten die meisten Lymphzellen: daher der schlechte Erfolg mit der von Ifyss'sehen Lymphe schon am 2. und 3. Tage. Ich verreibe die Lymphgerinnsel auf ebener Glasplatte möglichst vollständig, um sie dann in die nicht gar zu engen Capillaren einfüllen zu können und habe deshalb mit unserer conservirten Glycerinlymphe bedeutend bessere Erfolge erzielt als v. Wyss . Aus dem gleichen Grunde gibt die zwischen Glasplatten aufbewahrte animale Lymphe bessere Erfolge als die von JFyw’sche.“ Wir bitten auch die übrigen Impfinstitute, ihre Erfahrungen über animale Lymphe mitzutheilen, so namentlich über die Transportfähigkeit flüssiger Lymphe und über ihre Schutzkraft. Lausanne. Prflfungssitz für propid.-med. Examen. Der Staatsrath wählte soeben Dr. Bugnion in Lausanne zum ausserordentlichen Professor der Anatomie für die Digitized by LjOOQle 219 propädeutische Facultät der Medicin an der Academie in Lausanne; dadurch tritt nun Lausanne in die Reibe der med. Prüfungssitze für propäd. Medicin. Ausland. Deutschland. Balneologie. Vom 1. Mai bis 30. September 1. J. wird in Frankfurt a. M. eine allgemeine deutsche Patent- und Musterschutz-Ausstellung, ver¬ bunden mit einer Exposition für Gartenbau, Balneologie etc. stattfinden. Der Hauptzweck der internationalen baineologischen Ausstellung ist, das Neueste auf dem Gebiete des Badewesens und der einschlägigen Gesundheitspflege zur Anschauung zu bringen; sie soll dem Publicum Kenutniss von den Leistungen und Fortschritten in den betreffenden Fächern durch den Augenschein verschaffen. Es sollen deshalb in erster Linie solche Gegenstände zur Ausstellung gelangen, welche in folgende Specialfächer der Balneologie und Gesundheitspflege gehören: Mineralwasser, mit Beigabe der Gebirgsfor- mation des Quellengebietes und der letzten Analysen. Die von den Mineralquellen ge¬ bildeten natürlichen Quellenproducte, Sinterbildungen, Incrustationen, Schwefelstufen, Moorerde, Schlammbildungen etc. Die aus den Quellen bereiteten Präparate: Salze, Lau¬ gen, sowie deren Verbindungen mit anderen zu ihrer Darstellung nothwendigen Stoffen: Pastillen, Säfte, Spirituosen, Seifen u. A. mit und ohne Verpackung; pharmaceutische Präparate zur Förderung der Gesundheitspflege (Kumys, Ol. pini sylv. etc. etc.); diäte¬ tische Nahrungsmittel (Cacao , Cacoigna, Fleischextract etc.). Wasserhebe-Apparate, Verschluss- und Laufkrahnen, Trinkgefässe, Wasserversendungsgegenstände: Flaschen, Krüge, Korke, Verschlusskapseln, Etiquetten, Flaschen-Spül-, Kork- und Verkapselungs¬ maschinen etc. Badewannen mit Heiz- oder Wärrneeinrichtungen, für Moor-, Schlamm- und Sandbäder, sowie für Partialbäder, event. Modelle. Russische, römische und irische Bäder mit den verschiedenen Douchen zu Kalt- und Warmwasser, Wäsche Wärmapparate (Modelle), Frottir-Tticher und Frottir-Handschuhe. Inhalationsapparate, Gas- und com- primirte Luftbäder. Seebadkarren, Strandschutzhütten, Krankensessel, Trag- und Fahr¬ stühle. Apparate zur Anwendung der Electricität, des Galvanismus und Magnetismus zu Heilzwecken; heilgymnastische Apparate und chirurgische Instrumente, Verbandstoffe u. s. w. Eine Collection solcher, die körperliche Bewegung im Freien fördernde Spiele: Cricket, Lawn Tennis, etc. — Seebad- und Spiel-Costüme. Canal- und Abfuhrsysteme. Meteorologische Apparate. Situationspläne und Ansichten von Bade- und Curhäusern, Trinkhallen. Bildliche Darstellung von klimatischen Curorten. Reliefbilder. Balneolo- gische Literatur und Statistik. Alte Geschichte einzelner Bäder, wenn möglich mit Vor¬ lage alter Grundrisse, Ansichten und Fundstücke. Frankreich. Ueber die gfozliche Vernlchtnog einer kleinen Eskimo¬ truppe durch Blattern macht Colin (Annales d’hygi&ne publique, März 1881, pag. 225 u. ff.) eine interessante Mittheilung, der wir Folgendes entnehmen: Die aus 8 Köpfen bestehende Eskimotruppe war in Hamburg am 26. September 1880 an’s Land gestiegen und hielt sich in der Folge auf: In Berlin vom 18. October bis 19. November, in Prag vom 20. bis 30. November, in Frankfurt vom 1. bis 12. Deceraber, in Darmstadt vom 13. bis 18. December und in Crefeld vom 18. bis 30. December. Offenbar erfolgte die erste Ansteckung in Prag, wo Blattern herrschten ; am 14. De¬ cember erlag denselben in Darmstadt ein junges Mädchen mit deutlichem Ausschlag, ohne dass irgend welche Maassregeln getroffen wurden. Am 27. December starb in Crefeld eine erwachsene Frau unter den Erscheinungen hämorrhagischer Variola ohne Blattern¬ exanthem. Bei der Abreise von Crefeld nach Paris Hessen die Eskimos ein erkranktes Kind zurück, dessen Leiden beim Spitaleintritt am 30. December als Blattern erkannt wurde, ebenfalls mit tödtlichem Ausgang am 31. December. Nun avisirte der Bürger¬ meister von Crefeld telegraphisch den Seinepräfecten von der Ankunft der ö übrigen Eskimos in Paris. Diese erfolgte am 31. December; am 1. Januar wurden dieselben geimpft, leider mit vaccin animal conservö en tubes und ohne Erfolg, so dass nach 5 Tagen die Impfung wiederholt wurde, ebenso erfolglos. Es erkrankten nun vom 5. bis 8. Januar alle fünf (3 Männer, 1 Frau und 1 Kind) und endeten alle vor dem 15. Januar tödtlich. Colin spricht sich mit berechtigter Entrüstung über die Führer dieser Truppe aus und verlangt, dass solche Reisende, deren Empfänglichkeit weder durch Impfung noch durch frühere Blatterung in der Heimath vermindert ist, gleich bei der Ankunft in einem europäischen Hafen geimpft werden. L. Digitized by LjOOQle 220 — Obligatorische Impfung. Am 8. März hat die Abgeordnetenkammer den An¬ trag des Abgeordneten Dr. med. Lionville , zur Bekämpfung der Pocken die Impfung für obligatorisch zu erklären — in erster Lesung angenommen und die Regierung aufgefor¬ dert, bis zur zweiten Lesung das Gutachten der Acaddmie de mddecine einzuholen. — Morbiditätsstatistik ln Paris. Nachdem die ärztliche Bescheinigung der To¬ desursache in Paris eine fortschreitende Besserung im Sinne grösserer Genauigkeit auf- weist, regt ein Circular des Seinepräfecten an die Aerzte vom 15. Januar 1881 auch die Anzeige epidemischer Erkrankungsfälle an. Es sind folgende 7 Krank¬ heiten in Betracht gezogen: Cholera asiatica, Diphtherie, Puerperalfieber, Masern, Schar¬ lach, Abdominaltyphus, Blattern. Jeder Arzt erhält ein Carnet mit 20 Formularen , die in einen Talon und ein (als unfrankirte Postkarte zu benützendes) Anzeigeformular zer¬ fallen. Um alle Scrupeln wegen des Secret mödical zu vermeiden, fehlt der „Name des Erkrankten“ auf dem Formular, die Krankheit kann nur durch die Initialen bezeichnet werden; hauptsächlich werden aber über Beginn und Ursprung der Erkrankung präcise Angaben gewünscht. Die Resultate sollen wöchentlich publicirt werden. (Annales d’hygiöne publique Mars 1881, pag. 281.) Wir hoffen, dass dieses Vorgehen des „Auges Frankreichs“ die Scrupeln unserer verehrlichen Collegen der französischen Schweiz etwas beschwichtigen wird, so dass wir doch noch zu einer eidgenössischen Morbiditätsstatistik, wenigstens der epidemischen Krankheiten, kommen werden. Stand der Iufectione-Krankheiten in Basel. Vom 11. bis 25. März 1881. (Die Zahlen in Klammern geben jeweilen die Anzahl der in früheren halben Monaten angemeldeten Fälle an.) Von Varicellen sind 6 (13, 12, 7) Fälle aus Grossbasel gemeldet. Masern fälle sind 4 angezeigt aus Kleinbasel, im Zusammenhänge mit den früher berichteten (1, 7). Rötheln 2 Fälle. Scharlach 5 Erkrankungen in der Stadt (3, 8, 7); ausserdem 2 im benachbarten Kleinhüningen. Von Typhus sind 80 neue Erkrankungen angemeldet (126, 113, 48, 100), welche sich folgendermaassen vertheilen: 11.-25.Jan. 26. Jan.-10.Feb. ll.-25.Feb. 26.Feb.-10.Märs. 11.-25.März. Nordwestplateau 33 36 16 32 39 Birsigthal 28 27 12 18 13 8üdostplateau 31 16 6 21 3 Birsthal 2 3 1 1 — Kleinbasel 31 31 12 28 25 Während auf dem Nordwestplateau die Zahl der Fälle noch gewachsen ist (zahl¬ reiche Erkrankungen im Missionshause), zeigt sie im übrigen eine Abnahme, die beson¬ ders beim Südostplateau auffallend stark ist. Die meisten Anmeldungen stammen über¬ haupt noch aus der ersten Hälfte dieses halben Monats, so dass ein weiterer Rückgang in Aussicht steht. Von Diphtherie und Group sind 31 neue Fälle angezeigt, vorherrschend von den Plateaux und aus Kleinbasel (41, 32, 28). Pertussis erscheint ebenfalls in Zunahme; angemeldet sind 47 neue Erkrankungen (28, 15, 12) aus allen Stadttheilen. . Erysipelas 10 Erkrankungen (14, 10, 7) auf den Plateaux und in Kleiubasel. Von Puerperalfieber ein Fall im Birsigthal. Bibliographisches. 74) ffegar ty Kaltenbach, Die operative Gynäcologie mit Einschluss der gynäcologischen Untersuchungslehre. II. gänzl. umgearbeitete und vermehrte Aufl. I. Hälfte. Mit 134 Holzschn. Stuttgart, Verlag von Enke. 75) C. Arnold , Beiträge zur vergleichenden Physiologie, Inaug.-Dissert, Bern, B. F. Haller. 44 S. 1881. Digitized by LjOOQle 221 76) Bedinget, Krankenbericht der Heilanstalt für Ohrenkranke in Stuttgart von 1877 bis 1879 und Mittheilungen über die Fortschritte der Ohrenheilkunde in den letzten Jahren. 69 8. Stuttgart, 8chweizerbarts Verlag. 77) Flügge , Lehrbuch der hygieinischen Untersuchungsmethoden. Eine Anleitung zur Anstellung hygieinischer Untersuchungen und zur Begutachtung hygieinischer Fragen für Aerzte, Chemiker, Sanitäts- und Verwaltungsbeamte, sowie Studirende. Mit 88 Abbildungen, 17 Tabellen und 4 lithogr. Tafeln. 602 S. Leipzig, Verlag von Veit & Cie. 78) Landois , Lehrbuch der Physiologie des Menschen, einschliesslich der Histologie und microscop. Anatomie, mit besonderer Berücksichtigung der pract. Medicin. 2. ver¬ besserte Aufl. I. Hälfte. Wien, Urban & Schwarzenberg. 79) Schmidt-Rimpier, Universität und Specialistenthum. Rectoratsrede. Marburg, Elwerts Buchhandl. 80) Beneke , Constitution und constitutionelles Kranksein des Menschen. Mit 12 chromo- lithogr. Tafeln. 96 S. Marburg, Eiwerts Buchh. Briefkasten. Herrn Profi Demme; Dr. Lotz , Basel; Dr. H. Weber , Bern; Mit bestem Danke erhalten. Condurango - Wein und -Essenz in concentrirter Form, dargestellt mit der Binde, welche Prof. Dr. Frledreieh ausschliesslich verwendet, empfiehlt die Goldene Apotheke in Basel. Bougies, Vaginakugeln, Suppositorien und Ohrkugeln ans Gelatinemasse, mit jedem beliebigen Medikament, empfiehlt den Herren Aerzten C. Fingerhutb, Apotheker, Neumünster-Zürich, am Krenzplatz. Cataplasma artificiale empfehlen A. & L. Volkhansen, Apotheker, Elsfleth a. d. Weser. rM-Agtoidbg.Nr.494/95-B] Der Verkauf ist in den Apotheken. Generald6pot für die Schweiz: C. Fr. Haus¬ mann, Apotheker in St, Gallen, Lentoe-IfcosentlxaPsclie Fleischsolution, genau nach Vorschrift des Prof. Dr. Leube bereitet ▼on H. Hueffner, Modicinal-Assessor in Jena. Depot bei C. Fingerhnth, Apotheker am Krenz¬ platz, Neumünster-Zürich. In der kantonalen Heil- und Pflegeanstalt St« Urban ist auf 1. Mai die Stelle eines Volontärarztes zn besetzen. Anmeldungen haben bis znm 10. April zn erfolgen beim Director der Anstalt St. Urban, Dr. J. Fetscherin. In allen Buchhandlungen ist zn haben: Die häusliche Krankenpflege * von Dr. L. G. Courvoisier. Preis Pr. 3. Basel. Benno Sehwabe, Verlagsbuchhandlung. Stelle -Ausschreibung. In Folge Resignation des bisherigen Inhabers ist die Stelle eines Instrnctors I. Classe der Sanitätstruppen mit einer jährlichen Besoldung bis auf Fr. 4,500 neu zu besetzen. Sanitätsofficiere (Aerzte), welche sich um diese Stelle zu bewerben wünschen, haben ihre Anmeldungen bis zum 17. April nächsthin dem Schweiz. Militärdepartement in Bern einzureichen. Bern, 28. März 1881. Schweiz. ]\filitclx*d.epa,x*temeYit* FRANZ JOSEF’ RITTERQDKUE I nommirten Mineralwasser-Depots und den meisten Apotheken, doch werden die Herren Aerzte gebeten, stets die Bezeichnung „FRANZ JOSEF“ Bitterquelle zn gebrauchen. Die Versendungs- Direktion, Budapest. 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Kunigk: Vademecum für Kliniker und Aerzte. — 4) Can tonale Correspondenzen: Bern, Zürich, Zar Illu¬ stration eines Epidemiengesetzes. — 5) Wochenbericht. — 6) Bibliographisches. — 7) Briefkasten. Original-Arbeiten. Ueber Pneumonomycosis und Pharyngomycosis sarcinica. Von Cölestin Nauwerck, Assistent der medicinischen Klinik in Zürich. Seit Frühjahr 1879 habe ich bei vier Kranken der medicinischen Klinik, von denen drei zur Necroscopie gelangten, Sarcine im Auswurf gefunden; in der Ueber- zeugung, dass wir erst an Hand einer ausgebreiteteren Casuistik darüber Klarheit gewinnen können, ob bei pathologischen Lungenprocessen der Sarcine überhaupt eine irgendwie selbsttbätige Rolle beigemessen werden dürfe, lasse ich diese Be¬ obachtungen hier in möglichster Kürze folgen. In der That beschränkt sich die mir zugängliche Literatur über die Sarcine im Auswurf und über die Pneumono¬ mycosis sarcinica im Besondern auf einige wenige Fälle, namentlich wenn man jene mehr zufälligen Ereignisse von vornherein ausschliesst, wo die Sarcine erst secundär aus dem Verdauungstractus (Magen) in die Luftwege gelangte. Zwei Befunde publicirte Virchow , *) der zuerst, 1846, die Sarcine in den Lungen entdeckte und die Pneumonomycosis sarcinica statuirte; von Friedreich , # ) Cohnheim *) und Heimer A ) rührt je ein Fall her, während Bamberger , 5 ) Munk 6 ) und Bauer 1 ) mehr beiläufige Notizen über vier derartige Fälle lieferten. Um Wiederholungen zu vermeiden, sei gleich hier hervorgehoben, dass die Sarcine sich uns bei allen 4 Fällen unter nahezu übereinstimmendem Bilde prä- sentirte, welches von dem der früheren Schilderungen nicht wesentlich abweicht; l ) Frorieps Notizen 1846 — Virchow ’s Arch. X. 4 ) Virchow's Arch. XXX. 8 ) Ibid. XXXIII. *) Ueber Pneumonomycosis sarcinica. Diss. München, 1877. 6 ) Virchow'* Arch. IX (in : Virchow , Beiträge zur Lehre von den bei Menschen vorkommenden pflanzlichen Parasiten). ®) Centralblatt t d. m. W. 1864. M Heimer 1. e. 15 Digitized by by Google 226 8ie war sehr klein und entbehrte jeglicher Färbung; die Breite eines aus 4 glei¬ chen Feldern bestehenden Quadrates schwankte zwischen 0,0016 und 0,0033 mm.; auch bei dem gleichen Kranken kamen innert diesen Grenzen verschiedene Maass¬ verhältnisse neben einander vor; meistens fanden sich 4 Einzelquadrate zur Ein¬ heit zusammen geordnet; mehr als 16 Einzelquadrate als Einheit habe ich nicht gesehen, während andere Beobachter solche von bis zu 64 Feldern constatirten; ebenso wenig konnte ich mich, wie es auch Friedreich erging, mit Sicherheit von der Bildung cubischer Aggregate, wie sie u. A. Munk nachwies, überzeugen; da¬ gegen fand sich auch in unsern Fällen eine ganz ausgesprochene Neigung zur Zerklüftung, so dass Organismen aus 2 Quadraten bestehend, ja auch Einzelqua¬ drate stellenweise durchaus nicht zu den Seltenheiten gehörten. Sarcinemassen, in das Innere des Zellprotoplasma der Eiterkörperchen aufgenommen (2toA/, bei Heitner 1. c.) glückte mir nicht zu sehen. Bei den mit Tod abgegangenen Kranken stellte sich der Mageninhalt jedesmal als gänzlich frei von Sarcine heraus; auch bei dem Patienten Weidmann fehlen uns alle und jede Anhaltspuncte, Magensarcine anzunehmen. Beiläufig noch die Bemerkung, dass bei den Fällen Ruppert und Weidmann der Urin keine Sarcine enthielt. Ich lasse nun zunächst zwei Fälle folgen, die entschieden als ächte Pneumono- mycosis sarcinioa aufgefasst werden müssen, d. h. bei denen die Zumischung der Sarcine zum Auswurf von den Luftwegen her erfolgte. L Johannes Goldner, 48 Jahre alt, Maurer, von Oberrieden; aufgenommen 27. Februar 1880; die Mutter starb an Lungenschwindsucht. Seit 2—3 Jahren fiel der Umgebung des Kranken die schmutziggraue Färbung der Haut im Gesicht und an den Händen des¬ selben auf. — Vor 6—7 Wochen trat Husten und Auswurf ein, dann Seitenstechen links; vor 5 Wochen auf eine Erkältung hin Abends Schüttelfrost, Beengung , Seitenstechen; seither vermehrte sich Beengung und Auswurf, der Appetit schwand, die Kräfte zerfielen. In den letzten Tagen Diarrboß. 3. März: (klinische Vorstellung durch Prof. Huguenin ) Abmagerung, Ansemie, mässige Bronzefärbung des ganzen Körpers; am stärksten an den Warcenhöfen und Genitalien; Conjunctiven, Fingernägel frei; eigentümliche reticulirte Anordnung der Pigmentirung an der Baucbhaut; Pigmeutflecke an der Mundschleimhaut, namentlich entsprechend der Schlusslinie der Zahnreihen, und im Rachen. — Livor. — Resp. 28; objective und sub- jective Dyspnoe. — Puls frequent, klein, schwach. — Doppelseitige Infiltration der Lun¬ genspitzen ; disseminirte fein- und mittelblasige Rasselgeräusche über den Lungen, na¬ mentlich hinten; unbestimmtes Athmungsgeräusch. — Linksseitiges pleuritisches Exsudat. — Schleimeitriger Auswurf; microscopisch zahlreiche elastische Fasern, sonst keine nennenswerthen Bestandteile. — Irreguläres, ziemlich hohes Fieber. — Husten, Appetit- und Schlaflosigkeit; intensives Krankheitsgefühl. Diagnose: Doppelseitige Spitzeninfiltration ; disseminirte catarrhalpneumonische Herde; pleuritisches Exsudat; Addison’sche Krankheit (Verkäsung der Nebennieren?). 4. März : Collapsanfall; profuse Schweisse; subnormale Temperatur; sehr frequenter Puls. 9. März: Befund nicht wesentlich geändert; irreguläres, ziemlich niedriges Fieber. Beengung, hochgradige Schwäche. Auswurf bis heute der oben beschriebene. — Von Nachmittags 3 Uhr an fängt Pat. an, plötzlich reichliche Sputa zu expectoriren; dieselben sind von braunrotem, fast chocoladefarbenem Aussehen, ziemlich zäh, massig, gänzlich undurchsichtig, geruchlos ; bis gegen Abend füllt der Auswurf etwa eine halbe Spuck¬ schale. — Microscopisch viel Detritus, sehr zahlreiche, grösstenteils in Zerfall begriffene Digitized by LjOOQle 227 rothe, weniger weisse Blutkörperchen ; auf jedem Gesichtsfeld eine Unzahl wohlerhaltener meist aus 4 oder 16 Feldern bestehende Sarcinemassen. Abends stockt der Auswurf; unter den 8ymptomen des Lungenödems stirbt Pal am 10. März Nachts 2 Uhr. S e c t i o n (Prof. Huguenin ) 10. März Vormittags. Anatomische Diagnose: Bronzefärbung der Haut. — Verfettung der linken Nebenniere, Verdickung der linken Hälfte des plexus coeliacus. — Dilatation des rechten Herzens. Chronische Pneumonie beider Lungenspitzen; Bronchiectasien mit Wandulcera- tion daselbst; Cirrhose der Spitzen; secundäre traubenförmige (Aspirations- ?) Alveolitis mit Verkäsung. Thrombose der Pulmonalarterien, links mit vereitertem hämorrhagischem Infarct. Pleuritis exsudativa links. — Tuberculöse Dünndarmgschwüre, mit Tuberkel¬ eruption entlang einigen Lymphgefassen der Darmserosa. Dem Protocoll entnehme ich nur einige Stellen, die uns hier speciell interessireu : Linke Lunge: vorderer Theil verwachsen, hinten seröses Exsudat, 850 ccm. Ober¬ lappen cirrbotisch geschrumpft, enthält eine Menge träubchenförmiger alveolitischer, in Verkäsung begriffener Herde. Mehrere bis wallnussgrosse, mit käsig-eitrigem Inhalt ge¬ füllte Bronchiectasien. Auch im Unterlappen zerstreute Herde von verkäsender Catarrhal- pneumonie. „Im vordem Theile des Unterlappens gelangt man in eine apfelgrosse Höhle, welche an der Wand ringsum einen gelblichen Eitersaum zeigt, der nach aussen in relativ nor¬ males Lungengewebe übergeht; sie enthält chocoladefarbene, geruchlose Massen, wie sie Pat. expectorirt hatte. Der Herd reicht bis an die bedeutend verdickte Pleura; in seiner Umgebung überall frisch aussehende gelatinöse Catarrbalpneumonie. Die Pulmonalarterie zeigt von ihrem Anfänge an einen weit verzweigten, zuerst weichen, frischen, mehr pe¬ ripherisch ältern Thrombus, von welchem ein rabenfederkieldicker Antheil mitten in den erwähnten Herd hineingeht und in der unversehrten Arterie in der Wand der Höhle gegen die Lungenoberüäche verläuft, bis sowohl Arterienwand als Thrombus in der all¬ gemeinen Vereiterung der Wand aufgeht; der letztere ist chocoladefarbig und ohne Zwei¬ fel in eitrigem Zerfall begriffen. — Rechts eine ähnliche Thrombose der Lungenarterie, doch ohne hämorrhagischen Infarct Verfettung der linken Nebenniere (durch das Microscop bestätigt). Die linke Hälfte des plexus coeliacus zeigt dickere Nervenstämme als die rechte. Als wesentlichster Be¬ fund ein bohnengrosses Ganglion, in welches die Nervenstämme alle hineinlaufen. Das¬ selbe ist derb und gelatinös und sieht eher aus wie Bindegewebe, denn wie Nervensub- stanz. Rechts normaler Befund. Microscopisch besteht der Inhalt der Caverne aus den gleichen Formelementen, wie der beschriebene Auswurf; Sarcine in Unzahl vorhanden; ein Eindringen derselben in die Wand der Caverne oder in den Thrombus nicht nachweisbar. In der linken Lunge lässt sich die Sarcine im Bronchialinhalt des Unterlappens nachweisen, nicht dagegen in den Cavernen des Oberlappens; rechts nur in ganz spärlicher Anzahl im An¬ fangsstück des grossen Bronchus; ebenso in der Trachea und im Pharynx. n. Theophil Weidmann, 84 Jahre alt, Taglöhner, in Wiedikon; aufgenommen 9. Juli 1880; als Kind dreimal „Lungenentzündung“ ; immer etwas schwächlich; 1874 in Genf 4 Monate au einer unklaren Krankheit der rechten Lunge darniederliegend; seit Frühjahr 1879 Husten, Beengung und Heiserkeit, welch’ letztere im August besserte, ohne gänz¬ lich zurückzugehen. Gestern (8.) wurde Pat. bei der Arbeit vom Regen überrascht und total durchnässt; Mittags Appetitlosigkeit, Abends Husten, Seitenstechen links, Fieber, Beengung, allgemeines Unwohlsein. Aus der Krankengeschichte heben wir nur das Nothwendigste hervor; Pat. zeigte Abmagerung, Anämie, etwas Livor; Körperbau gracil; irreguläres Fieber bis 39,8; Puls klein, schwach, 80—116. Resp. 28—32; subjective Dyspnm; mittelgrosses seröses Pleura¬ exsudat links; Dämpfung, Bronchialathmen und halbklingende Rasselgeräusche über der rechten Lungenspitze. — Husten mit wenig copiösem, schleimeitrigem Auswurf; micro¬ scopisch Detritus, zumeist in Zerfall begriffene Eiterkörperchen und zahlreiche elastische Fasern. Keine 8arcine. Heiserkeit; in der Arygegend median eine in’s Cavum ragende Zapfenbildung; keine Geschwüre. — In Betreff der rechten Lungenspitze lautete die Dia- Digitized by Google 228 gnose auf verkäsende deequamativpneumonische Infiltration mit beginnender Cavernen- bildung. Der weitere Verlauf gestaltete sich über Erwarten günstig; das Pleuraexsudat ging allraälig spontan zurück ; die Affection der rechten Luoge breitete sich noch etwas nach abwärts aus, um hernach nahezu stationär zu bleiben; das Fieber cessirte beinahe gänz¬ lich, so dass Pat. vom September an an Körpergewicht zuzunehmen begann, sich erholte und auch bald das Bett verlassen konnte; neuerdings geht die Ernährung wieder etwas zurück und scheint sich der Process der rechten Lunge wieder von Neuem zu regen. Im Laufe des October nun fing Pat. an, neben dem gewöhnlichen schleimeitrigen Auswurf von grünlicher Farbe und wenig consistenter Beschaffenheit alle 2—3 Tage, namentlich des Morgens, unter grossen Anstrengungen, hie und da unter Brechbewegun- gen, jeweilen ein massiges, kleinhaselnussgrosses, sehr zähes, klumpiges, schmutzig-grttn- licb-graues, durchaus nicht fcetides, undurchsichtiges Sputum zu expectoriren; diese Sputa liefert Pat. bis auf den heutigen Tag neben dem gewohnten Auswurf, allerdings manch¬ mal mit Zwischenräumen von mehreren Tagen ; die microscopische Untersuchung ergab nun, dass diese Klumpen viel Detritus, zerfallene Eiterkörper, einzelne Epithelien enthal¬ ten und constant und zwar manchmal massenhaft die geschilderte Form von Sarcine mit sich führen ; zu wiederholten Malen constatirte ich, dass die Sarcine nur in diesen Brocken, nicht aber im Übrigen Sputum vorhanden war. — Ohne positives Resultat untersuchte ich den Schleimbelag der Mund- und Rachenhöhle des Kranken auf Sarcine. III. Als ein typischer Fall von Pharyngomycosis sarci nica dürfte folgende Beobachtung, im Gegensatz zu den eben mitgetheilten Krankengeschichten, von Inter¬ esse sein. Heinrich Ruppert, 20 Jahre alt, Fabrikarbeiter, von Wald; aufgenommen 11. Sept 1880; abgesehen von Drüseneiterungen am Halse bisher gesund; macht die Recruten- schule (7. Juli bis 19. August) in Zürich mit; erkrankt am 20. August. D i a g n ose: (12. Sept.) Typhus abdominalis; Drüseneiterung am Halse. In den folgenden Tagen bildete sich eine bis in die Spitzen reichende Bronchitis aus. Ziemlich schwerer Verlauf. Am 23. September Apyrexie ; vom 27. an wieder Fieber. Am 2. October Haemoptoe, die am 5. dauernd aufhört Am 13. October erste Untersuchung nach der Lungenblutung: Dämpfung über der linken Spitze; Athmungsgeräusch rauh, scharf, fast bronchial. Irreguläres Fieber. Husten, schleimeitriger Auswurf; einzelne Sputa opak, diffus braunröthlich tingirt. Im weitern Verlaufe wurde die Infiltration der linken Spitze deutlicher; zunehmende Abmagerung und Anrnmie; irreguläres, mässig hohes Fieber Wenig Husten, fast kein Auswurf. 30. November: Bronchialathmen, klingende Rasselgeräusche über der linken Spitze; weiter nach abwärts hinten unbestimmtes Athmungsgeräusch und grobe Rhonchi; vorn links von oben bis unten unbestimmtes Athmungsgeräusch, viele trockene knatternde Rhonchi (verkäsende Peribronchitis migrans, Prof. Huguenin). 18. December Abends: Collapsanfall; Puls 144; DyspnoB; Resp. bis 52; Seitenstechen links; Brechreiz. 19. Morgens: Linkseitiger Pneumothorax nachweisbar; Verschiebung des Herzens nach rechts ; Ausweitung der untern Thoraxpartien links; dieselben bleiben liegen; Auf¬ hebung des Athmungsgeräusches in der linken Seite; Exsudatdämpfung h. 1. u. ; 1. v. 2. bis 3. Rippe amphorisches Bronchialathmen. — Bei der Untersuchung jetzt und auch späterhin starke Zwerchfellskrämpfe mit leichtem Glottiskrampf. 21. Seit gestern entleert Pat. ziemlich copiösen, nicht sehr zähen, grünlichen, nicht foetiden, ziemlich schaumigen, schleimeitrigen Auswurf; Eiter, Detritus; spärliche Epi¬ thelien ; auf fast allen Gesichtsfeldern eine Unmasse von Sarcine, meist aus 4 Feldern zusammengesetzt. Bis zum Tode bleibt sich der Auswurf und die Sarcinebeimischung gleich, allerdings wechselt die Massenhaftigkeit der letztem einigermaassen und auch die einzelnen Sputa zeigen Dicht immer die gleiche Quantität der Sarcine, die stellenweise förmliche ftasen bildet. Aus der Krankengeschichte hebe ich nur noch hervor, dass die letzten 2 Tage vor Digitized by LjOOQle 229 dem Tode der Urin eine ausgesprochen nephritische Beschaffenheit annahm (Blut, Cylinder, charakteristische Epithelien, Eiweiss); der Pneumothorax blieb im wesentlichen unverändert und zeichnete sich durch den Mangel jeglicher metallischer Phänomene aus, so dass man ihn mit Sicherheit nur aus den Verdrängungssymptomen und aus dem frei beweglichen Erguss diagnosticiren konnte; man vindicirte ihm intra vitam eine durch alte Verwachsungen bedingte, mehr spaltförmige Gestalt. Tod am 9. Januar 1881. Section 10. Januar (Prof. Eberth). Anatomische Diagnose: Rechtsseitiger, serös-eitriger Pleuraerguss; Spitzeninduration mit käsigen Herden rechts; chronische ver¬ käsende Lobulärpneumonie mit Induration der Umgebung. Seröser Pleuraerguss links mit Pneumothorax, letzterer ausgehend von einem durchgebrochenen subpleuralen Käseherd des Unterlappens. TuberculÖ6e Pleuritis frischesten Datums. Alte Verwachsungen der obern Lungenpartien links. Verdrängung des Herzens nach rechts. Caverne in der Spitze; durch die ganze linke Lunge verkäsende Lobulärpneumonie mit Induration. Hy¬ pertrophie des Conus der Pulmonalarterie. Kleine globulöse Vegetationen rechts. Ober¬ flächliche Blutungen der Nierenrinde; Anaemie der letztem und der Glomeruli; vielleicht mit etwas Verfettung. Schiefrige Färbung einzelner Peyer' scher und solitärer Follikel oberhalb der IleocoBcalklappe, zum Theil mit Verkäsung. Atrophie des Darms. Bei der microscopischen Untersuchung erwiesen eich die pleuralen Ergüsse als nicht sarcineführend; dagegen fand ich in dem Schleimbelag des im Uebrigen vollkommen nor¬ malen Pharynx die Sarcine (4-8 -16 Felder neben einander) in solcher Massenhaftig- keit vor, dass das Gesichtsfeld förmlich damit übersäet erschien; die Hauptablagerungs- Stätten schienen die sinus pyriformes und der Raum zwischen Zungengrund und Epi¬ glottis zu sein; in den obersten Partien des Oesophagus nur ganz vereinzelte Exemplare. Auf die Luftwege übergehend, nahm die Zahl der Sarcine constant ab, je weiter nach abwärts man gelangte; die Morgagnt sehen Taschen wiesen noch ganz erhebliche Massen auf; in der Trachea nur noch eine sehr mässige Anzahl; im rechten Bronchus ging die Sarcine nicht über die Bronchien II. Ordnung hinaus; links liess sie sich bis in die Ca¬ verne der Spitze verfolgen; der käsig-eitrige Inhalt derselben liess nur ganz spärliche Exemplare erkennen; immerhin konnte man nachweisen, dass die Bronchien des Unter¬ lappens von dem gleichen Caliber, wie der in die Caverne führende Bronchus, keine Sarcine mehr enthielten; ferner fiel mir auf, dass die letztere im Pharynx weitaus die charakteristische Formation am deutlichsten darbot, Während in den Luftwegen, je wei¬ ter man nach abwärts kam, der Zerfall in Organismen von 2 Feldern, ja auch in ein¬ zellige Formen überwog, welch’ letztere dann kaum noch von den zahlreich vorhandenen Kugelbacterien zu unterscheiden waren. — Der Mageninhalt frei von Sarcine. IV. Schliesslich noch ein Fall mit vorübergehendem Sarcinegehalt des Auswurfs, bei dem ich den physicalisch-diagnostischen, nicht uninteressanten Befund etwas einlässlicher mittheile. Carl Schwaderer, 20 Jahre alt, Commis, in Zürich; Vater starb 42jährig an Lungen¬ schwindsucht; Pat. erkrankte im August 1878 plötzlich mit Husten, Heiserkeit, Beengung, Fieber; starke Hsemoptoe; seither geringe Brustsymptome; bis Neujahr 1879 in Davos; später in Tessin und Zürich; vor 8 Tagen wieder starken Husten, copiöse Haömoptoö, DyspnoB etc. Aufgenommen 16. October 1879. Wegen fortdauernder Haemoptysis des Pat. nahm ich erst am 25. October einen genauen Status praesens auf. Grosser, ziemlich musculöser, nicht schlecht genährter, sehr anaemischer Mann. — Livor. — Zunge trocken, belegt, Hals lang, Thorax nicht phthisisch, über den obern Partien etwas flach. — Resp. 24-32; hochgradige objective Dyspnoe; energische Action der auxiliären Respirationsmuskeln und des Zwerchfells; Spiel der Nasenflügel, Auf- und Absteigen des Kehlkopfs; dabei hebt sich der Thorax gegenüber der angewandten Mus¬ kelarbeit unverhältnissmässig wenig. Lungenbefund: Dämpfung, zum Theil mit leichter Tympanie, über den obern Partien beidseits, vorn bis zur 2. Rippe, hinten bis zur Mitte der Scapula; die Dämpfung nimmt nach abwärts an Intensität ab. Aber auch über den übrigen Lungenpartien nicht ganz normale Sonorität, ohne dass man von deutlicher Dämpfung reden könnte. Digitized by LjOOQle 230 Ueber den 8pitzen, soweit die deutlichen Dämpfungen reichen, abgeschwächtes un¬ bestimmtes, rechte bronchiales Athmungsgeräusch; ferner zahlreiche klein- und mittel¬ blasige halbklingende, zum Theil knatternde Rhonchi zumeist bei der Inspiration ; ferner Giemen. — Ueber allen andern Lungcupartien das Athmungsgeräusch massig abge¬ schwächt, scharf, unbestimmt, die Exspiration stark verlängert; ferner allenthalben sehr zahlreiche, gleichmässige, dem Ohre sehr nahe entstehende, halbfeuchte, zumeist inspira¬ torische, hie und da aber auch exspiratorische, feinblasige Rasselgeräusche, die der Cre- pitatio redux der croupösen Pneumonie nahestehen, sie jedoch an Grösse etwas über¬ treffen. Daneben spärliche mittelblasige, catarrhalische Rhonchi und Giemen. — R. h. u. überwiegen die letztem Phänomene. Herz frei; Verstärkung des II. Pulmonaltones. — Vergrösserung der Milzdämpfung. Irreguläres, durch Natr. salicyl. beeinflusstes Fieber, bis 39,8. Puls 72—108, klein, schwach, regulär. Viel Husten, spärlicher, grünlich¬ eitriger Auswurf. Wenig subjective Beschwerden, keine Beengung; Appetit gut; Kopf¬ weh; apathisches, schlummersüchtiges Wesen. Hie und da zittert Pat. am ganzen Kör¬ per, verneint dabei jegliches Frostgcfühl. Diagnose: Aeltere, wahrscheinlich käsige Processe in beiden Lungenspitzen. Acute Miliartuberculose der Lungen; vielleicht allgemeine Miliartuberculose ? 26. October. Im spärlichen Auswurf findet sich heute ziemlich zahlreiche Sarcine, eine sehr kleine Form, meist zu 4 oder 2 Einzelfeldern vereinigt. Keine elastischen Fasern Schon am folgenden Tage und bis zum Tod liess sich die Sarcine nie mehr im Sputum nachweisen; leider habe ich es verabsäumt, den Schleimbelag des Mundes und Rachens intra vitam zu untersuchen. Pat. starb am 1. November früh Morgens; der Befund blieb im Wesentlichen der¬ selbe; vom 28. an fast beständige Delirien mit Fluchtversuchen. Irreguläres Fieber wie vorher. Puls 96—120. Section (Prof. Eberlh) 1. November. Anatomische Diagnose: Cavernen in beiden Lungenspitzen. Verwaschene graue Hepatisation. Alveolitische Herde, vielleicht daneben graue Tuberkel. LungenoBdem. Bronchitis bis in die feinem Verzweigungen. Fibrinöse Pleuritis links. Dilatation des rechten Herzens. Milztumor. Oedem und Hyperämie des Gehirns. Der genauere Lungenbefund (abgesehen von den Spitzen) lautet: „Linker Oberlappen zeigt ziemlich viel lufthaltiges Parenchym, namentlich vorn; Oedem; Hypermmie; zahl¬ reiche disseminirte träubchenförmige, graürothe bis graugelbe nicht sehr feste Infiltratio¬ nen von trockener Schnittfläche; hinten daneben mehr graue disseminirte umschriebene miliare Körner. Unterlappen hyperromisch, lufthaltig, oedematös ; in dunkelroth injicirten Partien liegen zahlreiche disseminirte träubchenförmige Infiltrationen , dazwischen ieolirte submiliare zerstreute graue Körner. — Rechter Oberlappen : Parenchym rosa injicirt, lufthaltig, unterbrochen von haselnussgrossen, nicht sehr scharf begrenzten grauen Hepa- tisationen. Daneben in kleinen Gruppen zusammenstehende, zum Theil isolirte, von schiefrigem Gewebe eingefasste , graue prominirende Körner. Mittellappen stärker inji- cirt; graürothe Hepatisationen, in diese eingebettet Gruppen von graugelben submiliaren Körnchen. Unterlappen wie links; die theils isolirt, theils gruppenweise angeordneten Körnchen sitzen oft in grösseren Massen im injicirten Parenchym." Vergeblich durchmusterte ich in diesem Falle Rachen, Oesophagus, Magen, Larynx, Trachea, Bronchien und die Spitzencavernen ; keine Spur von Sarcine. Ferner untersuchte ich die erwähnten disseminirten grauen Körner, denen die ana¬ tomische Diagnose auf die macroscopische Betrachtung hin den miliartuberculösen Cha¬ rakter nicht mit Sicherheit aberkennen konnte; dieselben boten alle Kennzeichen der Rti/./’schen Desquamativpneumonie dar, von tuberculösen Elementen liess sich absolut nichts nachweisen. Unsere Diagnose stellte sich somit, was den disseminirten Process anbetrifft, als falsch heraus; keine Miliartuberculose, sondern disseminirte Catarrhalpneu- monie in kleinen Herden; gerade die ungeheure Ausdehnung des Processe* auf beide Lungen, die entschieden selten ist und zu deren Erklärung die beliebte „Aspirations- theorie* kaum ausreichen dürfte, machte uns in der Diagnose irren; mehr wie alle vor¬ hergegangenen und spätem Fälle von disseminirter Desquamativpneumonie überzeugte uns diese Beobachtung, dass in physicalisch-diagnostischer Beziehung eine Differentialdiagnose zwischen acuter Miliartuberculose der Lungen und frischer disseminirter Catarrhalpneu- Digitized by LjOOQle 231 monie in kleinern Herden unter Umständen einfach zu den Unmöglichkeiten gehört; wenn man den Status präsens durchsieht, wird man sich überzeugen, dass die wesentlichen Symptome der Inspection, Percussion und Auscultation vorhanden waren, aus denen man auf die Anwesenheit einer miliartuberculösen Aussaat durch die Lungen zu schliessen pflegt. Nicht der Miliartuberkel an sich, sondern die begleitende oder besser folgende Alveolitis und Bronchiolitis lässt eben den Tuberkel für die physicalische Diagnostik in die Erscheinung treten. — Suchen wir über die Bedeutung der Sarcine bei den bisher als Pneumono- mycosis sarcinica beschriebenen pathologischen Lungenprocessen einigermaassen in’s Klare zu kommen , so stossen wir bei der grossen Mehrzahl der Fälle auf einen schwerwiegenden Mangel in den Schilderungen des Befundes api Lebenden und Todten. Schon Friedreich (1. c.) stellte die Möglichkeit einer Infection der Lungen mit Sarcine von der Mundhöhle aus als sehr wahrscheinlich hin, da nach seinen Erfahrungen das Vorkommen einer Stomatomycosis und Pharyngomycosis sarcinica als ein keineswegs gerade seltenes bezeichnet werden muss, namentlich bei marantischen Krankheitsprocessen, wie bei chronischer Pneumonie, bei protra- hirtem Typhus, wo Friedreich soorähnliche Anflüge auf Uvula und vordem Gaumen- bogen constatirte; Lungen- und Mundsarcine erklärte Friedreich für identische For¬ men und nahm an, dass durch abfliessenden Speichel oder durch den inspiratori¬ schen Luftstrom Sarcinekeime in die tiefen Abschnitte der Luftwege, in die Bron¬ chien oder selbst in das Lungenparenchym gelangen und bei gewissen, für die Entwicklung der Pilze günstigen örtlichen Erkrankungen eine secundäre Infection des Lungengewebes bedingen könnten. Dass Friedreich mit diesen Auseinandersetzungen vollständig Recht hat, könnte nicht besser als durch unsern dritten Fall bewiesen werden; der Befund spricht zu deutlich für die Anschauung, dass die Sarcine erst secundär aus dem Pharynx in die Luftwege gelangte, allerdings ohne sich irgendwo stärker auszubreiten, dass eine weitere Besprechung desselben füglich unterbleiben darf. Eine specifische Einwirkung der Sarcine auf den Lungenprocess trat nicht zu Tage. Ich will gleich hier darauf aufmerksam machen, dass der Kranke Ruppert mehrere Wochen bis zum Tode in dem gleichen Saal wie der Patient Weidmann stationirt war und zwar nur durch ein Bett von demselben getrennt; Weidmann kam auch, z. B. bei Hülfeleistungen, viel mit Ruppert in Berührung, so dass eine Infection von erste- rem aus auf letzteren, vielleicht auf atmosphärischem Wege, durchaus nicht zu den unwahrscheinlichsten Vermuthungen gehört; ich habe einmal den Auswurf resp. Speichel sämmtlicher 10 Mitpatienten des Saales auf Sarcine untersucht, allerdings ohne Erfolg. — Auch unser Fall IV möchte wohl am ehesten als eine temporäre Stomatomycosis oder Pharyngomycosis aufzufassen sein, ohne dass ich allerdings positive Beweise dafür beibringen kann; ich hebe nochmals hervor, dass die Rachensarcine beim Fall III absolut identisch mit der Lungcnsarcine unserer beiden ersten Beobachtungen war. Sehr bedauerlich, dass in dieser Hinsicht die Beschreibungen von Vtrchow , Bamberger , Cohnheim , Heimer , Bauer , Munk als lückenhaft bezeichnet werden müssen, da diese Autoren nicht angeben, ob Mund und Rachen auf Sarcine jeweilen unter¬ sucht worden ist. Einzig in dem Falle Friedreich' s und bei unsern Beobachtungen Digitized by Google 232 I, II, III widmete man diesem Puncte im Sinne der Ausschliessung die gebührende I Aufmerksamkeit. Werden durch die Anwesenheit der Sarcine specifische Krankei tsprocesse an¬ geregt, erhalten vorhandene pathologische Zustände durch dieselbe ein specifische* Gepräge? Bamberger fand die Sarcine im fcetiden Sputum eines ßronchiectatikers, Bauer bei 2 Phthisikern, Munk bei Bronchitis; keiner dieser Kranken gelangte zur Necroscopie; bei keinem nahm die Krankheit eine irgendwie von dem gewöhnlichen Bilde abweichende Wendung. Auch unser Patient Weidmann gehört hieher; er ist Phthisiker; die klumpigen sarcinehaltigen Sputa stammen unzweifelhaft ans einer bestimmten Excavation der Lunge, sei es nun eine phthisische oder, was wahrscheinlicher, bronchiectatische Höhle, da diese Sputa der elastischen Fasern entbehren. i Die übrigen 6 Fälle gingen mit Tod ab; allemal handelte es sich, mit Ans- ' nähme des Heimer' sehen Falles, um hämorrhagische Infarcte der Lungen, in denen die Sarcine sehr massenhaft gefunden wurde; dieselben entstanden in Folge ma¬ rantischer Thrombosen der Pulmonalarterie bei hochgradiger Herzschwäche und phthisischen Lungenprocessen (1. Obliteration des Herzbeutels, Fettherz; käsige Phthise; tuberculöse Darmgeschwüre; Nierenschrumpfung: Virchow. 2. käsige Phthise, tuberculöse Darmgeschwüre: eigener Fall. 3. käsige Phthise, Insufficiens ' der Mitralis: Cohnheim) oder durch embolische Vorgänge (4. zerfallende Thrombet ; der Unterschenkelvenen: Virchow . 5. Mitralstenose; globulöse Vegetationen des * rechten Herzens: Friedreich) — für seine Beobachtung (Phthisis pulmonum, im Ver¬ lauf croupöse Pneumonie) stellt Heimer u. A. die jedenfalls plausibelste Möglichkeit hin, dass „sich die croupöse Pneumonie durch irgend eine Schädlichkeit, nicht ; durch Sarcineanhäufung, entwickelt und bei der Kreislaufsschwäche des maranti- 1 sehen Individuums zii Gefässthrombose und Gewebsmortification geführt habe; die entweder in den Cavernen bereits vorhandene (der Auswurf wurde wie es scheint erst nach Ausbruch der Pneumonie microscopisch untersucht) oder vielleicht zu¬ fällig erst eingewanderte Sarcine hätte alsdann in dem durch Thrombose dem Kreislauf entzogenen Herde günstige Bedingungen für ihre Entwicklung gefunden und deshalb eine so ausgedehnte Wucherung erreicht. Gegen diese letztere Er¬ klärung spricht allerdings der Umstand, dass der Herd weder Geruch noch Aus¬ sehen eines durch Thrombose entstandenen Brandherdes hatte.“ Auch hier war ■ wenigstens partielle Verwachsung des Herzbeutels vorhanden. Geht der mit Sarcine imprägnirte hämorrhagische Infarct charakteristische Umwandlungen ein? Nein. Virchow redet bei seinen Fällen von „Sarcinebrand“; er fand pulpöse Erweichung und in der „zum Theil durch prssexistirende Atrophie und Emphysembildung eingeleiteten“ Höhlenformation mehr oder weniger stinkendes Gas, vom Geruch des Lungenbrandes; Cohnheim! s, Heimer'$ und unser erster Fall zeigen ebenfalls pulpöse Erweichung, ohne Entwicklung von stinkenden Gasen; Heimer erklärt die — geruchlose — Gasentwicklung und die saure Reaction des Höhleninhaltes bei seinem Falle als Product eines cadaverösen Gährungsprocesses; Virchow constatirte beide Male alcalische Reaction. — In Friedreich' s Falle endlich trat spontane Heilung der surcinösen Lungenmycose ein; „es war ohne Zweifel 233 die in der rechten Lungenspitze befindliche, aus dem zerfallenen Infarct hervor- gegangene ulcerative Höhle, in welcher die Sarcinen wuchsen, und zwar so lange wucherten, bis die Höhle zu jener kleinen, von derbem Bindegewebe ausgekleide¬ ten Caverne sich umgewandelt hatte, wie sie bei der Necroscopie (etwa 3 Monate nach dem Verschwinden der Sarcine im Auswurf) gefunden wurde, auf deren glattwandiger Innenfläche die günstigen Bedingungen für eine Weiterentwicklung der Parasiten nicht mehr gegeben waren.“ — In unserm Falle schien durch reac- tive Wandeiterung der Infarct sequestrirt werden zu wollen. Die Pneumonomycosis sarcinica dürfte somit als Krankheitsbegriff aus der Pa¬ thologie mit Fug und Recht verbannt werden; als directe Ursache einer Lungen¬ krankheit sui generis wurde die Sarcine noch nicht nachgewiesen; sie scheint aber auch nicht im Stande zu sein, schon bestehende Krankheitszustände in eigentüm¬ licher Weise zu beeinflussen; das haben wir zur Genüge am hämorrhagischen In¬ farct sehen können, der mit Sarcinegehalt die gleichen Schicksale durchmacht, wie unter Umständen auch ohne Sarcine; gleichermaassen trat bei andern Processen eine specifische Sarcinewirkung nicht zu Tage. — Im Uebrigen glaube ich, dass man bei gehöriger Aufmerksamkeit die Sarcine viel häufiger im Auswurf finden wird, als es bis jetzt der Fall gewesen zu sein scheint. lieber typhöse Erkrankungen durch Fleischgenuss. Vortrag von Prof. Dr. Oscar Wyss. (Fortsetzung.) Zu der Annahme der Unschädlichkeit der Kutteln an und für sich wird man berechtigt, weil man weiss, dass das Thier, von der sie herstammte, ganz gesund war, die Kutteln im ganz frischen Zustand, wie andere Kutteln viele hundert andere Male präparirt worden war und zum grössten Theil noch frisch zum Ver¬ kauf und Consum kam. Die Präparation hatte u. a. in langem Kochen bestanden; wurde die verkaufte Kutteln dann so, wie sie vom Metzger kam, gegessen , so war sie äusserst gefährlich, während sie, nochmals ordentlich abgekocht, viel we¬ niger gefährlich oder ganz ungefährlich wurde. Letztere Erfahrung zeigt, dass die Siedehitze das Gift ganz oder wenigstens tbeilweise unschädlich machte. Ge¬ wiss hätte das erste vom Metzger 3 Stunden lang energisch ausgeführte Kochen der Kutteln auch eventuelle Krankheitskeime zerstört und wäre die Kutteln durch diese Präparation des Siedens unschädlich geworden, wenn sie vorher schädlich ge¬ wesen wäre, z. B., wenn der Ochse krank gewesen wäre. Letzteres war aber no¬ torisch nicht der Fall. Kurz — man ist geradezu gezwungen, eine nachträgliche Vergiftung der Kutteln durch etwas nach dem Sieden beim Metzger denselben Bei¬ gefugtes anzunehmen. Diese Noxe suchen wir in den übrig gebliebenen Resten jenes am 23. Juni geschlachteten Kalbes. Das Kalb war sehr jung und sehr krank gewesen. Zwar hatte der frühere Besitzer dieses Thieres sammt Familie am 23. und 24. Juni di¬ verse Eingeweidetheile und den Kopf, also in frischem Zustand und wohl gekocht, ohne irgend einen Nachtheil gegessen. Der letzte Ueber- Digitized by LjOOQle 234 bleibsel beim Eigentümer des Kälbchens war am 24. verzehrt worden; denn am 25., als an einem katholischen Fasttag, durfte in dieser Familie nichts melir davon gegessen werden. In der (reformirten) Metzgersfamilie wurde am 25. Juni Braten von diesem Kalbe hergestellt und von dieser sowie von Verwandten des Metzgers, die gekommen waren, um dem Sch. beim Heueu zu helfen, consumirt. Dieser Braten scheint unschädlich gewesen zu sein; denn von den letztem, die in ein 1 Va Stunden entferntes Dorf, Weiningen, zurückkehrten, erkrankte Niemand; 0 ) und wenn in der Metzgersfamilie Erkrankungen allerdings vorkamen, so sind diese wahrscheinlich erst auf spätere Infection erfolgt. Nämlich am 26. Abends oder 27. Abends assen verschiedene Glieder der Metzgersfamilie nochmals von demsel¬ ben Kalbfleisch; eines ass auch Kutteln: und diese Glieder der Familie er¬ krankten. Ferner erkrankten eine Reihe Personen, die Würste gegessen hatten. Dass zu diesen, die am 27. früh gemacht wurden, die Reste des Kalbfleisches verwer- thet wurden, gibt zwar Metzger Sch. selbst nicht zu. Aber erstens hat nicht er selbst, sondern seine Söhne das Wursten besorgt und zweitens behauptete eine Erkrankte, die am meisten von den Würsten gegessen hatte und die als eine „Kennerin“ auf diesem Gebiete bezeichnet wurde, ganz bestimmt, es müsse Kalb¬ fleisch in den sehr schönen, zarten und weiss aussehenden Würsten gehabt haben. Der Umstand ferner, dass verschiedene Erkrankungen blos durch Kalb- fleischgenuss stattfanden, spricht dafür, dass dieses an allem Unglück Schuld war, und dieses auch die Kutteln inficirt habe. Und in der That haben wir von einem zuverlässigen (und einem zweiten weniger bestimmte Angaben ma¬ chenden, aber immerhin sie bestätigenden) Augenzeugen vernommen, dass Kutteln und gehacktes Fleisch am 26. Juni im gleichen Gefäss aufbewahrt worden seien: also ohne Zweifel hier die Infection der Kutteln durch das krankhaft veränderte Kalbfleisch Statt hatte. Wie erklärt sich aber die Giftigkeit des Kalbfleisches? Wie der Umstand, dass ein Theil — und ein grosser Theil — ohne Nachtheil consumirt wurde, an¬ dere Theile und gewiss zum Theil minime Partien 60 schwere Erkrankungen und Todesfälle zur Folge hatten? Ueber die Krankheit des Kalbes wissen wir ebenso viel und ebenso wenig Positives, als man seiner Zeit von dem Kalbe von Opfikon, der angenommenen Ursache der Klotener Epidemie, wusste: „Das Kalb hatte einen entzündeten Nabel und geschwollene Beine“ war Alles, was der Sohn des Metzgers Sch., der das Thier getödtet und zerlegt hatte, uns mittheilen konnte. Die Mutter des Kalbes war und blieb fernerhin durchaus gesund; der Eigenthümer und seine Familie war vorher ganz gesund gewesen und blieb es auch nachher. Weder Typhus¬ erkrankungen sind im Hause, noch Milzbranderkrankun¬ gen im Stalle oder in der Nachbarschaft in den letzten 22 Jahrenvorgekommen. *) Laut Mittheilung von Herrn Dr. Steffen in Regenstorf. Digitized by LjOOQle 235 Dagegen ist in dem am schwersten heimgesuchten Hause, wo die 3 Todesfälle sich ereigneten vor Kurzem, Anfangs October ein wenige Tage altes Kälbchen erkrankt, abgethan und in toto verkauft (!) worden. Wir haben also keinen Anhaltspunct, als Grund unserer Epidemie einen Kälber¬ typhus anzunehmen und abstrahiren auch von dieser Aetiologie. Ob die Krank¬ heit des Kalbes überhaupt mit eine Bolle spielte, ist uns unmöglich endgültig zu bejahen oder zu verneinen; doch mag die Krankheit allerwenigstens den Einfluss gehabt haben, dass das Fleisch rascher in Zersetzung überging. Das Aelterwerden des Kalbfleisches, also seine zunehmende Zersetzung, aber hatte entschieden einen wesentlichen Einfluss. Denn von dem Kalbfleisch, das in den drei ersten Tagen nach dem Schlachten gegessen worden war, ist Niemand erkrankt; wohl aber die¬ jenigen, die vom 26. ab davon — und wenn auch nur ganz kleine Quantitäten — assen. Je älter das Kalbfleisch geworden war, desto gefährlicher wurde es und diese Gefährlichkeit hat auch durch Kochen zuletzt nicht, oder nicht immer mehr vollständig beseitigt werden können. Allerdings ist es dubiös, ob beim Schwellen der Würste oder beim Abkochen der Kutteln (nicht beim Metzger, sondern in den betr. Privathäusern) die betr. Speisen wirklich längere Zeit eine Temperatur von 100° erreicht haben; ja nach den bekannten Untersuchungen über die Temperatur im Innern des in der Küche präparirten Fleisches dürfen wir bestimmt annehmen, dass das nicht der Fall war. Darüber, dass das 4—7 Tage alt gewordene Kalbfleisch nicht mehr frisch, sondern entschieden mehr oder weniger in Fäulniss übergegangen war, kann kein Zweifel bestehen. Eis war nie in der Wurstmetzg vorhanden, als spontan gebil¬ detes im Winter; ein Eisschrank existirt nicht; das Fleisch blieb in dem kleinen Raum aufbewahrt, in dem nach einer Messung unseres Vaters im August die Tem¬ peratur = 21° C. war; um einige Grade höher war als im Freien. In den Tagen vom 23.-29. Juni war wahrscheinlich die Wärme nicht viel geringer in diesem Raum. Für Otelfingen hat unser Vater für die in Frage stehenden Tage in seinen meteorologischen Beobachtungen folgende Daten notirt, und es können unbedenk¬ lich diese Zahlen auch als für Würenlos geltend betrachtet werden. Morgens. Mittags. Abends. Für den 23. Juni 16,8° C. hell. 19,4° C. bew. 16,5° C. bedeckt. 24. n 17,5° C. Regen¬ schauer. 18,0® C. * 15,7® C. Sonnenblicke und Regenschauer,herrl. Regenbogen. 25. n 16,7® C. bedeckt. 18,0® C. „ 16,5® C. bedeckt. 26. 19 17,0® C. 18,5° C. Regen. 15,3" C. „ 27. 19 16,3® C. „ 17,3° C. bed. Reg. 16,0® C. „ 28. 19 16,0® C. hell. 17,8® C. bew. bed. 16,2» C. „ 29. 19 16,5° C. „ 19,0° C. bell. 18,0® C. hell. Waren es, ist die fernere Frage, die Fäulnissbacterien (oder die Fäulnisspro- ducte), die sich in diesem Kalbfleisch entwickelt hatten, die nunmehr die Noxe darstellten, oder entwickelten sich in dem Fleische des kranken Thieres, in dem von Anfang an vermuthlich Pyämiebacterien oder andere uns unbekannte Spaltpilze Digitized by Google 236 vorhanden waren, so massenhaft, dass sie in den minimsten Fleischpartikeln in ge¬ nügender Menge vorhanden waren, um, in den menschlichen Organismus gebracht, diesen erkranken zu machen? Haben diese Pyämie- oder die Fäulnissbacterien in diesem weichen zarten Kalbfleisch und unter besonders günstigen andern äussern Verhältnissen einen derartigen Generationswechsel, eine derartige Züchtung durch¬ gemacht, dass sie nunmehr im Menschen eine typhöse Erkrankung hervorzurufen im Stande waren? Oder sind auf irgend einem unbekannten Wege veritable Typhus- bacterien in das Fleisch hineingelangt und haben diese die Epidemie veranlasst? Das sind alles Fragen, die endgültig zu lösen wir für unsere Epidemie leider die Mittel nicht haben, die aber hoffentlich in folgenden Epidemien gelöst werden können. Immerhin erscheint es uns als das wahrscheinlichste, dass die Fäulnissvorgänge in diesem speciellen Falle die Giftigkeit, die Infectionsfähigkeit des Kalbfleisches in der in Rede stehenden Epidemie bedingt haben. Dass sonst irgend eine Ursache dieser typhösen Erkrankungen anzunehmen sei, dass das Trinkwasser oder die Luft, der Untergrund, die Bodenausdünstungen oder irgend andere Einflüsse als Ursache angeschuldigt werden könnten, ist mit absolutester Sicherheit bei der Sachlage auszuschliessen, dass in fünf */ 4 —1 Stunde auseinander liegenden Gemeinden nur jene Individuen erkrankten, die an bestimm¬ ten Tagen die oben angeführten Fleischspeisen, die aus der Wurstmetzg des Metz¬ gers Sch. bezogen worden waren, gegessen hatten (nur der secundäre Fall in Oet- weil ist hier ausgenommen). Und es ist hierbei zu berücksichtigen, dass die grosse Mehrzahl der Erkrankten gar nie in jener Zeit nach W. gekommen waren; die Kutteln und Würste waren zum Theil von gesund Gebliebenen geholt worden, zum Theil waren sie von Angehörigen des Metzgers in den verschiedenen Gemeinden verhausirt worden. Zwar wurde berichtet, es sei ein Kind in der Nachbarschaft des Metzgers an derselben Krankheit erkrankt, das keine der genannten Speisen gegessen habe. Aber erstens ist nicht sicher, ob es sich bei diesem Kinde in der That um dieselbe Krankheit gehandelt hat und noch viel weniger liess sich nach über 2 Wochen noch feststellen, dass dieses Kind nicht von Nachbarskindern oder Gespielen doch etwas von der an andere Kinder verschenkten, krankmachenden Delicatesse bekommen und gegessen habe. Soviel über die Aetiologie. Nun noch einige Worte über die Diagnose. (Fortsetzung folgt.) V ereinsberichte, Medicinisch-pharmaceutischer Bezirksverein von Bern. Sitzung den 23. März 1880. Präsident: eidg. Oberfeldarzt Dr. Ziegler . Actuar: Dr. Dick . Anwesend 11 Mitglieder. 1. Dr. Conrad: Ein Fall von plötzlichem Tod im Wochenbett. Derselbe betrifft eine 24jährige, sonst immer gesund gewesene Frau; dieselbe hatte 1 Mal normal geboren, 1 Mal abortirt; die letzte Gravidität verlief normal, ebenso Digitized by Google 237 die Geburt und das Puerperium; am 12. Tage post partum stund Patientin auf, erkrankte aber drei Tage nachher unter den Erscheinungen einer rechtseitigen Pneumonie; die Temperaturverhältnisse und die physicalischen Erscheinungen waren die gewöhnlichen; am 10. Tage trat Fieberremission ein, Patientin befand sich ganz wohl, so dass in einigen Tagen von Aufstehen die Rede war. Doch erfolgte vorher plötzlich der Tod; nach Eintritt einer Ohnmacht, die bald vorüber ging, trat ohne Temperaturerhöhung nach 8 /« Stunden Dyspnoe ein, der in kürzester Zeit der Exitus letalis folgte. Sectionsbefund (Prof. Langhaus) : In der rechten Lunge zwei hämorrha¬ gische Infarcte, Herz normal, die Genitalien gut involvirt, zeigen keine Zeichen einer abgelaufenen Entzündung, auch sonst nirgends Reste septicämischer Processe zu finden; in den perivaginalen Venen ausgedehnte Thrombenbildung, dann solche in der rechten Vena bypogastrica und in beiden Aesten der Arteria pulmonalis; die Todesursache musste nach diesem Befunde in der Embolie der Lungenarterie gesucht werden; die primäro Thrombose fand in den Vaginalvenen statt; es ist diese Todesart nach einer Geburt eine sehr seltene und eine Erklärung noch nicht mit Sicherheit zu geben; Virchow nimmt an, dass eine Erkrankung des Venen- endotheles zur Thrombosenbildung führe, während französische Autoren (Hervieux) eine bei Wöchnerinnen angenommene Prädisposition zur leichtern Gerinnung des Blutes zur Erklärung benützen. Dr. Dubois: Dieser Fall ist sehr interessant für die Prophylaxe bei Lungen¬ erkrankungen, die man als embolischer Natur anzusehen geneigt ist; um weitere Verschleppung von Thromben zu verhüten, ist jedenfalls die grösste Ruhe zu be¬ obachten; zur Unterscheidung von croupöser Pneumonie und Embolie ist eine genaue Temperaturmessung sehr wichtig, ebenso die Untersuchung der Sputa. Dr. Dick erinnert daran, dass wenn eine Wöchnerin von pneumonischen Er¬ scheinungen befallen wird, man immer zuerst an embolische Processe zu denken hat, für deren Entstehung bei Wöchnerinnen so günstige Verhältnisse vorhanden sind; diese können nun entweder, wie das meist der Fall ist, entzündlich infectiö- ser Natur sein, oder wie in Conrad' s Falle, aber allerdings selten , nur von einer gewöhnlichen Thrombose herrühren. Auch ein negativer Sectionsbefund an den Genitalien, von denen ja doch die pyämischen Processe ausgehen, ist jeden¬ falls immer mit Vorsicht aufzufassen, da zur Zeit des Eintrittes des Todes diese Processe an den Genitalien zur Ausheilung gekommen sein und nur noch die secundären Erkrankungen anderer Organe nachgewiesen werden können. Dr. Conrad glaubte vor der Section auch, dass es sich um septicämische Pro¬ cesse handle, indem im Wochenbett die Temperatur nicht gemessen wurde und eine Septicämie schleichend, ohne erhebliche Erscheinungen verlaufen kann, doch ergab die Section in dieser Beziehung durchaus negative Ergebnisse. Auch Dr. Ziegler ist der Fall etwas verdächtig bezüglich Septicämie. Dr. Dubois hingegen nimmt eine solche nicht an, sondern er leitet die Thrombose der Vaginal¬ venen von einer gewöhnlichen, nicht infectiösen Phlebitis ab, für welche während der Geburt genug Entstehungsursachen vorhanden sind. Prof. Guillebeau neigt sich, nach Analogie von Beobachtungen bei Haustbieren Digitized by Google 238 (Pferden), bei denen man oft in gewissen, bestimmten Gefässbezirken Thrombosen vorfindet, zu der FircAotr’schen Theorie, dass eine Endothelerkrankung die Ursache der Thrombose sei und nicht eine grössere Gerinnungsfähigkeit des Blutes, sonst würde die Thrombose nicht in bestimmten Gefässbezirken, sondern beliebigwo auftreten. 3. Dr. Conrad demonstrirt sein Verfahren bei einer Frauenmilch¬ untersuchung (s. Corr.-Bl. Nr. 6, 1880). 4. Dr. Conrad demonstrirt Skizzen zum Einzeichnen gynäco- logischer Befunde, wie sie von Spencer Welle , Barnes , Schnitze , Beigel ange¬ geben wurden; diese sind meist zu schematisch, einzelne auch unrichtig gezeich¬ net, geben nur 1 oder 2 Ansichten des Beckens, haben theilweise ein unzweck¬ mässiges Format oder zum Zeichnen ungeeignetes Papier und sind zudem im Buchhandel nicht zu haben, was eine Einführung in die Praxis erschwert Conrad hat deshalb im Verein mit Dr. Rapin in Lausanne Skizzen, die sich ihm in der Praxis bewährt haben, publicirt und sie sind in ’/» der natürlichen Grösse mit rother Farbe gezeichnet, welche nach verschiedenen Versuchen am besten gestat¬ tet, alle an leichter Verständlichkeit nöthigen Details anzugeben, ohne der Klarheit des eingezeichneten Befundes zu schaden. Sie stellen dar: 1) einen frontalen Beckendurchschnitt mit gleichzeitiger An¬ deutung des Rippenbogens und des Proc. xyphoideus, so dass auch die Resultate der Untersuchung des Abdomens eingezeichnet werden können. 2) Zwei sagittale Beckendurchschnitte, von denen der eine die rechte, der an¬ dere die linke Beckenhälfte wiedergibt. Für das Personale des einzelnen Falles sind die gewöhnlichen, gebräuchlichen Rubriken, für kurze Notizen der nöthige Raum vorhanden; das Format ist auch für die Brieftasche passend, der Preis niedrig. Conrad möchte durch diese Skizzen nicht nur denjenigen Collegen, welche be¬ reits ihre gynäcologischen und geburtshülflichen Befunde zu zeichnen pflegen, eine zweckmässige Skizze bieten, sondern auch recht viele Collegen, welche die Ge¬ wohnheit nicht haben, zum Zeichnen veranlassen. Denn es ist von grossem Werthe für den Arzt, wenn er seine Befunde in eine nach der Natur gezeichnete Skizze einträgt; er untersucht dann viel genauer, er erspart sich oft eine zeitrau¬ bende, häufig unvollkommene Beschreibung; er kann rasch spätere Befunde mit frühem vergleichen, sich mit Collegen oder Schülern leicht verständigen und wenn auch der im Zeichnen nicht Geübte anfangs etwas Mühe und Zeit opfern muss, so wird er doch bald die nöthige Uebung und mit ihr den nicht ausbleibenden Gewinn erlangen, welche ihm das Zeichen unentbehrlich machen werden. 5. Prof. Guillebeau. Ueber die Anhäufung farbloser Blutkörper¬ chen in den Gefässen. Die Anhäufung farbloser Blutkörperchen in den Venen entzündeter Gewebe ist eine sehr constante und häufig beschriebene Erscheinung. Dass dieselbe aber für die Entzündung nicht pathognomonisch ist, bewies zuerst Cohnheim (Unter¬ suchungen über die embolischen Processe 1870), indem er bei der Verstopfung einer Arterie durch einen nicht irritablen Pfropf vor und hinter demselben die Digitized by Google 239 Verdrängung des rothen Blutes durch Plasma oder Plasma und farblose Blut¬ körperchen häufig beobachtete. Jede Spur einer entzündlichen Veränderung fehlte bei diesen Versuchen. v. Zielenko ( Virchow's Archiv 1873, Bd. 157) bestätigte bald die Angabe von Cohnheim und kam durch mannigfaltiges Variiren der Experimente zu dem Schlüsse, dass farblose Blutkörperchen jedesmal dann in den Arteriencapillaren oder Venen sich anhäufen, wenn der Blutstrom stark verlangsamt wird oder die Blutbahn sich erweitert. Die Randstellung der farblosen Blutkörperchen im entzündeten Gewebe ist nur ein besonderer Fall dieser allgemeinen Regel. Cohnheim und v . Zielenko haben ihre Beobachtung an Fröschen gemacht; Aehnliches ist indessen leicht beim Menschen nachzuweisen. Unter den hämorrhagischen Niereninfarcten gibt es solche, welche von einem gelbweissen Mantel umgeben sind; man untersuche die¬ sen Mantel: er besteht aus necrotischem Nierengewebe mit stark und gleichmässig erweiterten Capillaren, welche nur Plasma und farblose Blutkörper enthalten. Trotz der Necrose sind die Elemente des Gewebes so gut erhalten, dass eine ge¬ naue microscopische Durchforschung keine Schwierigkeit bietet und daher den Nachweis gestattet, dass entzündliche Vorgänge durchaus fehlen. Die Entstehung der weissen Hyperämie ist leicht zu erklären: Durch Kossutchin (Virchow' s Archiv 1876, B. 67) wissen wir, dass das Blut von allen Seiten durch Venen und Capil¬ laren in den hsemorrhagischen Infarct eindringt. Je weiter das Blut in dem Herde vorrückt, desto mehr nimmt die Geschwindigkeit des Stromes ab, um in den Ca¬ pillaren (nicht gleichzeitig in den Venen) bald auf Null zu sinken. Die Capillaren mit ruhendem Blute sind den blinden Gefässästen der Cohnheim'sehen Versuche zu vergleichen; es werden in dieselben nur farblose Blutkörper geworfen. 6. Dr. Dubois referirt über einen von ihm beobachteten Fall von periodisch auftretendem Lungenödem; es betrifft dies eine Frau mit leicht cya- notischem Aussehen, die häufig, meist Abends, von Dyspnoe befallen wird; physi- calisch ist auf den Lungen ausser dem Anfall nichts nachzuweisen; am Herz ein Geräusch von zweifelhaftem Charakter, zugleich leichte Unregelmässigkeit der Herzaction. Bei den mehrmals beobachteten Anfällen von Dyspnoe ist der Puls hart, Patientin ganz cyanotisch, kein Fieber, Respiration 60, Exspirium röchelnd; auf den Lungen feinblasige Rasselgeräusche; die Patientin räuspert eine reichliche schaumige Flüssigkeit, wie geschlagener Rahm, aus, die nach einiger Zeit den Luftgehalt verliert, und nach einer Stunde etwa die Menge von einem Schoppen ergibt; microscopisch ist in der Flüssigkeit nichts zu finden ; sie ist stark ei weiss¬ haltig. Auf geringe Reize, wie Senfpapier, Trinken von Cognac, werden die An¬ fälle, deren 8 beobachtet wurden, sofort coupirt, während sie sonst Stunden lang andauern. Die Diagnose wurde gestellt auf periodisches Lungenödem im Zusam¬ menhänge mit einer bestehenden Mitralstenose und Asthma nervosum. 7. Prof. Demme zeigt eine Photographie vor, von primärem Spindel- zellensarcom der Glandula thyroid. mit secundärem Mamma- s a r c o m bei einem Kinde* 8. Wahl eines neuen Comit6s: Präsident: Prof. Pflüger , Actuar: Dr. Dick . Digitized by Google 240 Referate und Bjritlken. Encyclopädie des Impfens und seiner Folgen etc. Aus dem Englischen übertragen. Hannover, Hahn'sche Buchhandlung, 1880. Pa^jer und Druck ist vortrefflich. Mit diesen Worten, die sonst etwa den Schluss eines Berichtes bilden, muss man wohl beginnen bei einer 8chrift, über die sich sonst wenig, jedenfalls nichts Gutes sagen lässt. Impfgegnerische Producte können, wenn sie eine wirkliche Begründung ihres Standpunctes versuchen, auch für den Andersdenkenden anregend sein. Wer aber in dem vorliegenden über 300 Seiten starken Buche nach etwas suchte, das über den landläufigen Klatsch dieser Literatur hinausgeht, Binde sich gröb¬ lich getäuscht. Es ist eine ohne besondere Logik zusammengereihte Sammlung meist aus dem Englischen übertragener Artikel, welche , wie der Herausgeber, ff. P. 9 schreibt, „in Broschüren, Zeitungen und andern Zeitschriften zerstreut erschienen, und deshalb leicht in Vergessenheit gerathen. tt Zur Rettung vor diesem Schicksale werden sie nun hier gesammelt „den deutschen Vätern und Müttern .. . gewidmet, um ihnen die schreck¬ lichen Gefahren, denen ihre Kinder beim Impfen ausgesetzt sind . . . vor Augen zu füh¬ ren." Sapienti sat. Die Ausstattung , wie gesagt, ist gut und der Verleger hoffentlich für allfallsigen Schaden gedeckt. L. Vademecum für Kliniker und Aerzte. Von Dr. Ferd. Kunigk, II. Aufl. Leipzig, Ambr. Aböl, 1880, 330 S. In gedrängter Weise schildert das Vademecum alle Krankheiten nach den Sympto¬ men und gibt eine kurze Uebersicht der Therapie, gefolgt von Recepten (im Ganzen 3145). Es folgen noch: Scheintod, diagnostische Harnuntersuchung, chemische Untersuchung des Trinkwassers, künstliche medicinische Bäder, Maximaldosen, Inhalationen, subcutane In- jection, Schwangerschaftszeichen und -Tabelle, Gifte, Refractionsprüfung des Auges, Fnr- benblindheit, Bäder. Es ist das viel, sed non multum. Die Recepte stehen in grosser Zahl (bei „Bandwurm* z. B. 40), aber kritiklos unter einander. Bei Croup (p. 42) finden wir z. B. noch die Blutegel und die fliegenden Vesicantiea, die Tinct capsici als Gurgelwasser, aber kein Wort von der Tracheotomie, von den Wasserdämpfen; dagegen steht bei „Pseudocroup . . . der Kinder" . .., „Blutegel. . . Tra¬ cheotomie" (p. 40). Zur Abtreibung der Ascariden (p. 115) sind 22 Recepte angegeben, worunter Fel tauri (mit Tanacetum) nicht fehlt. Gegen Wehenschwäche (vor der Expulsion des Fötus) wird Sec. corn. (2,5—5,0) empfohlen! und bei den künstlichen Bädern sind auch richtig die 4—6 Hammelsfflsse za „Bouillonbädern“ abgeschrieben. Das Vademecum wird nicht mit mir gehen, da der Wechsel der äussern Form der Medicamente für den rationellen Arzt längst obsolet geworden ist. A. Baader. Cantonale Correspondenzen. Bern, militärischer Sftnltätsvercin. ln jüngster Zeit bildete sich in Bern aas Sanitätsunteroffizieren und Soldaten eine Vereinigung unter dem Namen „Militärischer Sanitätsverein". Der Zweck desselben besteht laut den Statuten in der Hebung des Sanitäts wesens durch Belehrung und Uebung und in Gewinnung und Heranziehung von zum Sanitäts¬ dienste tüchtigen jungen Bürgern. So unleugbar auch der Vortheil dieses Vereines an und für sich schon für den Mi¬ litärdienst selbst ist, so sehr kommt er auch im bürgerlichen Leben zur Geltung, indem die Mitglieder sich auch zur Hülfeleistung bei allen sonst vorkommenden Unglflcksfällen verpflichten und es Bürgern und Behörden nur erwünscht sein kann, in irgend einem Nothfalle sich von einem fachkundigen Corps unterstützt zu wissen. Geschehen ja leider Unglücksfälle zu allen Zeiten und aller Orten, wo man oft die bescheidenste Hülfeleistung dankbar entgegen nimmt Wie angenehm mag es dann einem Verunglückten sein, wenn er weiss, dass er seine erste Hülfe von einem hierin bewan- Digitized by LjOOQle 241 derten Mitmenschen empfängt und wie manch’ späterer Erfolg oder Misserfolg hängt oft nicht von dem ersten Vorgehen bei solchen Fällen ab, wie manches Menschenleben wurde hiedurch nicht schon entschieden 1 * Die Mitglieder des Vereines legitimiren sich durch eine Ausweiskarte, die sie in allen Fällen vorweisen können und welche ihnen ein entscheidendes Vorgehen bis zur nächsten ärztlichen Hülfe sichert. Man geht mit der Absicht vor, in allen grösseren Schweizerstädten gleiche Vereini¬ gungen zu gründen, um sich später dann zu einem eidgenössischen Verbände zu ver¬ einen. Von Seite der Aerzte verdient es dieser junge Verein in erster Linie, dass wir ihm mit Eath und That unter die Arme greifen, ebenso wird er sich schnell den Beifall und die Anerkennung der Bevölkerung erwerben, sobald einmal seine Ziele oder etwaige Lei¬ stungen in die Oeffentlichkeit gedrungen sind. Dr. Burtscher, Wir fügen die Statuten bei: Statuten des militärischen SanitätsVereins Bern. Zweck des Vereins. Art. 1. Unter dem Namen militärischer Sanitätsverein gründet sich ein Verein, welcher bezweckt, das Sanitätswesen durch Vorträge und Uebungen zu heben , intelligente, brave, junge Stel¬ lungspflichtige , welche sich geistig und körperlich für die Sanitätstruppen eignen, zum Eintritte in dieselben zu gewinnen und Bich speciell verpflichten zu Hülfeleistungen bei allen Unglücksfällen. (Cameradschaftliche Unterhaltung.) Art. 2. Der Verein bildet Bich aus Activ- und Passivmitgliedern. Art. 3. Activmitglied des Vereins kann jeder Sanitäts- Unterofficier und -Soldat werden unter Annahme dieser Statuten. Art 4. Jedes eintre¬ tende Activmitglied hat ein Eintrittsgeld von 50 Cts. zu bezahlen. Der monatliche Bei¬ trag ist auf 30 Cts. festgesetzt Art 5. Jedes Mitglied ist verpflichtet, die Vorträge und Uebungen zu besuchen. Art. 6. Die Passivmitglieder haben einen jährlichen Beitrag von Fr. 1. 50 zu leisten. Dieselben gemessen bei den Versammlungen berathende Stimme, jedoch kein Stimmrecht. Vorstand. Art. 7. Auf die Dauer eines Jahres werden gewählt: 1) Ein Präsident, welchem die Leitung und Aufsicht des Vereins übertragen wird. 2) Ein Vicepräsident, der die Functionen des Präsidenten in dessen Abwesenheit übernimmt 3) Ein Cassier. 4) Ein Secretär. 5) Ein Beisitzer. Art. 8. Dem Vorstand ist für Auslagen bis zu dem Betrag von Fr. 10 Competenz eingeräumt. Grössere Ausgaben müssen dem Verein zur Genehmigung vorgelegt werden. Art. 9. Ueber Einnahmen und Ausgaben soll der Cassier genaue Buchung führen. Die zu bezahlenden Rechnungen sind vom Präsidenten zu visi- ren. Auf Jahresabschluss hat der Cassier dem Verein Rechnung zu legen, welche dem¬ selben unterbreitet wird und nach Bericht von zwei zu ernennenden Rechnungsrevisoren passirt wird. Art. 10. Das Vermögen des Vereins besteht aus dem jeweiligen Cassa- saldo und dem vorhandenen Inventar. Art. 11. Beschlüsse über Auflösung des Vereins, sowie über Revision dieser Statuten bedürfen einer Mehrheit von zwei Drittel der an¬ wesenden Activmitglieder in einer Hauptversammlung. Art. 12. Vorliegende Statuten treten mit dem Tage ihrer Annahme durch den löbl. Herrn Oberfeldarzt der eidg. Armee in Kraft. Also angenommen in der Generalversammlung vom 28. November 1880. Vorstehende Statuten werden gutgeheissen. Bern, den 30. November 1880. Der eidg. Oberfeldarzt: Dr. Ziegler. Der rührige Präsident der berner Section, Möckly , hat die Gelegenheit der Anwesen¬ heit der Sanitätsrecruten der 1. und 2. Division in Freiburg benutzt, um diese mit dem Project der Gründung eines schweizerischen Vereines für Sanitätstruppen bekannt zu machen. Dieses Project fand warmen Anklang und soll im April in einer ferneren Ver¬ sammlung besprochen werden. Zürich. Der Regierungsrath hat (den 12. März 1881) die folgende Verordnung betreffend die Schutzpockenlmpfnng erlassen. § 1. Die Impfung der Kinder soll in einem der zwei ersten Lebensjahre, in der Regel jedoch nicht vor Ablauf des dritten Lebensmonats vorgenommen werden. Die dies- fällige Fürsorge liegt in der Pflicht der Eltern oder Pflegeeltern. Kinder, welche nach ärztlichem Zeugnisse während jenes Termins aus Gesundheitsrücksichten nicht geimpft werden können, sollen im nächstfolgenden Jahr geimpft werden, insofern nicht durch ärzt¬ liches Zeugniss weitere Verschiebung verlangt wird. 16 Digitized by Google 242 § 2. Zur Impfung sind nur die Aerzte berechtigt. Dieselben haben dabei den Oe* sundheitszustand der Kinder, welche zur Impfung gebracht werden, sorgfältig in’s Auge zu fassen und alle Kränklichen oder Schwächlichen für eine spätere Impfung zurückzu- stellen. § 3. Die Methode der Impfung ist den Aerzten anheimgestellt, immerhin in der Voraussetzung, dass dieselben nach wissenschaftlichen Regeln verfahren. Der Staat sorgt dafür, dass die 8tudirenden der Medicin hierin Anleitung und Unterricht erhalten. Die Aerzte sind verpflichtet, den Erfolg der Impfung genau zu überwachen und daher jeden Impfling mindestens einmal und zwar vom 7. bis 9. Tage nach derselben zu untersuchen. Bei ungenügendem Erfolg der erstmaligen Impfung ist dieselbe noch einmal zu wieder¬ holen. § 4. Bei der Auswahl der Stammimpflinge hat der Impfarzt mit der grössten Sorg¬ falt zu verfahren und ist für die Folgen allfälliger Fahrlässigkeit verantwortlich. Ins¬ besondere soll er jeden derselben vor Entnahme des Impfstoffes mit Rücksicht auf den Stand seiner Ernährung wie auf seinen Gesundheitszustand überhaupt untersuchen und irgendwie Verdächtige hiefür nicht verwenden. Ebenso dürfen Impflinge, die unter 6 Mo¬ naten alt sind, und deren Gesundheitszustand dem Impfarzt nicht genau bekannt ist, nicht zur Weiterimpfung benutzt werden. Die Aerzte sind verpflichtet, Kinder syphilitischer Eltern von der amtlichen Impfung fern zu halten und selbst zu impfen. Von Revaccinir- ten ist niemals Impfstoff zu entnehmen. § 5. Um den Eltern die Erfüllung ihrer diesfalligen Pflicht (§1) zu erleichtern, werden amtliche Impfungen angeordnet , welche in sämmtlichen politischen Gemeinden und zwar jährlich mindestens einmal durch die Bezirksärzte und deren Adjuncte nach diesfalls unter sich getroffener Uebereinkunft vollzogen werden. Ausserordentlicher Weise kann der Bezirksarzt mit Genehmigung der Direction des Sanitätswesens einen Theil der amtlichen Impfungen auch einem Privatarzt übertragen. § 6. Sollen die ordentlichen amtlichen Impfungen in einer Gemeinde vollzogen wer¬ den, so setzt der amtliche Arzt den Präsidenten der Gesundheitsbehörde, unter Bestim¬ mung des Ortes und der Zeit, hievon rechtzeitig in Kenntniss. Dieser hat die Einwohner der Gemeinde auf geeignete Weise damit bekannt zu machen. Dabei sind die Eltern nicht geimpfter Kinder, beziehungsweise die noch nicht geimpften erwachsenen Personen, an die Vorschriften der §§ 1 und 13 dieser Verordnung zu erinnern. Die Ortsvorsteher- schaft hat dem Impfarzte auf Verlangen ein geeignetes Local für die Vornahme der Impfungen sowie die nöthigen Utensilien (Waschbecken, Handtuch etc ) zur Verfügung zu stellen. Bei den amtlichen Impf- und Revisionsterminen ist der Impfarzt berechtigt, ein Mitglied der Gesundheitsbehörde behufs Handhabung der Ordnung sowie zur Unter¬ stützung in der Führung der Controle beizuziehen. § 7. Die Impfung in den ordentlichen Impfterminen geschieht in der Regel von Arm zu Arm, kann aber auch mittelst gesunden Kindern entnommener conservirter oder mit animaler Lymphe ausgeführt werden. Auf ausdrückliches Verlangen der Eltern be¬ ziehungsweise Pflegeeltern ist das betreffende Kind mit animaler Lymphe zu impfen und nötigenfalls zu diesem Zwecke für eine spätere Impfung zurückzustellen. Der Impfarzt wird nach vollzogener Impfung die Impflinge beziehungsweise deren Begleiter über das bis zur Revision einzuhaltende Verfahren belehren. § 8. Wenn in einer Ortschaft, in welcher die ordentliche amtliche Impfung vorge¬ nommen werden soll, Scharlach, Masern, Keuchhusten, Rothlauf oder Diphtheritia epide¬ misch herrschen, so ist dieselbe bis nach Ablauf der Epidemie zu verschieben, worüber sich der amtliche Arzt mit der betreffenden Gesundheitsbehörde in’s Einvernehmen setzt. § 9. Die Direction des Sanitätswesens ist befugt, ausserordentliche amtliche Im¬ pfungen anzuordnen, wenn es sich entweder aus den Controlen ergibt, dass die Impfung der Kinder in einer Gemeinde in auffallender Weise zurückbleibt, oder wenn der Aus¬ bruch der Pocken in einer solchen oder* in deren Nähe ausserordentliche Maassregeln erheischt, in welch 1 letzterem Fall auch amtliche Wiederimpfungen (Revaccinationen) an¬ geordnet werden können. In solchen Fällen haben die Präsidenten der Gesundheits- behör^en zugleich mit der Ankündigung der Impfung (§ 6) die Eltern sämmtlicher Kinder der Gemeinde oder der betreffenden Gemeindeabtheilung, welche im impfpflichtigen Alter sich befinden und die Volksschule noch nicht besuchen, aufzufordern, sich über die statt- Digitized by LjOOQle 243 gehabte Impfang der Kinder auszuweisen, oder wenn ihnen dieser Ausweis ungeachtet vorgenommener Impfung mangelt, die betreffenden Kinder zur Untersuchung, nicht geimpfte Kinder aber zur Impfung herbeizubringen. Von der Verpflichtung, ungeimpfte Kinder der Impfung zu unterwerfen, sind die Eltern nur dann befreit, wenn durch einen patentirten Arzt bezeugt wird, dass Krankheitsumstände die Impfung unzulässig machen, oder wenn ein solcher schriftlich die Verpflichtung übernimmt, das betreffende Kind innerhalb der nächsten 8 Tage zu impfen. Die Aufforderung, sich der Impfung zu unterziehen, wird gleichzeitig auch an diejenigen erwachsenen Gemeindseinwohner gerichtet, bei welchen dieselbe noch nie vorgenommen worden ist In ausserordentlichen Fällen (beim Umsich¬ greifen einer Pockenepidemie) kann die Impfpflicht auf sämmtliche mehr als zwei Monate alte Kinder ausgedehnt und überdies die Vornahme amtlicher Wiederimpfungen (Revac- cinationen) verfügt werden. § 10. Die örtliche Gesundheitsbehörde übt darüber, dass jener Aufforderung (§§ 6 und 9, Abs. 2 und 4) von Seite der Eltern Genüge geleistet werde, mit Benützung der von der Geraeinderathskanzlei und dem Civilstandsamte geführten Register die nöthige Controle aus. Die amtlichen Impflisten sollen enthalten: die Namen der in der Gemeinde sich aufhaltenden noch nicht schulpflichtigen Kinder, welche nach den §§ I und 9, lemma 4, impfpflichtig sind, sowie die Angabe, ob für deren Impfung der Ausweis geleistet ist. § 11. Die Eltern, welche ihre Kinder durch den amtlichen Arzt impfen lassen, sind verpflichtet, dieselben auf die von letzterem anberaumte Zeit (Revisionstermin) zur Unter¬ suchung und allfälligen Weiterimpfung oder Fassung von Impfstoff herzubringen. § 12. Die Eltern haben wirkliche oder vermeintliche Impfschädigungen ernster Art sofort der Gesundheitsbehörde anzuzeigen, welche unter Benachrichtigung des betreffenden Impfarztes eine ärztliche Untersuchung anordnen und das Ergebniss derselben der Sani- tätsdirection mittheilen wird. § 13. Im Revisionstermine nach ordentlichen und ausserordentlichen amtlichen Im¬ pfungen ist Jedermann berechtigt, die unentgeltliche amtliche Impfung beziehungsweise Wiederimpfung für sich zu verlangen. Auf diese Termine ist auch, wo möglich, die Re- vaccination derjenigen Militärdienstpflichtigen zu verlegen, welche amtlich geimpft zu werden wünschen, und es sind dieselben besonders hiezu einzuladen. § 14. Ueber jede mit gehörigem Erfolg vollzogene Impfung wird von dem Arzte ein Zeugniss (Impfschein) ausgestellt Die Direction des Banitätswesens liefert den Aerz- ten die nöthigen gedruckten Formulare. Auf Verlangen ist auch Denjenigen, welche zum zweiten Mal ohne Erfolg geimpft worden sind, ein Ausweis auszustellen. § 15. Sowohl die amtlichen als die Privatärzte haben genaue Verzeichnisse über die von ihnen geimpften Kinder zu führen und dieselben alljährlich in die von der Direction des Sanitätswesens ihnen zu diesem Behuf zugestellten Tabellen einzutragen. Die amt¬ lichen Impfungen sind in besondern Tabellen aufzuführen und die bezahlten (§ 22) be¬ sonders anzumerken. Die Privatärzte sowie der Adjunct des Bezirksarztes sind gehalten, jene Tabellen je vor Ende Januar dem letztem einzusenden. Der Bezirksarzt fertigt aus den 8ämmtlichen Tabellen eine Generalübersicht der im Laufe des Jahres vollzogenen amtlichen und Privatimpiungen seines Bezirks nach vorgeschriebenem Formular an und sendet dieselbe nebst den Specialtabeilen bis Ende März an die Direction des Sanitäts¬ wesens. § 16. Ueber amtliche Wiederimpfungen (Revaccinationen) von Personen, welche schon früher mit Erfolg geimpft worden sind (§ 9) , haben die Bezirksärzte und deren Adjuncte besondere Tabellen auszufertigen und der Direction des Sanitätswesens mit den Vaccinationstabellen einzusenden. Die Privatärzte haben die Zahl der von ihnen mit Erfolg und ohne Erfolg ausgeführten Revaccinationen summarisch auf der Impftabelle anzumerken. Auch über die geschehene Revaccination ist auf Verlangen der Betreffen¬ den ein Zeugniss auszufertigen, wozu die Direction des Sanitätswesens den amtlichen und Privatärzten die erforderlichen Formulare liefert. § 17. Bei der Aufnahme eines Kindes in die Volksschule oder in eine Privatschule muss für dasselbe der Impfschein vorgelegt werden. Alljährlich mit Beginn des Schul- curses haben die Gesundheitsbehörden ein Verzeichniss der neu eingetretenen Schüler mit den betreffenden Impfzeugnissen dem Bezirksarzt zur Controle einzusenden. Wo der Ausweis über die stattgehabte Impfung nicht geleistet werden kann, hat die Geeundheits- Digitized by LjOOQle 244 behörde die Eltern zur Beibringung eines Impfzeugnisses innerhalb einer Frist von vier Wochen aufzufordern. § 18. Mit den Ausweisschriften zur Erwerbung der Niederlassung von cantons- fremden Familien mit Kindern soll auch der Ausweis über die stattgefundene Impfung der letztem verlangt werden; ebenso sollen cantonsfremde Dienstboten, Fabrikarbeiter, Handwerksgesellen und Lehrlinge zu diesem Ausweis angehalten werden. Wenn dieser Forderung nicht entsprochen werden kann, so sollen die Betreffenden, insofern nicht von vornherein zugegeben wird, dass noch keine Impfung stattgefunden habe, durch einen amtlichen Arzt untersucht, alle Nichtgeimpften aber, beziehungsweise deren Eltern, auf¬ gefordert werden, sich, beziehungsweise ihre Kinder, innerhalb der nächsten vier Wochen impfen zu lassen oder doch ein Zeugniss des Bezirksarztes beizubringen, dass sie sich für die amtliche Impfung angemeldet haben. § 19. Die amtlichen Aerzte sollen bemüht sein, brauchbaren Impfstoff von gesunden Kindern, theils zu eigener Verwendung, theils zur Ablieferung an andere Aerzte ihres Bezirks stets vorräthig zu halten. Ueber letztere haben sie ein Journal zu führen, in welches der Ursprung des Impfstoffs, das Datum der Versendung sowie die Adresse des Empfängers in fortlaufenden Nummern einzutragen ist. Die bezüglichen Formulare erhal¬ ten sie voft der Sanitätsdirection, welche befugt ist, denjenigen amtlichen Aerzten, welche durch Lieferung guter Bchutzpockenlymphe an andere Aerzte das Impfgeschäft wesentlich fördern, Prämien bis auf den Betrag von zwanzig Franken aus dem Credit für Sanitäts¬ polizei zu verabreichen. § 20. Für Beschaffung animaler Lymphe sorgt ein cantonales Impfinstitut, dessen Organisation durch ein besonderes Regulativ festgestellt wird. Die Sanitätsdirection hat jedoch auch die Bestrebungen zur Züchtung animaler Lymphe in andern Cantonstheilen aus dem Credit für Sanitätspolizei in angemessener Weise zu unterstützen. § 21. Für jede mit gehörigem Erfolg ausgeführte amtliche Impfung, sowie für jede amtliche Revaccination wird von der Direction des Sanitätswesens aus dem dafür bestimm¬ ten Credite eine Entschädigung von einem Franken geleistet. Die Wiederholung einer erstmaligen Impfung mit ungenügendem Erfolg geschieht unentgeltlich. Bei den ordent¬ lichen amtlichen Impfungen hat der Impfarzt für jede Impftour eine Entschädigung zu beanspruchen, welche jedenfalls die Taxe für amtliche Verrichtungen ausgleicht. § 22. Bei ausserordentlichen amtlichen Impfungen haben die Eltern solcher Kinder, welche mehr als zwei Jahre alt sind, für die Impfung zwei Franken zu bezahlen, inso¬ fern nicht die bisherige Unterlassung der Impfung durch ärztliches Zeugniss gerechtfer¬ tigt wird. Die Gebühr wird durch die Canzlei der Gesundheitsbehörde bezogen, welche die Hälfte als Entschädigung für die Controle behält, die andere Hälfte dem Impfarzt Übermacht. Zuwiderhandelnde gegen § 11 haben, insofern sie sich nicht genügend ent¬ schuldigen können, die Kosten der Impfung und der nachträglichen Untersuchung mit 3 Fr. zu bezahlen, welche von der Canzlei der Gesundheitsbehörde bezogen und dem amtlichen Arzte Übermacht werden. Ebenso haben Eltern oder Pflegeeltern, welche die Abnahme des zur Weiterimpfung erforderlichen Impfstoffes verweigern, die Kosten der Impfung mit 2 Fr. selbst zu entrichten. Der amtliche Arzt wird nach vollzogener Im¬ pfung die gesetzlichen Vertreter der Impflinge auf diese Bestimmungen aufmerksam machen. § 23. Eitern oder Pflegeeltern, welche den Anforderungen nach §§ 6 und 9 Abs. 2 und 4 nicht nachkommen, bestraft die Behörde mit einer Busse von 2—6 Fr. und be¬ stimmt im Einverständnis mit dem amtlichen Arzte den Säumigen unter Androhung er¬ höhter Busse einen neuen Zeitpunct für die Impfung, beziehungsweise für die Untersu¬ chung ihrer Kinder oder die Beibringung der Impfzeugnisse. Eltern, welche das in § 17 geforderte Impfzeugniss nicht innert der Frist von 4 Wochen beibringen, wird, insofern keine genügende Entschuldigung vorliegt, eine Busse von 5 Fr. auferlegt, welche zu ver¬ doppeln ist, wenn nicht nach Ansetzung eines neuen Termins von 4 Wochen das betref¬ fende Zeugniss beigebracht ist. Ungehorsam gegen die Vorschrift von § 18 Abs. 2 wird nach Maassgabe des vorigen Absatzes bestraft; diese Busse wird nur dann erlassen, wenn durch ärztliches Zeugniss nachgewiesen werden kann, dass die Unterlassung durch die Umstände geboten war. § 24. Bei Uebertretung dieser Verordnung kommen die Bestimmungen des § 42 des Digitized by Google 245 Gesetzes betreffend das Medicinalwesen vom 2. Weinmonat 1854 zur Anwendung, inso¬ weit nicht durch die Verordnung selbst geringere Bussen festgesetzt sind. § 25. Gegenwärtige Verordnung, durch welche die Verordnung betreffend die Schutz¬ pockenimpfung und anderweitige Maassregeln gegen die Menschenpocken, Tit. I, Schutz¬ pockenimpfung, vom 5. Hornung 1857 und § 8 der Verordnung betreffend die gesund¬ heitspolizeiliche Untersuchung fremder Gesellen, Fabrikarbeiter u. s. w. vom 7. Februar 1857 aufgehoben werden, tritt sofort in Kraft. Die Direction des Sanitätswesens ist mit der Vollziehung beauftragt. Zürich, den 12. März 1881. Zur Illustration eines Epldemiengesetzes. Privatissimum für einige Gemeinderäthe: von Dr. Sonderegger,*) Tit. Gemeinderath 1 von Altdorf ! P. P. Sie haben mich mit dem Aufträge beehrt, Ihre Gemeinde zu besuchen und Ihnen meine Ansicht abzugeben über: I. die Ursachen der Typhusepidemie, welche in Altdorf seit Juni vorigen Jahres herrscht und II. über die Mittel, das Uebel zu beschränken und dessen Wiederkehr zu ver¬ hindern. Meinen Wünschen entsprechend, hatten Sie die Güte fürzusorgea, dass ich einen Situationsplan von Altdorf erhielt, in welchem durch die vereinigten Aerzte sämmtliche vom Typhus heimgesuchte Häuser angezeichnet waren; ferner verdanke ich Ihnen die amtliche Ausfertigung des Personalverzeichnisses aller bei der Epidemie Verstorbenen und insbesondere war es mir werthvoll, dass Sie mir Ihre Herren Aerzte zu einer Conferenz einberufen, bei welcher mir nähere Angaben in bereitwilligster Weise dargeboten wurden und dass mich zwei Mitglieder Ihrer Behörde begleiteten und unterstützten. Die Untersuchung fand statt den 7. März 1881 von Morgens 8 bis Abends 4 Uhr. Da alle Mitglieder der auftraggebenden Behörde die örtlichen Verhältnisse weit besser kennen als ich, unterlasse ich eine eingehende Beschreibung derselben und be¬ schränke ich mich auf die summarische Aufzählung der mir wichtigen und maassgeben¬ den Puncte. I. Befund. 1. Der Haupttheil von Altdorf (447 M, ü. M.) steht auf Bergschutt, trocke¬ nem, reichlich Steine und Sand enthaltendem Boden; die äusseren Theile der Gemeinde aber liegen auf ehemaligem Seeboden, der sich von Flüelen her bis zur Eisenbahnstation heraufzieht, sehr wasserreich, stellenweise Riet oder selbst Sumpf ist. Früher war hier Wechselfieber allgemein und beständig; seit der Erbauung des Reusscanales sei es gänz¬ lich verschwunden und auch Cretinismus und Kropf haben so gut wie aufgehört. Die Gegend des Cantonsspitales liegt über dem Sumpfe, auf dem Bergschutte, leidet aber zeitweise durch Bergdruck von den versiegenden Wassern des „Milchbach“ und des „Capuzinerbach“ ; das Grundwasser stehe oft kaum 1 Meter unter der Oberfläche. 2. Die Dorfbrunnen enthalten Quellwasser, welches nördlich, vom Bannwalde herabkommt, in Wald und in Runsen offen läuft, dann in Holzröhren bis zum Dorfe ge¬ leitet und von da theils in eisernen , theils in hölzernen Strängen weiter vertheilt wird. Es ist als rein zu betrachten, weil es nur Bergsand etc. und keinen Cultur-Schmutz enthält 3. Der Dorfbach hat die Stärke eines mittleren Mühlebaches, ist ein sehr reines, aus dem Schächenthale kommendes Quellwasser von starkem Gefälle, nimmt aber auf: a) Abfälle und Auswaschungen einer Färberei, b) Abtrittjauche, theils direct, theils als Ueberlauf von Hausgruben; c) Metzgereiabfälle, Blut, Darminhalte; d) schliesslich auch alles kleine Aas und vielen Kehricht. Vom Cantonsspitale abwärts bis gegen Flüelen dient er vielen Häusern als einziges Trinkwasser. *) Mit Erlaubnis des Auftraggebers veröffentlicht. Digitized by Google 246 4. Das „Gräbli“ ist eine Abzweigung des Dorfbaches, enthält dasselbe ursprüng¬ lich reine Wasser und wird wie der Dorfbach unterwegs durch Misthaufen, Abtritte, Strassenkoth und den Ablauf anliegender Güter erheblich verunreinigt; es ist das aus¬ schliessliche Trinkwasser der Aussenquartiere, der sog. Vorstadt und der Häuser, welche sich gegen Seedorf hin finden. Der Sodbrunnen sind wenige und diese scheinen Sicker¬ wasser, nicht Grundwasser zu führen, schliessen sich an’s Gräbli an. 5. Der Ort selber enthält bekanntlich eine Anzahl solider und reinlicher, dann aber auch eine Anzahl leichtgebauter, zusammengedrängter, übervölkerter und mit schlech¬ ten Gruben versehener Häuser und schliesslich auch eine Zahl sehr ärmlicher, schmutzi¬ ger Behausungen, als deren Muster das sog. Bettlerhaus bekannt ist. 6. Der Cantonsspital ist ein schön gelegenes, gut gebautes und gut geführtes Haus, leidet aber an hochgradigem Wassermangel; die Küche ist spärlich versehen, Bäder und ein Badecabinet gibt es im ganzen Hause nicht und während der Typhuszeit musste jedes einzelne Bad kübelweise aus der Waschküche heraufgetragen werden. II. D i e Epidemie. Altdorf hatte Typhusepidemien in den Jahren: 1816, 1889 und 1886—81. Die Epi¬ demie , um welche es sich gegenwärtig handelt, ist Unterleibstyphus, festgestellt am Krankenbette und am Leichentische. Der erste Fall kam den 24. Juni 1880 zur Beobachtung, Ort und Art der Ansteck¬ ung blieb unermittelt, es war eine Bewohnerin des sog. Bettlerhauses und sie wurde in den CantonsBpital gebracht Es gefiel ihr dort nicht und sie kehrte nach wenigen Stun¬ den in ihr schmutziges Standquartier zurück. Dort machte sie einen schweren Typhus durch, wurde von Hausbewohnern und von Nachbarinnen besucht und gepflegt Von diesen wurden 6 Hausgenossen der Reihe nach befallen, das Bettlerhaus*) wurde zum Typhusherde, von welchem aus die Krankheit wieder in die Häuser aller Derer verbreitet wurde, welche besucht und gepflegt hatten. Von diesen zahlreichen neuen Centren aus schritt das Uebel weiter. Das innere Quartier des Ortes , räumlich und social getrennt, blieb lange frei und wurde erst im December ergriffen. Verschleppungen durch ange- steckte Kranke, welche nach Hause reisten und dort ihren Typhus durchmachten, kamen vor in Buochs, Beiden, Dagmersellen, Rapperswyl und OberuzwyL Nur an letzteren beiden Orten blieb die Krankheit auf den einzigen eingewanderten Fall beschränkt 8o lässt sich vom Bettlerhause aus durch Vermittlung des Krankenverkehrs die Krankheit in sehr viele Häuser verfolgen, aber nicht in alle.. Die reihenweis erkrankten Häuser gegen Flüelen und gegen Seedorf scheinen keinen Verkehr mit den früheren Typhusherden gehabt zu haben; für diese ist die Annahme, durch den Dorfbach ange- steckt worden zu sein, wahrscheinlicher. Ebenso trat hoch im Gebirge, auf dem Egg¬ berg, im August ein heftiger Fall auf bei einem 11 Jahre alten Mädchen, welches die Schule zu Altdorf, in welcher kein Typhuskranker lag, regelmässig besucht hatte; es wurde in den Spital gebracht und die übrige, grosse Familie blieb gesund. Im Frauen¬ kloster erkrankten eine Magd und ein Knecht, die zwar keine Kranken wart geleistet, aber doch in Typhushäuser gekommen waren: Im stark angefüllten Cantonsspitale erkrank¬ ten ein Dienstbote und ein Wärter. Die Landesangehörigen erkrankten zahlreicher und gefährlicher als die in manchen Typhushäusern einlogirt gewesenen italienischen Arbeiter, welche hier, wie auch in Gö- schenen, eine grosse Widerstandskraft gezeigt haben. Der Höhepunct der Epidemie fiel in den October 1880; damals lagen in Altdorf und der nächsten Umgebung zugleich 80 Kranke, also volle 2V,% der gesammten Bevölke¬ rung am Typhus darnieder; auch einer der 8 Aerzte wurde betroffen; ein zweiter hatte seinen Typhus schon früher passirt Die Herren DDr. Emst Müller , Andreas Müller und Siegwarl-Müller geben die Zahl der von ihnen behandelten Kranken nach ihren Tagebüchern auf 199 und die der Todesfälle auf 40 an , schätzen aber die Zahl der in Altdorf und nächster Umgebung krank gewe- *) Das Bettlerhaus liegt am südöstlichen Ende des Ortes, in der Nähe der sog. Vorstadt; es trinkt vom Gräbli und liefert seinen Bodenschmuts in dasselbe; es wird von 6—6 Familien bewohnt, ist baufällig, schmutzig, ausgezeichnet durch äusserst unreinliche Abtritte, schlechte Gruben und jau¬ chig inflltrirten Baugrund. Digitized by LjOOQle 247 senen, mit Hinzurechnung der leichten, nicht regelmässig behandelten Fälle auf minde¬ stens 300, also 7—10% 4er Bevölkerung. Haus- und Familienepidemien waren häufig. Altdorf zählt im Ganzen 316 bewohnte Häuser; nach Abzug der Berggüter verblieben für den Flecken und seine Umgebung in der Thalsohle 277; von diesen hatten 96 Häuser Typhuskranke, 1—6, den Cantonsspital abgerechnet. Also jedenfalls 1 /, von ganz Altdorf hatte Typhus im Hause. Genaue namentliche Angaben waren unmöglich, weil die Aerzte erst vor 1— l x / t Tagen von meinem Verlangen einer Morbilitätsstatistik in Kenntniss ge¬ setzt worden, und auch, weil keine Anzeigepflicht besteht. Die Zahl der Todten beträgt vom 26. Juli 1880 bis heute für Altdorf selber 36 und für die nächste Umgebung 4 , also 40. Rechnen wir Altdorf und Umgebung zu 3000 Seelen, so betrug die Typhussterblichkeit in 8 Monaten 1 ’/,% 4er Bevölkerung. Nehmen wir die Wohnbevölkerung der Zählung von 1880, welche 2906 beträgt, so ist diese Typhussterblichkeit = 1,37% der Einwohner. Unter diesen Verstorbenen waren: Kinder von 10 bis zu 16 Jahren ö Erwachsene, Unverheirathete 21 FamilienmUtter 10 Familienväter 4 Zusammen: Gestorbene 40 Von diesen waren männlichen Geschlechts lö weiblichen „ 25 Zusammen 40 Im 8pitale wurden verpflegt 106 Kranke und starben 18 = 17,1%. In Privathäu¬ sern wurden verpflegt 94 Kranke und starben 22 = 23,4%. Zur Zeit meines Besuches befanden sich in Spitalbehandluug: 8 Kranke und in Privatbehandlung 2 Kranke; neue Fälle seien seit 10 Tagen nicht mehr vorgekommen. Ursachen. Wenn gefragt wird: woher kommt der Typhus? so muss geantwortet werden: vom Typhus! ganz so wie eine Tollkirschenstaude nur von einer Tollkirsche kommt. Die Frage nach der Typhusursache wird daher zur Frage nach dem Krankheitssamen. Wir haben diesen Typhussamen noch nie gesehen, aber wir kennen einige Gesetze seiner Ent¬ wicklung. Er bildet sich nicht reif und fertig an und auf dem Kranken und dieser steckt nicht unmittelbar an, wie bei Pocken. Der Kranke liefert den unreifen Keim an seine Wohnung ab, diese wird das Triebbett, wo er reift und von wo aus er weiters wirkt: es entstehen Hausepidemien. Je dichter bevölkert, je schlechter gelüftet und je schmutzi¬ ger ein Haus ist, je mehr sein Baugrund mit altem und neuem Ucrathe durchtränkt ist, um so sicherer und um so massenhafter entwickelt sich der Typhuskeim, um so schwerer werden die Fälle der Hausepidemie. Da ein erwachsener Mensch täglich 30 Pfund Luft durch seine Lungen, aber nur 3 bis 6 Pfund Flüssigkeiten durch seinen Magen hindurchgehen lässt, so ist es viel wahr¬ scheinlicher, dass er die aus dem schmutzigen und vergifteten Hause aufsteigenden und im Wasser schwimmenden Krankheitskeime einathme, als dass er sie trinke; als sicher aber ist anzunehmen, dass Luft und Wasser zur Verbreitung der Krankheit bei¬ tragen. Ist das Wasser unrein, insbesondere mit faulenden organischen Substanzen versehen, so erhöht es, auch wenn es ganz und gar keine Typhuskeime enthält, bei Allen, welche davon trinken, die Ansteckuugsfähigkeit für Typhus (und ebenso für Cholera!). 1. Als die erste Ursache der Altdorfer Epidemie ist zunächst die Kranke im Bettler¬ hause (24. Juni 1880) zu betrachten; des weiteren wurde jeder einzelne Kranke zur Krankheitsursache seiner Wärter und seiner Hausgenossen. 2. Die zweite Ursache war das an und für sich schädliche, mit Excrementen, an vielen Orten auch mit Typhusstühlen verunreinigte Wasser des Dorfbaches und der Gräb- lein, welches als Trinkwasser diente. •) 3. Eine mächtige Hülfsursache war ferner der Baugrund vieler Häuser, welche tait *) Solches ist aber nicht nur in Altdorf der Fall. Im Brunnenwasser (Drainirwasser und Sode) menschliche Excremente su geniessen, ist eine noch an vielen und grossen und stolsen Orten beliebte Methode, den Typhus im Gange zu halten« Digitized by LjOOQle 248 lecken oder mit ttberlaufenden Abtrittgruben versehen, oft recht eigentlich auf dem Miste stehen; leider ein in allen Ländern sehr verbreiteter Uebelstand! Dabei ist zu berück¬ sichtigen, dass in den letzten 10 Jahren die Bevölkerung von Altdorf um 9—10% ge¬ wachsen, die Zahl der Wohnhäuser aber fast ganz gleich geblieben ist. Gegenüber allen Epidemien verlangt die ärztliche Erfahrung Reinhaltung dos Bau¬ grundes und des Wassers; diese Maassregel hat sich noch überall bewährt, ohne Aus¬ nahme und ohne Widerrede. Vorschläge. 1. Jeder Typhuskranke ist möglichst rein zu halten, sein Zimmer ist beständig bei Tage und bei Nacht zu lüften und seine Wäsche sofort in kochendes Wasser einzulegen, oder aber vor der gewöhnlichen Wäsche zuerst in einer Lösung von Zinkvitriol (weissem Vitriol), 1 Pfund auf 10 Liter Wasser, durch 12 8tunden zu beitzen. Für die Entlee¬ rungen ist ein Topf bereit zu halten, der eine Lösung von Eisenvitriol (1 grosse Hand voll auf 1—2 Liter heisses Wasser) enthält. •) Nach der Benützung ist dieser Topf nicht in die Hausgrube zu leeren, sondern in Acker oder Garten einzugraben und mit der Schaufel voll ausgehobener Erde zu mischen und dann mit Erde zu decken. 2. Wo diese Vorsichten nicht möglich sind wegen Armuth oder Wohnungsüber¬ füllung, da ist der Kranke sofort in den Spital zu bringen. Die Spitalflucht der ersten Kranken vom 24. Juni 1880 ist für Altdorf verhängnisvoll geworden und sollte nun wenigstens zur Wsrnung dienen. 8. Es ist durchaus nöthig, dass die Aerzte eines wohl verwalteten Ortes die An- zeigepflicht für jeden Fall von schwereren ansteckenden Krankheiten übernehmen und ich verdanke meinen Herren Collegen die Bereitwilligkeit, mit welcher sie erklärten, die An¬ meldungsformulare , wie solche in den Cantonen Basel, Zürich, Thurgau und St. Gallen gebräuchlich sind und von welchen ich Ihnen hiemit 100 Exemplare zustelle, fleissig be¬ nützen zu wollen. 4. Da der grösste Theil des Gräbli Jauche und Abtrittstoffe mit sich führt und es mehr als wahrscheinlich ist, dass bei der bevorstehenden Düngung auch die Entlee¬ rungen von Typhuskranken auf die Wiesen ausgeschüttet werden, so ist darauf zu hal¬ ten, für dieses Jahr alle an die Trinkgräbli stossenden Güter nicht zu düngen, sondern allenfalls zu gypsen. Nur so lässt sich ein neues Auflodern der Epidemie möglichst ver¬ meiden und ich empfehle Ihnen die Durchführung dieser Maassregel angelegentlichst! Der Minderertrag an Gras steht in keinem Verhältnisse zu den Kosten eines neuen Typhusausbruches und seiner Folgen. 5. Dann muss auch sofort fürgesorgt werden, dass der Dorfbach viel reiner gehalten werde als bisher. Er ist viel zu klein, um den ihm übergebenen Schmutz bis zur Un¬ schädlichkeit verdünnen und gründlich wegführen zu können. a) Blut soll, wie anderwärts, in Petroleumfässern aufgehoben und verschlossen weg¬ geführt werden. Andere Metzgereiabfälle sind, wie sonst Überall, in gute cementirte Gruben aufzuoehmen und in kurzen Terminen wegzuführen. b) Es ist gänzlich unstatthaft, dass das Abwasser einer Färberei zum Bierbrauen benutzt werde. 6. Die Dorfbrunnenquelle soll höher am Berge, an ihrem Ursprünge gefasst und eine Leitung in Eisen erstellt werden, welche den Druck der Weiterführung verträgt und das Eindringen von 8chmutz verhindert. Dagegen bin ich nicht im Falle, die vorgeschlagenen Filtrirkasten zu empfehlen, viel¬ mehr warne ich vor denselben, weil sie nur die unschuldigen mechanischen Verunreini¬ gungen zurückhalten und weil sie, wegen öfterer Erneuerung des Materiales, in ihrem Betriebe sehr kostspielig sind. 7. Wenn auch nicht jedem Hause ein Strang der Dorfbrunnenleitung gewährt wer¬ den kann, so sollten doch grössere Gruppen, wie z. B. die sog. Vorstadt, durchaus einen solchen haben. Für die zerstreuten Häuser wären an gelegenen Mittelpunkten einzelne *) Die rohe Carbolsäure, mehr übelriechend als wirksam, ist von sehr unsicherem Gehalte, des¬ halb nicht wohlfeüer als eine reinere Sorte; diese, in 6% Lösung, ist allerdings besser als Eisen¬ vitriol. Digitized by LjOOQle 249 Brunnen, vielleicht Sparbrunnen mit Hahnen, zu erstellen, so dass nur das Vieh aus dem Gräbli, der Mensch aber vom Brunnen trinken würde. 8. Es ist durchaus fürzusorgen, dass die Hausgruben und Jauchekästen in gutem Stande gehalten werden, weder durchlassen noch überlaufen. Diese Aufsicht ist hier vollständig so berechtigt und ihre Vernachlässigung so verhängnisvoll, wie bei Feuer¬ stätten und bei Kaminen. Die sogenannte Desinfection der Abtrittgruben ist fast immer sehr viel zu spärlich, sie hat keinen Sinn und keinen Erfolg gegenüber der rationellen Reinhaltung des Bau¬ grundes. 9. Insbesondere ist es eine Ehrensache auch für den Canton, seinem schönen Krankenhause genügliches und gutes Wasser zu verschaffen ; die jetzige Wasserversor¬ gung ist ganz unverantwortlich schlecht. Tit.! Ich bin mir wohl bewusst, mit diesen Vorschlägen der Gemeinde Altdorf er¬ hebliche Opfer zuzumuthen, aber ich weiss auch, dass die Opfer für Krankenpflege und für Versorgung von Armen und von Waisen, welche jede Typhusepidemie hinter sich lässt, ebenfalls keine geringen und schliesslich die grösseren sind, als die für gründliche Hülfe aufgewendeten; und wenn ich vollends den beneidenswerthen Umstand in Betracht ziehe, dass die Gemeindesteuern von Altdorf nur ( / 2 pro Mille betragen, so scheint mir die vorgeschlagene Leistung für das gemeinsame Wohl nicht unerschwinglich zu sein. Nicht nur für die Lebensmittel, sondern auch für das Leben selber gilt der alto Grund¬ satz: „Was nichts kostet, ist nichts werth.“ Genehmigen Sie, etc. W oohent>ei*iolrt. Ausland. Deutschland. Die Wiikong der Bäder auf das Herz vod Dr. Schott aus Bad Nauheim. Berlin, klin. Wochenschr. 1880, Nr. 25. Der Verfasser hat damit ein Thema zur öffentlichen Besprechung gebracht, das nicht nur von grossem wissenschaftlichen, sondern auch von practischem Interesse ist. — Seit dem Jahre 1872, zu welcher Zeit Beneke seine Erfahrungen über die Wirkung der Nauheimer Sooltherme auf herzkranke Gelenkrheumatiker veröffentlichte, wurde Nauheim von zahlreichen Herzkranken besucht. Herr Schottj dortiger Badearzt, resultirt nun aus seinen Erfahrungen über die Behandlung der Herzkranken mit Bädern (speciell mit Soolbädern in Nauheim, oder auch mit nach¬ geahmten Bädern von 2— 3Va u /o Salzgehalt, Temperatur 26—24° und tiefer, Badedauer 10—20 Minuten, mehrmals wöchentlich Pausetage) sehr befriedigende Ergebnisse. Der Umstand, dass in der Mehrzahl der behandelten Fälle zwar auscultatorisch keine wesent¬ liche Aenderung eintrat, wohl aber percussorisch und symptomatisch rasch die auffallend¬ sten Besserungen erzielt wurden, lässt ihn in der Badecur weniger die antirheumatische und resorptionsbefördernde Wirkung erblicken, er findet darin vielmehr ein Tonicum ersten Ranges für das geschwächte Herz. Der im Bade thätige Hautreiz wirkt tonisirend auf den Gesammtorgauismus, sowie auch speciell auf die geschwächte Herz- und Gefäss- muskulatur. Zum Unterschiede aber von motorischen Reizungen (insbesondere in der gewöhnlichen Form der Muskelanstrengung) wird hier das Herz durch Vaguswirkung zu langsamerem und kräftigerem Schlagen veranlasst, und zum Unterschiede von anderen sensiblen Reizungen kommt es trotz allgemeiner Gefassverengerung zu keiner bemerkens- werthen Blutdrucksteigerung. Letzteres freilich nur bei einem Bade von mässiger Con- centration und Temperatur, weil so das erregende Agens erst allmälig zur reizaufnehmen- den Nervenperipherie dringt. Dadurch gewinnen die Capillaren Zeit, durch ihre Aus¬ weitung die Einbusse an Raum in demselben Maasse zu decken, wie sie die grösseren und muskelführenden Gefässe durch ihre reflectoriscbe Verengerung erleiden. Kraft der Leistung der Gefässmuskulatur wird eben der gesammte Strömungswiderstand in den Capillaren tief erniedrigt. Der Verfasser findet daher in der Wirkung des richtig bemes¬ senen Bades eine weitgehende Analogie mit der Digitaliswirkung, blos dass das Bad nebstdem zugleich auch den ganzen übrigen Organismus kräftigt. — Eigentliche Contra- indicationen der Badecur kennt der Verfasser nicht; er will sogar in Fällen von Nieren¬ schrumpfung mit Herzhypertrophie und beginnender Compensationsstörung von den Nau- Digitized by LjOOQle 250 heimer Soolbädern rasche Besserung beobachtet haben. Bei Dilatationshypertrophien und eigentlichen Klappenfehlern wird jedoch immerhin eine doppelt sorgf<ige Bemessung des Bades verlangt. Allsu stark reizende Bäder (zu warm, zu kühl, zu lange Dauer) bringen nach den Erfahrungen Schotts sofortige Verschlimmerung: Beklemmung, Herzklopfen, Puls- erythemie u. s. w. Im Gegensätze zu den bisherigen Ansichten hält Schott im weitern Fortschritte der Cur selbst kohlensäurereiche Soolbäder für Herzkranke sehr werthvoll und lässt in Nau¬ heim allmälig sogar zu Bädern übergehen, die mit dem Gas übersättigt sind. Es wäre jedenfalls interessant, über diese Puncte auch von anderer Seite Mitthei¬ lungen zu erhalten, um zu erfahren, ob die gegebenen Schilderungen trotz des sonstigen vielfachen Interesses, das sie bieten, nicht etwas zu optimistisch hingestellt sind. Ins¬ besondere wäre es aber wünschenswerth, wenn darin die einzelnen klinischen Formen der Herzkrankheiten gegenüber der Wirkung des betreffenden Heilagens mehr markirt wür¬ den. Das vollständige Wegfallen von Contraindicationen der Badecur bei Herzkranken dürfte bei solchem Vorgehen immerhin einige Correctur erfahren. Zudem wären auch die andern Heilmomente (Ortswechsel, psychische Umstimmung u. s. w., allfällige Combi- nation mit Trinkeuren) zu berücksichtigen, ob und in wie weit sie an der symptomati¬ schen Erleichterung nur accessoriBch oder hauptsächlich mitwirken. Um nicht weitläufig zu werden, behält sich der Referent vor, anschliessend an seine Bemerkungen in Nr. 24 1880, S. 786 des Schweiz. Corr.-Bl. über die Indicationen resp. Contraindicationen der Pfäferser Thermalquelle bei Herzkranken später Einiges mitzu- theilen. V. Dr. Alb. Schddler. — Incision des Peiieardlnm. In Nr. 5 der Berl klin. Wochenschr. 1881 ver¬ öffentlicht Prof. Rosenslein in Leiden einen von ihm operirten Fall von spontan entstan¬ dener Pericarditis mit bedeutendem eitrigem Exsudat bei einem Knaben von 10 Jahren. Die grosso dreieckige Därnpfungsfigur veränderte ihre Form bei Lagewechsel des Kran¬ ken nicht. Punction und Aspiration von 620 cc. Eiter wirkte momentan sehr günstig, allein das Exsudat wuchs rasch wieder an und eine linksseitige eitrige Pleuritis gesellte sich hinzu. R. eröffnete daher unter antiseptischen Cautelen durch einen 8 cm. langen Hautschnitt zwischen 4. und 5. Rippe nahe dem 1. Sternalrand den Herzbeutel und ent¬ leerte eine bedeutende Eitermenge. Drainage der Wunde; Lister'a Verband. Sofortige Euphorie und Entleerung grosser Harnmengen folgte der Operation. Bei fieberfreiem Verlauf wurden die Drains am 14. Tage entfernt; am 20. war die Wunde geschlossen. Nach Operation des linksseitigen Empyemes ebenfalls durch Schnitt trat rasch vollstän¬ dige Heilung ein mit Wiederherstellung der normalen Herzdämpfung. Münch, England. Internationaler medicinlscher Congreas In London , den 2. bis 9. August 1881. Section XIV, Kriegschirurgie und Medici n. Der 8ur- geon-General Prof. Longmore , Präsident der Section XIV, hat dem tit. eidg. Oberfeldarzt eine freundliche Einladung zur Theilnahme am Congresse zu Händen der schweizerischen Militärärzte zugesandt. Die provisorische Liste von Fragen, die zur Discussion vorgeschlagen werden, lautet: 1) Ueber die Anwendung der antiseptischen (Ltafer’schen) Methode bei der Behand¬ lung von Wunden im Felde, und die besten Mittel, die practischen Schwierigkeiten, welche sich derselben eutgegenstellen , zu bewältigen. Diese Frage umfasst: a) Das System, nach dem die Behandlung am leichtesten vorgenommen werden kann und b) die geeignetsten Mittel, welche in Kriegszeiten anzuwenden sind. 2) Wie weit und in welcher speciellen Richtung hat die conservative Chirurgie in der Feldbehandlung von Schusswunden Fortschritte gemacht, insofern dieselben aus den statistischen Berichten über die Kriege der letzten zehn Jahre ersichtlich sind? Welche sind demnach die Anzeichen, wenn solche überhaupt existiren, die auf weitere Fortschritte der conservativen Chirurgie in der Behandlung solcher Verletzungen schliessen lassen. 8) Welches sind im Felde die zuverlässigsten und zugleich die praotischsten Mittel zur Immobilisirung, bei Schuss Verletzungen des Rückgrats, des Beckens und des Ober¬ schenkels. Digitized by LjOOQle 251 4) Ueber Verbesserungen in Feldlazarethen und im Transport bei Armeen in uncivi- lisirten und halbcivilisirten Ländern, wie solche durch Erfahrungen bei den letzten mili¬ tärischen Operationen der britischen Truppen in Südafrika als wünschenswerth erschie¬ nen sind. 5) Ueber das Vorherrschen und die Verhinderung des Abdominaltyphus bei jungen Soldaten in Indien. Alle auf Section XIV bezüglichen Mittheilungen müssen adressirt werden an 8ur- geon A. B. R. Myers , Coldstream Guards Hospital, Vincent Square, London SW. Programme sind bei Herrn Oberfeldarzt Oberst Ziegler zu beziehen. Die Fragen 1 — 3 dieses Programmes (antiseptische Feldbehandlung, Fortschritte der conservativen Chirurgie und Immobilisirung bei Fracturen des Rückgrats, Beckens und Oberschenkels) sind nicht nur für die Militär-, sondern auch für die Civilchirurgen hoch¬ wichtige , und es ist sehr zu hoffen, dass namentlich ein Theil der ersteren an diesem Congress auf dem Boden, dem Lister entsprossen ist, theilnehmen und die Schweiz ver¬ treten werden. An genussreicher Anregung wird es ihnen nicht fehlen. Stand der Infections-Krankheiten in Basel. Vom 26. März bis 10. April 1881. (Die Zahlen in Klammern geben jeweilen die Anzahl der in früheren halben Monaten angemeldeten Fälle an.) Von Varicellen sind 3, von Rötheln 2 Fälle angezeigt. Masernfälle sind 14 angemeldet (1, 7, 4), davon 12 aus Kleinbasel, meist in nach¬ weisbarem Zusammenhänge mit den früher gemeldeten; 8 derselben gehören einer (in¬ zwischen geschlossenen) Primarschulclasse an. Scharlach 7 Fälle (8, 7, 5), 4 im Birsigthale, 3 in Kleinbasel. Von Typhus sind 86 neue Erkrankungen angemeldet (113, 48, 100, 80), davon 1 von auswärts importirt; die übrigen vertheilen sich folgendermaassen: 26.Jan.-10.Feb. ll.-26.Feb. 26.Feb.-10.März. 11.-25.März. 26.März-10.Apr. Nordwestplateau 36 16 32 39 24 Birsigthal 27 12 18 13 21 Südostplateau 16 6 21 3 22 Birsthal 3 1 1 — 2 Kleinbasel 31 12 28 25 16 Während Nordwestplateau und Kleinbasel einen erheblichen Rückgang aufweisen, hat das Birsigthal und besonders das Südostplateau wieder vermehrte Erkrankungen ge¬ liefert. Diphtherie und Croup 25 neue Fälle (32, 28, 31), fast ausschliesslich auf den Plateaux Grossbasels und in Kleinbasel. Pertussis ist noch immer stark verbreitet; angemeldet sind 33 neue Fälle aus allen Stadttheilen (15, 12, 47). Von Erysipelas sind 9 zerstreute Erkrankungen angezeigt (10, 7, 10). 1 Fall von Parotitis. Kein Puerperalfieber. Bibliographisches. 81) Boichat , Dr. P. A, La couleur des yeux, des cheveux et de la peau chez les enfants des äcoles du canton de Fribourg.’ Fribourg, A. Henseler, 1880. 30 8. 82) Boichat , Dr. P. 4., Les ennemis de l’enfance. Paris, Sandoz & Fischbacher. 1881. 33 Seiten. 83) Guillaume } Le vaccin Jennärien et le vaccin animal. Rapport präsentä au nom de la Commission de santä ä la direction de l’lntärieur. Neuchätel, Imprimerie Montandon. 84) Schnitzler , Wiener Klinik 1880; Wien, Urban & Schwarzenberg. Heft 1 : öser, Die Ursachen der Magenerweiterung und der Werth der mechani¬ schen Behandlung bei derselben. Digitized by Google 252 85) Demme , Das Pilocarpin bei Scharlach und Diphtheritis. Sep.-Abd. 86) Exchaquet, Notice sur les bains sali ns de Bcx. Lausanne, Bridel. 87) Volkmann, Sammlung klinischer Vorträge; Leipzig, Breitkopf ei*iclite. Medicinisch-pharmaceutischer Bezirksverein von Bern. 1. Sitzung im Sommersemester 1880. Dienstag den 25. Mai, Abends 8 Uhr, im Hötel Victoria. Anwesend 17 Mitglieder. Präsident: Prof. Pflüger , Actuar: Dr. Dick. 1. Prof. Pflüger demonstrirt zwei seltene Augenerkrankungen. 1) Ein Epithelium der Cornea, ausgehend von einem Pterygium. 2) Einen Fall von eigenthümlicher Erkrankung der Conjunc- ti v a b u 1 bi, der bis dahin noch keine sichere Diagnose zulässt; die Erkrankung zeigt sich in einer gürtelförmig um die Cornea verlaufenden Verdickung der Con- junctiva durch Exsudatmassen und kleine Ilämorrhagien, woraus im Verlaufe Ge¬ schwüre entstehen, die in kurzer Zeit wieder vernarben; dieser Process wieder¬ holte sich schon mehrere Male in ganz gleicher Weise. Von Lupus ist nicht zu reden, ebenso wenig von Syphilis oder Cancroid; ophthalmoscop ist trotz bedeu¬ tender Amblyopie nur ein leichter Arterienpuls als pathologischer Befund zu con- statiren. Es handelt sich möglicherweise um locale Tuberculose. 2. Dr. Valentin: Demonstration des Ge igeV sehen pneumati¬ schen Apparates, aufgestellt im Hdtel Victoria. Digitized by LjOOQle 271 Dr. Valentin macht als Einleitung die Anwesenden bekannt mit der historischen Entwicklung der Anwendung der pneumatischen Apparate zur Behandlung der Erkrankungen der Luftwege, wobei einige ältere und neuere Apparate demonstrirt werden. Bis vor Kurzem war der Waldenburg' sehe Apparat zur Inhalation verdich¬ teter Luft und zur Exhalation in verdünnte Luft am meisten gebräuchlich; er ist ziemlich leicht transportabel und genügt völlig den an ihn gestellten Anforde¬ rungen, nur hat er den Nachtheil, dass nur wenige Athemzüge gemacht werden können bei einmaliger Herrichtung und dass in Folge dessen an dem Apparate mehrmals manipulirt werden muss und zwar mit ziemlich schweren Gewichten, was für viele Patienten sehr ermüdend ist. Gegenüber diesem Apparate hat der Geiget sehe den Vortheil, dass er leicht mit einer Kurbel in Gang gesetzt werden kann, dass anhaltend beliebige Zeit fort¬ gesetzt und der Luftdruck genau regulirt werden kann. Der vorgezeigte Apparat ist allerdings nicht transportabel; er entspricht zw r ei Waldenburg' sehen Apparaten, in denen mittelst eines Luftscböpfrades verdünnte und verdichtete Luft erzeugt werden kann, je nach Belieben. In den einen Theil soll immer exspirirt, aus dem andern immer inspirirt werden, damit nicht von einem folgenden Patienten die schlechte , vielleicht mit putriden Stoffen verunreinigte Luft inspirirt wird. Die Indicationen zur Anwendung dieser Behandlungsmethode sind Asthma, Emphysem, Phthisis pulmon, namentlich die beginnende, und chronische Catarrhe des Bronchialbaumes und des Nasenrachenraumes. DitfAVirkung ist diejenige, dass durch methodische In- und Exspiration die Residualräume, die bei mangeln¬ der Elasticität der Lungen sehr unreinen Inhalt haben, fleissig ventilirt, dass die verklebten Alveolen wegsam gemacht werden und durch gesteigerte SauerstofFzufuhr der Stoffwechsel beschleunigt, der Appetit angeregt wird. Prof. Luchsinger ; Nach Pflüger ist die thierische Oxydation von der Menge der Sauerstoffaufnahme nicht abhängig, also ist wohl die beobachtete Steigerung des Stoffwechsels und Appetites nicht durch Vermehrung der Sauerstofiaufnahme zu erklären, sondern eher durch die psychische Anregung bei der vorgenommenen Procedur. Dr. H. Weber frägt, ob der Effect durch langen Gebrauch der Cur nicht etwa vermehrte Lungenblähung sei? und ob Heilung von Emphysem beobachtet wurde? Dies beides wird von Dr. Valentin verneint. Dr. Dubois glaubt, die Erklärung der Wirkung besagter Therapie sei grossen- theils in der gymnastischen Lungenübung zu suchen und nicht nur in der Anwen¬ dung verdünnter und verdichteter Luft. Dubois glaubt auch , dass bei Emphysem die Lungenblähung vermehrt werden könne und mahnt daher zu vorsichtiger Ver¬ wendung des Apparates. Dr. Valentin: Die Lungengymnastik leistet jedenfalls in besondern Fällen das Gleiche, aber lässt oft im Stiche, daher sind solche Apparate nöthig; schädliche Einflüsse bei Emphysem sind nur dann denkbar, wenn die Luftcompression unver¬ nünftig hoch gesteigert wird. Digitized by Google 272 Referate und Kritiken. Brunnendiätetik nebst Führer an die Curorte Mitteleuropas. Von Dr. v, Ammon. VII. Auflage. Herausgegeben von Dr. B. Reimer. Leipzig, 8. Hirtel. 1880. 806 8. Die „Brunnendiätetik“ will „ Anleitungen tum heilsamen Gebrauohe der Gesund¬ brunnen* und Bäder“ bieten und zwar sowohl Aersten, die ja meistens ohne Kenntniss dieses wichtigen Factors von der Universität kommen und noch jeder Erfahrung entbeh¬ ren, als auch dem curbedOrftigen Publicum, Ammon kennseichnete die Haltung seines Buches mit den Worten: „Der Verfasser schrieb, als spräche er mit einem ihn wegen der Wahl einer Brunnencur berathenden Kranken, dem er bei möglichster Beherrschung und gründlicher Handhabung des 8toffes aus dem Reichthum desselben das Wissens- nöthige mitsutheilen beabsichtige. a Reimer hat das Buch nach dem Standpuncte der jetst gültigen wissenschaftlichen An¬ sichten umgearbeitet. Wir haben keine Arbeit mit wissenschaftlichen Deductionen, aber einen sehr brauch¬ baren Rathgeber vor uns, der uns auf 147 Octavseiten den Nutzen der Mineral wasser- euren, die Vorbereitung sum Gebrauche derselben, allgemeine diätetische Regeln während des letztem, die Wirkung, den Gebrauch der Bäder, die Nachwirkungen und Nachcuren, die Ursachen des Misalingens, sodann die verschiedenen Classen der Mineralwässer, deren chemische Bestandteile und unterschiedliche Heilwirkungen, die Guren mit Milch, Mol¬ ken, Kumys, Kräutersäften und Weintrauben, die Seebäder, die Wassercar und endlich die einzelnen Krankheitsformen in ihrer Beziehung zur Heilwirkung bestimmter Gesund¬ brunnen und Bäder in fasslicher Weise fortführt. Wir lassen uns nicht auf Einzelheiten ein, von denen einzelne, wie z. B. die sup- ponirte, erst viele Monate nach der Cur sich manifestirende Nachwirkung der Brunn- und Badecuren , für uns %nicht gelten. Die 8chweiz ist gut berücksichtigt, auch im ,,Führer an die Heilquellen und Badeorte Mitteleuropas 11 . Die klimatischen (Luft-) Cur¬ orte sind nicht berücksichtigt, da R . sie in 2 Bänden besonders bearbeitet hat Den Laien ist die Brunnendiätetik recht wohl zu empfehlen und ebenso jenen Aers- ten, die nicht Zeit oder nicht das Bedürfniss haben, zur OrienÜrung eine grössere Balneo¬ therapie zu studiren. A. Baader. Jahrbuch der practiachen Medicin. Herausgegeben von Dr. Paul Börner . Jahrg. 1880. Stuttgart, F. Enke, 1880. 780 8. Das Börner *sehe Jahrbuch hat seine Aufgabe, den practischen Arzt in den Stand za setzen, sich in kurzer Zeit mit den für die Praxis wichtigen Fortschritten der gesammten Heilkunde und deren Hülfswissenschaften bekannt zu machen, in dem vorliegenden Jahr¬ gange wieder ausgezeichnet gelöst Die medicinischen Leistungen während eiues Jahres Überblicken zu können, gehört nicht sowohl zu den Vergnügen, als zu Bedürfnissen eines jeden Arztes. Der vorliegende Jahresbericht eignet sich hiezu vor Allem. Gute Aufnahme wird er noch deswegen finden, weil er so zeitig erschienen: schon vor Jahresschluss Verliese er die Presse. Kaufmann. Ueber Tabes dorsalis. Von Dr. N. Weise. Wiener Klinik Jahrgang VI, 6. Heft. Wien, Urban & Schwarzen¬ berg. 1880. Verf. berücksichtigt in seiner Besprechung besonders die pathogenetischen und dia¬ gnostischen Untersuchungen der jüngsten Zeit, die Localisation der tabetischen Neural¬ gien in den bandelettes externes, die Verhältnisse der Pupille, des Opticus u. s. w. Die patellaren Öehnenreflexe sollen in frühen 3tadien verstärkt sein und erst in spätem sinken oder verschwinden. Ueber den Ursprung der Ataxie, das Bestehen von Leitungsstörun¬ gen schliesst sich Verf. den allgemein herrschenden Ansichten an, und über die tabeti¬ schen Gastralgien, Arthropathien, Exantheme denen der französischen Autoren. Als ätio¬ logisch wichtig lässt Verf. Erkältungen und Syphilis gelten, während Excesse, Heredität Digitized by LjOOQle 273 u. s. w. mehr oder weniger abzuweisen seien. Verf. recapitulirt dann kurz die patholo¬ gische Anatomie, die Differentialdiagnose besonders der nach Infectionskrankheiten (Diph¬ therie) auftretenden acuten Ataxie, und endlich die Therapie, bei welcher er einer hydro- electrischen, einer antisyphilitischen Behandlung und von innern Mitteln nur dem Argt. nitr. das Wort redet. Symptomatisch empfiehlt er gegen Schmerzparoxysmen N. salicyl. 4 — ö grmm., oder Kali bromat. 3—8 grmm. je in kurzer Zeit zu nehmen, auch leichte farad. Ströme dem Nervenstamm entlang ; ebensolche (Kreuz-Symphyse) gegen Blasen¬ leiden. G. Burckhardt. Cantonale Gorrespondenzen. Zürich. Arzt and Apotheker. — Zar Gehelmmtttelfrage. „Audiatur et altera pars. a Schon vor einiger Zeit war beabsichtigt, in diesen Blättern eine sicherlich auch für unser schweizerisches Medicinalwesen wichtige Frage, d. h. die Annäherung und das bessere Einverständnis von Aerzten und Apothekern anzuregen und zu diesem Ende auf eine seit einiger Zeit in Antwerpen bestehende vertragsmässige Verständigung zwischen Arzt und Apotheker hinzuweisen. Der Umstand, dass im Corr.-Bl. in einer der letzten Nummern mehrere Geheimmittel (u. A. Fow'sche Catarrhpillen und Schweizerpillen von Brandt) besprochen und unter Er¬ wähnung einer öffentlichen Erklärung der Apotheker von Elberfeld-Barmen die Erwar¬ tung eines ähnlichen Vorgehens gegen Geheimmittel Seitens der Schweiz. Apotheker an¬ gedeutet wird, gibt mir Veranlassung, meine Einsendung nicht weiter hinauszuschieben, und ich bitte daher um die Erlaubnis, zunächst den erstgenannten Punct berühren und •sodann einige Bemerkungen über die Stellung der Schweiz. Apotheker zu dem Geheim¬ mittelvertrieb machen zu dürfen. Der erwähnte Gompromiss zwischen dem ärztlichen und pharmaceutischen Stande in Antwerpen ist seit dem Monat October 1878 in Kraft und hat sich, wie ich aus durch¬ aus zuverlässigen Correspondenzen belegen kann, vollkommen bewährt und als segensreich erwiesen. Der vollständige Text dieser Verständigung, den die Schweiz. Aerzte und Apotheker sicher nicht ohne ein Gefühl der Beschämung über unsere Zustände durchlesen können, findet sich in Nr. 49 der „8chweiz. Wochenschr. f. Pharmacie 1880 a (Organ des Schweiz. Apothekervereins) abgedruckt, und wir müssen uns hier mit einem kurzen Referat be¬ gnügen. Der bewusste Vertrag, der in allen Theilen auf dem Princip voller gegenseiti¬ ger Achtung und socialer Gleichstellung der beiden wissenschaftlichen Berufsarten be¬ ruht, wird durch einen Passus eingeleitet, dessen vollständige Wiedergabe gestattet sein mag: „Le Cercle mddical d’Anvers et le Corps pharmaceutique de la mfime ville ddsirant resserrer l’union et la bonne entente entre les deux fractions du corps mddical, et tra- vailler en commun k l’amdlioration du bien-dtre moral et matdriel de leurs membres, ont reconnu que pour arriver k cette Union si ddsirable, il dtait ndeessaire: a) que chaque fraction du corps mddical s’abstionne de tout empidtement sur les attributions de l autre ; b) que chaque fraction du corps mddical se conduise vis-ä-vis de l’autre avec les Sentiments de bienveillance et de confraternitd qui doivent unir les membres de la m&me famille. 11s ont pensd qu’en se donnant cordialement la main, les deux fractions du corps mddical pourraient arriver k la rdalisation de mesures utiles k leur bien-dtre ; teile» que, entre autres, la proscription des remddes secrets et celle des spdcialitds fallacieuses. Etant d’accord sur ces principes gdndraux et voulant en prdeiser les diverses appli- lations, ils se sont arrdtds aux rdgles suivantes.“ Wir haben absichtlich diese Einleitung mit den Grundgedanken des Vertrages textuell reproducirt, weil hier der naheliegende billige Einwand, als ob die Verhältnisse in Bel¬ gien in keinerlei Weise für uns zutreffen können, gar nicht aufkommen kann, handelt es sich doch in jenem Passus nur um die allgemeinen, rein menschlichen Principien colle- gialischen Einverständnisses zwischen Arzt und Apotheker. Allein auch die einzelnen Abschnitte und Puncte der Vereinbarung, welche hier nur kurz berührt werden können, 18 Digitized by LjOOQle 274 sind in der grossen Mehrzahl für unsere schweizerischen Verhältnisse nicht weniger zu» treffend und geeignet, die volle Beachtung und Ueberlegung aller einsichtigen Medicinal- personen unseres Landes zu provociren. Der erste Abschnitt des Antwerpener Contractes beschlägt „die beiderseitigen Rechte*, beginnt mit dem Passus: „La loi veut que le mädecin traite les malades, mais ne leur fournisse pas de mädicaments, que le pharmacien präpare et dälivre les mädicaments mais ne traite pas* und stellt in seinen einzelnen Artikeln namentlich fest, dass der Arzt sich jeder directen und indirecten Einmischung in den